SYMPOSIUM Ein Streifzug durch die letzten Jahre
Eisenbahnbrücken in Österreich von Martin Muncke, Helfried Axmann, Richard Zedlacher, Gerhard Oberlerchner
In den letzten Jahren wurden in Österreich einige der längsten und bemerkenswertesten Brücken aufgrund ihres Alters entweder saniert oder durch Neubauten ersetzt. Darunter fallen zwei besondere Bauwerke, die in diesem Beitrag vorgestellt werden: die Donaubrücke Tulln mit einer Erneuerung im Bestand und aktuell die Brücke über den Meidlinger Einschnitt auf der Donauländebahn Wien. Beides sind Stahlbaukonstruktionen mit Verbundfahrbahnplatten. 1 Vorbemerkungen In den letzten Jahren wurden durch die ÖBB-Infrastruktur AG auf ihrem Streckennetz zahlreiche Brückenbauwerke aus Altersgründen bzw. aufgrund neuer höherer Anforderungen an die Belastbarkeit saniert oder durch Neubauten ersetzt. Wir durften in den letzten Jahren bereits einige von ihnen hier und damit im Rahmen des »Symposiums Brückenbau in Leipzig« vorstellen und möchten dies gerne auch 2020 wieder tun. Um die langjährige Tradition des Symposiums zu würdigen, stellen wir ein etwas älteres Bauwerk vor und ein aktuelles, das sich zurzeit im Bau bzw. in der Fertigstellung befindet, um den Bogen der Entwicklung zu zeigen. Vor genau zehn Jahren sprach Dipl.-Ing. Dr. rer. nat. techn. Hannes Kari in Leipzig über die »Poesie der Logik« und brachte dabei drei Beispiele aus der damaligen Zeit, die Landecker Innbrücke, die Brücke über die Ötztaler Ache sowie die Rheinbrücke bei St. Margrethen zwischen Österreich und der Schweiz. Heute stehen die Donaubrücke Tulln aus dem Jahr 2009 und die aktuelle Brücke über den Meidlinger Einschnitt im Vordergrund.
2 Donaubrücke Tulln 2.1 Konzeption und Ausführung Im Zuge des Ausbaus der Tullner Westschleife musste 2009 der bestehende Überbau der Eisenbahnbrücke Tulln abgetragen und durch ein neues Tragwerk ersetzt werden, welches die aktuellen Anforderungen des modernen Eisenbahnverkehrs, vor allem in puncto Gleisabstand, Belastung, Lebensdauer, Erhaltungsfreundlichkeit usw. und der Umweltverträglichkeit, insbesondere den Lärmschutz betreffend, erfüllen sollte. Das neue Tragwerk wurde auf die vorhandenen Unterbauten aufgesetzt, die zuvor für die neuen statischen Anforderungen aus dem Bahnverkehr bzw. für einen Schiffsanprall entsprechend umgebaut und verstärkt wurden. Die neben dem Eisenbahntragwerk situierte Straßenbrücke war von den Umbaumaßnahmen nicht unmittelbar betroffen. Das Tragwerk mit seiner Gesamtlänge von 441,80 m wurde als pfostenloses Stahl-Beton-Verbundfachwerk über fünf Felder mit einer unten liegenden Stahlbetonverbundfahrbahnplatte konzipiert, was für Eisenbahnbrücken dieser Größenordnung eine Neuheit darstellte und entsprechende Lösungen für den Übergang vom Stahl zur Betonplatte und für die Thematik »Betonplatte in der Zug-
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BRÜCKENBAU | 1/2 . 2020
zone« erforderte. Weiters war eine Optimierung aus gestalterischer, lärmschutztechnischer sowie aus wirtschaftlicher Sicht durch Life-Cycle-Costs-(LCC-)Analyse notwendig, die letztendlich die realisierte Konzeption bestimmte, wobei im Zuge der Lösungsfindung auch alternative Tragsysteme, ein reines Stahltragwerk mit orthotroper Platte und eine Einfeldträgerkette, sowie alternative Oberbausysteme (Schotteroberbau) untersucht und bewertet wurden. Mit in die Systembetrachtungen wurde zudem die Variante der Festen Fahrbahn mit ihren schalltechnischen und statischen Eigenschaften einbezogen, wobei mit dem »Embedded Rail System« ein besonders lärmarmes System gefunden und ausgeführt wurde. Da für die Errichtung des gesamten Bauwerkes lediglich 18 Monate zur Verfügung standen, wovon eine Bauzeit von nur 26 Wochen, definiert durch eine Gleissperre der Franz-Josefs-Bahn, für den Abtrag und den Neubau des Tragwerks einschließlich der Herstellung der Betriebsbereitschaft für den Bahnbetrieb möglich war, musste größtes Augenmerk auf die Planungsabfolge, Logistik und Montagetechnik in allen vertretenen Sparten gelegt werden.
Regelquerschnitt: Stahlbetonverbundplatte mit Fester Fahrbahn © ÖBB-Infrastruktur AG