vorwärts März 2013

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VORWÄRTS.DE: Weiterlesen im Internet!

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FotoS: Dirk Bleicker (6); DPA (3)

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„Das geplante Leistungsschutzrecht ist nicht nur überflüssig, sondern schädlich für Innovation, Meinungsvielfalt und Qualitätsjournalismus.“ Prof. Dr. Justus Haucap zum geplanten Leistungsschutzrecht

Prof. Dr. Justus Haucap vom Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie, Mitglied der Monopol­ kommission, hält ein Leistungsschutzrecht für gefährlich. Und mehr als 225.000 Deutsche lehnen das Gesetz ebenfalls ab. Ein für Deutschland geplantes Leistungsschutzrecht – das Verlagen das Recht gäbe, eine Lizenz zu verlangen, wenn Ausschnitte ihrer Presseartikel in Suchmaschinen angezeigt werden – betrifft uns alle: Denn es würde eine freie Suche im Internet stark einschränken. Täglich suchen Millionen Menschen im Netz nach Nachrichten und gelangen über Suchmaschinen dabei auch auf Newsportale von Verlagen. Allein Google

Eine Initiative von

leitet in Deutschland jeden Monat Hunderte von Millionen „Klicks“ auf Verlagsseiten. Dadurch steigen dort die Besucherzahlen und die Verlagshäuser können höhere Werbeerlöse erzielen. Wenn Verlage gegen das Auffinden ihrer Inhalte im Internet sind, können sie sich bereits jetzt ganz einfach über einen kurzen Textcode bei Google abmelden. Dafür braucht es kein Leistungsschutzrecht. Google hat deshalb eine Initiative zum Schutz der freien Suche im Netz gestartet. Bis heute unterstützen diese mehr als 225.000 Menschen und mehr als 3 Millionen haben sich über die Initiative auf der Homepage informiert. Wie ist Ihre Ansicht? Mischen Sie sich ein und sagen Sie Ihre Meinung auf unserer interaktiven Karte: netz­verteidiger.de


Inhalt 3

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themen in diesem heft

Fotos: Dirk Bleicker (2), Hendrik Rauch, Lukas Beck

Liebe Leserinnen und Leser, Sie lesen mich zum ersten Mal an dieser Stelle. Ich habe die vorwärtsChefredaktion in einer spannenden Zeit übernommen: Stephan Weil ist zum neuen Ministerpräsidenten von Niedersachsen gewählt. Das ist gut für das Land, und das kann wegweisend für Deutschland sein. Mit diesem Sieg kann gegen den Willen der SPD im Bundesrat kaum noch etwas entschieden werden. Sie stellt neun Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen. Nur noch drei Bundesländer werden von Schwarz-Gelb regiert. Das schafft Handlungsspielraum. Die Wahlergebnisse in den Ländern zeigen: Das Gros der Wählerinnen und Wähler vertraut der Merkel-Union nicht mehr. Mag die Kanzlerin scheinbar unantastbar über allem schweben, an der gestalterischen Kraft ihrer Partei und ihrem Koalitionspartner FDP zweifeln die Bürgerinnen und Bürger. Das muss Ansporn für die Bundestagswahl am 22. September sein. So wie die Menschen ihr Schicksal in den Ländern der SPD anvertrauen, so ist das auch im Bund möglich. Es ist machbar, wenn die SPD geschlossen für ihre Ziele kämpft und sich nicht kirre machen lässt von Diskussionen, die kaum das bundes­ politische Treibhaus Berlin verlassen. Wir vom „vorwärts“ wollen den Weg dahin intensiv begleiten und zeigen, was sozialdemokratische Politik in unserem Land verändern und leisten kann. Wir wollen aber auch schon ein wenig über dieses Jahr hinaus blicken, denn 2014 wird in Europa gewählt. Peer Steinbrücks Europa-Reise machte es deutlich: Um Frieden und Wohlstand auf unserem Kontinent zu wahren, bedarf es auch hier einer starken ­Sozialdemokratie. Eine erfolgreiche Bundestagswahl ist ein großer Schritt dahin. n

Herzlich, Ihre

Titel Gemeinsam für den Wechsel: Peer Steinbrück und die SPD-Länder  4  »So werden wir gewinnen« – Interview mit SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück   6  »Not frisst demokratie« – Peer Steinbrück auf Europa-Reise  7  Doppelter Machtwechsel – Wie die Nieder­sachsen-Wahl Deutschland verändert Aktuell  8  Kein platz für Mieter – Familien und Gering­verdiener haben es besonders schwer  9  Konkrete Lösungen – So will die SPD für b ­ ezahlbare Mieten sorgen

Kämpft für gute Filme und die SPD: Sabine Matthiesen S. 16

S. 4

Kolumnen 11  global gedacht – Rafael Seligmann 19  Zwischenruf – Julian Zado 27  Das Allerletzte – Martin Kaysh partei leben! 13  Mutmenschen – Willy-Brandt-Preis verliehen 14  Partei der kleinen dinge Porträt des Ortsvereins Greifswald 15  Arbeitsgemeinschaften in der SPD Die ASG: Berater und Mahner, keine Besserwisser 16  porträt Sabine Matthiesen: Ganz großes Kino 18  Authentisch und stets menschlich Ein Nachruf auf Peter Struck

Wirtschaft 21  meine arbeit – Der Lokführer 22  gut gemacht – Durchstarten im Museum kultur 23  schöne Überraschung – Nominierungen für den Preis der Leipziger Buchmesse historie 24  Familie blieb ein wagnis – Willy Brandt und die Familie 25  vor 80 Jahren – Otto Wels’ Rede gegen das Ermächtigungsgesetz 26  Wer war’s? – Lothar Pollähne 10  In Kürze | 12  Parlament 19  Leserbriefe | 25  Impressum 26  Rätselseite | 27  seitwärts

Redaktionsschluss 19. Februar 2013 Karin Nink Chefredakteurin

Setzt auf Sieg: Kanzlerkandidat Peer Steinbrück

Hofft auf Leipziger Buchpreis: Anna Weidenholzer S. 23


4  Titel Peer Steinbrück spricht Klartext: „Die Reichen werden reicher und die Armen ärmer. Das müssen wir stoppen.“

»So werden wir gewinnen«

Peer Steinbrück Der Kanzlerkandidat sagt, wie er mit der SPD punkten will Interview Karin Nink und Lars Haferkamp

Peer Steinbrück, wird die Krise Euro­ pas in diesem Jahr überwunden? Ich rate zur Vorsicht, man kann es nicht absehen. Bei meinem Besuch in London konnte ich erneut wahrnehmen, wie schnell Kurse ins Schwanken geraten wegen irgendwelcher Spekulationen über die Lage in Spanien und Italien. Das zeigt, wie hochsensibel die Finanzmärkte reagieren. Bei Ihrer Europareise haben Sie in Athen angedeutet, man müsse Griechenland mehr Zeit für Rück­ zahlungen geben. Würden Sie sich darauf festlegen? Nein. Es ist Sache der Griechen, wie sie mit den Konsolidierungsauflagen fertig werden. Ich sage nur: Wir unterschätzen in Deutschland, dass Griechenland nicht nur eine Wirtschaftskrise zu bewältigen hat, die zur Verelendung führt. Die Demokratie des Landes ist in Gefahr. Sie könnte zerrieben werden zwischen Faschisten auf der einen und linksextremen Kräften auf der anderen Seite. Im Bundestagswahlkampf bekennt sich die SPD offen zu Steuer­ erhöhungen. Warum? Wir wollen einige Steuern für einige erhöhen – nicht alle Steuern für alle. Nicht als Selbstzweck, sondern weil wir die Einnahmen brauchen: Für die Schuldenbremse, für mehr Investitionen in Bildung, Infrastruktur und in die Energiewende, zur Verbesserung der Finanzlage der Kommunen. Die SPD sollte vor den ritualisierten Vorwürfen der Konservativen nicht einknicken, wir könnten angeblich nicht mit Geld umgehen. Dazu gehört auch der Vorwurf der CDU, die SPD würde mit „Steuer­ erhöhungsorgien Arbeitsplätze vernichten“. Das ist nackte Propaganda. Die SPD beabsichtigt ja nicht, Unternehmenssteuern zu erhöhen. Wir haben seit zehn bis 15 Jahren eine massive Umverteilung von unten nach oben, das zeigen alle Statistiken. Die Reichen werden reicher und die Armen ärmer. Das müssen wir stoppen. Die SPD sagt also Ja zur Umverteilung von oben nach unten? Klar. Alles andere würde den Zusammenhalt unserer Gesellschaft weiter zerstören. Es wundert mich, dass die CDU als Volkspartei dieses Problem schlicht ignoriert. Der zurückgehende Zusammenhalt in unserer Gesellschaft ist zentrales The­ ma Ihrer Kandidatur. Warum treibt Sie das so um? Schon in meiner Nominierungsrede für das Amt des NRW-Ministerpräsidenten habe ich über die Fliehkräfte dieser Gesellschaft gesprochen – das treibt mich schon immer um. Die Stabilität, die innere Friedfertigkeit unserer Gesellschaft sind grundsätzlich hohe Güter, schon für sich genommen. Sozialer Friede ist dar-

Foto: Dirk Bleicker

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Titel 5

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über hinaus auch eminent wichtig für erfolgreiches Wirtschaften. Mal eine persönliche Frage: Ihre Frau ist berufstätig. Sie haben drei Kinder. Sie haben die Spitzenkarriere gemacht. War das trotzdem die klassische Rollenverteilung: Die Frau ist berufstätig, kümmert sich aber auch um die gesamte Familienarbeit und den Haushalt? Das ist nicht die typische Arbeitsteilung gewesen, obwohl ich ehrlicherweise zugeben muss, dass meine Frau sich stärker um die Erziehung der Kinder gekümmert hat als ich. Aber meine Frau ist seit jeher sehr selbstbewusst. Sie ist immer – mit einer Ausnahme – berufstätig gewesen. Befremdet Sie dann ein Stück weit die Debatte um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Nein, gar nicht. Denn ich habe festgestellt, dass viele Frauen nicht die Möglichkeit haben, ihre Ziele zu erreichen. Ich denke, für diese Frauen wird die SPD ein Anwalt sein müssen. Und da müssen wir auch für die Quote kämpfen, denn von selbst kommt die Gleichstellung nicht. Was will dieser Anwalt erreichen? Wir brauchen eine deutliche Öffnung von Erwerbsmöglichkeiten für Frauen. Der Anspruch des Grundgesetzes ist endlich zu erfüllen – die Gleichstellung von Männern und Frauen muss gesellschaftliche Wirklichkeit werden. Wir brauchen eine deutliche Verbesserung der Erwerbstätigkeit von Frauen im übrigen auch aus arbeitsmarktpolitischen Gründen. Denn die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland wird sich bis Ende der 20er Jahre um 5 bis 6 Mio verringern. Das bedeutet, dass wir eine Erwerbstätigenquote von Frauen wie in Skandinavien haben müssten. Voraussetzung dafür ist die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern und eine gut ausgebaute Infrastruktur für die Kinderbetreuung. Was treibt Sie an, Kanzler werden zu wollen? Ich habe nach 2009 als Reaktion auf meine Reden und Bücher immer wieder erlebt: Viele wollen, dass ich eine wichtigere Rolle in der Politik übernehme, dass ich meinen Worten Taten folgen lasse. Das motiviert. Es gibt natürlich auch einen persönlichen Ehrgeiz, Politik besser zu machen als diese Bundesregierung. Spielt der Wunsch nach politischer Macht auch eine Rolle? Ohne den Willen, Kanzler zu werden, wird man es nicht. Der Begriff Macht ist in Deutschland eher negativ besetzt, das teile ich nicht. Ich würde Politikern misstrauen, wenn sie machtversessen sind. Aber man strebt ein politisches Amt und seine Macht ja an, weil man damit etwas anfangen will. Was antworten Sie Menschen, die ­fragen: Ist Peer Steinbrück wirklich ein Anwalt der kleinen Leute?

Dass ich das bin und mich daran messen lasse. Ich will für ein Bündnis der Starken mit den Schwachen werben. Um Anwalt für die Schwachen sein zu können, muss ich die Starken motivieren, solidarisch zu helfen. Das heißt, ich brauche auch Starke, um den Schwachen zu helfen. Die SPD in Niedersachsen hat einen sehr erfolgreichen Wahlkampf geführt. Was kann die gesamte Partei aus diesem Wahlkampf lernen? Rennen, rennen, rennen. Reden, reden, reden. An die Leute rangehen. Das hat die niedersächsische SPD hervorragend gemacht, und zwar bis zur letzten Minute.

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Ich will für ein Bündnis der Starken mit den Schwachen ­werben. Peer Steinbrück,

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SPD-Kanzlerkandidat

Sie selbst haben für die Bundestagswahl einen Wahlkampf von unten angekündigt. Was genau heißt das? Wir wollen die Menschen einbinden, einen Wahlkampf mit ihnen machen. Das hat schon mit dem Bürgerdialog angefangen. Auch in der Formulierung des Wahlprogramms wollen wir nicht von oben bestimmen, sondern Ideen von unten aufnehmen. Ich werde bis zum Parteitag Mitte April viel herumfahren, viele Menschen besuchen, zuhören, aufnehmen, daraus lernen, und gegebenenfalls Positionen neu formulieren. Ich will die ganze Partei und möglichst viele darüber hinaus mitnehmen. So können und so werden wir gewinnen. n ANZEIGE

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6  Titel

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m Athener „Zentrum für Bürger­ solidarität“ ist die europäische Wirt­ schaftskrise hautnah. Das farblo­ se Gebäude liegt einsam hinter dem Hauptbahnhof. Eine gute Lage für die rund 5 200 Bedürftigen, die regelmäßig hierher kommen, um sich ungesehen von Bekannten mit Nahrungsmitteln, Kleidung und anderem Lebensnotwen­ digen zu versorgen. Tendenz steigend. An diesem frühen Morgen ist die Ge­ gend ungewöhnlich belebt. SPD-Kanzler­ kandidat Peer Steinbrück kommt. Er trifft sich mit dem Gründer des Projekts, dem Athener Bürgermeister Georgios Kami­ nis, um mehr über die Not der Griechen zu erfahren. Die beiden gehen, umringt von Kameras und Journalisten, durch die kargen Räume: vorbei an billigen Plüsch­ tieren, an der Kleiderkammer, an Müllsä­ cken mit noch nicht sortierten Spenden. Dann stehen sie in dem kleinen, manns­ hoch gefüllten Vorratsraum. Hier stapeln sich Trockenlinsen neben Konserven und Milchpulver, Spenden von Unternehmen und Privatleuten. Die Lebensmittel sind umsonst. Für alles andere gibt es eine Tauschbörse – auch für Schulbücher. Be­ troffene sind an diesem Morgen keine an­ zutreffen. Sie wollen unerkannt bleiben. „Versteckte Arme“ heißen sie in Athen.

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»Not frisst Demokratie« Peer Steinbrück Auf seiner Europa-Reise erlebt der SPD-Kanzlerkandidat hautnah die dramatischen Folgen der Krise Von Karin Nink Peer Steinbrücks Stationen: 1| mit Athens Bürgermeister Kaminis im Spendenlager der „Bürgersolidarität“ 2| in Den Haag mit dem Chef der Arbeitspartei Diederik Samsom (l.) und Vizepremierminister Lodewijk Asscher 3| im britischen Unterhaus mit Labour-Chef Ed Miliband 4| in der London School of Economics mit Stipendiaten der Friedrich-Ebert-Stiftung

finanziellen Anreizen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit“, ruft er den rund 500 Studenten der Elite-Universität zu und verweist auf die Misere ihrer Al­ tersgenossen in verschiedenen europä­ ischen Ländern. In Spanien sind 55 Pro­ zent der unter 24-Jährigen arbeitslos, in Griechenland sind es fast 60 Prozent. „Das ist Sprengsatz für unsere Gesellschaft.“ Steinbrück ist tief besorgt, dass die den Krisenstaaten auferlegten harten

Meinung und Vorschläge des SPD-Kanz­ lerkandidaten sind bei europäischen Spitzenpolitikern und Finanzexperten gefragt. Sei es, weil ihm – allen inner­ deutschen Widrigkeiten zum Trotz – über Parteigrenzen hinweg viele den Kanzler zutrauen. Sei es, weil es in Eu­ ropa erkennbare Zweifel an dem Weg der deutschen Kanzlerin gibt. Steinbrück will eine wirkungsvolle Finanztransaktionssteuer, einen euro­ päischen Bankenfonds, den die Banken und nicht die Steuerzahler finanzieren. Er fordert ein Trennbankensystem, mit dem der realwirtschaftliche Teil des Bankgeschäfts von dem spekulativen ge­ trennt wird. So wäre nicht mehr das Geld normaler Bankkunden gefährdet. Kurz: Er will, dass die Politik wieder die Finanz­ märkte beherrscht und nicht umgekehrt. Wohin letzteres führt, zeigt auch die Misere in Griechenland. Die notwendi­ gen Maßnahmen zur Konsolidierung des völlig überschuldeten Landes tref­ fen die normale Bevölkerung mehr als hart. Steinbrück hält die Auflagen für notwendig, aber „man muss darauf achten, dass sie nicht zu einer tödlichen Dosis werden.“ Das Land brauche mögli­ cherweise mehr Zeit, um seine Finanzen wieder in Ordnung zu bringen. Solche Sätze werden in Deutschland nicht jedem gefallen, denn das bedeutet auch, dass es teurer wird. Aber Stein­ brück ist davon überzeugt: „Das was in den Krisenländern geschieht, ist nichts, was uns nicht berührt, das kann auch auf Deutschland überspringen. Deswegen muss man den Wählern reinen Wein ein­ schenken und sagen: Das wird auch was kosten.“ In solchen Zusammenhängen zitiert er gerne Willy Brandt: „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein.“ n

Fotos:Axel Schmidt/dapd (3), Martijn Beekman/AFP/Getty Images

Man traut ihm den Kanzler zu

Solidarisch mit den Bedürftigen Steinbrück will bei seiner Europareise nicht nur über die Krise und ihre Ursa­ chen diskutieren. Er will sich ein Bild von den Auswirkungen machen, über die er bei seiner Tour durch Irland, Großbritan­ nien, Griechenland und die Niederlande so engagiert diskutiert. Dafür ist er bei der „Bürgersolidarität“ richtig. Hier wird Athenern geholfen, die mit ihrem stark gekürzten Lohn nicht zurechtkommen oder die komplett auf karge staatliche Hilfe angewiesen sind. Betroffen sind vor allem Familien mit Kindern, deren Einkünfte nicht mehr für das Alltägli­ che reichen. Sie dürfen maximal 12 000 Euro im Jahr an Einkommen haben, um als bedürftig zu gelten. 1 000 Euro im Monat ist wenig – zumal die Lebenshal­ tungskosten in Athen rund 30 Prozent über den deutschen liegen. Es lässt sich erahnen, was passiert, wenn die Krise weitergeht und andere Länder erreicht. Steinbrück macht aus seiner Betrof­ fenheit keinen Hehl: „Hier kann man se­ hen, was die Wirtschaftskrise für Men­ schen im Einzelnen bedeutet, wenn sie von Not und Armut bedroht sind“, sagt er und mahnt ein weiteres Mal: „Die Krise betrifft auch die soziale und poli­ tische Stabilität unserer Länder.“ Ähnlich deutliche Worte hatte er schon am Tag zuvor in der „London School of Economics“ (LSE) gefunden: „Wir dür­ fen den Krisenländern in der EU nicht nur die Keule der Konsolidierung überziehen, wir müssen ihnen helfen, vor allem mit

Sparprogramme den Glauben an ein ei­ niges Europa untergraben. „Not frisst Demokratie“, sagt er und fordert europä­ ische Programme gegen Jugendarbeitslo­ sigkeit und zur Stärkung der Wirtschaft in Krisenländern. Entscheidend sei, dass die Realwirtschaft wieder wachsen und die Arbeitslosigkeit bekämpft werden könne. Denn wie leicht enttäuschte Bür­ ger zu Extremisten getrieben würden, wisse niemand besser als die Deutschen. Überhaupt geht es Steinbrück bei dieser Reise viel um „den Zusammen­ halt der Gesellschaft“ angesichts der Auswirkungen der Krise. Bei allen Ge­ sprächen ist dies sein großes Thema: et­ wa mit dem Vorsitzenden der britischen Labour Party, Ed Miliband, mit dem grie­ chischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras, dem niederländischen Vizep­ remierminister Lodewijk Asscher, dem Vorsitzenden der Arbeitspartei Diederik Samsom und dem neuen Vorsitzenden der Euro-Gruppe, Jeroen Dijsselbloem.


Titel 7

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Doppelter Machtwechsel Niedersachsen Die SPD gewinnt nicht nur ein weiteres Bundesland, sondern auch die Mehrheit im Bundesrat. Das verändert Deutschland Von Lars Haferkamp

ren sollen wegfallen. Weiteres wichtiges Ziel ist, den Haushalt zu konsolidieren: „Wir müssen in den kommenden Jahren sparen und investieren, das ist die große Kunst“, betont Weil. Der SPD-Landesparteitag stimmt dem Koalitionsvertrag einstimmig zu. „Es gibt buchstäblich keinen einzigen Punkt, wo die SPD Abstriche gegenüber dem Wahlprogramm hätte machen müssen“, erklärt Weil. Die SPD übernimmt die Kernressorts Finanzen, Inneres, Soziales, Wirtschaft und Kultus. Die Grünen Justiz, Umwelt, Landwirtschaft und Wissenschaft.

Schwere Zeiten für Schwarz-Gelb

So sehen Sieger aus: Stephan Weil will, dass 2013 „ein Jahr des Wechsels wird – nicht nur in Niedersachsen, sondern auch im Bund“.

Foto:dpa Picture-Alliance / Sebastian Kahnert; InfoGrafik: Dirk Bleicker

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an kann eine Stecknadel fallen hören, als der Landtagspräsident das Wahlergebnis verkündet: „Es wurden für Herrn Stephan Weil abgegeben: 69 Ja-Stimmen.“ Jubel in den Fraktionen von SPD und Grünen. Stephan Weil ist zum Ministerpräsidenten gewählt. Mit der rot-grünen Ein-Stimmen-Mehrheit. Umarmungen, Glückwünsche, minutenlanger stehender Applaus. Und auch ein bisschen Erleichterung. Denn an diesem Tag denken viele zurück an den 17. März 2005, als im Nachbarland Schleswig-Holstein Heide Simonis in vier Wahlgängen immer wieder eine Stimme fehlte zur Wiederwahl als Ministerpräsidentin. Doch das ist acht Jahre her. Was zählt, ist das Heute. Und heute hat die SPD – nach schwierigen Monaten – wieder allen Grund zur Zuversicht. Stephan Weil bringt es auf den Punkt: „Die niedersächsische SPD hat einen Riesenbeitrag auch für die Bundes-SPD geleistet. Wir haben die Möglichkeit eröffnet, dass es ein Jahr des Wechsels wird – nicht nur in Niedersachsen, sondern auch im Bund.“ Aber bevor es so weit ist, gibt es zunächst den Wahlkrimi am 20. Januar. Der endet erst um 23.51 Uhr, als das vorläufige Endergebnis den Sieg von Rot-Grün amtlich macht. „Wie bei jedem guten Krimi

in Deutschland gewinnen am Ende die Guten“, scherzt SPD-Chef Sigmar Gabriel. Und das tun sie: Die SPD gewinnt 2,3 Prozentpunkte hinzu und erreicht 32,6 Prozent der Zweitstimmen. Das sind knapp 130 000 mehr als bei der letzten Wahl. Die CDU dagegen verliert 6,5 Punkte und kommt auf 36,0 Prozent. Ihren Stimmenzuwachs schafft die SPD vor allem durch die Mobilisierung von Nichtwählern: Hier holt sie 90 000 Stimmen und gewinnt von allen Parteien am stärksten, so Infratest-dimap. Weitere 37  000 Stimmen nimmt sie der CDU ab. Die größten Stimmengewinne verbucht die SPD übrigens bei jungen Männern im Alter zwischen 18 und 24 Jahren. Hier gibt es ein sattes Plus von acht Prozent. In dieser Altersgruppe wird sie stärkste Partei, ebenso bei den 45- bis 59-Jährigen. Der Wahlsieg ist für Stephan Weil eine „Mannschaftsleistung“ gewesen: „So geschlossen haben wir schon lange nicht mehr gestanden und ich habe das genossen.“ Geschlossenheit prägt auch die rot-grünen Koalitionsverhandlungen. „Ich glaube nicht, dass es viele Beispiele dafür gibt, wie man Koalitionsverhandlungen so schnell und so geräuschlos abwickeln kann“, bilanziert Weil. Seine Regierung will mehr Geld in Bildung investieren. Die Studiengebüh-

Rote Republik: Die SPD führt 9 zu 6 n Neun Bundesländer haben

einen SPD-Ministerpräsidenten. n In drei Bundesländern regiert

die SPD als kleinerer Koalitionspartner. n In nur noch drei Bundesländern

regiert Schwarz-Gelb.

Bundespolitisch am wichtigsten: Der Machtwechsel in Hannover führt auch zu einem Machtwechsel im Bundesrat. Hier gibt es nun eine Mehrheit für das SPD-Lager. Dazu zählen alle rot-grün regierten Länder, das von SPD, Grünen und dem SSW regierte Schleswig-Holstein sowie das rot-rot geführte Brandenburg. Gegen die neue Mehrheit im Bundesrat kann Schwarz-Gelb nur schwer regieren. Das gilt für alle Gesetze, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Aber auch für Einspruchsgesetze. Ein Veto der Länderkammer kann nur mit Kanzlermehrheit überstimmt werden. Und die verfehlte Schwarz-Gelb in den letzten Monaten immer wieder. Darüber hinaus kann die SPD mit der neuen Mehrheit den Vermittlungsausschuss anrufen. Hier kann sie die Gesetzesberatung steuern, etwa über die Tagesordnung. Der Machtzuwachs der SPD zeigt sich auch in Zahlen: Jetzt regiert die SPD in 13 von 16 Bundesländern. Sie stellt neun Ministerpräsidenten. Schwarz-Gelb regiert nur noch in drei Ländern. Stephan Weil will die neue Mehrheit im Bundesrat nutzen. Gegenüber vorwärts.de fordert er: Banken, deren Geschäftsmodell Steuerflucht oder Steuerhinterziehung sei, dürften in Deutschland nicht länger aktiv sein: „Wir werden im Bundesrat darauf dringen, dass solchen Banken die Lizenz entzogen wird.“ Weiteres wichtiges Thema ist für Weil die Steuergerechtigkeit. „Sonst gilt auch in Zukunft: Die ehrlichen Steuerzahler sind die Dummen.“ Darüber hinaus will er sich im Bundesrat für einen gesetzlichen Mindestlohn und für die Abschaffung des Betreuungsgeldes einsetzen. Mit der neuen Bundesratsmehrheit ist auch eine Vorentscheidung über die Zeit nach der Bundestagswahl gefallen. Denn egal, wie die Wahl am 22. September ausgeht: Auch die nächste Bundesregierung bleibt auf die Zustimmung der SPD im Bundesrat angewiesen. n


8  Aktuell

D Mieter müssen immer tiefer in die Tasche greifen Kaltmiete in Euro pro Quadratmeter Ha mburg 7,4 8,9 Berlin 5,4 6,3 Rostock 5,8 6,4 Nürnberg 6,6 7,4 Münster 7,2 8

n 2007

n 2011 Quelle: F+B GmbH

reieinhalb Jahre haben Raja Mokhantar und Johannes Wahlen gesucht: Bezahlbar sollte die neue Wohnung sein und zentral gelegen, damit die Kauffrau und der gelernte Maschinenbauer ohne Auto auskommen. „Als ich schwanger wurde, haben wir angefangen zu suchen“, erzählt Mokhantar. Sie besichtigten Wohnungen in miserablem Zustand und nahmen an Massenbesichtigungen mit 50 Leuten teil. Ohne Erfolg. Wie dem Paar aus Hamburg geht es derzeit Wohnungssuchenden in der ganzen Republik. Nicht nur Geringverdiener, auch gut verdienende Mittelschichtler verzweifeln schier. Betroffen sind vor allem: „Familien, Studierende und Menschen, die für den Job die Stadt wechseln“, weiß Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund (DMB). 250 000 Mietwohnungen fehlen laut DMB, plus 25 000 Zimmer in Studentenwohnheimen. „Wir steuern auf eine echte Wohnungsnot zu“, warnt Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips. Der Mangel treibt die Preise nach oben: Betroffen sind Großstädte, Ballungsräume und Universitätsstädte. Wer umzieht, muss zwischen 16 (Bremen) und 28 Prozent (Frankfurt am Main) mehr zahlen als noch 2007. Das zeigen Zahlen vom Immobilienverband Deutschland IVD. Die Einkommen sind im Vergleichszeitraum bei Weitem nicht so stark gestiegen.

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Kein Platz für Mieter Wohnungsmarkt Familien und ­Geringverdiener haben es bei der Suche besonders schwer Von Yvonne Holl und Susanne Dohrn

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… Mehr lesen!

Zinsfalle: Inves­toren gefährden den sozialen Wohnungsbau Rückwärtsgewandt: Die Folgen des Ehegattensplittings Grenzgänger: Ein Fotoprojekt will die Welt verbessern Jetzt downloaden: vorwärts.de/app

Ein Grund für die Wohnungsknappheit ist die falsch eingeschätzte Bevölkerungs-Entwicklung. Als die Häuser, die heute fehlen, hätten gebaut werden müssen, waren sich die Demografen einig, dass die Deutschen immer weniger werden und vermehrt aufs Land ziehen. Ergo brauchen sie weniger städtischen Wohnraum, so die Schlussfolgerung. „Richtig ist, dass die Menschen älter werden, doch gleichzeitig steigt die Zahl der Haushalte“, weiß Ropertz vom Mieterbund. Der Zuzug von Migranten wurde weit unterschätzt, auch der Faktor, dass Menschen, die älter werden, länger eine Wohnung für sich alleine beanspruchen. Außerdem haben immer mehr Menschen zumindest zeitweise Wohnungen in unterschiedlichen Städten – Tribut an die neue Flexibilität, die der Arbeitsmarkt verlangt. Und es zieht wieder mehr Menschen als gedacht langfristig in die Städte. Auch hier ist der Arbeitsmarkt ein entscheidender Faktor. Immer mehr Menschen schätzen es auch, am gleichen Ort zu wohnen und zu arbeiten. Allein, der Wohnungsbau in den urbanen Zentren hat mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten, sondern ging zurück: Rund 70  000 Mietwohnungen

Foto: Thomas Rosenthal

Mehr Ältere, mehr Haushalte

Gedrängel im einstigen Mieterparadies: Wohnungsbesichtigung in Berlin


Aktuell 9

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wurden bundesweit von 2010 bis 2012 fertig gestellt. Vor 15 Jahren waren es mit 800 000 mehr als zehn Mal so viele.

Zu wenig Sozialwohnungen Gleichzeitig ist auch die Zahl der Sozialwohnungen drastisch zurück gegangen, von 2,6 Millionen auf 1,6 Millionen in zehn Jahren. Gingen doch alle Experten davon aus, dass Wohnungsnot ein überwundenes Problem aus den 70er Jahren war. Da entschieden sich viele Kommunen und Länder für den Verkauf. Eine Fehlentwicklung, wie Ropertz kritisiert: „Mit jedem Siedlungs- und Grundstücksverkauf gaben die Städte ein Stück Gestaltungsspielraum auf.“ Ein Spielraum, den Investoren nutzen. Aus beinahe jeder Stadt gibt es Berichte, dass Immobilienunternehmen ganze Straßenzüge oder Quartiere aufkaufen. Im Anschluss steigen die Mieten, oder es wird gleich Eigentum daraus. Mal kommen diese Firmen aus Skandinavien, aus England oder aus Spanien. Immer aber zieht ihr Auftritt einen Preisanstieg im Quartier nach sich. Was folgt, ist der Wegzug alteingesessener Bewohner. Nadja H. aus Hamburg ist so ein Opfer dieser Gentrifizierung: Als ihre Tochter ins Teenageralter kam, wurde die Zweizimmerwohnung endgültig zu klein. In „ihrem“ Stadtteil, dem beliebten Innenstadtbezirk Eimsbüttel, fand die Alleinerziehende nichts Bezahlbares mehr. Sie zog mit ihrer Tochter an den Stadtrand. Statt auf Läden und buntes Leben vor der Haustür blickt sie nun auf die Fassade eines Lagerhauses. Inzwischen bestreitet niemand mehr, dass es an günstigen Wohnungen mangelt. Doch bis diese gebaut sind, vergehen Jahre. Der Mieterbund fordert deshalb als Sofortmaßnahme eine Deckelung der Miete bei Neuvermietung, nämlich höchstens zehn Prozent mehr als die ortsübliche Vergleichsmiete. Alt-

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Im Genossenschaftsmodell steckt noch unglaublich viel Potenzial. Gregor Jekel,

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Foto: Dirk Bleicker

Deutsches Institut für Urbanistik

verträge dürfen ohnehin nur begrenzt erhöht werden – außer bei energetischer Sanierung. Hier kritisert der Mieterbund, dass Vermieter die Kosten zu großen Teilen an die Mieter weitergeben.

Langfristig muss sich die Stadtentwicklungspolitik ändern. „Es gibt gute Instrumente“, sagt Gregor Jekel vom Deutschen Institut für Urbanistik (DIFU). So hat das SPD-regierte München die „sozialgerechte Bodennutzung“ entwickelt. Dabei ist festgelegt, dass beim Entwickeln neuer Gewerbeflächen immer auch ein Wohnanteil gebaut werden muss und davon ein Teil Sozialwohnungen sein muss. Ähnliches hat der SPD-geführte Senat in Hamburg angestoßen und mit den Verbänden der Wohnungswirtschaft ein „Bündnis für das Wohnen in Hamburg“ geschlossen. Ziel ist, jedes Jahr 6000 neue Wohnungen zu bauen, davon 2000 öffentliche geförderte Sozialwohnungen mit Mieten von 5,90 bis 8 Euro. Michael Sachs, Staatsrat für Stadtentwicklung: „Bei allen Bauvorhaben gilt: Wer mehr als 30 Wohnungen baut, muss dabei ein Drittel Sozialwohnungen integrieren.“ Außerdem geht Hamburg künftig gegen dauerhafte Leerstände vor und gegen die Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung. Das Paar aus Hamburg, Raja Mokhantar und Johannes Wahlen, haben inzwi-

schen nicht nur Sohn Amin bekommen sondern endlich auch eine Wohnung in ihrem Wunschbezirk St. Pauli. Und zwar in einer Genossenschaft. Auf die setzt DIFU-Experte Jekel ganz: „In dem Genossenschaftsmodell steckt noch unglaublich viel Potenzial“, sagt Jekel. Und: „Die Genossenschaften selbst müssen aufwachen und ihr Potenzial erkennen.“ Beim Genossenschaftsmodell erwerben Menschen mit dem Eintritt in die Genossenschaft das Recht, dort eine Wohnung zu mieten. Dabei wird eine einmalige Einlage fällig, die bei 250 Euro liegen kann oder bei 8000. In der Regel jedoch weit unter den Kosten, die für Eigentum fällig werden. Und im Gegenzug gibt es sicheren Wohnraum mit stabiler Miete. n

Konkrete Lösungen Wohnen So will die SPD für bezahlbare Mieten sorgen

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Tausend Mietwohnungen fehlen bundesweit.

70

Tausend Wohnungen fehlen allein für Studierende. Quelle: Deutscher Mieterbund, ­Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Nach Jahren auf Wohnungs­ suche: Raja Mokhantar und Johannes Wahlen mit Sohn Amin aus Hamburg haben eine Genossenschafts­ wohnung ergattert.

Von Kai Doering

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ür Peer Steinbrück kam die Erkenntnis, als er vor zwei Jahren bei einer Taxifahrt in eine Demonstration geriet. „Weil ich mit dem Taxi nicht mehr weiterkam, bin ich ausgestiegen und auf die Demonstranten zugegangen und habe sie gefragt, wofür oder wogegen sie demonstrieren.“ Für bezahlbaren Wohnraum lautete die Antwort. So erzählte es der Kanzlerkandidat auf dem Bundesparteitag im Dezember und versprach unter dem Applaus der Delegierten: „Als Bundeskanzler möchte ich einen ‚Nationalen Aktionsplan Wohnen und Stadtentwicklung‘ in Gang bringen.“Mittlerweile haben die Pläne bereits konkrete Formen angenommen. So hat der SPD-Parteivorstand bei seiner Jahresauftaktklausur in Potsdam ein „Aktionsprogramm für eine moderne solidarische Stadt und gutes Wohnen“ beschlossen. Darin vorgesehen sind eine „Stärkung des Wohnungsbaus“, um Mietpreise zu begrenzen sowie „die ökologische Erneuerung und der barrierefreie Umbau der Städte“. Für alle Maßnahmen wollen die Sozialdemokraten pro Jahr fünf Milliarden Euro bereitstellen: Zwei Milliarden seien bereits im Haushalt für bestehende Stadtentwicklungsprogramme enthalten, drei weitere Milliarden sollen hinzukommen. Die zusätzlichen Mittel sollen auch einen positiven Einfluss auf Konjunktur und Beschäftigung haben: „Ein Euro öffentliche Investition bewirkt bei der Städtebauförderung circa acht Euro Folgeinvestitionen“, rechnet die SPD in ihrem Programm vor. Zudem soll das Mietrecht geändert werden. Nach dem Willen der Sozialdemokraten sollen Bestandsmieten so begrenzt werden, dass sie über einen Zeitraum von vier Jahren nicht mehr als 15 Prozent steigen können. Bei Neuvermietungen darf die Miete um nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Auch die Kosten einer Sanierung sollen für Mieter begrenzt werden: Der Vermieter darf sie höchstens zu neun Prozent pro Jahr umlegen. Und Maklerkosten soll künftig derjenige bezahlen, der die Dienstleitung in Anspruch nimmt – das sind in den meisten Fällen die Vermieter. „Die SPD-Vorschläge sind gut und richtig“, lobt der Direktor des Deutschen Mieterbundes Lukas Siebenkotten. „Sie greifen die heute tatsächlich existierenden Probleme auf den Wohnungsmärkten auf und bieten konkrete Lösungen an.“ n


10  In Kürze Stets ohne Auftrag Klaus Staeck Am 28. Februar wird der Künstler und Sozialdemokrat 75 Jahre alt Alles blickt auf Rom Die Wahl in Italien entscheidet auch über die Zukunft Europas Interview Karin Nink Am 24. und 25. Februar wird in Italien gewählt, in einem Land, das von der Krise im europäischen Währungsraum stark betroffen ist. Wie wichtig ist diese Wahl für den Rest von Europa und was muss 2013 sonst noch in der Europäischen Union geleistet werden? Bisher wird die Krise leidlich verwaltet, aber nicht gelöst. Wir brauchen solide Finanzen und Wachstum. Wir brauchen eine stärkere Kontrolle der Finanzmärkte. Und wir brauchen endlich auch eine gemeinsame Politik gegen die enorme Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Die konservativen Regierungen, die derzeit mehrheitlich in Europa regieren, haben all das bisher nicht geleistet. Und wie wichtig ist dabei die Wahl in Italien? Sehr wichtig. Um eine vernünftige und für die Menschen gute Politik in Europa schaffen zu können, brauchen wir wieder mehr sozialdemokratische Regierungen. Deswegen setzen wir sehr darauf, dass unsere Schwesterpartei, Partito Democratico, die Wahl gewinnt und ihr Chef Pier Luigi Bersani Ministerpräsident wird. So wie die SPD in Deutschland ein Bundesland nach dem anderen gewonnen hat – zuletzt bei der Landtagswahl in Niedersachsen – müssen wir es auch in Europa machen. Welche Bedeutung hat unsere Bundestagswahl im September für Europa? Die Bedeutung ist enorm. Nur mit einer sozialdemokratisch geführten Bundesregierung kann auch eine sozialere und gerechtere Politik in Europa durchgesetzt werden. Gleichzeitig gilt: Europa wird in Zeiten der Globalisierung auch immer wichtiger für Deutschland. Aus eigener Erfahrung kann ich zum Beispiel für meine Heimatregion Ostwestfalen-Lippe sagen, dass die Bedeutung Europas stetig zunimmt. Das wissen vor allem die Beschäftigen in den vielen exportorientierten Unternehmen. n Achim Post ist SPE-Generalsekretär und Internationaler Sekretär beim SPD-Parteivorstand. Er kandidiert im Wahlkreis MindenLübbecke I für den Bundestag.

Die Schärfe sieht man ihm nicht an – seinen Kunstwerken umso mehr. Mit seinen Grafiken kämpft Klaus Staeck gegen gesellschaftliche Missstände und für die SPD.

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nterwegs in Sachen Kunst und Politik“ – das ist der Untertitel des Buches, mit dem der Grafiker und Plakatkünstler Klaus Staeck eine erste Bilanz seines künstlerischen und politischen Werdegangs zog. Das ist inzwischen schon gut ein Dutzend Jahre her, doch Klaus Staeck ist auch weiterhin unterwegs, „ohne Auftrag“, wie auch der Haupttitel des Buches lautet. Einen „unbeirrbaren Sozialdemokraten“ nannte ihn sein Freund, der Lyriker Peter Rühmkorf, anlässlich einer Ausstellungseröffnung. „Ich war nie ein Parteigrafiker“, sagt Staeck. Er habe nie eine Auftragsarbeit gemacht. Darauf besteht er, trotz mehr als fünfzigjähriger Parteimitgliedschaft. Denn wenn er sich – etwa in der von ihm und Johano Strasser ins Leben gerufenen „Aktion für mehr Demokratie“ – immer wieder „für eine starke SPD“ einsetzt, so geschieht auch das „ohne Auftrag“ und auf eigenes – auch finanzielles – Risiko. Klaus Staeck, seit 2006 auch Präsident der Akademie der Künste Berlin, wird am 28. Februar 75 Jahre alt. Doch von Altersmilde keine Spur, er wird sich weiter tatkräftig einmischen. n WL

Bill Gates bei der SPD

Party international

Er ist Software-Entwickler, Multimilliardär und Wohltäter: Microsoft-Gründer Bill Gates. Im Januar war er bei der Jahresauftaktklausur des SPD-Parteivorstands zu Gast, um über Entwick-

Am Himmelfahrtswochenende feiern Jusos und Falken doppelt. Neben dem 150. Geburtstag der SPD begehen sie vom 9. bis 12. Mai „150 Jahre ArbeiterInnen-Jugendbegegnung“. Zum „Workers Youth Festival“ in Dortmund erwarten sie 3000 junge Menschen aus aller Welt. Es gibt Workshops, Konzerte, Filme – und am Samstag eine GroßDemo in der Innenstadt. Am Festival nehmen auch Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, SPD-Chef Sigmar Gabriel und der DGB-Vorsitzende Michael Sommer teil. Das volle Programm, einen Schlafplatz sowie Komplettverpflegung gibt es für 35 Euro. Anmeldungen sind noch bis zum 1. April möglich. n KD

lungspolitik zu diskutieren. „Sowohl Regierungen als auch Einzelpersonen sind wichtig, um Hunger und Armut in der Welt zu bekämpfen“, sagte Gates im Interview, das er vorab vorwärts.de gab. Gemeinsam mit seiner Frau hat er die „Bill & Melinda Gates Stiftung“ gegründet, die sich für landwirtschaftliche Entwicklung und die Bekämpfung von Krankheiten einsetzt. „Es kommt darauf an, dass Regierungen und Politiker klare Ziele setzen.“ Gates setzt auch auf die Spendenbereitschaft der Bürger. „Ich hoffe, dass ich die Mitglieder der SPD und die breite Öffentlichkeit in Deutschland dazu anregen kann, weiterhin großzügig zu sein.“ n KD Das Interview mit Bill Gates lesen Sie unter vorwärts.de/87216

Weitere Infos und Anmeldung unter workersyouthfestival.org

Preis des Friedens Die Jugendlichen kommen aus Deutschland und dem Nahen Osten: 2012 haben sie eine Hip-Hop-Oper zu den Themen Flucht und Asyl geschrieben und aufgeführt. Jetzt wurde das Projekt des Willy-Brandt-Centers Jerusalem (WBC) mit dem „Europeans for Peace“-Preis der „Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ aus­gezeichnet. Er ist mit 1500 Euro dotiert, die das WBC „in weitere grenzüberschreitende Aktivitäten stecken“ will. n KD

Herzlichen Glückwunsch

Dietrich Sperling ehem. MdB Cornelius Weiss ehem. SPD-Fraktionsvorsitzender in Sachsen zum 80. Geburtstag Armin Clauss ehem. Sozialminister in Hessen Dietrich Elchlepp ehem. MdEP Rose Götte ehem. MdB Dieter Haak ehem. PV-Mitglied Ingomar Hauchler ehem. MdB Ralph Herbeholz ehem. MdB zum 75. Geburtstag Detlef Dzembritzki ehem. MdB Alfred Hartenbach ehem. MdB Georg Pfannenstein ehem. MdB zum 70. Geburtstag

Fotos: SPD, Florian Jaenicke/laif, SPD/Bea Marquardt

Unser Europa

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In Kürze 11

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Obwohl sie es so oft geübt haben: Bei den Studiengebühren ist diese Regierungs­ koalition sogar zu doof zum Umfallen. Christian Ude,

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Spitzenkandidat der BayernSPD, zur CSU-Reaktion auf das Volksbegehren gegen Studiengebühren in Bayern

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Befristete ­Beschäftigung wirkt besser als die Pille.

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Manuela Schwesig,

SPD-Vize, fordert auf vowärts.de eine familienfreundlichere Gesellschaft.

Vor einem Jahr haben Sie die Initiative „Pro Quote“ aus der Taufe gehoben. Was war der Auslöser? Vorletztes Jahr begann ja die Debatte über eine Frauenquote in Aufsichtsräten. In der Situation haben sich viele Journalistinnen gefragt, ob wir so etwas nicht auch für unsere Branche brauchen. Und wir sind zu dem Ergebnis gekommen: Ja, wir brauchen sie. Wir haben dann einen Brief an mehr als 200 Chefredakteure, Herausgeber und Verleger geschrieben. Darin haben wir zunächst die Situation dargestellt: 98 Prozent der Chefredakteure deutscher Zeitungen sind Männer. Als einzelne Medien den Ball aufgenommen, berichtet und Konsequenzen in ihren Häusern angekündigt haben, konnten wir aufatmen. Sie fordern eine Frauenquote von mindestens 30 Prozent in redaktionellen Führungspositionen bis 2017. Wie kommen Sie gerade auf diese Zahl? Ich denke, 30 Prozent ist dann eine gute Zahl, wenn man sie bis hinauf in die Spitze fordert – wir wollen nicht nur 30 Prozent Frauen auf Ressortleiterebene,

sondern auch in den Chefredaktionen bzw. Intendanzen. Natürlich hätten wir auch 40 Prozent fordern können, wie für die Wirtschaft. Aber dann hätten es auch gleich 50 Prozent sein können oder sogar müssen. Denn selbstverständlich wollen wir die Hälfte der Stellen besetzen. Seit Jahren werden an den Journalistenschulen zu mehr als 50 Prozent gute Frauen ausgebildet. Zurzeit tobt eine Debatte über Sexismus in Politik und Medien. Ist es schwieriger für Frauen, über Politik zu berichten als für Männer? Frauen können natürlich genauso gut über Politik berichten wie Männer. Und sie können genauso nachts mit Politikern an der Bar stehen. Das Verhalten von Rainer Brüderle, das in dem „Stern“Artikel beschrieben wird, ist sicher nicht typisch. Ein Politiker weiß ja auch, dass er nicht unbedingt die beste Berichterstattung bekommt, wenn er sich so verhält. Wenn Frauen und Männer in der Arbeitswelt auf Augenhöhe miteinander verkehren würden, wären solche Verhaltensweisen unvorstellbar. n KD

Drei Fragen an

Annette Bruhns

Annette Bruhns ist Vorsitzende des Vereins „Pro Quote“ und Redakteurin des „Spiegel“.

Foto: Torsten Kollmer, Francesca Minonne; Vignette: hendrik Jonas

1. Bürger-Konvent

Arbeiten zusammen: Peter Shumlin, Gouverneur von Vermont, SPE-Chef Sergei Stanischew, Sigmar Gabriel, Pier Luigi Bersani und Harlem Désir (v.l.)

Für eine Progressive Allianz Sie soll eine Antwort sein auf die Krise und den neoliberalen Zeitgeist. Im Dezember trafen sich Vertreter von mehr als 40 sozialdemokratischen Parteien in Rom, um die Gründung der „Progressiven Allianz“ vorzubereiten. „Als progressive Parteien werden wir zusammenarbeiten, um das 21. Jahrhundert zu einem Jahrhundert des demokratischen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fortschritts zu machen“, versprachen die ParteiVertreter, unter ihnen SPD-Chef Sigmar Gabriel, der Vorsitzende der französischen PS Harlem Désir und der Vorsitzende der Demokratischen Partei Italiens Pier Luigi Bersani. In Rom verabredeten sie sich auf einen Fahrplan, um die Progressive Allianz im Mai in Leipzig zu gründen. Sie soll auf bestehenden Parteiennetzwerken aufbauen und auch für die Zusammenarbeit „mit anderen progressiven sozialen Kräften, Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen“ offen sein. Sigmar Gabriel setzt große Hoffnungen auf das neue Bündnis. „Wir brauchen gemeinsame Antworten“, sagte er. n KD

Es ist das Finale des Bürger-Dialogs: Nach sechs Monaten sind rund 40 000 Ideen im Willy-Brandt-Haus eingegangen. Aus diesen sollen nun Projektvorschläge entwickelt werden. Die SPD lädt dazu am 1. und 2. März rund 250 Teilnehmer zum Bürger-Konvent nach Berlin ein. Mithilfe eines Computerprogramms werden sie die Vorschläge diskutieren, Projekte erarbeiten und diese Kanzlerkandidat Peer Steinbrück vorstellen. Sie fließen auch ins Programm für die Bundestagswahl ein. n KD

SPD-Läufer gesucht Es ist einer der größten Marathons der Welt: In Berlin werden am 29. September mehr als 40 000 Läufer an den Start gehen. Der Lauf ist bereits seit Wochen ausgebucht. Die SPD hat 50 Plätze gekauft, die sie zu einem Vorzugspreis von 60 Euro an Mitglieder vergibt. Wer die rote Marathongruppe verstärken möchte, meldet sich bis 15. Juni unter berlinmarathon@spd.de. Die Platzvergabe erfolgt nach Eingang der Anmeldungen und bei Bezahlung des Beitrags. n KD

Global gedacht Von Rafael Seligmann Lange beklagte man in Europa die Anmaßung der USA, als „Weltpolizist“ zu agieren. Wo immer Washington seine Interessen bedroht sah, ließ es seine Feinde durch GIs bekämpfen. In Afghanistan mussten die USA einen hohen Preis für diese Strategie an Menschenleben entrichten. Sie büßten weltweit Ansehen und zudem Milliarden Dollar ein. Schließlich musste Präsident Barack Obama erkennen, dass der von seinem Vorgänger Bush begonnene Waffengang in Afghanistan nicht zu gewinnen war. Der Demokrat zog die Konsequenzen. Nach dem Irak holt Washington nun auch seine Truppen aus Afghanistan zurück. Die USA müssen sparen. Der neue Verteidigungsminister Hagel, ein republikanischer Vietnamveteran, gilt sogar als Isolationist. Europa bleibt daher nichts übrig, als selbst zunehmend globale Verantwortung zu übernehmen. Das hat auch strategische Auswirkungen. Es bedeutet: Militäreinsätze und steigende Ausgaben. Nordafrika ist unsere Nachbarregion. Die arabischen Staaten befinden sich im revolutionären Umbruch. Das nutzen Islamisten für ihren radikalen Kampf gegen den Westen und seine Verbündeten. In Mali eroberten Dschihadisten weite Teile des Landes. Die Regierung des Landes besitzt keine demokratische Legitimation. Da sich die USA zurückhalten, sehen sich die Europäer, voran Frankreich, veranlasst, mit Kampfverbänden das Bestehen des Regimes zu sichern. Der Weltsicherheitsrat erteilte das Mandat. Französische Truppen besetzten die wichtigsten Städte des Landes. Nun möchte Paris rasch seine Verbände abziehen. Die Sicherung sollen westafrikanische Truppen und eine verstärkte malische Armee übernehmen. Bei deren Ausbildung soll auch Deutschland helfen. Doch Guerillakriege sind langwierig, teuer und fordern Opfer. Mit dieser Aufgabe sind die westafrikanischen Staaten und ihr Militär überfordert. Europa muss sich auf lang währende Kämpfe einstellen. Krieg ist hässlich, doch manchmal unumgänglich. Dies soll man den eigenen Bürgern ungeschminkt sagen. n


03-2013-Verlags-sonderveröffentlichung 12

Aufklärung über Nazis Mit einer Broschüre informiert die SPD-Bundestagsfraktion über „Rechts­ extremismus in Deutschland“. Das 54-seitige Heft geht der Frage nach, wie die Terrorgruppe NSU ungehindert operieren konnte, und klärt über rechte Organisationen, Erkennungszeichen und Strategien auf. Außerdem gibt es einen Überblick über die Maßnahmen der SPD-Fraktion im Parlament gegen Rechts. Eine zweite Broschüre widmet sich Otto Wels, der sich als SPDFraktionsvorsitzender vor 80 Jahren mutig gegen das Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten gestellt hat. Sie enthält historische Quellen und Beiträge prominenter Sozialdemokraten. Bestellt werden können die Broschüren kostenlos auf spdfraktion.de. n CFH

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Die Zukunftsforen starten Mit einer bundesweiten Veranstaltungsreihe setzt die SPD-Fraktion ihr „Projekt Zukunft“ fort Das „Projekt Zukunft“ der SPD-Bundestagsfraktion ist in die nächste Phase gestartet. Mit der bundesweiten Veranstaltungsreihe „Zukunftsforen – Deutschland 2020“ bringt die Fraktion Unternehmen, Gewerkschaften, Politik, Wissenschaft und Medien zusammen, um gemeinsam Antworten auf die politischen Herausforderungen der kommenden Jahre zu diskutieren. Den Auftakt bildete am 15. Februar das Forum „Industriepolitik für Deutschland und Baden-Württemberg“

in Stuttgart mit Hubertus Heil, Peer Steinbrück, Rita Schwarzelühr-Sutter und Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Nils Schmid. Bereits 2011 hat die SPD-Bundestagsfraktion das „Projekt Zukunft – Deutschland 2020“ ins Leben gerufen. Gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern, der Wissenschaft, gesellschaftlichen Gruppen, Unternehmen und Gewerkschaften hat sie politische Konzepte erarbeitet, um Deutschland in eine Zukunft als lebens-

Informationen zu den einzelnen Terminen auf spdfraktion.de

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SPD-Fraktionsvize

Impressum Verlags-Sonder­ veröffentlichung Herausgeber: SPD-Bundestagsfraktion Petra Ernstberger, MdB Parl. Geschäftsführerin V.i.S.d.P. Anschrift: SPD-Bundestagsfraktion Platz der Republik 1 11011 Berlin

Die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen fordern die Bundesregierung in einem gemeinsamen Antrag auf, sich für eine effizientere europäische Bankenaufsicht einzusetzen. Damit wollen sie verhindern, dass künftig wieder die Steuerzahler für Großbanken haften müssen, die in eine finanzielle Schieflage geraten. Peer Steinbrück, der für die SPD-Fraktion ein Projekt zur Neuregelung der Finanzmärkte leitet, sagte im Bundestag: „Die Folgen der Finanzkrise kosten mehr als Geld, sie kosten Vertrauen.“ Steuergerechtigkeit sei eine Demokratiefrage und betreffe das Gleichgewicht in der Gesellschaft. Die Aufgabe der Politik sei es, die Steuerzahler zu schützen. SPD und Grüne haben ihren Antrag im Januar in den Bundestag eingebracht. Darin fordern sie unter anderem eine europäische Abwicklungsbehörde für insolvente Banken. Sie wollen erreichen, dass diejenigen für die Kosten einer Bankenrettung aufkommen, die auch von den Gewinnen der Bank profitieren. Das sind in erster Linie die Eigentümerinnen und Eigentümer und in zweiter Linie die Gläubiger. Vorsorglich sollen die international agierenden, systemrelevanten Banken zudem rund 200 Milliarden Euro in einen europäischen Bankenfonds einzahlen. Wenn die Anteilseigner und Gläubiger einer finanziell angeschlagenen Bank nicht über ausreichend Mittel verfügen, soll der Fonds das nötige Geld bereitstellen, um die Bank zu retten – oder sie geordnet abwickeln, ohne dass das ganze Finanzsystem zusammenbricht. n CFH

Die SPD-Fraktion will die Familienpolitik sozial gerechter gestalten.

SPD fordert ein neues Kindergeld Die SPD-Bundestagsfraktion hat im Januar ein Konzept für ein sozial gerechteres Kindergeld vorgestellt. Es soll für Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen auf 324 Euro für das erste und zweite Kind erhöht werden. Dafür soll die Besserstellung von Familien mit hohem Einkommen entfallen. Kurz darauf ist im Februar eine vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gegebene Studie publik geworden. Sie kritisiert das Ehegattensplitting und empfiehlt den Ausbau von Ganztagsangeboten für Bildung und Betreuung, um die beruflichen Aussichten junger Mütter zu verbessern. Auch die SPD will Ganztagsangebote ausbauen und das Ehegattensplitting für neu zu schließende Ehen abschaffen. n CFH

Fotos: SPD-Landtagsfraktion Baden-Württemberg, SPD Bundestagsfraktion, dpa/Henglein and Steets

Antrag zur Banken-Bändigung

Das Finger­ gehakel in der Energiepolitik zwischen Rösler und ­Altmaier ist unerträglich. Hubertus Heil,

Auftakt in Stuttgart: Nils Schmid, Rita Schwarzelühr-Sutter und Peer Steinbrück diskutieren mit Vertretern der Industrie (Hans-Eberhard Koch, l.) und der IG Metall (Jörg Hoffmann, r.)

wertes, gerechtes und wirtschaftlich modernes Land zu führen. In neun Leitprojekten widmete die SPD-Fraktion sich Themen wie Infrastruktur und Industriepolitik, Bildung, Gleichstellung, Finanzmarktregulierung und Kreativwirtschaft. Entstanden ist ein sozialdemokratisches Leitbild, das die SPD-Fraktion im vergangenen September auf ihrem Zukunftskongress mit mehr als 1000 Teilnehmern vorgestellt hat. Das Projekt stellt die SPD-Fraktion der Tatenlosigkeit von Schwarz-Gelb gegenüber. Die Koalition habe keine Lösungen für die Herausforderungen, die vor uns liegen, kritisiert SPD-Fraktionschef FrankWalter Steinmeier. Die Warnsignale seien jetzt schon erkennbar: Der Arbeitsmarkt stagniere, Investitionen gingen zurück und die soziale Aufstiegsmobilität erlahme. Ihren Dialog setzt die SPD nun mit den Zukunftsforen fort. Die Bundestagsfraktion organisiert sie in verschiedenen Bundesländern gemeinsam mit den SPDFraktionen in den jeweiligen Bürgerschaften und Landtagen. Am 4. März widmet sich ein Forum in München dem Thema Kreativpakt – einem Bündnis von Kulturschaffenden, Wirtschaft und Politik. In Bremen werden am 16. März Ursachen und Folgen des demografischen Wandels diskutiert. Weitere Foren sind unter anderem in NordrheinWestfalen, Sachsen, Hamburg und Hessen geplant. n CFH


Pa r t e i L e b e n !

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Partei leben! inhalt Ortsverein In Greifswald zählen auch die kleinen Dinge

Fotos: Dirk bleicker

Chefsache

Frauen in der SPD

Andrea Direkt!

Der lange Kampf für Gleichstellung

Wie steht die SPD zur gerade diskutierten Idee einer 30-Stunden-Woche? Arbeitszeitverkürzungen gegenüber sind wir aufgeschlossen. Wir haben ja auch selbst Vorschläge gemacht, um den Stress für junge Familien zu reduzieren. Allerdings halte ich die generelle 30-Stunden-Woche für ein veraltetes Konzept. Individuelle Regelungen nach den Bedürfnissen der Arbeitnehmer halte ich für sinnvoller als pauschale Regelungen für alle. Welche Lehren zieht die SPD aus der Wahl in Niedersachsen? In Niedersachsen hat die Einheit von Programm, Partei und Kandidat den Ausschlag gegeben. Die SPD war sehr geschlossen und engagiert. Dieses Erfolgsrezept wollen wir auch auf die Bundesebenen übernehmen – gerade jetzt, wo die Arbeiten am Wahl­pro­ gramm beginnen. Werden sich die Mitglieder ausreichend an der Erarbeitung des Wahlprogramms beteiligen können? Natürlich. Die Mitglieder sind in den vergangenen drei Jahren ja bereits an einem intensiven Programmprozess beteiligt gewesen. Die SPD hat ihre programmatische Erneuerung sehr intensiv vorangetrieben und dabei die Basis stets einbezogen. Der Abschluss war der Beschluss des Rentenkonzepts beim Parteikonvent. Unsere Beschlüsse der letzten Jahre werden auch die Basis für das Programm zur Bundestagswahl sein. Und natürlich steht es darüber hinaus allen Gliede­r ungen frei, über das gewohnte Verfahren Änderungsanträge an den Programm-Parteitag zu stellen. Am 25. Februar wird der Parteivorstand den Programmentwurf vorlegen. Dann können wir bis zum 14. April über strittige Punkte reden. Eine breite Diskussion über jedes Detail werden wir aber im Vorfeld nicht hinbekommen. n

AG-Serie Die ASG setzt sich für mehr Gesundheit ein

porträt Sabine Matthiesen liebt Filme – und kandidiert für die SPD

Peter Struck Nachruf auf einen großen Sozialdemokraten

Gruppenbild mit Willy: Katja Statkevich und Marina Adamovich (v.l.) nehmen stellvertretend den Internationalen Willy-Brandt-Preis für Nikolai Statkevich von Egon Bahr entgegen.

Mutmenschen Internationaler Willy-Brandt-Preis Jens Stoltenberg und Nikolai Statkevich wurden für ihren politischen Mut ausgezeichnet Von Kai Doering

S Jubiläums-Aktion Zum 150. Parteigeburtstag hat der OV Schwarzenholz (Saar) in Eigenregie eine Ausstellung zur Geschichte der SPD gestaltet. Eröffnung war beim Neujahrs­empfang. „Schon einen Tag danach wurde die Ausstellung von einem Nachbarortsverein ausgeliehen“, berichtet OV-Vorstand Rudi Schmitt. Gerne stellen die Schwarzenholzer ihre Ausstellung auch anderen Interessierten zur Verfügung. „Lediglich der Transport muss übernommen werden.“ n KD Was plant Ihr zum Parteijubiläum? Schreibt an parteileben@vorwaerts.de

o sehen mutige Menschen aus: Der eine steht eingerahmt von Egon Bahr und SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks im Atrium des Willy-Brandt-Hauses. Er fand die richtigen Worte, als sein Volk im Schock erstarrt war. Der andere blickt traurig von einem Foto auf großen Bildschirmen in die Zuschauerreihen. Er schweigt nicht, obwohl ihn ein Diktator dazu zwingen will. Es ist der 24. Januar, als der norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg mit dem Internationalen Willy-BrandtPreis und der weißrussische Oppositionspolitiker Nikolai Statkevich mit einem Sonderpreis „für besonderen politischen Mut“ ausgezeichnet werden. Stoltenberg kam im Flugzeug aus Oslo, Statkevich sitzt in einem Hochsicherheitsgefägnis östlich von Minsk. Seine Töchter und seine Ehefrau sind nach Berlin gereist, um den Preis stellvertretend in Empfang zu nehmen. So unterschiedlich die Situation der beiden Männer ist, so gemeinsam ist ihnen ihr Mut. Nach den rechtsextremen Anschlägen von Oslo und Utøya, bei denen insgesamt 77 Menschen starben, fand Stoltenberg die richtigen Worte für ein verunsichertes Volk: „Norwegen wird diesen Angriff beantworten“, kündigte

der Ministerpräsident im Juli 2011 an: „mit mehr Demokratie, mehr Offenheit, aber niemals mit Naivität“. Der Internationale Willy-Brandt-Preis wird Stoltenberg verliehen, „weil Du in einer herausfordernden Situation, angesichts einer unfassbaren Tragödie, etwas Außergewöhnliches getan hast“, betont Peer Steinbrück in seiner Lobrede. Außergewöhnlich mutig war Nikolai Statkevich. Er trat im Dezember 2010 bei der weißrussischen Präsidentschaftswahl gegen Diktator Alexander Lukaschenko an. Als klar war, dass die Wahl manipuliert worden war, ging Statkevich mit Tausenden Regimegegnern auf die Straße – und wurde verhaftet. Seitdem sitzt er im Gefängnis. „Sein einziges Verbrechen war sein Eintreten für freie, demokratische Wahlen“, hebt Egon Bahr, der Vorsitzende des Preis-Kuratoriums, hervor. „Mein Vater ist ein mutiger Mensch und die SPD ist eine mutige Partei“, sagt Nikolai Statkevichs Tochter Katja bei der Preisvergabe. „Es ist mutig, einen Menschen in der Haft jahrelang zu unterstützen und nicht aufzugeben.“ n Im Interview mit vorwärts.de sagt Katja Statkevich, warum Präsident Lukaschenko Angst vor ihrem Vater hat. vorwärts.de/ 87024


Pa r t e i L e b e n !

Gut gelaunt: Die Mitglieder des SPD-Ortsvereins Greifswald freuen sich über die große Resonanz auf ihre Bürgerbefragung.

Partei der kleinen Dinge OV Greifswald Mit einer Umfrage wollten die Genossen herausfinden, was die Hansestädter stört – und kamen so zu vielen neuen Einsichten Von Kai Doering

Dass Wohlstand und soziale Gerechtigkeit kein Widerspruch sind, darum hat die Welt Europa beneidet. Dafür zu

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lohnt sich, denn dieser europäische Traum ist mehr als der Traum der Europäer.

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ach einer kurzen Pause bricht es aus ihm heraus. „Wir vermüllen immer weiter“, schimpft der bärtige Mann im blauen Seemannspullover. „Und es kümmert sich kein Mensch. Ich habe so eine Wut im Bauch.“ Andreas Kerath, der Vorsitzende der SPD-Bürgerschaftsfraktion, blickt den Bärtigen nachdenklich an. Gerade hatte Kerath gefragt, ob einer der Bürger, die trotz des Schneegestöbers den Weg ins „Haus der Begegnung“ im Greifswalder Ostseeviertel gefunden haben, eine Frage hat. Nun sucht er nach einer Antwort. „Für das Müllproblem habe ich auf Anhieb leider auch keine Lösung“, gibt er zu. „Aber wir wollen einen kommunalen Ordnungsdienst aufbauen, der auch hierauf ein Auge hat.“ Der kommunale Ordnungsdienst ist ein Ergebnis der Bürgerbefragung der Greifswalder SPD. Unter der Überschrift „Greifswald zuliebe“ haben die Genossen im April 2012 angefangen, 22 000 Karten an nahezu alle Haushalte der Hansestadt zu verteilen. Die Bürger konnten dort Schulnoten für den Zustand von Spielplätzen, Grünflächen oder des Busverkehrs vergeben. Und sie konnten selbst Wünsche für ihren Stadtteil und für die gesamte Stadt formulieren. Wer keine Karte ausfüllen wollte, konnte auch im Internet mitmachen. „Die große Anzahl der Rückmeldungen hat uns sehr gefreut und überrascht“, erzählt der Ortsvereinsvorsitzende Thomas Lange den Menschen im

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„Haus der Begegnung“. Sie erfahren an diesem ungemütlichen Februarabend, dass innerhalb eines halben Jahres mehr als 630 Antworten mit mehr als 1000 Vorschlägen bei der SPD eingegangen sind – für Umfragen wie diese eine sehr gute Zahl. Es ist die dritte von insgesamt vier nach Stadtteilen getrennten Ergebnispräsentationen. Die SPD hat die Antworten grafisch aufbereitet und in einer Dia-Show zusammengefasst. Fehlende Parkplätze und Freizeitmöglichkeiten ärgern die Greifswalder am meisten. Auch kaputte Fahrradwege nerven. „Wir haben deshalb in der Bürgerschaft durchgesetzt, dass in diesem Jahr 50 000 Euro zusätzlich für neue Radwege ausgegeben werden“, berichtet Andreas Kerath – und das, obwohl die SPD nur sechs der 43 Sitze in der Bürgerschaft hat. Und die Radwege sollen nur ein Anfang sein. „Natürlich können wir nicht überall gleichzeitig ansetzen“, sagt Kerath. „Aber wir haben einen Weg begonnen, den wir kontinuierlich weitergehen werden.“ „Wir wussten nicht, was mit der Befragung auf uns zukommt“, sagt Ulf Dembski. Er ist aktives OV-Mitglied und zweiter stellvertretender Oberbürgermeister. „Es sind oft die kleinen Dinge, die die Menschen bewegen“, hat er gelernt und gibt zu: „Das wird von der Politik häufig unterschätzt. Da müssen wir umdenken.“ Als eine Konsequenz möchte er beim Ordnungsamt der Stadt eine Beschwerdestelle einrichten. Die Idee für die Aktion „Greifswald zuliebe“ kam für den mit 190 Mitgliedern größten Ortsverein in Mecklenburg-Vorpommern aus Köln. Dort wollte der OV Ehrenfeld wissen, was sich im Stadtteil ändern müsste. „Wir haben die Aktion aber etwas anders aufgezogen und hatten das Glück, vom Innovationsfonds der Bundespartei unterstützt zu werden“, sagt Vize-OV-Vorsitzender Thomas Behm. So konnte der Ortsverein nicht nur Fragebögen drucken, sondern auch die Stadtteilveranstaltungen finanzieren, sowie Werbeanzeigen, Flyer, Kugelschreiber und Aufkleber mit dem Schriftzug „Greifsald zuliebe“ gestalten. „Letztere kleben mittlerweile auf vielen Greifswalder Autos und machen weiter Werbung für unsere Aktion.“ n

Fotos: Peter Binder

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Die Wünsche der Greifswalder im Blick: SPD-Fraktionschef Andreas Kerath


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Für die Emanzipation 150 Jahre SPD Keine deutsche Partei hat sich so erfolgreich für Frauenrechte eingesetzt wie die SPD Von Inge Wettig-Danielmeier

A

ugust Bebel, der große Führer der SPD, forderte, dass beide Geschlechter sich frei betätigen sollten gemäß ihrer Fähigkeiten. 1879 kommt sein wohl bekanntestes Werk „Die Frau und der Sozialismus“ heraus. Es erfährt 53 Auflagen. 1891 werden die Forderungen Bebels Programm der Gesamtpartei. Die SPD öffnet sich den Frauen und kämpft für das allgemeine gleiche Wahlrecht, das sie schließlich in der Revolution 1918 auch durchsetzt. Keine andere Partei hat sich an diesem Gleichstellungskampf beteiligt. Sie kämpft in den 20er Jahren der Weimarer Republik für die sozialen Rechte der Frauen und gegen den Schandparagrafen 218, der immer wieder Frauen ins Gefängnis bringt. Sozialdemokratinnen sorgen dafür, dass unser Grundgesetz 1949 Frauen und Männern gleiche Rechte garantiert. Endlich, mit der sozialliberalen Koaliti-

A Arbeitsgemeinschaft seit 1913

Fotos: dpa/Egon Steiner, dpA/CHROMORANGE/Marc Heiligenstein, SPD/Bea MArquardt

Mitglieder rund 72 000 Bundesvorstand Armin Lang (Vorsitzender), Thomas Spies (stellv. Vorsitzender), Marlies Volkmer (stellv. Vorsitzende), Steffen-Claudio Lemme, Ingrid Rehwinkel, Björn Rodday, Elisabeth Rüdinger, Klaus Stahl, Astrid von Waldenfels, Herbert Weisbrod-Frey, Wolfgang Wodarg Kontakt asg.spd.de www.facebook.com/asg.spd

on, werden in den 70er Jahren die gleichen Rechte in Beruf und Familie von SPD und FDP durchgesetzt. Sozialdemokratinnen setzten schließlich innerhalb der SPD die gleiche Betei-

Mehr Frauen in Spitzenämter: Das fordern prominente SPD-Politikerinnen 1985 in Bonn.

uf die Frage, warum die SPD eine eigene Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigte im Gesundheitsbereich braucht, hat Armin Lang eine klare Antwort. „Weil Gesundheit unser wichtigstes Gut ist.“ Lang ist seit 2006 Vorsitzender der ASG. Auf der Bundeskonferenz, die jüngst in Berlin stattfand, wurde er für zwei weitere Jahre im Amt bestätigt. „Die Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Gesundheitswesen ist die älteste AG der SPD“, sagt Lang. Bereits 1913 schlossen sich in Berlin sozialdemokratische Ärzte und Apotheker zusammen. „Sie hatten den Zusammenhang zwischen den sozialen Bedingungen und der Gesundheit der Menschen erkannt.“ Im 150. Gründungsjahr der SPD feiert damit auch die ASG einen runden Geburtstag. „Wir wollen Berater und Mahner sein, aber keine Besserwisser“, erklärt Lang das Selbstverständnis. Etwa 15 Prozent der SPD-Mitglieder arbeiteten im PflegeGesundheitsbereich – Chefärzte ebenso wie Kassenfunktionäre, Laien wie Profis. Auch Engagierte ohne Parteibuch machen mit. „Wer mit uns zum Wohle der Menschen arbeiten möchte, ist herzlich willkommen“, sagt Lang. Ihre breite Basis sei ein großer Vorteil der Arbeitsgemeinschaft: „Wenn wir uns innerhalb der ASG auf eine Position geeinigt haben, dann ist sie auch in der Gesellschaft

ligung von Frauen und Männern durch, mittels Minimal- und Maximalquote für Frauen und Männer: mindestens 40 Prozent, höchstens 60 Prozent eines Geschlechts. Programmatisch legt sich die SPD fest auf die Überwindung der männlichen Gesellschaft, um eine menschliche zu erreichen. Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind es schließlich, die unterstützt von Grünen und FDP eine erträgliche Regelung für das ewige Problem des Paragrafen  218 erarbeiten und in breitem Konsens durchsetzen. In der Folge beginnt die SPD durch den Ausbau von Ganztagsschulen und Kinderbetreuung, Frauen und Männern zu ermöglichen, Kinder zu erziehen und dennoch berufstätig zu sein. Keine Partei hat sich so lange, so ausdauernd und so wirkungsvoll für die Gleichstellung der Frauen und ihre Emanzipation eingesetzt wie die SPD. Und sie hat schließlich auch anderen ein Beispiel gesetzt. Sie ist – zum Vorteil der Gleichheit und einer menschlichen Gesellschaft – nicht mehr konkurrenzlos. n Inge Wettig-Danielmeier war von 1981 bis 1992 Vorsitzende der ASF und von 1991 bis 2007 Bundesschatzmeisterin der SPD.

Ein Leben im O-Ton Teil 3 In der vorwärts-Reihe „Gelebte Politik“ berichten Sozialdemokratinnen und Sozial­ demokraten, die viel erlebt haben, über ihre Erfahrungen. Nach ­Heidemarie Wieczorek-Zeul und Peter Struck blickt nun im dritten Teil der Serie Hans-Jochen Vogel auf sein ­Leben als ­Politiker zurück. Der vollständige Text (Interview: Uwe Knüpfer, Bearbeitung und Sprecher: Carl-Friedrich Höck) ist im Originalton in der vorwärts-AppAusgabe zu hören – und im Internet unter vorwärts.de/­gelebte_ politik

Arbeitsgemeinschaften in der SPD

Folge 10

Berater und Mahner, keine Besserwisser ASG Die älteste AG kämpft für mehr Gesundheit

„Mit Gesundheitspolitik kann man Wahlen gewinnen“, sagt ASG-Chef Armin Lang.

mehrheitsfähig.“ Das trifft besonders auf die Reform der Krankenversicherung zu. „Dass die Bürgerversicherung wieder auf der Agenda steht, ist ein Verdienst der ASG“, ist Armin Lang sicher. Wenn die SPD diese zu einen „Offensivthema“

mache und die Reform mit einem vernünftigen Versorgungsversprechen verbinde, würden aus seiner Sicht nicht nur Versicherte und Beschäftigte profitieren. „Mit Gesundheitspolitik kann man auch Wahlen gewinnen.“ n KD


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Zur Berlinale kommt sie, um Menschen zu treffen. Sabine Matthiesen leitet das Filmbüro MV in Wismar – und möchte dort für die SPD in die Bürgerschaft.

Ganz grosses Kino

Sabine Matthiesen Sie hat Romanistik studiert, im Hotel Betten gemacht und ein Kino geleitet. Nun setzt sich die Sozialdemokratin für Nachwuchs-Regisseure ein und vermittelt Kindern Medienkompetenz

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ote Teppiche mag Sabine Matthiesen nicht. Stars und Glamour sind der 50-Jährigen eher lästig. Ein Besuch in Berlin zu Zeiten der Berlinale ist da keine gute Idee, könnte man meinen. Doch bei Sabine Matthiesen steht das Filmfestival jedes Jahr fest im Kalender. „Kino ist für mich das Größte“, sagt sie. „Das Medium Film habe ich schon immer geliebt.“ Sich einen der Beiträge im Wettbewerb anzusehen, hat Sabine Matthiesen allerdings auch in diesem Jahr nicht geschafft. „Es gab einfach zu viel anderes zu tun.“ Sie hat sich zum Beispiel mit dem Regisseur Axel Ranisch getroffen. Sein Film „Dicke Mädchen“ lief im Dezember in den Kinos. Es war der erste Film nach seinem Abschluss an der Filmhochschule

Porträt

in Babelsberg. Und obwohl er nur gut 500 Euro gekostet hat, wurde er mehrfach ausgezeichnet. „In seinem Büro habe ich zum ersten Mal eine Lola in der Hand gehabt“, erzählt Sabine Matthiesen. „Die ist ganz schön schwer.“ Staunen und Ehrfurcht vor dem Deutschen Filmpreis schwingen bei dem Satz mit.

20 Jahre im Filmgeschäft „Ein roter Teppich nutzt einem nichts, wenn man keine Strukturen und Netzwerke schafft“, ist Sabine Matthiesen überzeugt. Sie fährt deshalb zwar jedes Jahr im Februar nach Berlin, doch trifft sie sich lieber mit Nachwuchs-Regisseuren oder Filmförderern. Nach fast 20 Jahren im Filmgeschäft kennt sie davon eine Menge.

Dabei verlief ihr Einstieg in die Branche fast selbst filmreif: Nach dem Abitur zog es Sabine Matthiesen aus Gelsenkirchen zuerst nach Hamburg zum RomanistikStudium. „Dort habe ich schnell gemerkt, dass ich noch etwas Praktisches lernen möchte.“ Nach dem Abschluss begann sie deshalb eine Ausbildung zur Hotelfachfrau. „Ich mag es, Dinge schön zu machen.“ Sie merke es sofort, wenn irgendwo eine Vase schief auf dem Tisch steht. Nach einer Zwischenstation in Berlin kehrte sie nach Hamburg zurück – und begann im Kino zu arbeiten. Erst an der Kasse, dann im Marketing, schließlich als Geschäftsführerin der „Zeise“Programmkinos. „Ich habe damals lange überlegt, weil mir mein bisheriger Aufgabenbereich so viel Spaß gemacht hat.“

Foto: Hendrik Rauch

Von Kai Doering


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Aber auch ihren neuen Job machte Sabine Matthiesen gut: Im Jahr 2000 wurde sie als beste Programmkinomacherin Deutschlands ausgezeichnet. Ein Jahr danach gewann sie den Preis für das beste Kino-Programm. „All das ist aber nur in einem guten Team möglich.“ 2006 folgte dann der vorerst letzte große Schritt: Sabine Matthiesen wurde Geschäftsführerin des „Filmbüros MV“ in Wismar. Damit ist sie auch verantwortlich für die kulturelle Filmförderung in Mecklenburg-Vorpommern. Sie kümmert sich nun um Regisseure, die einen Film drehen wollen, denen aber das Geld dazu fehlt. Sie bietet Seminare für Nachwuchsfilmer an. Und sie verwaltet das filmische Erbe Mecklenburg-Vorpommerns. „Wer etwa sehen möchte, wie man vor 60 Jahren Weihnachten gefeiert hat, der wird bei uns fündig. Auch viele Filmemacher nutzen das audiovisuelle Archiv des Landes.“ Sehr am Herzen liegt Matthiesen die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. „In der modernen Medienwerkstatt bieten wir Kurse und Seminare an, mit denen ihre Medienkompetenz gestärkt wird.“ Auch mit den Jusos arbeitet sie regelmäßig zusammen. Es gab Filmabende zu Themen wie Rechtsextremismus und Energiewende.

Foto:Hendrik Rauch

Ganz oder gar nicht in Wismar Sie habe sich damals bewusst entschieden, aus der Millionenstadt Hamburg ins beschauliche Wismar zu ziehen. „Für mich war klar: Ich mache das ganz oder gar nicht.“ In Wismar zu arbeiten und in Hamburg zu wohnen, das sei für sie nie infrage gekommen. Ganz leicht sei es für sie allerdings zu Anfang nicht gewesen. Mit ihrer offenen und mitreißenden Art hat sie den einen oder anderen verwundert. Davon hat sich Sabine Matthiesen aber nicht beirren lassen. „Ich bin beharrlich, wenn mir etwas wichtig ist.“ Heute, sechs Jahre nach ihrem Wechsel nach Wismar, könne sie vieles besser einschätzen. „In den kommenden Jahren möchte ich noch vieles im Filmbereich entwickeln.“ Gerade hat sie eine HörspielWerkstatt im Filmbüro angestoßen. „Die war ruckzuck ausgebucht.“ Und auch im Land würde Sabine Matthiesen gerne noch mehr für den Film tun. Da gebe es nämlich noch reichlich Potenzial. Gerne würde die begeisterte Hobby-Fotografin auch mal selbst mit einer Kamera losziehen. Dafür fehle ihr allerdings bisher die Zeit. Ein weiterer Schritt steht für das engagierte SPD-Mitglied trotzdem schon jetzt fest. Und er hat ausnahmsweise nichts mit Filmen zu tun. „Im kommenden Jahr kandidiere ich für die Wismarer Bürgerschaft“, erzählt Sabine Matthiesen. Doch bevor sie sich in den Wahl-

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kampf stürzt, wartet noch eine andere große Aufgabe: Im Herbst findet zum siebten Mal das „Filmfest Wismar“ statt. Matthiesen hat es ein Jahr nach ihrem Start in der Hansestadt „aus dem Nichts“ aus der Taufe gehoben. Zwei Jahre später kam ein eigenes Filmfest für Kinder dazu. Beide gehören mittlerweile fest zum kulturellen Programm im Norden. „Wir zeigen Filme, die in MecklenburgVorpommern gedreht oder produziert, vom Land gefördert oder von Filmemachern aus MV geschaffen wurden.“ Den Menschen im Land solle so eine Bühne geboten werden. Auf den roten Teppich verzichtet Sabine Matthiesen deshalb bewusst. n

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Ich bin beharrlich, wenn mir etwas wichtig ist.

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Sabine Matthiesen Ausnahmsweise am roten Teppich: Sabine Matthiesen vor dem „Berlinale Palast“

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r hätte sich gefreut, hätte den Journalisten im Willy-BrandtHaus zugerufen, das sei ein Vorgeschmack für die „schwarze Bande“ auf die Bundestagswahl. Vermutlich wären wir noch ein Bier trinken gegangen. Und dabei hätte er überlegt, wen er von unterlegenen Landtagskandidaten am nächsten Morgen anrufen und fragen müsse, wie es persönlich mit ihm weitergeht. Es war nicht so. Der Wahlabend in Niedersachsen war der erste ohne Peter Struck. Ohne ihn, der sich in mehr als zwei Jahrzehnten bei Niederlagen nicht scheute, als erster der Parteipromis den Kopf hinzuhalten, der es sich aber auch nicht nehmen ließ, bei Siegen ebenso schnell auf der journalistischen Piste zu sein. Die Trauer um Peter Struck – so plötzlich am 19. Dezember 2012 gestorben – war überwältigend. Bei politischen Weggefährten, die eine lange Strecke mit dem ehemaligen Fraktionsvorsitzenden und Verteidigungsminister gegangen sind, bei Parteifreunden und Freunden aus politisch anderen Lagern, aber auch bei Menschen, die den knorrigen Niedersachsen nur aus dem Fernsehen kannten. Geradlinig, authentisch, gewieft, aber nie tricksend, das waren

Peter Struck im Jahr 2009: der Verteidigungsminister auf dem Flug nach Kabul

Authentisch und stets menschlich Peter Struck Sein Tod am 19. Dezember 2012 hat die SPD tief getroffen. Ein Nachruf Von Norbert Bicher

Einberufung gemäß § 21, § 22 (1) und § 32 Organisationsstatut

­AuSSerordentlicher ­Bundesparteitag am Sonntag, 14. April 2013 Messe Augsburg, Am Messezentrum 5, 86159 Augsburg Antragsschluss ist Montag, der 11. März 2013, 24 Uhr.

Vorläufige Tagesordnung Beginn: 11 Uhr 1. Eröffnung und Begrüßung durch Sigmar Gabriel • Wahl des Parteitagspräsidiums • Beschlussfassung über die Tagesordnung • Beschlussfassung über die Geschäftsordnung • Wahl der Mandatsprüfungs- und Zählkommission

Mit ungewöhnlichen Mitteln wirbt der Vorsitzende der Berliner SPD-Abteilung Märkisches Viertel, Thorsten Karge, um sozialdemokratischen Nachwuchs. Er spendiert jungen Leuten zwischen 16 und 30 Jahren für ein Jahr die Parteimitgliedschaft. Sie sollen die Parteiarbeit von innen kennenlernen. „Wenn man sich auskennt, wird eine Sache gleich viel spannender“, begründet Karge seine Initiative. Ein bis zwei erfahrene Parteimitglieder begleiten die Neuzugänge als Mentoren. Wer sich eine der zehn Patenschaften sichern möchte, kann sich unter der Telefonnummer 030-55174150 melden. n CFH thorsten-karge.de

Kunst gegen Rechts

3. Rede des Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück

In den Räumen des SPD-Bürgerbüros München-Süd hat die Sendlinger SPD ein Zeichen gegen Rechts gesetzt. Dort präsentierte sie vom 1. bis 15. Februar die Ausstellungen „Deutschland – ein Märchen?“ und „Sgraffiti – Plakate gegen Rechts“. Sie thematisieren Nationalismus und Rassismus sowie deren Überwindung durch solidarisches Handeln. Erstellt wurden sie vom Bayerischen Seminar für Politik e.V. zusammen mit engagierten Jugendlichen. n CFH

5. Bericht der Antragskommission 6. Beratung und Beschlussfassung des Regierungsprogramms Die Ergebnisse des Bürgerkonvents werden im Rahmen der Beratungen präsentiert. 7. Weitere Antragsberatung 8. Schlusswort Ende: ca. 16 Uhr

oft genannte Eigenschaften, die ihm in Trauerreden bescheinigt wurden. Der wahre Grund seiner Beliebtheit war die Normalität, die er sich in all seinen Ämtern erhalten hat. Er war nie dort zu finden, wo es nach Glamour roch. Lieber in einer Kneipe Bratkartoffeln mit Spiegelei als ein Abend mit Sektempfang. Lieber eine Diskussion mit Bürgern als gestelzte Reden bei internationalen Tagungen. Klartext statt Gesäusel. Wenn er dem eigenen Kanzler oder der ungeliebten Kanzlerin mal auf die Füße trat, scherte ihn das wenig. Niemals aber wäre er harsch mit Mitarbeitern in der Fraktion oder im Ministerium umgegangen. Ein Vorgesetzter, der dafür geliebt wurde. Politik und Parlament bedeuteten ihm sehr viel, er lebte für sie. Aber das war nicht alles. Aus der Familie mit drei Kindern und acht Enkelkindern bezog er Kraft, auf dem Motorrad entspannte er und eine Niederlage von Borussia Dortmund konnte ihn härter treffen als ein politisches Tief. Harte Schale, weicher Kern, das haben viele über Peter gesagt. Wer ihn kannte, wusste, dass der menschliche Kern sein echtes Markenzeichen war. n

SPD-Schnupperkurs

2. Grußworte 4. Bericht der Mandatsprüfungs- und Zählkommission

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baysem.de

GroSSe Juso-Disko Die Jusos im hessischen RheingauTaunus-Kreis wollen zeigen, „dass Politik mehr sein kann als langatmige Diskussionen am Stammtisch“. Seit einigen Jahren veranstalten sie deshalb einmal im Winter eine große „First Beats“-Disko. In diesem Jahr kamen 500 junge Menschen in das Dorfgemeinschaftshaus Hohenstein-Breithardt, um zu Trance, Techno, Après-Ski- und House-Musik zu tanzen. Die Jusos freuen sich über einen „absoluten Erfolg“ und haben schon eine Fortsetzung im nächsten Jahr angekündigt. Den PartySpaß am 19. Januar haben die Jusos mit einer politischen Botschaft verknüpft. „Es ist uns wichtig, dass junge Menschen vor allem im ländlichen Raum attraktive Angebote zur Abendgestaltung haben“, schreiben sie in einer Mitteilung. „Wir gehen aktiv und mit gutem Beispiel voran.“ n CFH

Fotos: dpa Picture-Alliance / Maurizio Gambarini, Jusos RTK

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Meinung 19

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Zwischenruf

Leserbriefe Gut ­g ebloGgt

Helft uns! Jetzt! Julian Zado Prekäre Arbeit gibt es sehr oft auch bei Doktoranden und Promovierten. Die SPD muss für die Betroffenen mehr tun – und zwar schnell

Foto: Hendrik Rauch

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in Job an der Universität erscheint vielen als Glücksfall. Der Doktor-Titel schafft Prestige und Ansehen und die Freiheit der Wissenschaft sorgt für flexible Arbeitszeiten. Die Realität sieht sehr oft anders aus. Schon der Zugang zur Promotion ist kaum transparent. Um einen Doktorvater oder eine Doktormutter zu finden, sind vor allem Beziehungen nötig. Aber auch wenn die Betreuung zugesagt wird, ist damit nicht immer eine Stelle verbunden. Nebenjobs oder – mit Glück – ein Stipendium finanzieren dann die Promotion. Eine Anstellung an der Uni ist häufig nicht besser. Teilzeitstellen bei faktisch voller Arbeitszeit sind die Regel. Bei einer vollen Stelle bleibt erst recht keine Zeit für das eigene Projekt. Zwar sollen wissenschaftliche MitarbeiterInnen einen Großteil der Arbeitszeit für ihre Doktorarbeit verwenden, aber in der Realität geht die meiste Zeit für Zuarbeiten für den Lehrstuhl drauf. Sich dagegen zu wehren, fällt schwer, denn vom Wohlwollen des Professors/ der Professorin hängen Dissertation und weitere Perspektiven ab. Wer dennoch eine sehr gute Promotion hinlegt, muss auch als „Postdoc“ prekär arbeiten; befristete Verträge sind die Regel. Außerdem gilt für die Nachwuchswissenschaft noch immer: Hop oder Top! Entweder man schafft es nach Jahren der Ungewissheit auf eine Professur oder man geht völlig leer aus. Wer sich dann einen Job in der Wirtschaft suchen muss, ist überqualifiziert und für den Berufseinstieg zu alt. Die lange berufliche Unsicherheit trifft in eine Lebensphase, in der Sicherheit für eine Familiengründung besonders wichtig ist. Zudem ist der Konkurrenzdruck hoch. Auch die Qualität der Forschung leidet. Wenn Ergebnisse erst in drei

Jahren zu erwarten sind, wird die Forschung gar nicht erst angegangen. Für den nächsten Vertrag zählen nur kurzfristige Resultate. Die Alternative wären geregelte Karrierewege. Leider aber konnte sich die „Juniorprofessur“ noch nicht durchsetzen. Warum werden nicht mehr unbefristete Stellen „unterhalb“ der Professur geschaffen? Sie wären eine Perspektive für die, die am Ende nicht Professor werden und zugleich eine Entlastung für alle, die promovieren oder habilitieren. Mehr Engagement brauchen wir auch bei der Gleichstellung von Frauen. Obwohl sie ebenso häufig studieren wie Männer und im Schnitt die besseren Abschlüsse machen, gibt es nur 19 Prozent weibliche Profs. Nötig sind die Berücksichtigung der Gleichstellung bei der Leistungsbewertung und Quoten bei Berufungen. Auch dann wird die Uni kein JobParadies, aber es wäre viel erreicht. Deshalb muss sich die SPD stärker um dieses Thema kümmern! In den letzten Jahren hat sie zu wenig getan. Dass sie nun ein „Bündnis für gute Arbeit in der Wissenschaft“ einrichten will, ist zwar löblich. Notwendig sind aber auch schnell konkrete Verbesserungen. n

Dr. Julian Zado ist stellv. Bundesvorsitzender der Jusos. Er arbeitet als Rechtsreferendar und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Humboldt-Uni Berlin.

Anke macht es wieder... Martin Schmidtner Das hat uns den Tag versüßt: Heute Nachmittag gab der NDR bekannt, dass Anke Engelke die deutsche Vorentscheidung zum diesjährigen Eurovision Song Contest moderieren wird. Wir hatten zwar noch kürzlich vermutet, dass die Entertainerin wegen ihres Engagements bei den Berliner Filmfestspielen keine Zeit für den Vorentscheid am 14.Februar in Hannover haben werde, doch selten haben wir so gerne falsch gelegen mit unserer Prognose! Wir gratulieren den Kollegen vom ESC-Blog bei Prinz-online, die im Oktober die Fan-Petition „Wir wollen Anke“ ins Leben gerufen hatten, zu dem großartigen Erfolg ihrer Aktion. vorwärts.de/blogs

Liberté ist Freiheit für Alle! heinrich Keuper Der heutige Liberalismus hat mit dem liberalen Gedanken­ gut des 19. Jahrhunderts, aber auch mit den liberalen Vorstellungen eines Thomas Dehler oder eines Ralf Dahrendorf nur noch wenig Gemeinsamkeiten. Der heutige Marktliberalismus der Chicagoer-Schule verneint die drohende Desintegration und Spaltung unserer Gesellschaft. Dieser Neolibe­ ralismus vertritt die Haltung einer rohen Bürgerlichkeit, die alle Menschen nach ihrer Nützlichkeit taxiert. Eine Haltung, die Menschen, die aus welchen Gründen auch immer abgerutscht sind, in der Hierarchie unserer Gesellschaft als nutzlos und überflüssig betrachtet. vorwärts.de/blogs

Titelbild Peer Steinbrück: Der Lotse geht an Bord 12/2012-01/2013

Den Kanzlerkandidaten der SPD auf der Titelseite im Stile des Mannes darzustellen, der die SPD verbieten ließ, ... das ist mehr als nur instinktlos. Diese Darstellung auch noch mit den Worten „Deutschland braucht einen klaren Kurs“ (Seite 3) zu rechtfertigen, hat mich dann endgültig an meinem Verstand zweifeln lassen. Einen klaren Kurs à la Bismarck? Soll das ein Witz sein?

Timo Schwander, Freiburg

Wenn ein Titel so viele Assoziationen weckt und für so viel Gesprächsstoff (in meiner Familie und in meiner Abteilung) sorgt, dann ist er gelungen. Ganz gleich, welche Geschichte die Idee dahinter bereits hatte und egal, wie oft die Abwandlungen davon bereits auftauchten.

Christian Johann, Berlin

Kam Euch nicht wenigstens der frauenfeindliche Unterton des Bildes in den Sinn? Steinbrück, der von den politisch noch aktiven GenossInnen der Schröder-Ära die geringste Akzeptanz bei Frauen haben soll, in der Pose darzustellen: Jetzt geht der Lotse an Bord – die Weiberwirtschaft Merkel ist gleich vorbei.

Hanns Georg Tyczka, Lüneburg

Ein Lotse kommt immer nur für ein paar Stunden, höchstens mal für ein paar Tage an Bord. Von St. Pauli bis zur Unterelbe zum Beispiel. Dann verlässt er das Schiff wieder. Wer den Kanzlerkandidaten Steinbrück mit einem Lotsen vergleicht, kann kein Steinbrück-Freund sein.

Bernhard Weismann, Chemnitz

Man sollte, wenn wir schon bei der ­rauen Seefahrt angekommen sind, Steinbrück als Kapitän mit festem Blick über wilden Wassern am Steuer sehen, notfalls mit Fernglas, um den Silberstreif am Horizont wahrzunehmen.

Mechthild Hanisch, Schlangenbad

vorwärts Extra: 150 Jahre Sozialdemokratie 02/2013 Mitreden & bloggen: vorwärts.de/zwischenruf

Die Jubiläumsausgabe zu 150 Jahren Sozialdemokratie ist wirklich herausragend geworden. Ich lese die Artikel jeden Morgen auf der Bahnfahrt zur


20  Meinung

vorwärts 03/2013

Einvernehmen mit meiner politischen Heimat war.

Edith Hillebrenner, Detmold

Ein besonderes Dankeschön möchte ich hiermit nach Berlin senden: Ich bin ganz begeistert von diesem sehr interessanten, aufschlussreichen Heft mit sehr guten Fotos. Großes Kompliment dafür! Uta Fritzsche, Mönchengladbach

Die vorwärts-Extraausgabe ist wirklich sehr gelungen! An vielen Stellen habe ich gelacht, an manchen sogar Gänsehaut bekommen! Vielen Dank!

Monika Sattler, Ochsenfurt

Arbeit. Die Texte sind informativ und sehr spannend. Ich bin stolz, ein Sozialdemorat zu sein! Kompliment für dieses Werk!

Art ist, bleibt im Falle des „vorwärts extra“ nur ein ganz dickes Lob! Da gibt es wirklich nichts zu meckern – eine beeindruckende Ausgabe!

Boah, was für ein großartiges Heft! Bei all der Papierflut ist es absolut wert, aufgehoben zu werden. Danke auch für die kritischen Stimmen, z.B. Renan Demirkan. Die sprechen auch mir aus der Seele.

Jens Uwe Lindhorst, per Facebook

Es gehört ja zur Kultur unserer Partei (und der deutschen Gesellschaft generell), dass die negativen Reaktionen (Meckern, Motzen, Maulen) bevorzugte Meinungsäußerungen sind. Abgesehen davon, dass das nicht meine

Michael Dehnert, Starnberg/Herrsching

Die Beiträge finde ich sehr gut, sie räumen „den Schutt der Vergesslichkeit“ beiseite. Sie zeigen mir auch, dass ich gut daran bin, SPD-Mitglied zu sein und zu bleiben, auch wenn ich ... in der Vergangenheit nicht immer im

Rotraut Binder, Friedrichshafen

Vielen Dank für das JubiläumsSonderheft. ... Sehr gut finde ich auch, dass die Annoncen der Firmen und Sponsoren dem SPD-Jubiläum angepasst sind.

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Jörg Landmann, Rinteln

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Karikatur:Klaus Stutttmann


Wirtschaft 21

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meine Arbeit

Schicht im Zug »Mein Arbeitstag

­ eginnt frühestens um b 2 Uhr nachts und spätestens um 23.30 Uhr.

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Foto: Thomas Horsmann

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inen normalen Arbeitstag gibt es bei mir nicht, der Schichtdienst bei der Bahn ist da zu unregelmäßig. Das ist ein Nachteil, aber auch ein Vorteil des Lokführerberufs. Zwar kann ich nicht mehr im Verein Fußball spielen, weil ich so selten zum Training komme. Auch Feste finden oft ohne mich statt. Dafür hatte ich mehr von meiner Tochter, als sie klein war, als die meisten Väter mit normaler Arbeitszeit. Ich habe nie daran gedacht, Lokführer zu werden. Zunächst habe ich Bürokaufmann gelernt, bin dann aber Zugbegleiter geworden. Das fand ich interessanter. Ein paar Jahre lang war ich als Zugführer Chef der Zugbegleiter und zum Beispiel für die Technik im Wagen und die Abfertigung des Zuges am Bahnsteig verantwortlich. Erst wenn alle anderen Türen

LOKFÜHRER INGO HAUTSCH 38 Jahre, lebt in Hersbruck bei Nürnberg Ausbildung

Zugführer und Umschulung zum Lokführer

Status

Angestellter bei DB Regio Franken

Gehalt

Nach Tarif 2700 Euro brutto plus Schichtzulagen

Arbeitszeit

39 Wochenstunden

geschlossen sind, kann ich dem Lokführer das Signal für die Abfahrt des Zuges geben und selbst einsteigen und meine Tür schließen. Aber als diese betrieblichen Aufgaben immer weniger wurden, habe ich zum Lokführer umgeschult. Da ist man unabhängi-

ger und keiner redet einem rein. Dass kein Tag gleich ist, finde ich sehr interessant, auch wenn‘s anstrengend ist. Mein Arbeitstag beginnt frühestens um 2 Uhr nachts und spätestens um 23.30 Uhr. Er kann zwischen fünfeinhalb und 12 Stunden pro Schicht dauern.

Meine Schicht beginne ich am Nürnberger Hauptbahnhof. Dort bekomme ich den aktuellen Standort des Zuges mitgeteilt, sonst würde ich ihn auf dem riesigen Bahngelände gar nicht finden. Im Triebfahrzeug überprüfe ich alle wichtigen Funktionen wie Bremsen, Motoren, Türen usw. Vieles kann man von den Displays im Führerstand ablesen. Nachdem ich mich beim Fahrdienstleiter angemeldet habe, kann es losgehen. Da ein Zug nicht ausweichen kann, ist die Verantwortung groß. Spannend ist es im Berufs- oder Schülerverkehr. Bis da alle eingestiegen sind, vergeht oft mehr Zeit als vorgesehen. Dann muss ich zwischen den Stationen schneller fahren, allerdings nicht schneller als die zulässige Höchstgeschwindigkeit. An der Endstation habe ich meistens eine kleine Pause, dann geht‘s zurück. Ich fahre zwischen zwei und vier Stunden auf einem Zug, dann kommt der Kollege, der weitermacht. So kann ich auch Arbeitsschutzpausen von 30 bis 45 Minuten machen, das ist alles genau geregelt. Dann gehe ich oft in die Kantine, bis ich mit dem nächsten Zug weiter fahre. n Aufgezeichnet von Thomas Horsmann vorwärts.de/meine_arbeit ANZEIGE

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22  Wirtschaft

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Porträt

Norbert Bude neuer SGK-Vorsitzender

Das schönste Amt der Welt Fast könnte man meinen, Kommunalpolitiker sei das schönste Amt der Welt, wenn man Bude zuhört, und das trotz klammer Kassen – die es auch in Mönchengladbach seit Jahren gibt – und vieler weiterer Herausforderungen. Der gebürtige Mönchengladbacher Bude hat nach dem Abitur die Verwaltungs-Fachhochschule besucht und danach bei der Post im Bereich Marketing und Werbung gearbeitet. In die SPD ist Bude 1983 eingetreten, ausschlaggebend war seine Bewunderung für Willy Brandt. Als Juso-Vorsitzender in Mön-

Profitieren voneinander: Museums-Chefin Katja Pourshirazi (links) aus Bremen und die angehende Fachreferentin Sabine Stürholdt katalogisieren Zeichnungen des Künstlers Fritz Overbeck.

Durchstarten im Museum WEITERBILDUNG Im Raum Bremen werden arbeitslose Akademiker in Kultur und Tourismus geschult – zwei Drittel finden so einen festen Job Von Ulf Buschmann

PROJEKT ReGIALOG

Gut Gemacht

TRÄGER Verein zum Erfassen, Erschließen und Erhalten der historischen Sachkultur im Weser-Ems-Raum STANDORT Emden GESCHÄFTSFELD Qualifizierung arbeitsloser Geisteswissenschaftler Kurs-Ziel Weiterbildung zum Fachreferenten für Kulturtourismus und Kulturmarketing

Aus Überzeugung Kommunalpolitiker: Mönchengladbachs OB Norbert Bude (SPD)

chengladbach engagierte er sich Mitte der 80er Jahre dann selbst politisch – und ab 1989 im Rat der Stadt, dann als Bezirksvorsteher. 2004 wurde Bude als hauptamtlicher OB gewählt. Und zwar „als erster Sozi seit 1949“ – darauf ist er hörbar stolz. Inzwischen ist Bude in der zweiten Wahlperiode. Besonders wichtig sind ihm die Themen Stadtentwicklung, Integration, Kultur – und vor allem Teilhabe über Bildung. Letzteres hält er für eine der größten aktuellen Herausfoderungen – und eines der wichtigsten Themen für die Sozialdemokratie. n YH

KURS-DAUER acht Monate TEILNEHMER 240 seit Projektstart 2003 Vermittlungsquote 70 Prozent Infos regialog.de Weitere Porträts der Serie: vorwärts.de/gut_gemacht

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orsichtig nimmt Sabine Stührholdt eine der Zeichnungen in ihre Hände. Die Kunstwerke stammen von Fritz Overbeck, der das kleine Dorf Worpswede im Teufelsmoor unweit von Bremen Anfang des 20. Jahrhunderts berühmt machte. Die Werke von Fritz Overbeck und seiner Frau Hermine bilden den Kern des Overbeck-Museums in Bremen. Dort katalogisiert Sabine Stührholdt derzeit Fritz Overbecks Zeichnungen. Die 53-jährige Kunsthistorikerin ist mit Herzblut bei der Arbeit. Zuvor hatte sie im Kunsthandel gearbeitet, war dann arbeitslos. Die Arbeit mit den Overbeckschen Zeichnungen ist Teil ihrer Weiterbildung zur „Fachreferentin für Kulturtourismus und Kulturmarketing“. Acht Monate dauert diese Ausbildung im Rahmen des bundesweit einmaligen Projekts „Regialog“, das sich gezielt an arbeitslose Geistes- und Wirtschaftswissenschaftler wendet. Regialog kooperiert dabei mit Museen und Tourismuseinrichtungen. Und zwar mit Erfolg: Nach Angaben der zuständigen Arbeitsagentur in Emden beträgt die Vermittlungsquote in den ersten Arbeitsmarkt durchschnittlich 70 Prozent.

Absolventen haben gute Chancen auf neue Jobs Träger ist der „Verein zum Erfassen, Erschließen und Erhalten der historischen Sachkultur im Weser-Ems-Raum“ in Emden. Er arbeitet mit den Arbeitsagenturen und Jobcentern zusammen, die für diese Qualifizierung Bildungsgutscheine ausstellen. Mehr als 240 Teilnehmer haben seit Projektstart 2003 teilgenommen. Am 1. Juni beginnt die 15. Runde. Ein Großteil der Teilnehmer hat nach dem Hochschulabschluss keine Arbeit gefunden und nutzt die Chance zur Qua-

lifizierung. Regialog besteht inhaltlich zu 60 Prozent aus einem praktischen und zu 40 Prozent aus einem theoretischen Teil. Ihre Praxis verbringen die zurzeit 18 Teilnehmer jeweils vier Monate in einer Kultur- und einer Tourismus- oder Marketingeinrichtung — wie es Sabine Stührholdt derzeit tut. In dieser Zeit befasst sie sich nicht nur mit dem Katalogisieren von Zeichnungen, sie hat auch selbst einen Kinderführer für die Sonderausstellung „Manfred Kiecol: Landschaft“ erstellt. Außerdem bereitet Stürholdt den internationalen Museumstag im Mai mit vor. Der steht unter dem Motto „Vergangenheit erinnern — Zukunft gestalten: Museen machen mit!“.

Universitäten qualifizieren – nicht immer für die Arbeitswelt Der Theorie-Teil von Regialog besteht aus mehreren Kompaktseminaren und wöchentlichen Schulungen zu Öffentlichkeitsarbeit, Marketing und Eventmanagement. Auch Grundlagen des Desktop-Publishings, des Programmierens und der Präsentation gehören zum Programm. Es ist Wissen, das heute in der Arbeitswelt notwendig ist, das den Absolventen jedoch im Rahmen des Studiums selten vermittelt wird. Diese Erfahrung hat Katja Pourshirazi, Leiterin des Overbeck-Museums oft gemacht: Geisteswissenschaftler verfügten häufig über Qualifikationen, die sie nicht mit Zeugnissen belegen könnten. Mit der Zusammenarbeit mit Regialog ist die Museums-Chefin aus Bremen sehr zufrieden. Die kooperierenden Tourismus-Vereine und Museen profitieren ihrer Ansicht nach von den Erfahrungen der Teilnehmer: „Wir bekommen immer wieder Anregungen“, so Pourshirazi. n

Fotos: Ulf Buschmann,Dirk Bleicker

Norbert Bude ist nicht nur seit 24 Jahren Kommunalpolitiker – damals wurde der heutige Oberbürgermeister von Mönchengladbach erstmals in den Stadtrat gewählt. Er ist es auch mit Leidenschaft. „Kommunalpolitik ist die Basis unserer Demokratie“, ist der 53-Jährige überzeugt. „Wenn die Basis nicht funktioniert, kann das große Ganze nicht funktionieren.“ Im Februar wurde Norbert Bude zum Vorsitzenden der Bundes-SGK gewählt. Damit steht er der Interessenvertretung von rund 250 000 sozialdemokratischen Kommunalpolitikern vor. Seine Reak­ tion auf die Nominierung: „Es macht mir einen Riesen-Spaß, weiter für die SGK zu arbeiten.“ Mitglied ist er nämlich schon seit 1989.


Kultur 23

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Fotos: Lukas Beck, privat

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s ist nicht die Regel, dass Buchpreise an junge Unbekannte gehen, meist sind sie nicht mal nominiert. Leider. Doch diesmal sind zwei junge Frauen unter den fünf Nominierten in der Kategorie Belletristik des Preises der Leipziger Buchmesse. Die Jury hat die Romane der 29-jährigen Anna Weidenholzer und der 1983 geborenen Lisa Kränzler ausgewählt. Beide sind relativ unbekannt, weiblich, jung und ihre Bücher sind in kleinen Verlagen erschienen. Doch zunächst zu den Büchern. Die Österreicherin Anna Weidenholzer erzählt in ihrem Roman „Der Winter tut den Fischen gut“ (Residenz Verlag) von Maria Beerenberger, einer 48-jährigen Textilverkäuferin, die vor mehr als einem Jahr ihren Job verloren hat. Nach 19 Jahren Arbeit in einer Boutique wird sie entlassen. „Sie möchte mit der Faust gegen die Wand schlagen, aber sie möchte keinen Lärm machen.“ Die Witwe lebt schon länger allein, doch erst die Arbeitslosigkeit macht sie einsam. Wenn sie Bekannte sieht, wechselt sie die Straßenseite. Mit ihrem Handy hantiert sie nur, damit es aussieht, als sei sie für irgendjemanden wichtig. Weidenholzer erzählt von stiller Verzweiflung. Für ihren Roman hat sie mit arbeitslosen Frauen gesprochen, die auf dem Jobmarkt als alt gelten. Aus deren Erfahrungen setzte sie ihre Figur zusammen und steuert sie sicher an allen Klischees vorbei. In leisen Tönen und mit feinem Humor beschreibt Weidenholzer die Realität einer Frau, die von dieser Gesellschaft als überflüssig betrachtet wird. Lisa Kränzlers „Nachhinein“ (Verbrecher Verlag) handelt von zwei Mädchen,

Schöne Überraschung Preis DER LEIPZIGER Buchmesse Zwei unbekannte Autorinnen stechen unter den Nominierten hervor

Rezensionen

Die Favoriten der Leser im internet M. Wildt/ C. Kreutzmüller Berlin 1933-1945 Stadt und Gesellschaft im Nationalsozialismus Siedler Verlag, München 2013 496 Seiten, 24,99 Euro ISBN 978-3-8275-0016-8 Hans Sahl Der Mann, der sich selbst besuchte Luchterhand Verlag, München 2012 415 Seiten, 22,99 Euro ISBN 978-3-630-87293-3

Jung, weiblich, unbekannt und buchpreisverdächtig: Anna Weidenholzer (l.) und Lisa Kränzler (r.)

die in derselben Straße in getrennten Welten leben. Die eine, die „Lotta, vielleicht Luisa, vielleicht Luzia“ heißt, wächst in einer Akademiker-Familie auf, „JasminCelineJustine“ im Arbeiterhaushalt – „hüben Lehrplan, drüben Schichtplan“. Die eine behütet, die andere vom Vater missbraucht. Sie werden Blutsschwestern, was sie nicht daran hindert, einander zu missverstehen und – bewusst und unbewusst – zu quälen. Kränzlers Geschichte erzählt vom Verhalten von Menschen und ist viel mehr als ein Buch übers Erwachsenwerden. „Mir waren Worte immer ernst“, lässt

Kränzler eine ihrer Figuren sagen und es klingt wie das Credo der Autorin, die munter Erzählperspektiven wechselt, Wörter auf ihre Substanz untersucht und leidenschaftlich mit Sprache spielt. Nominierungen für Buchpreise bringen die öffentliche Aufmerksamkeit, die ein Leben im Literaturbetrieb ermöglicht. Der Preis bringt Geld, mit dem ein Stück von dem Freiraum gekauft werden kann, der nötig ist, um ein Kunstwerk zu schaffen. Deshalb ist es so viel Wert, unbekanntere Künstler auszuzeichnen. Am 14. März wird der Leipziger Buchpreis verliehen. n BG

Andrej Iwanow Hanumans Reise nach Lolland Verlag Antje Kunstmann, München 2012 399 Seiten, 19,95 Euro ISBN 978-3-88897-777-0

gewonnen Die in Ausgabe 12/201201/2013 ­verloste Biografie „Peer Steinbrück“ von Daniel Friedrich Sturm haben gewonnen Monika Fischer, 63450 Hanau Mirko Kruse, 28217 Bremen Wolfgang Oehler, 88239 Wangen/Allgäu

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Leipzig liest

»Mehr Demokratie wagen« PEEr StEINBrück, PEtEr BraNDt und DEtLEF LEhNErt sprechen über die Geschichte der Sozialdemokratie, die als älteste Partei Deutschlands in diesem Jahr ihr 150-jähriges Jubiläum feiert. Moderation: angela Elis

Mehr Infos unter: www.vorwaertsbuchverlag.de

Eintritt frei !

Freitag, 15. März 2013 19.00 Uhr (Einlass: 18.00 Uhr) Peterskirche, Schletterstraße 5, 04107 Leipzig

ISBN 978-3-86602-092-4 20,00 Euro


24  Historie

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Familie blieb ein Wagnis Willy Brandt Sein Zuhause war die Welt, nicht die Familie. Frau und Kindern nah zu sein, fiel ihm schwer. In glücklichen Momenten gelang es. Und ganz am Ende, als er seinen Kindern »Lebewohl« sagte Von Torsten Körner

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s fiel ihm schwer, in seiner Familie zuhause zu sein. Geborgenheit fand dieser Mann oft genug in der Fremde. Die Welt war sein Zuhause, die Politik, die Partei, der Kampf um mehr Gerechtigkeit. Der „Übervater“ der SPD war im Familienkreis sehr oft ein unsichtbarer Vater. Das war ihm bewusst und er litt daran. Wie kein anderer artikulierte er die Gefühle der Massen, er surfte wie ein Rockstar auf den Emotionen des Publikums, dann kam er zu sich selbst und fand Selbstgewissheit, Selbstwertgefühl. Ungleich schwerer fiel es ihm, privat die richtigen Worte und Gesten zu finden. Er war emotional einsilbig, nahezu stumm. Er schrieb viele Briefe an Rut, auch an die Kinder, weil ihm das Papier distanzierte Nähe erlaubte, weil er ohne das fordernde Gegenüber leichter begriff, was er selbst fühlte oder zu geben hatte. Aber er bemühte sich, er nahm sich die kleine Zeit, wenn die große Zeit ihn ließ. Er las den Söhnen Märchen vor, warf an Silvester Böller, mit Lars ging er Angeln. Als er 1948 endgültig nach Deutschland zurückkehrt und seine erste Frau Carlota und ihre Tochter Ninja verlässt, schreibt er anrührende Briefe an das achtjährige Mädchen, um ihr nahe zu sein. Ein Rabenvater ist Brandt für seine vier Kinder Ninja, Peter, Lars und Matthias sicher nicht gewesen, aber ein gehan-

Die Serie Folge 4: Willy Brandt und die Familie

dicapter Vater. Und es war eine andere Zeit. Wie selbstverständlich flog der Regierende Bürgermeister 1961 in die USA, obwohl seiner Frau eine schwere Geburt bevorstand. Rut litt sehr, aber sie trug es.

Er zweifelte: Tauge ich zum Vater?

Im nächsten Heft Folge 5: Willy Brandt und die Künstler

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Tränen füllten seine Augen, wenn die Geschichte sprach.

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Torsten Körner, über Willy Brandt und seine Gefühle

Woher hätte Willy Brandt den Familiensinn nehmen sollen? Aufgewachsen ist er im familiären Chaos: Der Vater ist unbekannt, uneheliche Geburt, die Mutter hat kaum Zeit, der Großvater, der gar nicht der leibliche ist, wird von ihm Papa genannt. Wohin man schaut: Familienfragmente. Geboren wurde Herbert Frahm am 18. Dezember 1913, doch er stirbt bereits am 11. März 1933, denn an diesem Tag legt er seinen alten Namen ab. Der junge Mann auf der Flucht vor den Nazis legt sich einen Tarn- und Kampfnamen zu: Willy Brandt. Passt wie angegossen, der bleibt. Von nun an ist Willy Brandt ein Selbstgeborener und seine Taufpaten sind die Genossen. Oft genug hat Brandt später betont, wie fremd ihm dieser Herbert Frahm, der er einmal war, geworden sei. Hier hat jemand einen Teil von sich abgespalten, weil er seine Kindheit nicht zu Ende leben konnte. Für ihn war und blieb die Familie ein Wagnis. Tauge ich zum Ehemann, zum Vater? Die meisten Männer seiner Generation konnten den eigenen Kindern nur

mühevoll körperliche Zärtlichkeit und emotionale Zuwendung zeigen. Brandt sprach fließend Norwegisch, Englisch und Französisch, aber die intime familiäre Sprache sprach er nicht. Die Frauen an seiner Seite warteten häufig umsonst auf das lösende Wort. Klarheit in Liebesdingen? Konstruktiver Streit? Rut Brandt scherzte einmal verzweifelt, sie werde eines Tages eine Tränengasbombe werfen, um ihrem Mann Gefühle abzuluchsen. Wo andere weinten, versteinerte er. Tränen füllten seine Augen, wenn die Geschichte sprach. Als die Alliierten in der Normandie landeten, als er 1970 im Sonderzug nach Erfurt fuhr, als 1989 die Mauer fiel. Da wagte er Gefühl. In seinem letzten Erinnerungsbuch fehlt die Familie völlig. Warum? Undankbarkeit? Kälte? Kaum! Ein Mann wie Willy Brandt konnte sich nicht in die Familie retten, deshalb musste er in die Geschichte fliehen. Die, die ihm dahin nicht folgen wollten, musste das verletzen. Mit all seinen Selbstzweifeln und beschädigten Gefühlen suchte und fand er Bestimmung und Statur im staatsmännischen Selbstbild, das er im letzten Lebensbuch entwirft. Die Historie nahm ihn bereitwillig auf, hier blieb er kein Flüchtling, hier fand er Geborgenheit und spendete sie anderen, die ihn nur aus der Ferne her kannten. Ein Familienmensch ist Brandt nicht gewesen, aber ohne Familie ist kein Mensch. Und als er in seinem Haus in Unkel starb, fanden sich Worte, Tränen und Gesten, um seinen Kindern „Lebewohl“ zu sagen. n Dr. Torsten Körner ist Autor des Buchs „Die Familie Willy Brandt“. Es erscheint am 26. September im Fischer-Verlag.

Foto: dpa Picture-Alliance / Philipp; Illustration: Hendrik Jonas

In Berlin zu Hause: Der Regierende Bürgermeister Willy Brandt 1965 im Garten der Dienstvilla mit seiner Frau Rut und den gemeinsamen Söhnen (v.l.) Peter (16), Lars (14) und Matthias (4)


Historie 25

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m 23. März 1933 schaffte sich die Demokratie in Deutschland mit 444 gegen 94 Stimmen selbst ab und entschied sich für die braune Diktatur. Das „Ermächtigungsgesetz“ gab der Regierung das Recht, Gesetze zu erlassen, auch verfassungsändernde. Das war das Ende der Demokratie. Nur die SPD stimmte – geschlossen – gegen das Gesetz. 26 SPD-Abgeordnete fehlten. Sie waren in den Tagen vor der Abstimmung zusammengeschlagen worden, waren auf der Flucht ins Exil oder verhaftet. Der schwer verletzte Julius Leber war direkt vor der Krolloper, dem Ausweichquartier des Parlaments nach dem Reichstagsbrand, in Fesseln abgeführt worden. Die 81 Abgeordneten der KPD waren schon in den Wochen zuvor – soweit sie nicht mehr untertauchen konnten – verhaftet worden. Die Nazis hatten ihnen die Schuld am Reichstagsbrand in die Schuhe geschoben. Es gehörte grenzenloser Mut dazu, in dieser aufgeheizten Stimmung für die Demokratie einzutreten. Schon auf dem Weg zum Saal waren die Sozialdemokraten einem Spießrutenlauf durch brüllende SA-Horden ausgesetzt. Im Reichstag selbst wurden sie flankiert von bewaffneten SA- und SS-Männern, was selbstverständlich so illegal war wie die Hakenkreuzfahnen an den Wänden.

Fotos: akg-images, SZ Photo

Otto Wels wuchs über sich hinaus Nach dem im Braunhemd erschienenen Adolf Hitler sprach Otto Wels, der damals 60jährige SPD-Vorsitzende und Fraktionschef der Sozialdemokraten. Diese Rede ist in die Schulbücher eingegangen. Otto Wels, an sich kein großer Redner, wuchs über sich selbst hinaus mit seinem leidenschaftlichen Plädoyer für die Demokratie. Ständig unterbrochen durch die Pöbeleien der Nazis, durch Gelächter und „Heil“-Rufe sagte er bis heute unvergessene Sätze: „Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus. Kein

Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten.“ Und dann der Satz, der auch heute noch Gänsehaut verursacht: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“ Wels hatte mit dieser Rede Hitler so herausgefordert, dass dieser bei seiner Entgegnung nur noch geiferte, mit einer – so der Historiker Peter Steinbach – „geradezu rasenden Polemik“ reagierte.

Auch Theodor Heuss stimmte zu

Seine Rede gegen die Nazis ging in die Geschichte ein: Otto Wels, hier 1930

Todesmutig Vor 70 Jahren Das Ermächtigungsgesetz ebnete der NS-Diktatur den Weg. Allein die SPD stimmte im Reichstag dagegen Von Renate Faerber-Husemann

Der SPD-Vorstand im Exil in Prag: Otto Wels (4.v.l.) mit Erich Ollenhauer, Hans Vogel, Friedrich Stampfer, Albert Greczinski und Siegfried Crummenerl (v.l.n.r.)

Hermann Göring verkündete das durch Gewalt, Erpressung und Tricks zustande gekommene Ergebnis. Die NSDAP-Abgeordneten drängten zusammen mit den SA-Leuten nach vorne und sangen das Horst-Wessel-Lied. Die Demokratie war abgeschafft. Jakob Kaiser, christlicher Gewerkschafter und Zentrumsmitglied, der – wie der Liberale Theodor Heuss und viele andere Demokraten – ebenfalls zugestimmt hatte, schrieb später: „Ich hätte in den Boden versinken mögen, denn die Haltung von Wels war politisch und moralisch die einzig mögliche Haltung.“ Mit der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes bekam ein legales Mäntelchen, was seit einer illegalen Verordnung nach dem Reichstagsbrand schon Realität war: Zahlreiche Verfassungsrechte waren nach dem 27. Februar außer Kraft gesetzt worden, die Pressefreiheit, die freie Meinungsäußerung, die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit. Menschen waren willkürlich verhaftet und in geheimen Folterkellern gequält worden. Nur wenige Wochen nach der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes musste Otto Wels ins Exil nach Prag fliehen, wo er die Exil-SPD aufbaute. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht 1938 fand er Asyl in Paris. Die Befreiung vom Naziterror erlebte er nicht mehr. Er starb im September 1939, zwei Wochen nach dem Überfall der Deutschen auf Polen. n Das Ermächtigungsgesetz 1933 Daniela Münkel, Frank-Walter Steinmeier (Hg.), vorwärts|buch 2013, ISBN 978-3-86602-540-0

vorwärts-Impressum Die Zeitung der deutschen Sozialdemokratie gegründet 1876 von W. Hasenclever und W. Liebknecht Herausgeberin: Andrea Nahles Redaktionsadresse: Berliner vorwärts Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 610322, 10925 Berlin; Tel. 030/25594-520, Fax 030/25594-390, E-Mail: redaktion@vorwaerts.de Chefredakteurin: Karin Nink (V.i.S.d.P.) Redaktion: Lars Haferkamp (Textchef); Dagmar Günther (CvD); Hendrik Rauch (Bildred.); Kai Doering (Redaktion), Yvonne Holl (App); Vera Rosigkeit (Online); Dr. Susanne Dohrn, Birgit Güll und Werner Loewe (redaktionelle Mitarbeit); Carl-Friedrich Höck und Marisa Strobel (Volontäre) Fotografie und Titelgestaltung: Dirk Bleicker Layout: Jana Schulze Korrespondenten: Jörg Hafkemeyer (Berlin), Renate Faerber-Husemann (Bonn), Lutz Hermann (Paris) Geschäftsführung: Guido Schmitz Anzeigen: Nicole Stelzner (Leitung strategische Unternehmensentwicklung und Verkauf); Nele Herrmann Valente, Manfred Köhn, Simone Roch, Carlo Schöll, Franck Wichmann und Ralph Zachrau (Verkauf) Gültige Anzeigenpreisliste: Nr. 35 vom 1.1.2012 Verlags-Sonderseiten: verantw. Guido Schmitz Vertrieb: Stefanie Martin, Tel. 030/25594-130, Fax 030/25594-199 Herstellung: metagate Berlin GmbH Druck: Frankenpost Verlag GmbH, Poststraße 9/11, 95028 Hof Abonnement: IPS Datenservice GmbH, Postfach 1331, 53335 M ­ eckenheim; Tel. 02225/7085-366, Fax -399; bei Bestellung Inland: Jahresabopreis 22,– Euro; für Schüler/Studenten 18,– Euro; alle Preise inkl. Versandkosten und 7 Prozent MwSt.; Ausland: Jahresabopreis 22,– Euro zzgl. Versandkosten. Das Abo verlängert sich um ein Jahr, wenn nicht spätestens drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. Für SPD-Mitglieder ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten (bei Änderungen bitte an den SPD-UB wenden). Bankverbindung: SEB Berlin, BLZ 100 101 11, Konto-Nummer 174 813 69 00 Bei Nichterscheinen der Zeitung oder Nichtlieferung ohne Verschulden des Verlages im Falle höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Leistung, Schadensersatz oder Minderung des Bezugspreises. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Zeichnungen wird keine Haftung übernommen.


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kreuzworträtsel Die Fragen und das Kreuzworträtsel darunter ergeben die Lösung. Die Frauenrechtlerin, Lehrerin, Übersetzerin und maßgebliche Initiatorin des Internationalen Frauentags gehört zum Urgestein des Sozialismus. Ihr bewegtes Leben führte sie quer durch ganz Europa. Ihr zweiter, eher unbekannter Vorname? 1

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Das Land, in dem sie zur Welt kam, gehört zu den ältesten Regionen des Kontinents. Heute findet man den Namen des Landes in drei Bundesländern und in anderer Schreibweise sogar jenseits des Ärmelkanals und des Atlantischen Ozeans. 1

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Es gibt zwei Wege, das Preisrätsel zu lösen: Ratefüchse beantworten zuerst die beiden Fragen. Der fünfte, siebte und achte Buchstabe des ersten Lösungswortes sowie der zweite Buchstabe des zweiten Lösungswortes ergeben in der richtigen Reihenfolge die Lösung. Es geht aber auch einfacher: Die grauen Felder im Kreuzwort­ rätsel e ­ rgeben in der r­ ichtigen Reihenfolge das Lösungswort. Gesucht wird der Vorname einer Künstlerin, die 1976 eine aufsehenerregende Brecht-Inszenierung auf die Bühne brachte.

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Wer war’s?

Feministin war sie nicht, aber ihr Erfolg hat anderen Frauen in Deutschland den Weg nach oben geebnet

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Spazierfahrt im Jahr 1998: Die Gesuchte mochte sportliche Autos und schicke Kleider. „Sie hätte auch eine Filmdiva sein können“, befand Alfred Biolek.

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Von Lothar Pollähne 9

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WAAGERECHT 1 Karpfenfisch 8 moderne Tonkunst 11 im Einklang (Musik) 14 eine der Kleinen Sundainseln 15 Fehlbetrag, Verlust 16 ugs. abwertend: altes Auto 18 Ausruf des Staunens 19 Zupfinstrument, Lyra 21 enthaltsame Lebensweise 24 Einsteller, Steuergerät

26 größeres, eimerähnliches Gefäß 28 Gesandter des Papstes 29 bestimmter Artikel 30 politischer Zusammenschluss 33 Bilderrätsel 36 englischer Hochadliger 37 Urlaubsreisender 39 ausbessern, instand setzen 40 Denksportaufgabe

SENKRECHT 1 Stoffrand, -besatz

20 Ankerplatz

2 poetisch: Wäldchen

22 Bewohner einer griechischen Insel

3 Heldengedicht

23 Zustand; Stellung

4 elektrisch geladenes 25 Segelflugzeug Teilchen 26 rundlicher Berggipfel 5 sehr bedeutend 27 achten, anerkennen 6 großes Blechblas31 Zeitalter instrument 32 anhänglich, loyal 7 helles Bier (Kzw.) 33 germanisches 9 Teil der Geige Schriftzeichen 10 hoher Tragekorb 12 Bildungsstand 13 vortrefflich, ausgezeichnet (franz.) 17 Nussstrauch

34 Verwundung durch ein Tier 35 Kunstrichtung 38 Wind am Gardasee

Die richtige Lösung schicken Sie bitte bis zum 8. März 2013 per Post an vorwärts, Postfach 610322, 10925 Berlin oder per E-Mail an raetsel@vorwaerts.de. Bitte Absender nicht vergessen und ausreichend frankieren! Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir zehn Bücher.

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ls sie am 13. Dezember 1972 das Wort ergreift, ist sie dort gelandet, wo man „Frauen wie Stecknadeln im Heuhaufen“ suchen muss: an der Macht. Den Alterspräsidenten bescheidet sie kurz und unmissverständlich: „Da ich eine Frau bin, möchte ich gerne als Frau Präsidentin angeredet werden“. Eine Feministin ist sie nicht, aber für die Frauen in der Bundesrepublik Deutschland erbringt sie mit ihrer Klarheit unschätzbare Dienste. Hier weiß sie sich in guter sozialdemokratischer Tradition: Ihre Großmutter war eine der ersten Frauen, die Mitglied der Partei wurden. Ihr Vater Fritz Wildung, Stadtrat in Leipzig, wo sie 1919 geboren wird, war der führende Sportpolitiker der SPD. Von daher rührt ihre lebenslange Sympathie für den Sport. Bereits im Alter von zehn Jahren will sie „Parteisekretärin“ werden. Der Wunsch geht am 1. Oktober 1945 in Erfüllung. „Ich bin ein Stück Sozialdemokratie,“ sagt sie über sich selbst. Das stimmt: Sie hat ein wichtiges Kapitel der Nachkriegsgeschichte der SPD mitgeschrieben. 1953 zieht sie in den Bundestag ein, dem sie ohne Unterbrechung bis 1990 angehört. Sie gilt als begnadete „Strippenzieherin“ und wird als Skatspielerin gefürchtet und geachtet. Ihre Ansagen gelten nicht nur beim Kartenspiel. Den Parlamentsneuling Gerhard Schröder weist sie 1980 auf die fehlende Krawatte hin und der nachmalige Kanzler „gehorcht“. Sie legt so viel Wert auf ihr Äußeres, dass Talkmaster Alfred Biolek befindet: „Sie hätte auch eine Filmdiva sein können“. Kurz vor ihrem Tod erklärt sie: „Das Leben hat mir viel gegeben. Ich habe es immer genossen.“ n Unter allen Einsendern verlosen wir eine vorwärts-Tasche. Bitte schicken Sie das Lösungswort mit dem Stichwort „Wer war’s“ bis zum 8. März 2013 per Post oder per E-Mail an: redaktion@vorwaerts.de

Historisches Bilder-Rätsel Die Lösung des Bilder-Rätsels aus der vergangenen Ausgabe lautet: carlo schmid Die vorwärts-Tasche hat gewonnen: Werner Heiligermann, 31515 Wunstorf

Gewinner

Die Lösung des jüngsten Preisrätsels lautete: Nena Gesucht wurden außerdem: HENNING und HAMBURG Jeweils ein Buch gewannen: Karin Mahl, Hamburg Frieda Siemon, Büdingen Udo Waschelitz, Halle Helmut Prossner, Ottersberg Maria Schubert, Gößnitz Sabine Schmeer, Mittenwalde Dieter Amme, Cottbus Guntram Schrempp, Korntal-Münchingen Sabine Otten, Köln Karlheinz Straub, Frankfurt am Main

Foto: dpa Picture-Alliance / Michael Jung

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Das Allerletzte 27

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Vom Glück und Elend, Mieter zu sein Wohnen im Ruhrgebiet Ob nebenan Nachwuchsrocker spielen, unten Einkaufsbummler lärmen oder innen Schimmelpilze wachsen: Ein Mieter kann was erleben. Doch am Ende – liebe Vermieter, verlassen Sie sich darauf – am Ende siegt die Gerechtigkeit Von Martin Kaysh

Illustration: christina Bretschneider

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er wohnt, hat was zu erzählen. Meine erste eigene Bude war ein Glücksgriff, für Ruhesuchende ungeeignet. Im Jugendzentrum nebenan, knapp zehn Meter entfernt, spielten hin und wieder die Toten Hosen oder irgendwelche Nachwuchsrocker. Aber da war ich meistens dabei und hätte notfalls nach Hause kriechen können. Wenn in der Wohnung mal was war, schickte die gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft noch am selben Tag einen Handwerker. Zwei Jahre wohnte ich danach in einem Josef-Beuys-Kunstwerk. Eine riesige Atomkraft-nein-danke-Sonne zierte die Außenwand, samt des Slogans: „Grün wählen – ja bitte“. Das hielt die Stadt für verbotene Werbung, Beuys si-

gnierte die Sonne und machte die Fassade so zum Kunstwerk. Leider nur die Fassade. Drinnen hätte man Elendsreportagen drehen können. Das Haus gehörte einem Bauunternehmer, der sich bei den Grünen engagierte. Die nächste Wohnung lag in der Fußgängerzone, gehörte einer Trading Company aus Ägypten. Dem Verwalter waren die Wohnungen egal, das Geld brachten die Geschäfte im Erdgeschoss. Egal war es ihm aber auch, wenn in den oberen Etagen die Heizung ausfiel. Die Wohnung danach hatte ein Spielhöllen-Betreiber bei einer Zwangsversteigerung erworben. Er versuchte vergeblich, uns mit gefälschten Schreiben aus dem Haus zu werfen. Als die marode Fassade zu Schimmelbildung im Schlafzim-

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Mein Haus ­gehörte einem Bauunternehmer, der sich bei den Grünen ­engagierte. Drinnen hätte man Elends­ reportagen ­drehen ­können.

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mer führte, kam ein polnischer Schwarzarbeiter vorbei und setzte von innen eine Gasbetonwand vor die Mauer. Mein Auszug wurde teuer. Wegen eines Formfehlers musste ich noch neun Monate Miete bezahlen. Später landete der Vermieter im Knast. Koks, Nutten, Steuerhinterziehung. Gerechtigkeit auf Umwegen. Ich höre schon auf. Hier im Ruhrgebiet gibt es genug bezahlbaren Wohnraum, weil es zu wenig bezahlte Arbeit gibt. Hier genießt der Mieter auf dem freien Markt einen traurigen Vorteil. Nur noch das: Für normale Mieter galten bis Anfang des Jahrtausends Kündigungsfristen von bis zu zwölf Monaten. Geistliche, Soldaten und Beamte durften bei Versetzungen schneller kündigen. Was stark nach Kaiserreich klingt, wurde von der SPDJustizministerin Hertha Däubler-Gmelin geändert. Das brachte ihr Ärger mit den Vermietern ein. Mir hätte allein ihre Reform gereicht, 2002 die SPD zu wählen, selbst wenn sie für mich zu spät kam. Auch andere Menschen wohnen bei Spielhöllenbetreibern. n

Martin Kaysh

Martin Kaysh ist Kabarettist, Alternativ­ karnevalist („Geierabend“) und B ­ logger. Er lebt im Ruhrgebiet, freiwillig.

seit wärts Für eine Handvoll Quadratmeter Grüßt euch!

Heeey! Die Tati is zurück!

Hi!

Und? Wie war der Trip in die große Stadt?

Praktikum war ganz gut, aber versuch dort mal 'ne Wohnung für 'n paar Monate zu bekomm’.

Sie suchen eine Wohnung für wie viel?!!

Hören Sie auf! Köstlich!

von David Füleki Du bist wegen der WG da, Engelchen?

Aber mal im Ernst: Was kann ich für Sie tun?

Also die Schlange für die MitbewohnerBewerbung beginnt hier.

Dein Bewerber-Präsent legst du bitte da drüben ab.

Mann! Klingt echt übel! Und isses dann überhaupt noch was geworden mit der Bleibe?

Ja, ich hab dann noch 'n gemütliches Plätzchen in 'ner WG mit zwei netten Jungs gefunden. Sogar mit Nähe zum Markt.

Ähm …

Ich hoff, es stinkt nich allzu sehr nach Fischabfällen?

Äh? Präsent?

Ah, wenn das so ist, würde ich dich schon mal Richtung Ausgang verweisen.

Nee nee, geht schon.


Deutsche LebensmitteLversorgung Angetrieben mit norwegischem Gas

Nahrung ist die Grundlage allen Lebens. Und um unseren Planeten zu ernähren, brauchen wir die Landwirtschaft. Als einer der weltweit größten Erdgasversorger bieten wir Deutschland zuverlässige, kostengünstige Energie mit geringstmöglichen Umweltauswirkungen. So können sich die deutschen Landwirte darauf konzentrieren, frische, schmackhafte und gesunde Nahrungsmittel zu produzieren. Noch mehr Futter fürs Gehirn finden Sie unter goodideas.statoil.com


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