SYMPOSIUM Schwingungsprognose am Beispiel eines Brückentragwerks an der A 23 in Wien
Auswirkungen von Verkehrsschwingungen auf den erhärtenden Beton von Alois Vorwagner, Michael Kleiser, Marian Ralbovsky, Thomas Kozakow
Baumaßnahmen an Brücken im Bestandnetz nehmen einen immer höheren Anteil am Infrastrukturbauvolumen als Neubauten auf der »grünen Wiese« ein. Diese müssen in der Regel unter Aufrechterhaltung des Verkehrs durchgeführt werden. Der Maßnahmenumfang umfasst unter anderem geringfügige Erneuerungen von Randkappen samt Kragplattenenden, kann jedoch auch Verbreiterungen für weitere Fahrstreifen zur Kapazitätserweiterung bis hin zu gänzlichen Neuerrichtungen von Stahlbetontragwerken in halbseitiger Bauweise beinhalten (Bild 1). Das Anbetonieren an Bauteile, die durch laufenden Verkehr dynamisch beansprucht werden, ist in solchen Fällen unvermeidbar und wirft in regelmäßigen Abständen die Frage des Einflusses auf den Erhärtungsprozess als auch auf die Verbundeigenschaften in der Fuge und der Anschlussbewehrung auf. Insbesondere durch den Umstand, dass dynamische Einwirkungen auf den erhärtenden Beton umfangreiche Konsequenzen auf den Bauablauf haben können, ist ein frühzeitiges Wissen der Kritikalität schon in der Ausschreibungsphase von hoher Wichtigkeit. Am Beispiel der neuen Bendabrücke im Zuge der A 23 »Hochstraße Inzersdorf« wird diese Fragestellung erörtert und werden Abschätzungsmethoden für allgemeine Betrachtungen abgeleitet.
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BRÜCKENBAU | 1/2 . 2020
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Bauen im Bestand mit unterschiedlichen Verkehrs- und Betonierphasen © ASFiNAG
Schwingungseinwirkung auf den erhärtenden Beton Der Effekt von Vibrationen auf den erhärtenden Beton ist schon lange bekannt. In der Frühphase der Erhärtung wirken sich Schwingungen positiv auf die Materialverdichtung und somit auf die erzielbare Festigkeit aus. Ab einem kritischen Aushärtungsgrad des Zementgefüges können aber intensive Schwingungen das Gefüge und damit die Verbindungen des Zementleims nachhaltig stören, womit die Betoneigenschaften wie Dichtheit oder Festigkeit abnehmen. In der Baudynamik hat sich die Schwinggeschwindigkeit als eine charakterisierende Größe vor allem im Erschütterungsschutz etabliert. Die Empfehlungen für dessen Grenzwert wurden von vielen Autoren untersucht und sind sehr uneinheitlich. Zur detaillierten Diskussion bezüglich des Grenzwertes wird auf [1] verwiesen. Für die folgenden Betrachtungen wurde als Kompromiss ein Grenzwert von 20 mm/s herangezogen.
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Brückentragwerk Hochstraße Inzersdorf Rund 145.000 Kfz/d benützen die A 23 Südost-Tangente als kürzeste, jedoch meistbefahrene Autobahn Österreichs. Die Brückenkonstruktion der Hochstraße Inzersdorf befindet sich am Südende der A 23 und wurde in den Jahren 1968–1970 als Firmenalternative errichtet. Aufgrund von massiven Schäden wurde in den Jahren 2015–2018 die sechsstreifige Brücke unter der Grundvoraussetzung der Aufrechterhaltung sämtlicher Fahrstreifen und Relationen rück- und neugebaut (Bild 2). Der Neubau speziell der Bendabrücke als Plattentragwerke mit einer Regelspannweite von 19,50 m und einer Plattendicke von 90 cm erfolgte mit Hilfe einer provisorischen Verbreiterung in Etappen, wobei der Anschluss der Fahrbahnplatte in der zweiten Etappe unter aufrechtem Verkehr betoniert werden musste (Bild 4).