SYMPOSIUM Pilotprojekt Falkensteinbrücke
Brückeninspektion 4.0 von Peter Furtner, Albrecht Karlusch
Ingenieurbauwerke und damit Kunstbauten haben Anforderungen hinsichtlich Standsicherheit, Verkehrssicherheit und Dauerhaftigkeit zu erfüllen. Kunstbauten sind periodisch einer Inspektion zu unterziehen. Diesbezüglich gibt es in allen Industrieländern entsprechende Gesetze und Regelwerke, beispielsweise in Deutschland die DIN 1076 und die RI-EBW-Prüf und in Österreich die RVS-Reihe 13.03.XX und das Dokument »06.01.02 Instandhaltung, Instandhaltungsplan« der ÖBB Infrastruktur. Der vorliegende Beitrag präsentiert das Konzept und die Umsetzung eines Pilotprojekts zum Einsatz innovativer Technologien in der Inspektion von Bauwerken. Auf Basis von unbemannten Luftfahrzeugen, sogenannten UAVs oder »Drohnen«, und anderen Trägerplattformen sowie Technologien zu digitaler Bildverarbeitung, insbesondere Methoden der künstlichen Intelligenz, soll eine Unterstützung bei der Inspektion von Kunstbauten auf Dienstleistungsbasis ermöglicht werden. Ziel ist die Sicherstellung einer objektivierten und nachvollziehbaren Schadensdetektion unter Minimierung kostenintensiver Prozesse wie Fahrbahnund Gleissperren, Brückenuntersichtgeräten etc.
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BRÜCKENBAU | 1/2 . 2020
1 Nutzen für Infrastrukturbetreiber 1.1 Allgemeines Im Zuge der Ausarbeitung eines Konzepts für ein Pilotprojekt wurden von den Projektbeteiligten grundsätzliche Überlegungen hinsichtlich eines Einsatzes von UAV für den Inspektionsprozess angestellt. Der erwartete Nutzen und die Vorteile dieser Technologie werden im Folgenden kurz zusammengefasst. 1.2 Nutzen und Vorteile Datenerfassung: – rasche, sichere, und vollständige Aufnahme von Objekten; – effiziente Inspektion von schwer zugänglichen Bauwerken, zum Beispiel große Talbrücken; – keine oder nur minimale Betriebseinschränkungen während der Inspektion, zumindest wenn auf Befliegung direkt über der Verkehrsfläche verzichtet wird; – bei der Notwendigkeit von Betriebseinschränkungen lassen sich diese durch die Zeiteinsparung deutlich verkürzen; – flächendeckende Erfassung und exakte Verortung von Bauwerkszustandsdaten. Datenauswertung: – automationsgestützte, objektivierte und nachvollziehbare Klassifizierung von Bauwerksschäden; – ortsunabhängige augenscheinliche Bewertung des Bauwerkszustands durch Expertin oder Experten auf Basis der Befliegungsdaten; – Georeferenzierung der erfassten Daten und positionsbezogene Auswertungsmöglichkeiten über zeitliche Veränderung von Schadstellen, Anomalien etc.; – sicheres und teilautomatisiertes Erkennen und Quantifizieren von Zustandsveränderungen und Schäden durch periodische Bauwerksprüfung; – objektive und wiederholbare Detektion von Schäden.
Datenvisualisierung und Dokumentation: – Arbeitsgrundlage für Bauherren, unabhängige Prüfingenieure und Anlagenbuchhaltung; – softwareunabhängige Web-GIS-Darstellung und BIM-Datenlieferung; – strukturierte Archivierungs- und Abfragemöglichkeiten von Bauwerksbestands- und -zustandsdaten; – Schnittstelle für die Integration von Planungsdaten; – Verwendung der dreidimensionalen Bauwerksdarstellung als Planungsgrundlage für erforderliche Sanierungs-/Instandsetzungsmaßnahmen; – einfache Erstellung von genauen Bestandsplänen aus den Ergebnissen; – uneingeschränkter bzw. vom Auftraggeber definierbarer Nutzerkreis; – Datenerstellung als Grundlage für Lifecycle-Management. 1.3 Innovation und Weiterentwicklung Datenakquisition: Durch optische und multispektrale Sensoren erfolgt die Aufnahme von Bauwerken mit keiner oder nur minimaler Beeinflussung der laufenden Nutzung. Mittels photogrammetrischer Methoden werden die erhaltenen Bildinformationen zu einer dreidimensionalen digitalen Abbildung des Bauwerks zusammengefügt. Das dreidimensionale Modell stellt die Grundlage für weitergehende Planungsaufgaben dar. Datenauswertung: Bildbearbeitungs- und -analysetools werden dazu genutzt, Informationen zum Bauwerkszustand automatisiert zu ermitteln. Neben optisch feststellbaren Bauwerksschäden, zum Beispiel Verfärbungen, Rissen, geometrischen Anomalien, die Rückschlüsse auf Wassereintritte, Moosbewuchs, Betonabplatzungen, Sulfattreiben etc. erlauben, können mittels multispektral erfasster Informationen auch physikalische Materialzustandsdaten ausgewertet und interpretiert werden.