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DER VERRÄTERISCHE RÜLPSER

Schwankend und angeblich ohne Erinnerung, der Kopf blutverschmiert. So fand seine Haushälterin den pensionierten Spenglermeister. Sie meldete ihn als Notfall an – «zum Nähen».

Was es denn zu nähen gebe, wollte Lisa wissen. – Eine Schramme am Kopf. – Und Alkohol? – Das glaube sie nicht, seit bald 20 Jahren nicht mehr.

Auch nach langem Warten traf niemand ein. Wir hakten telefonisch nach. Er weigere sich

Also machen wir uns reisefertig. Lisa packte ein, was uns für eine Wundnaht in der guten Stube dienlich sein würde. Lehrtochter Monika hütete die Praxis.

Es sollte zu keiner Wundnaht kommen. Die Blutspuren und die Auskunft der Betreuerin legten nahe, der Pechvogel habe sich an der scharfen Kante des Wohnzimmerbuffets eine beinah 20 Zentimeter lange, klaffende Wunde in der Kopfhaut zugefügt.

Arbeit für den Spitalchirurgen, entschied ich. Zudem musste die Wundversorgung unter sterileren Bedingungen stattfinden. Was mich störte: das distanzlose Verhalten des Verletzten. Aber eine Alkoholfahne war nicht zu erschnuppern. Hatte der Spengler eine Streifung gehabt? War er deshalb gefallen? Hatte er beim Sturz eine Gehirnerschütterung erlitten oder gar eine Hirnblutung? Oder wars eben doch nur der hochprozentige Geist aus einer gut versteckten Flasche, mit schlechtem Gewissen und in grossen Schlucken hinuntergespült?

Als der Mann «Ambulanz» hörte, begehrte er gewaltig auf. Nicht mit 77 Rossen bringe man ihn in diesen donners Strassenheuler.

Ärgerlich machte ich den Anruf rückgängig. Wir legten dem Widerspenstigen einen Kopfverband an.

«Aber jetzt Marsch! Steigen Sie sofort bei uns ein!»

Wir setzten ihn neben mich. Lisa sass hinter ihm, um notfalls zu verhindern, dass er während der Fahrt zur Seite kippte.

Wir waren noch keine 100 Meter unterwegs, da entfuhr ihm ein gewaltiger schnapsiger Rülpser.

Erfreut über diese Unanständigkeit gab ich Gas.

Zumindest in der Sparte «Vertrauen» wird die Haushälterin umlernen müssen.

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