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Wissenswertes 142, 154,160 Kongresse

Erbrechen und Durchfall). Sie waren im Allgemeinen meist leicht oder moderat ausgeprägt, traten häufiger während der Dosissteigerungsphase auf und nahmen mit der Zeit ab [1]. Eine Metaanalyse zur kardiovaskulären Sicherheit von Tirzepatid zeigte kein erhöhtes Risiko für das Auftreten von MACE-4** (HR: 0,80; 95%-KI: 0,57–1,11) und für kardiovaskulären Tod (HR: 0,90; 95%-KI: 0,50–1,61). Die in der Metaanalyse demonstrierte kardiovaskuläre Sicherheit war Voraussetzung für eine Zulassung von Tirzepatid in den USA und der EU [7].

** MACE-4: Kardiovaskulärer Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall und stationäre instabile Angina pectoris.

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Anwendung und Dosierung

Tirzepatid (Mounjaro®) wird 1× wöchentlich subkutan mit einem Fertigpen ohne sichtbare Nadel appliziert, der in 6 Dosierungen (2,5mg, 5mg, 7,5mg, 10mg, 12,5mg, 15mg) zur Verfügung steht. Die Anfangsdosierung von 1× wöchentlich 2,5mg sollte nach 4 Wochen auf 1× wöchentlich 5mg erhöht werden. Bei Bedarf kann die Dosis nach jeweils vierwöchiger Anwendung in 2,5-mgSchritten weiter erhöht werden. Die empfohlene Erhaltungsdosis beträgt 1× wöchentlich 5mg, 10mg oder 15mg [1]. Fabian Sandner, Nürnberg

Literatur

1 Europäische Kommission. https:// ec.europa.eu/health/documents/community-register/html/h1685.htm (Stand: 23.09.2022) 2 Rosenstock J et al. Lancet 2021;398:143155 3 Ludvik B et al. Lancet 2021;398:583-598 4 Del Prato S et. al. Lancet 2021;398:18111824 5 Frias JP et al. N Engl J Med 2021;385: 503-515 6 Dahl D et al. JAMA 2022;327:534-545 7 Sattar N et al. Nat Med 2022;28:591-598 8 Nauck MA et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2016;4:525-536 9 Nauck MA et al. Diabetes 2019;68:897900

Perampanel in der Zusatztherapie: Breitspektrum-Antiepileptikum mit hohen Anfallsfreiheits- und Retentionsraten im Praxiseinsatz

Der frühe Einsatz von Perampanel (Fycompa®) als Zusatztherapie kann für Menschen mit nicht kontrollierten fokalen oder primär generalisierten tonisch-klonischen Anfällen (pGTKA) die Chancen auf eine Reduktion der Anfallsfrequenz bis hin zu einer langanhaltenden Anfallsfreiheit deutlich steigern. Die in den Zulassungsstudien nachgewiesene Wirksamkeit wird durch Real-World-Daten gestützt. Im Rahmen eines von Eisai veranstalteten Symposiums diskutierten Experten unter anderem die pharmakologischen Besonderheiten und den Stellenwert von Perampanel als „Breitspektrum“Antiepileptikum.

Einzigartiger Wirkmechanismus

Als selektiver, nicht kompetitiver AMPA-Rezeptorantagonist ist Perampanel ein postsynaptisch wirksames Antiepileptikum. Es ist zugelassen zur Zusatztherapie fokaler Anfälle mit oder ohne sekundäre Generalisierung ab 4 Jahren und zur Zusatztherapie primär generalisierter tonisch-klonischer Anfälle bei idiopathischer generalisierter Epilepsie ab 7 Jahren. Durch die Wirkung an postsynaptischen AMPA-Rezeptoren wird eine überschießende glutamaterge Erregung blockiert. „Auch bei hoher Glutamat-Konzentration wird der nicht kompetitive Antagonist nicht durch Glutamat verdrängt“, erläuterte PD Dr. Felix von Podewils, Greifswald. Aufgrund des einzigartigen Wirkansatzes und der therapeutischen Breite bietet sich Perampanel als passender Partner für die Kombination mit allen verbreiteten Antiepileptika an. „Perampanel ist ein Medikament, das bei fokalen Anfällen und auch bei sekundär generalisierten Anfällen eine sehr gute Wirksamkeit hat“, berichtete von Podewils. Zudem zeigte Perampanel eine starke Wirksamkeit bei pGTKA. In der Zulassungsstudie reduzierte der AMPA-Rezeptorantagonist die Anfallsfrequenz um mindestens 50% bei signifikant mehr Patienten als die Placebo-Behandlung (64,2% vs. 39,5%; p=0,0019); knapp ein Drittel (30,9%) der Patienten war über die Erhaltungsphase anfallsfrei für pGTKA (vs. 12,3% unter Placebo). Die Wirksamkeit von Perampanel bei fokalen und primär generalisierten Anfällen bei idiopathisch generalisierter Epilepsie zeigt laut von Podewils das Breitspektrum-Potenzial des Antiepileptikums auf, was auch ein aktueller Review bestätigt.

Hohe Retentionsraten auch im Versorgungsalltag

In Deutschland stehen nur wenige Antiepileptika mit einem breiten Zulassungsstatus zur Verfügung. „Außerdem haben wir zum Zeitpunkt der Zulassung aufgrund strenger Ein- und Ausschlusskriterien in klinischen Studien oft nur begrenzte Einsichten in die Wirksamkeit und Verträglichkeit im Praxisalltag“, gab Professor Martin Holtkamp, Berlin, zu bedenken. Umso wichtiger ist es, mit Perampanel ein BreitspektrumAntiepileptikum an der Hand zu haben, das sich auch im Praxiseinsatz bewährt, wie der Experte anhand neuer Real-World-Daten verdeutlichte. In der PERMIT-Studie wurden die Daten von 5.193 Patienten ausgewertet, die Perampanel in der klinischen Routineanwendung erhalten hatten. Fokale Anfälle waren mit 81,4% (n=3911) die häufigste Anfallsart, gefolgt von generalisierten Anfällen (12,6%, n=604). Es handelte sich um ein Kollektiv mit überwiegend schwer behandelbaren Anfällen: Mehr als 50% der Patienten hatten zuvor bereits ≥4 Antiepileptika erhalten. Über 60% der Patienten nahmen begleitend zu Perampanel 2–3 andere Antiepileptika ein. Unter Perampanel lag die Responderrate (Reduktion der Anfallshäufigkeit um ≥50% im Vergleich zur Baseline) in Monat 12 bei 58,3%. Nach 12 Monaten war fast ein Viertel (23,2%) der Patienten für mindestens 6 Monate anfallsfrei geblieben. Außerdem waren noch nahezu 2 Drittel der Patienten (64,2%) auf der Therapie verblieben, was das günstige Verträglichkeitsprofil von Perampanel unterstreicht. Als Gründe für einen Abbruch der Medikation über den Zeitraum von 12 Monaten wurden unerwünschte Ereignisse (bei 14,3% der Studienteilnehmer), eine mangelnde Wirksamkeit (8,8%) bzw. eine Anfallsverschlechterung (1,2%) genannt. Häufigste Nebenwirkungen waren Schwindel, Somnolenz, Reizbarkeit und Verhaltensstörungen. Laut Holtkamp sprechen die Ergebnisse der multizentrischen retrospektiven Beobachtungsstudie COM-PER mit 81 Patienten überdies für einen möglichst frühen Einsatz von Perampanel. In der Gruppe, die Perampanel bereits als erste Zusatztherapie zu einer initialen Monotherapie erhielt, war die Responderrate mit 85,7% deutlich höher als bei später Zusatztherapie (28,3%). Die Anfallsfreiheitsrate war etwa 5-mal höher (71,4% vs. 13,3%). 9 von 10 Patienten, die Perampanel als erste Zusatztherapie erhielten, setzten ihre Behandlung bis zum Ende des 12-monatigen Beobachtungszeitraums fort im Vergleich zu 48,3% bei später Zusatztherapie (p=0,001). Unerwünschte Ereignisse traten bei 54,3% der Patienten auf, die meisten waren leicht oder mittelschwer, wobei Schwindel die häufigste Nebenwirkung darstellte.

Auch eine Option bei epileptischen Anfällen aufgrund von Hirntumoren

Neuere Befunde deuten darauf hin, dass auch Menschen mit Anfällen aufgrund von Hirntumoren von Perampanel profitieren können. Seit einigen Jahren verdichten sich die Hinweise darauf, dass eine tumorassoziierte Störung der Glutamat-Homöostase eine Rolle bei der Epileptogenese spielt. „Eine erhöhte Glutamat-Konzentration könnte an der Entstehung von epileptischen Anfällen in dieser Patientengruppe beteiligt sein“, sagte Dr. Martin Hirsch, Freiburg. Daher kann der AMPA-Rezeptorantagonismus von Perampanel eine Pathomechanismus-orientierte Therapieoption darstellen. Bisher liegen keine randomisierten kontrollierten Studien zur Behandlung epileptischer Anfälle speziell bei Patienten mit Tumoren des ZNS vor. Erste Daten aus dem Praxiseinsatz sind vielversprechend: In der prospektiven PERADET-Studie mit 36 konsekutiven Patienten mit Gliomen und unkontrollierten fokalen Anfällen ermöglichte Perampanel auch in niedrigen Dosierungen in der Zusatztherapie eine effektive Reduktion der Anfälle. Bei 30,6% der Patienten traten unerwünschte Ereignisse auf, die alle leicht oder moderat waren.

Fabian Sandner, Nürnberg

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen:

Real-World-Daten liefern wichtige Erkenntnisse für Therapie mit Vedolizumab

„Ziel in der CED-Behandlung ist es, mit einer kausalen Therapie eine Krankheitskontrolle mit histologischer Heilung bei Colitis ulcerosa (CU) bzw. transmuraler Heilung bei Morbus Crohn (MC) zu erreichen. Dazu stehen etablierte und neue Therapieoptionen zur Verfügung, die vor allem ein hohes Maß an Sicherheit bieten sollen“, erklärte PD Dr. Irina Blumenstein, Frankfurt/Main, auf einem von Takeda unterstützten Symposium anlässlich des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS).

Wie wichtig es ist, auch schon bei jungen Patienten frühzeitig mit einer First-line-Biologikatherapie zu beginnen, demonstrierte Blumenstein anhand eines Patientenfalles. Der 19-jährige Patient hatte bereits mit 16 Jahren die Diagnose Morbus Crohn erhalten. Nach anfänglicher Remissionsinduktion unter Steroidtherapie entwickelte sich bereits innerhalb eines Jahres ein steroidabhängiger Krankheitsverlauf mit rezidivierenden Schüben, starken Unterbauchschmerzen und großer Gewichtsabnahme. In Coecum und Colon ascendens zeigte sich eine hochgradige Entzündungsaktivität mit Ulzerationen. Bei diesem Patienten lag daher ein mittelschwerer bis schwerer MC 2 vor, der refraktär auf Standardmedikation war. Bei einem Erwachsenen käme nun leitliniengemäß eine First-lineBiologikatherapie infrage, erklärte Blumenstein und ergänzte: „Aber gilt das auch für junge Patienten in der Transition?“ Aus ihrer Sicht ist auch bei einem so jungen Patienten ein frühzeitiger Einsatz eines geeigneten Biologikums sinnvoll, da noch keine Strikturen, Fisteln und Abszesse vorhanden sind. „So kann das ‚window of opportunity‘ genutzt werden, um den natürlichen Krankheitsverlauf zu verändern. Und der Patient hat gute Aussichten auf eine langfristige kortikosteroidfreie Remission“, sagte Blumenstein und ergänzte: „Inzwischen ist mit hohen Patientenzahlen die klare Evidenz erbracht worden, dass eine frühe biologische Therapie vorteilhaft ist – sowohl bei erwachsenen als auch bei pädiatrischen CEDPatienten.“

Nichts ist so wichtig wie die reale Evidenz

Randomisierte, placebokontrollierte, klinische Studien sind wichtig, spiegeln aber nicht die Realität in der Praxis wider, betonte Professor Stefan Schreiber, Kiel. Daher werden zum einen zusätzlich direkte Vergleiche zwischen 2 Therapien in Form von Head-to-Head-Studien benötigt. Zum anderen können Real-World-Daten mit hoher Evidenz zeigen, inwieweit die – zum Teil langjährigen – Erfahrungen mit einem Medikament im Praxisalltag mit den klinischen Studienergebnissen übereinstimmen. Ein Beispiel für ein Biologikum, für das eine langjährige Erfahrung sowohl in der Behandlung von CU- als auch von MC-Patienten vorliegt, ist Vedolizumab (Entyvio®). „Neben den Erkenntnissen im Real-World-Setting zu Effektivität und Verträglichkeit von Vedolizumab sind die Erfahrungen in Bezug auf einen frühen Einsatz des α4β7-Integrin-Antagonisten gerade auch bei MC von Interesse und relevant für eine Therapieentscheidung“, so Schreiber weiter. In der Phase-IIIb-Studie VERSIFY konnte die Effektivität von Vedolizumab bei MC hinsichtlich endoskopischer und histologischer Heilung über 52 Wochen bestätigt werden. Dabei wiesen die Anti-TNFα-naiven Patienten höhere Raten auf als Anti-TNFαVorbehandelte. Eine vollständige Mukosaheilung zeigte sich bei 28,1% der Anti-TNFα-Naiven in Woche 52. Außerdem ergab sich bei kürzerer Krankheitsdauer (<3 Jahre) häufiger eine endoskopische Remission. Dies wird durch die Real-World-Daten des VICTORYKonsortiums ergänzt: Eine im frühen Stadium (≤2 Jahre) des MC begonnene Vedolizumab-Therapie führte im Vergleich zu Anti-TNFαTherapien zu besseren klinischen Ergebnissen bei klinischer, kortikosteroidfreier sowie endoskopischer Remission.

Aktuelle Daten des VEDO-IBDRegisters zeigen Vorteile von Vedolizumab

„Die aktuelle Auswertung des VEDO-IBD (Vedolizumab in inflammatory bowel disease)-Registers bestätigen den Vorteil von Vedolizumab als First-line-Biologikum bei CU und MC auch im Real-World-Setting“, berichtete Schreiber. In das Register wurden von 2017 bis 2020 etwa 1.200 Biologikanaive und -erfahrene Patienten mit CU oder MC aus 45 deutschen CED-Zentren eingeschlossen. Untersucht wurden die Effektivität von Vedolizumab als First-lineBiologikum und die Therapiepersistenz (vom Therapiebeginn bis Woche 52) im Vergleich zu AntiTNFα-Therapien. Um möglichst valide Ergebnisse zu generieren, wurde ein Propensity-Score-Matching vorgenommen. Für die MC-Analyse wurden die Daten von 294 Biologika-naiven MC-Patienten ausgewertet. 71 von ihnen erhielten Vedolizumab, 223 einen Anti-TNFα-Wirkstoff (59,6% Adalimumab [ADA], 40,4% Infliximab [IFX]). Nach 52 Wochen hatten in der modifizierten Intention-to-Treat (mITTc)-Population 76,1 % der Patienten unter Vedolizumab eine klinische Remission erreicht, im Vergleich zu 63,8 % unter Anti-TNFα (OR: 1,80; 95%-KI: 0,86 – 3,76). Nach einem Jahr wurden 94 % der VedolizumabPatienten weiterhin damit behandelt – signifikant mehr als unter Anti-TNFα (75 % unter ADA, 78 % unter IFX; p = 0,0070). In die CU-Analyse gingen die Daten von 274 Biologika-naiven CU-Patienten ein; 158 von ihnen erhielten Vedolizumab, 116 einen Anti-TNFα-Wirkstoff (27,6%

ADA; 57,8% IFX; 14,7% Golimumab [GOL]). In der mITT-Population war die Ein-Jahres-Rate des klinischen Ansprechens unter Vedolizumab signifikant höher als unter jeglicher Anti-TNFαTherapie (61,7% vs. 40,3%; OR: 2,39; 95%-KI: 1,39–4,10). Bei der klinischen und der steroidfreien Remission zeigte sich eine tendenzielle Überlegenheit von Vedolizumab vs. Anti-TNFα (p=0,058 bzw. p=0,051). Laut Schreiber ergaben sich außerdem Vorteile für Vedolizumab bei der Therapiepersistenz: Signifikant mehr Patienten der Anti-TNFα-Gruppe wechselten bis Woche 52 auf eine andere Therapie im Vergleich zur Vedolizumab-Gruppe (40,5% vs. 16,5%; p<0,001).

Vorteile bei Therapiepersistenz für Vedolizumab versus Adalimumab bei CU

Eine weitere Real-World-Studie zur Therapiepersistenz verglich Vedolizumab mit Adalimumab bei CU sowie bei MC. Wie Schreiber ausführte, wurde bereits in VARSITY, der ersten Head-to-HeadStudie zweier Biologika zur CUBehandlung, eine Überlegenheit von Vedolizumab gegenüber Adalimumab in Woche 52 im Hinblick auf klinische Remission und Mukosaheilung bei erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver CU gezeigt. Nun bestätigte eine retrospektive Kohortenstudie mit 195 Biologikanaiven CU- und MC-Patienten die Überlegenheit von Vedolizumab als First-line-Biologikum gegenüber Adalimumab bei CU hinsichtlich der endoskopischen Remission in Woche 52 sowie bei der Therapiepersistenz. Bei MC waren beide Therapien vergleichbar. „Die Real-World-Daten können bei der Entscheidung für die Wahl von Vedolizumab als First-line-Biologikum bei CU- und MC-Patienten hilfreich sein“, kommentierte Schreiber die Ergebnisse.

Chronische Pouchitis – eine wenig beachtete Komplikation bei proktokolektomierten CUPatienten

„Eine Erkrankungsentität bei CUPatienten, der eigentlich zu wenig Beachtung geschenkt wird, ist die Pouchitis“, sagte Professor Raja N. Atreya, Erlangen. „Umso erfreulicher ist es, dass ein bereits in der CED-Therapie etabliertes Medikament – Vedolizumab – jetzt auch für die aktive chronische Pouchitis zugelassen ist.“ Die Pouchitis ist die häufigste Komplikation nach Anlage eines ileoanalen Pouches (ileal pouchanal anastomosis, IPAA) bei CU, der Patienten nach einer Proktokolektomie die normale Stuhlabgabe erleichtern soll. „Die Pouchitis ist für CU-Patienten eine relevante Komplikation“, betonte Atreya. Bei etwa 29% der Patienten wird eine Pouchitis als Langzeitkomplikation (>30 Tage postoperativ) beobachtet. Laut einer prospektiven populationsbasierten dänischen Kohortenstudie hat sich die Inzidenz der Pouchitis von 1996 bis 2018 signifikant erhöht – mit dem stärksten Anstieg im Zeitraum von 2015 bis 2018. Die Pouchitis wird in eine akute (≤4 Wochen symptomatisch) und eine chronische Form (>4 Wochen symptomatisch) unterteilt. Außerdem unterscheidet man die auf Antibiotika ansprechende, die antibiotikaabhängige sowie die antibiotikarefraktäre Pouchitis. Die akute Pouchitis wird entsprechend der CU-Leitlinien primär mit Ciprofloxacin oder/und Metronidazol behandelt, antibiotikarefraktäre Verläufe mit Budenosid (oral oder lokal) oder Biologika. Problematisch ist die Behandlung der chronischen antibiotikarefraktären Pouchitis, für die es bislang keine zugelassene Therapie gegeben hat. Wie Atreya ausführte, erhielt Vedolizumab i.v. im Januar 2022 die Zulassung für diese Indikation und ist damit derzeit die einzige in Europa verfügbare Therapie für diese Komplikation bei CU-Patienten.

EARNEST-Studie zeigte Wirksamkeit von Vedolizumab i.v. bei aktiver chronischer Pouchitis

Zulassungsrelevant war die randomisierte, placebokontrollierte Phase-IV-Studie EARNEST, die 102 CU-Patienten mit aktiver chronischer Pouchitis nach Proktokolektomie mit IPAA einschloss. Die Patienten erhielten entweder Vedolizumab i.v. 300mg oder Placebo an Tag 1 und in Woche 2, 6, 14, 22 und 30 sowie zusätzlich Ciprofloxacin in den ersten 4 Wochen. Primärer Endpunkt war die mPDAI (modifizierter Pouchitis Disease Activity Index)-Remission in Woche 14, die klinische Symptome und endoskopische Befunde umfasst. Sie war definiert als mPDAI <5 und Reduktion des Gesamtscores ≥2 Punkte gegenüber dem Ausgangswert. In Woche 14 erreichten 31,4% der Patienten unter Vedolizumab vs. 9,8% unter Placebo eine mPDAIRemission (p=0,013). Dieser signifikante Vorteil zeigte sich auch in Woche 34 (35,3% vs. 17,6%, p=0,043). Zudem war die PDAIRemission (PDAI-Score <7 und

≥3 Punkte Reduktion ab Baseline) unter Vedolizumab vs. Placebo in Woche 14 und 34 signifikant höher (35,3% vs. 9,8%, p=0,004 bzw. 37,3% vs. 17,6%, p=0,027). Auch eine anhaltende Remission (Remission in Woche 14 plus Woche 34) wurde unter Vedolizumab häufiger verzeichnet als unter Placebo: Beim mPDAI betrugen die Raten 27,5% vs. 5,9% (95%-KI: 6,5–37,0) und beim PDAI 31,4% vs. 7,8% (95%-KI: 8,0–38,8). Die endoskopische Bewertung der Pouchitis zeigte eine größere Reduktion der Anzahl an Ulzera unter Vedolizumab vs. Placebo in Woche 14 und 34 sowie häufiger eine Verbesserung im SES-CD (Simple Endoscopic Score for Crohn’s Disease). Die Sicherheit von Vedolizumab entsprach auch in dieser Studie dem bekannten Profil. Fabian Sandner, Nürnberg

Darmkrebsrisiko ist bei Menschen mit Diabetes Typ 2 doppelt so hoch

Krebs ist die häufigste Todesursache bei Menschen mit Diabetes Typ 2. Die Krebsprävention und -früherkennung ist für die Betroffenen daher besonders wichtig. Doch wird sie gerade von dieser Patientengruppe – insbesondere bei Darmkrebs – zu selten in Anspruch genommen, kritisieren die Arbeitsgemeinschaft „Diabetes und Krebs“ der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) sowie die Stiftung „LebensBlicke“. Sie fordern Ärztinnen und Ärzte dazu auf, ihre Patientinnen und Patienten vermehrt über die niederschwelligen Vorsorgemöglichkeiten aufzuklären. Denn Darmkrebs ist gut heilbar – aber nur, wenn er früh erkannt wird.

Besonders gefährdet sind übergewichtige insulinpflichtige Patienten

Bei Menschen mit einem Diabetes Typ 2 bilden sich – im Vergleich zu ihren gesunden Mitmenschen – häufiger bösartige Zellveränderungen im Dickdarm und anderen Geweben. Das Darmkrebsrisiko ist etwa doppelt so hoch wie bei Stoffwechselgesunden. Besteht darüber hinaus noch eine familiäre Vorbelastung, erkranken Diabetiker im Schnitt sogar bis zu 18 Jahre früher an dieser Krebsart. Ursachen für das erhöhte Erkrankungsrisiko bei Typ-2-Diabetes sind bestimmte Stoffwechsel- und Entzündungsprozesse durch das mit der Stoffwechselerkrankung häufig assoziierte Übergewicht, die Wirkung des zugesetzten Insulins oder ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel. Besonders darmkrebsgefährdet sind daher übergewichtige Menschen mit einem insulintherapierten Diabetes Typ 2. Gravierend ist, dass sich Adipositas und Diabetes weltweit zu regelrechten Epidemien entwickelt haben, sie in einer Wechselwirkung miteinander stehen und dadurch Krebserkrankungen begünstigen. So erkranken immer mehr jüngere Erwachsene unter 50 Jahren an Darmkrebs.

Betroffene nehmen Vorsorgeangebote zu selten wahr

Umso problematischer ist es, wenn Betroffene die niederschwelligen Angebote der Darmkrebsvorsorge nicht wahrnehmen oder darüber zu wenig aufgeklärt werden. In einigen europäischen Ländern, wie den Niederlanden und England, beträgt die Teilnahmerate bei der Darmkrebsvorsorge mit Stuhlbluttests rund 70%. In Deutschland nehmen lediglich 10–20% diese Angebote wahr. Dabei sind sind die Maßnahmen zur Darmkrebsfrüherkennung unkompliziert: Die Stuhltests (IFOBTs) erfordern keine Vorbereitung und können von den Patienten selbst zu Hause angewendet werden. Liegen neben einem Diabetes mellitus weitere Risikofaktoren wie Tabak- oder Alkoholkonsum, Übergewicht oder eine familiäre Belastung vor, übernehmen einige Krankenkassen inzwischen auch bei Hochrisikopatienten unter 50 Jahren – bei Männern bereits ab dem 40. Lebensjahr und bei Frauen ab dem 45. Lebensjahr – die Kosten für eine Vorsorgekoloskopie, die Darmkrebs und seine Vorstufen noch zuverlässiger als IFOBTs aufspüren und verhindern kann. In Zukunft wird die Darmkrebsvorsorge noch effektiver sein. Denn derzeit wird sehr erfolgreich an innovativen Bluttests, die mit Biomarkern arbeiten und die mikrobielle Erbsubstanz detektieren, sowie an Multitarget-Stuhl-DNATests geforscht.

B. S.

Quelle: Scherübl H. Typ-2-Diabetes-mellitus und Krebsrisiko, Dtsch Med Wochenschr 2021;146:1218-1225

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# Da ERLEADA® in der Therapie des mCRPC nicht zugelassen ist, stehen bei Fortschreiten der Erkrankung zum mCRPC und daraus resultierender Therapieumstellung theoretisch noch alle im mCRPC zugelassenen Therapieoptionen zur Verfügung. * Gemäß Zulassungsstudie TITAN waren Patienten unabhängig vom Ausmaß oder Risiko der Erkrankung (high-/low-Volume, Gleason

Score), vom Zeitpunkt der Diagnose (neu-/zuvor-diagnostiziert) oder der Vortherapie (Docetaxel, ADT, lokale Therapien) in die Studie eingeschlossen.² ** Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von fast 4 Jahren reduzierte ERLEADA®/ADT in der fi nalen Analyse der Zulassungsstudie

TITAN das Risiko zu versterben um 35 % (HR 0,65; 95 % KI: 0,53–0,79; p<0,0001) im Vergleich zu Placebo/ADT.³ 1. Aktuelle Fachinformation ERLEADA® 2. Chi KN, et al. N Engl J Med 2019 Jul 4;381(1):13–24. 3. Chi KN, et al. J Clin Oncol 2021

Jul 10;39(20):2294–2303.

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