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Abgelehnt

Mitte der achtziger Jahre erlebten wir eine ganz neue Problematik, die einige meiner ärztlichen Luftretter mit mir teilten. An einem meiner Diensttage in der Arztfunktion bei der Rega wurden wir zu einem Bergunfall im Sustengebiet gerufen. Mit Unterstützung des SAC konnte der schwerverletzte Bergsteiger ausgeflogen werden, und wir wollten ihn nach der Erstversorgung vor Ort unter manueller Beatmung ins Inselspital transportieren. Wie üblich gaben wir per Funk die Anmeldung an die Einsatzleitung weiter, welche das Zielspital informierte. Kurz vor Bern wurden wir darüber informiert, dass wir unseren Patienten nicht ins Inselspital bringen konnten, da dort keine Kapazitäten vorhanden waren. Wir sollten auf weitere Anweisungen warten. So drehten wir Kurve um Kurve, ohne zu wissen, wo wir unser schwerverletztes Opfer schlussendlich übergeben sollten. Es kamen das Lausanner Chuv (Centre hospitalier universitaire vaudois), das Kantonsspital Aarau oder die Universitätsspitäler Basel und Zürich in Frage. Minute um Minute verging, bis wir die Zusage erhielten, den Patienten nach Aarau zu fliegen. Man würde uns dort erwarten. Schlussendlich mussten wir unseren Verletzten mit beinahe einer Stunde Verspätung in besorgniserregendem Zustand den Ärzten in Aarau übergeben. Für mich als «Nicht-Arzt» war es eine besondere Belastung, mit dem Gedanken umzugehen, den Patienten nicht rechtzeitig in ein Spital bringen zu können. Ähnliche Flüge erlebten auch andere Basisärzte bei uns im Berner Oberland und einer unserer Anästhesieärzte, der in einem Jobsharing bei uns und der Rega arbeitete. Es ergab sich, dass diese Situation im Gespräch mit unserem Chefarzt und Nationalrat Dr. Paul Günter thematisiert wurde. Er versicherte uns, der Sache politisch auf den Grund zu gehen. Durch eine politisch indizierte Untersuchung wurden die Abläufe im Inselspital genauer angeschaut und ergründet, wie solche Abweisungen entstehen konnten. Es stellte sich heraus, dass die Entscheidung an unterster Stelle gefällt worden war und darauf beruhte, dass keine Intensivbetten zur Verfügung gestanden hatten. Dies wiederum wurde mit den damals beginnenden Lebertransplantationen begründet, weil eine solche Operation bis zu vier Intensivbetten benötigte. Es wären also für die Erstversorgung genügend Kapazitäten vorhanden gewesen, ein Intensivpflegebett hatte aber nicht gewährleistet werden können. Vieles wurde danach neu organisiert und es ergab sich die Weisung, dass das Inselspital alle Patienten für die Erstversorgung aufnehmen musste, mit der Option, sie allen-

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