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Mittelschwere bis schwere Colitis ulcerosa: Umfassende Evidenz zeigt den Langzeitnutzen von Tofacitinib

Reported-Outcomes (PROs) wie die Lebensqualität (gemessen mit dem Migraine Specific Quality of Life Questionnaire, MSQoL), die Produktivität (gemessen mit dem Work Productivity and Activity Impairment Questionnaire:General Health, WPAI:GH) oder der Grad der migräne- bzw. kopfschmerzbedingten Beeinträchtigungen (gemessen mit dem Migraine Disability Assessment Score, MIDAS, bzw. dem 6-Item Headache Impact Test, HIT-6). Alle Parameter konnten durch die Behandlung mit Fremanezumab in einem hohen Maße verbessert werden [6, 7]. Dies ist besonders bei Patienten, die bereits mehrere erfolglose Therapien hinter sich haben, ein wesentlicher Aspekt. Wie eine Post-hoc-Analyse der FOCUS-Studie [12] ergab, an der Migräne-Patienten teilnahmen, die auf 2–4 Vortherapien mit unterschiedlichen Wirkstoffklassen in den letzten 10 Jahren nicht adäquat angesprochen hatten, verbesserten sich nach 3-monatiger Behandlung mit Fremanezumab auch die patientenrelevanten Outcome-Parameter wie Lebensqualität, Gesundheitsstatus und Arbeitsproduktivität im Vergleich zu Placebo signifikant [13].

Real-World-Daten spiegeln die Ergebnisse der Zulassungsstudien wider

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In der nicht interventionellen Studie FINESSE, die derzeit in Deutschland und Österreich durchgeführt wird, wird die Wirksamkeit von Fremanezumab bei Patienten mit episodischer oder chronischer Migräne in der klinischen Praxis untersucht. Wie die erste Interimsanalyse nach 6 Monaten zeigt, hatten 49,1% der Patienten (n=216), deren Daten in die Zwischenanalyse einflossen, eine mindestens 50%ige Reduktion der monatlichen Migränetage erreicht [4]. Demnach überzeugt Fremanezumab auch in der täglichen Routine als schnell wirksame, effektive und gut verträgliche Medikation, deren Wirksamkeit sowohl bei monatlicher als auch bei vierteljährlicher Dosierung ohne Wearing-off-Effekte bis zum Ende des Dosierungsintervalls anhält [13]. Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur

1 Diener H.-C. et al. Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Antikörpern gegen

CGRP oder den CGRP-Rezeptor, Ergänzung der S1-Leitlinie Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, 2019, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien 2 Brandes JL et al. Cephalalgia 2020;40: 470-477 3 Lipton RB et al. Headache 2021;61:662672 4 Straube A et al. Effectiveness of fremanezumab for preventive treatment in migraine: the non-interventional FINESSE

Study, Poster auf dem DGN-Kongress, 2.–5. November 2021 5 Fachinformation Ajovy® 225mg Injektionslösung in Fertigspritze / Fertigpen;

Stand: Juni 2021 6 Silberstein SD et al. N Engl J Med 2017; 377:2113-2122 7 Dodick DW et al. JAMA 2018;319:19992008 8 Goadsby PJ et al. Neurology 2020;95: e2487-e2499 9 Newman LC et al. EHF Kongress Athen 2019. E-Poster 010 10 Silberstein SD et al. Poster PF111, American Headache Society Meeting 2018,

San Francisco 11 Buse DC et al. J Headache Pain 2020; 21:109 12 Ferrari MD et al. Lancet 2019;394:10301040 13 Spierings ELH et al. Headache 2021; https://doi.org/10.1111/head.14196 14 Blumenfeld AM et al. Headache 2020; 60:2431-2443 15 Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA).

Nutzenbewertungsverfahren zum Wirkstoff Fremanezumab. https://www.g-ba. de/bewertungsverfahren/nutzenbewertun g/462/#beschluesse Mit der Zulassung von Tofacitinib (Xeljanz®), einem oralen Januskinase-Inhibitor (JAKi), vor über 3 Jahren, wurden die Therapiemöglichkeiten für erwachsene Patienten mit Colitis ulcerosa um eine gut wirksame Substanz erweitert [1]. Die mittlerweile aus dem klinischen OCTAVE-Studienprogramm und den Real-World-Studien gewonnenen Daten sprechen in ihrer Gesamtheit dafür, dass Tofacitinib eine rasche Symptomlinderung in der Induktionstherapie und stabile Remissionsraten in der Erhaltungstherapie ermöglicht – und zwar auch dann, wenn die Erhaltungsdosis von 2 × 10mg auf 2 × 5mg täglich reduziert wird [2]. Der klinische Benefit von Tofacitinib wird durch die einfache orale Einnahme und ein gut charakterisiertes, konsistentes Langzeitsicherheitsprofil über einen Zeitraum bis zu 6,8 Jahren ergänzt [3].

Ziel ist die endoskopische Remission

Patienten, die an Colitis ulcerosa leiden, sollen nach dem heutigen Verständnis eine möglichst schnelle symptomatische Besserung und eine dauerhafte Krankheitskontrolle erreichen [4]. Ein vielversprechendes langfristiges Therapieziel stellt die endoskopische Remission verbunden mit einer normalisierten Lebensqualität und der Abwesenheit von Komplikationen dar. Mit Tofacitinib, einem „small molecule“, steht ein zielgerichtetes Wirkprinzip für Erwachsene mit schwerer bis mittelschwerer aktiver Colitis ulcerosa zur Verfügung, das bereits 2 Jahre nach der Zulassung für diese Indikation in die S3-Leitlinie Colitis ulcerosa der DGVS aufgenommen wurde [5].

Gut untersuchtes Langzeitwirksamkeits- und Langzeitsicherheitsprofil

Mit Tofacitinib lässt sich nicht nur ein schnelles Ansprechen erreichen, sondern bei vielen Patienten auch eine dauerhafte Remission erzielen. Das zeigen die Ergebnisse des Phase-III-Studienprogramms OCTAVE, bestehend aus den beiden 8-wöchigen Induktionsstudien OCTAVE Induction 1 und 2, gefolgt von der 52-wöchigen Erhaltungsstudie OCTAVE Sustain [6]. Mittlerweile liegen weitere Daten der offenen Verlängerungsstudie OCTAVE Open vor [3, 7]. In dieser Studie wurden Patienten aus den beiden OCTAVE-Induktionsstudien, die zu Woche 8 kein klinisches Ansprechen zeigten, sowie Patienten aus OCTAVE Sustain, die keine Remission erreichten, mit 2 × 10mg Tofacitinib täglich behandelt. Patienten, die sich in Remission befanden, wurden mit einer Dosis von 2 × 5mg täglich weiterbehandelt. Eine Interimsanalyse (Datenschnitt im Mai 2019) bestätigt das Sicherheitsprofil von Tofacitinib über einen Behandlungszeitraum von 6,8 Jahren (n=1157) [3]. Die Inzidenzraten relevanter Nebenwirkungen, wie Nasopharyngitis, Arthralgien oder auch eine Verschlechterung der Colitis ulcerosa, blieben über den gesamten Behandlungszeitraum weitgehend konstant [3]. Auch die Inzidenzraten von schweren Infektionen und Herpes-zoster-Infektionen blieben in der Langzeittherapie stabil. Es wurden keine neuen Sicherheitssignale berichtet. Überzeugende Daten aus der Extensionsstudie gibt es inzwischen auch zum Remissionserhalt: Mehr als 2 Drittel der Patienten (68,3%), die in OCTAVE Sustain eine Remission erreicht hatten und in OCTAVE Open mit 2 × 5mg Tofacitinib täglich weiterbehandelt wurden, blieben nach 12 Monaten weiterhin in Remission, 73,9% zeigten eine endoskopische Verbesserung und 77,5% ein klinisches Ansprechen (NRILOCF-Daten) [7]. Selbst nach 36 Monaten traf das noch für über die Hälfte der Patienten zu (50,4%, 55,3% bzw. 56,0%) [7].

Remissionserhalt auch nach Dosisreduktion auf 2 × 5 mg Tofacitinib möglich

Dass die gute Wirksamkeit des JAKi bei vielen Colitis-ulcerosaPatienten in der Erhaltungstherapie auch nach Dosisdeeskalation von 2 × 10mg auf 2 × 5mg Tofacitinib täglich bestehen bleibt, bestätigen die Ergebnisse einer aktuellen Zwischenauswertung der noch laufenden Phase-IIIb/IVStudie RIVETING [2]. In diese Studie wurden Patienten aus der Langzeitstudie OCTAVE Open, die unter der Erhaltungstherapie mit 2 × 10mg Tofacitinib täglich seit mindestens 6 Monaten in stabiler klinischer Remission waren (n=140) einbezogen und randomisiert entweder mit 2 × 10mg oder 2 × 5mg Tofacitinib täglich weiterbehandelt. Der primäre Endpunkt war die Remissionserhaltung gemäß dem modifizierten Mayo Score (endoskopischer Subscore ≤1, Subscore für Stuhlfrequenz ≤1 und Subscore für rektale Blutungen = 0) zu Monat 6. Nach den Ergebnissen der aktuellen Interimsanalyse hielt die Remission nach Dosisreduktion bei 77,1% der Patienten weiterhin an [2]. Die höchste Chance auf Remissionserhaltung hatten Patienten, die bei Einschluss in die RIVETING-Studie eine endoskopische Remission (Baseline-endoskopischer Subscore = 0) aufwiesen und nicht mit TNFα-Inhibitoren vorbehandelt waren. Auch in dieser Studie wurden keine neuen Sicherheitssignale detektiert [2].

Patientenpräferenzen bei der Therapiewahl berücksichtigen

Während in der Vergangenheit die klinischen Folgen einer Coilitis ulcerosa wie Diarrhö, Blutbeimengungen im Stuhl und Anämie im Fokus standen, sind heute auch die aus Patientensicht relevanten Aspekte der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung in den Vordergrund gerückt, die den Alltag und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können. Dazu zählen insbesondere Fatigue, Leistungsminderung, Angst und Depression [8, 9, 10]. Rund 2 Drittel (65%) der Patienten haben den Eindruck, dass die Krankheit ihr Leben kontrolliert [9]. Etwa die Hälfte aller Patienten mit mittelschwerer bis schwer Colitis ulcerosa ist mit den konventionellen Therapien unzufrieden [11]. Eine multinationale Befragung ergab, dass Langzeitremission, Applikationsweg, Applikationsfrequenz und Sicherheitsprofil der Medikamente für die Betroffenen die größte Bedeutung bei der Therapiewahl haben [12]. Um das langfristige Outcome zu verbessern, sollten hochwirksame und zielgerichtete Therapieoptionen wie Biologika und JAKi rechtzeitig eingesetzt und die Patientenpräferenzen bei der Therapieentscheidung berücksichtigt werden.

Real-World-Erfahrungen mit Tofacitinib

Erste Daten retrospektiver und prospektiver Real-World-Studien zeigten – in Ergänzung zur wissenschaftlichen Evidenz aus dem klinischen OCTAVE-Studienprogramm – einen raschen Wirkeintritt und eine verlässliche Wirksamkeit von Tofacitinib in einer breiten und heterogenen Patientenpopulation mit mittelschwerer bis schwerer aktiver Colitis ulcerosa in der klinischen Routineversorgung. Eine retrospektive Kohortenstudie aus Großbritannien untersuchte die Effektivität von Tofacitinib bei 134 überwiegend Biologika-resistenten Patienten. Etwa 3 Viertel der Patienten (740%) sprachen in Woche 8 auf den JAKi an (95%KI: 65–81%); 44% erreichten in Woche 26 eine steroidfreie Remission (95%-KI: 34–53%) [12]. Der Behandlungserfolg war unabhängig von einer vorherigen antiTNFα-Therapie. Es wurden keine venösen Thromboembolien oder schwere kardiovaskuläre Ereignisse dokumentiert [12]. Auch in Registerstudien aus den Niederlanden (n=123) [13] und Spanien (n=113) [14] ermöglichte die Anwendung von Tofacitinib selbst bei stark vorbehandelten Patienten ein klinisches Ansprechen und/oder eine Remission, bei einem generell mit den Sicherheitsdaten der OCTAVE-Studien übereinstimmenden Sicherheitsprofil. Ein indirekter Vergleich von Sicherheitsereignissen bei Colitisulcerosa-Patienten einer US-amerikanischen Real-World-Kohorte unter TNFα-Hemmern (n=6366) mit einer Kohorte aus den klinischen Studien mit Tofacitinib (n=1157) deutet darauf hin, dass schwere Infektionen unter dem JAKi numerisch seltener auftreten (0,98 vs. 3,75 Ereignisse/100 Patientenjahre) [15]. Herpes-zoster-Infektionen waren unter Tofacitinib häufiger (4,38 vs. 1,98 Ereignisse/100 Patientenjahre) [15]. Aufgrund des höheren Risikos wird empfohlen, alle Patienten vor Therapiebeginn gegen Herpes zoster zu impfen [1].

Fabian Sandner, Nürnberg

Literatur

1 Fachinformation Xeljanz®; Stand: August 2021 2 Vermeire S et al. J Crohn Colitis 2021; 15:1130-1141 3 Sandborn WJ et al. UEGW 2020; Poster

P0494 4 Turner D et al. Gastroenterology 2021; 160:1570-1583 5 Kucharzik T et al. Z Gastroenterol 2020;58:241-326; AWMF-Registernr. 021-009 6 Sandborn WJ et al. N Engl J Med 2017; 376:1723-1736 7 Colombel JF et al. Clin Gastroenterol

Hepatol 2020 Oct 9;S1542-3565(20) 31389-6. doi: 10.1016/j.cgh.2020.10.004 8 Radford SJ et al. Frontline Gastroenterol 2020;12:11-21 9 Dubinsky MC et al. Inflamm Bowel Dis 2021 Feb 2;izab016. doi: 10.1093/ibd/ izab016 10 Williet N et al. J Crohns Colitis 2017; 11:165-174 11 Peyrin-Biroulet L et al. Dig Liver Dis 2016;48:601-607 12 Honap S et al. J Crohns Colitis 2020; 14:1385-1393 13 Biemans VBC et al. Aliment Pharmacol

Ther 2020;51:880-888 14 Chaparro M et al. J Crohns Colitis 2021; 15:35-42 15 Curtis JR et al. Inflamm Bowel Dis 2021; 1394-1408

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