Postkartengrüsse seit 125 Jahren aus der Gemeinde Sigriswil.
Gregor Muntwiler
Monika von Gunten
Andreas Amstuz
Werner Stauffer
Kurt von Gunten
Anton Haldemann
Vincenz Oppliger
Mit lieben Grüssen …
Postkartengrüsse seit 125 Jahren aus der Gemeinde Sigriswil.
Alle Angaben in diesem Buch wurden von den Autoren nach bestem Wissen und Gewissen erstellt und von ihnen und vom Verlag mit Sorgfalt geprüft. Inhaltliche Fehler sind dennoch nicht auszuschliessen. Daher erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder Autoren noch Verlag übernehmen Verantwortung für etwaige Unstimmigkeiten.
Alle Rechte vorbehalten, einschliesslich derjenigen des auszugsweisen Abdrucks und der elektronischen Wiedergabe.
© 2024 Weber Verlag AG, CH-3645 Thun/Gwatt
1. Auflage
Idee und Konzept: Gregor Muntwiler
Postkarten und Fotos: Monika von Gunten, Anton Haldemann, Gregor Muntwiler, Andreas Amstuz, Werner Stauffer, Vincenz Oppliger, Kurt von Gunten, Christoph Zürcher, Yvonne Binggeli-von Gunten, Daniela Märki, Sammlung der Gemeinde Sigriswil, STI Holding AG, Schweiz. Stiftung ProSilvaHelvetica, Archiv Wald Schweiz, Historische Sammlung Krebser
Coverbild: Sammlung der Gemeinde Sigriswil Texte und Lektorat: Vincenz Oppliger
Jot GmbH
Konzept, Gestaltung Satz und Inhalt: Jörg Amstutz
Bildbearbeitung: Jörg Amstutz
Der Weber Verlag wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2021–2025 unterstützt.
ISBN 978-3-03818-600-7 www.weberverlag.ch
Postkartengrüsse seit 125 Jahren aus der Gemeinde Sigriswil.
Gregor Muntwiler
Monika von Gunten
Andreas Amstuz
Werner Stauffer
Kurt von Gunten
Anton Haldemann
Vincenz Oppliger
Mit lieben Grüssen …
Postkartengrüsse seit 125 Jahren aus der Gemeinde Sigriswil.
Zu diesem Buch
Im Frühling 2021 stellte Gregor Muntwiler im «Paradiesli» in Felden seine Postkartensammlung aus. Durch Besucher wurde er darauf aufmerksam gemacht, dass es in der Gemeinde Sigriswil noch weitere Postkartensammler gebe und auch die Gemeinde über eine Sammlung verfüge.
So kam die Idee auf, daraus ein Buch mit alten Postkarten aus den elf Ortschaften der Gemeinde zu schaffen. In mehreren Sitzungen wurden die Ansichtskarten durch die Sammler und die Sammlerin gesichtet und zusammengestellt. Dabei wurde sofort klar, dass von den touristisch erschlossenen Ortschaften natürlich mehr Postkarten vorhanden sind als von Meiersmaad und Reust. Um diesen Mangel etwas auszugleichen, wurde die Zusammenstellung mit Fotos und Ansichten vom Sigriswilergrat und aus dem Justistal ergänzt.
Sicher gäbe es noch viele Postkarten aus anderen Sammlungsbeständen. Dieses Buch soll auch anregen, dem «kollektiven Gedächtnis» etwas nachzuhelfen.
Mit dem Entscheid, die Postkarten nach Möglichkeit als Weg durch die Dörfer darzustellen, wird die Orientierung über den Standort der Aufnahmen erleichtert.
Zur Gemeinde Sigriswil
• Sigriswil ist eine der grössten Gemeinden im Kanton Bern.
• Sie ist grösser als der kleinste Kanton der Schweiz (Basel Stadt).
• Sie weist 55km2 auf, wovon 45% Waldfläche, 41% landwirtschaftliche Nutzfläche, 10% unproduktive Flächen und nur 4% der Siedlungsfläche zugeordnet werden kann.
• Ende 2022 zählte Sigriswil 4854 Einwohner.
• Zur Zeit der Postkartenidylle 1880 waren es 2973.
Die 11 Dörfer auf dem Gemeindegebiet bilden seit 1347 zusammen die Gemeinde Sigriswil mit dem Hauptort Sigriswil. Sie erstreckt sich vom Thunerseeufer (558m ü.M.), an dem Merligen und Gunten liegen, über die erste Terrasse mit Aeschlen, Sigriswil , Endorf und Wiler hinauf nach Ringoldswil , Tschingel und Schwanden und dann, schon hinter der Wasserscheide, nach Meiersmaad und Reust .
Der höchste Punkt der Gemeinde befindet sich auf dem Beatenberggrat auf 2063m ü.M. (Burgfeldstand). Das bekannte Justistal (Chästeilet) gehört auch zur Gemeinde Sigriswil.
Obwohl die Unterschiede zwischen den Seeorten und den schon oberemmentalisch geprägten Orten hinter der Wasserscheide sehr gross sind und offensichtlich in Baustil und Dialekt zutage treten, konnten sich die Einwohner immer wieder zusammenfinden und sich als «Sigriswiler» fühlen.
Ausführliche Informationen zur Geschichte der Gemeinde und zu den einzelnen Ortschaften findet man im Buch «Sigriswil» von Samuel Krähenbühl, das zum 675 Jahr-Jubiläum des «Freiheitsbriefs» im Weber-Verlag erschienen ist.
Zur Entstehungsgeschichte der Postkarten
Das Gedicht von Albrecht von Haller «Die Alpen», das er 1729 veröffentlichte, machte auf die Gebirgswelt aufmerksam und animierte die gehobene Gesellschaft Reisen dahin zu unternehmen. Sie schwärmten von der guten Luft, den einfachen Leuten, dem Alpenleben und den traulichen Dörfern.
Sogar Johann Wolfgang von Goethe durchreiste drei Mal die Schweiz, kam durch unsere Gegend und kehrte auf seiner zweiten Reise mit Herzog Carl August von Sachsen-Weimar, gemäss mündlicher Überlieferung, im September 1779 im Gasthaus «Bären», dem heutigen Beatus, in Merligen ein.
Damals gab es nur wenige Möglichkeiten sich längere Zeit an einem Ort aufzuhalten. Einige Wirtschaften boten ein paar Betten an und auch in den Pfarrhäusern konnte übernachtet werden.
Die Vorläufer der Postkarten
Als Souvenirs erwarben die Reisenden Ansichten der Gebirgswelt, vom Thunersee und von ländlichen Szenen. Diese Veduten wurden in grösserer Anzahl in Werkstätten zum Beispiel in Oberhofen (Stähli) und Thun (Hänni) angefertigt. Sogar der junge Ferdinand Hodler arbeitete während drei Jahren in der Vedutenmalerei Sommer.
In Gunten fertigte die Familie Grossen Veduten nach Wunsch der Besteller an. Sie verfügten über ein Musterarchiv der beliebtesten Ansichten der Schweiz.
Gebirgsmaler stellten die furchterregenden Gletscher und Felswände dar und liessen diese dann als Kupferstiche drucken und kolorieren. Diese Blätter wurden in den Hauptstädten Europas angeboten und reizten damit die Bessergestellten zu einer Reise ins Oberland.
Vorerst war eine solche Reise noch beschwerlich. Die Wege waren schlecht, Kutschen gab es kaum und wo sich die Gelegenheit bot, wich man auf den Seetransport aus.
Das Ganze änderte sich, als 1859 die Eisenbahn Thun erreichte. Dort hatte sich an der Hofstettenstrasse schon ein kleines Tourismuszentrum gebildet. Zum Hotel Bellevue kauften die Besitzer, die Gebrüder Knechtenhofer, ein Dampfschiff, das ab 1835 schon den See durchfurchte.
Vor allem aus den Seeorten Merligen und Gunten kamen die treibenden Kräfte, die den Tourismusstrom auch in unsere Gegend lenken wollten. Die bäuerliche Bevölkerung weiter oben stand dem
eher skeptisch gegenüber. Aber schliesslich überzeugte der zu erwartende Verdienst auch sie und ein ambitiöses Strassenbauprojekt wurde ausgearbeitet und ausgeführt:
Zwischen 1873 und 1884 wurden die Strassen von Gunten nach Sigriswil und Merligen mit der Fortsetzung nach Unterseen und die Strasse von Längenschachen nach Aeschlen erstellt.
Die neuen Verkehrsmittel und Unterkünfte in den in rascher Folge erbauten Hotels und Pensionen erlaubte einem breiteren Publikum das Reisen.
Fotografie als Ausgangspunkt der Postkarten
Erinnerungen in Form von Fotografien mitzunehmen, wurde ab der Erfindung der Daguerrotypie um 1839 möglich und bald widmeten sich Fotografen auch der Herstellung und dem Vertrieb von Postkarten. Bis 1900 mussten diese auf der Rückseite Adresszeilen aufgedruckt haben, so dass der Platz für Mitteilungen und Grüsse oft knapp wurde und daher auch die Vorderseite an den Rändern der Fotografien benutzt wurde. 1905 führte die Oberpostdirektion die heutige Darstellung mit der rückseitigen Halbierung der Karte für Adresse und Platz für Grüsse ein.
Anhand der Postkarten machen wir nun einen Spaziergang durch die Ortschaften. Wir beginnen am See, mit Merligen und Gunten und steigen dann allmählich durch die Gemeinde nach oben.
Louis Ritschard «Hilterfingen»
Aus der Mustersammlung Grossen
Merligen
Ursprünglich ein Rebbauerndorf mit Landwirtschaft (auf der anderen Seeseite) und Kleingewerbe (Mühlen, Säge, Kalkofen, Steinbearbeitung, Schifferei, Fischerei) wurde es mit dem Anschluss ans Strassennetz zum Tourismusort. Dabei half die überwältigende Aussicht auf die Niesen-Pyramide und die liebliche, windgeschützte und milde Lage mit einer Vegetation wie sie sonst nur auf der Alpensüdseite vorkommt (Palmen, Feigen, Oleander, Kamelien usw.). Bald entstanden denn auch Pensionen, Hotelbauten und Ferienwohnungen.
Mit dem Spaziergang durch das langgestreckte Dorf beginnen wir in der Beatenbucht.
Ausführliche Informationen zur Geschichte findet man im Buch «Merligen» von Vincenz Oppliger, das 2022 im Weber-Verlag erschienen ist.
Foto: Beatusstrasse.
Der Strassenbau am rechten Thunerseeufer erreichte Merligen 1873. Die Strecke bis Neuhaus zu erstellen, war für den Baumeister Johann Frutiger aus Oberhofen und seine Leute eine grosse Herausforderung. 1884 wurde sie fertiggestellt.
STI Tram beim Tunnel hinter dem Nastel.
Die 1913 eröffnete Trambahnlinie der «Rechtsufrigen Thunerseebahn STI, Steffisburg-Thun-Interlaken» bewältigte die Bergstrecke bis 1939. Von da an fuhr ein Bus. Nach 1914, Ansichtskartenverlag AG Bern.
Beatusstrasse. Mit Tram. Aufnahme nach 1914.
Beatenbucht. Schiffabfahrt Richtung Interlaken. Beatenbucht als Ausgangspunkt für die 1898 erstellte Beatenbergbahn war anfänglich nur mit dem Schiff erreichbar. Dampfschiff «Helvetia». Gelaufen 1906.
Beatenbucht. Die Reklame trieb oft seltsame Blüten: Die Postkarte mit dem Dampfschiff in der Beatenbucht zeigt im Hintergrund Berge, die von diesem Standpunkt aus gar nicht sichtbar sind. Aufnahme vor 1913 (noch keine Tramtrasse).
Beatenbucht. Eine neuere Postkarte vom gleichen Standpunkt aus zeigt den Hintergrund wie er wirklich ist, nämlich das Morgenberghorn anstelle von Eiger, Mönch und Jungfrau. Aufnahme nach 1952, gelaufen am 9.9.1954.
Beatenbucht. Der Verkehrsknotenpunkt Beatenbucht mit Tram, Bus, Beatenbergbahn und Schiff. Aufnahme zwischen 1939 und 1952. Photoglob-Wehrli AG, Zürich.
Beatenbucht. Die gleiche Ansicht nach der Umstellung auf Trolleybus, Postwagen als Anhänger. Der Trolleybus hatte auch einen Anhänger für Personen. Es hatte einen Kondukteur und es durfte geraucht werden. Aufnahme nach 1952 mit Trolleybus. Photoglob-Wehrli AG, Zürich.
Beatenbucht. Um die Wartezeiten beim Umsteigen auf die verschiedenen Transportmittel zu überbrücken, konnte man sich im «Buffet» stärken. Gelaufen 1946.
Beatenbergbahn. Die 1889 eröffnete Drahtseilbahn funktionierte anfänglich noch mit einem Wassertank als Gegengewicht. Hier die Ausfahrt aus der Station Beatenbucht. Gelaufen 1947.
Beatenbergbahn. Auf der Strecke. Die aus der Anfangszeit stammenden Wagenkästen wurden 1953 durch solche aus Aluminium ersetzt.
Beatenbucht. Mit solchen Lastkähnen, «Bock» genannt, erfolgten Transporte auf dem Seeweg. Hier war es ein Militärpferde-Transport. Aufnahme nach 1889. Gelaufen 1905.
Beatenbucht. In der Regel wurden die Weidschiffe, die man für Seetransporte verwendete, mit Rudern vorwärtsbewegt. Bei günstigem Wind konnte ein Segel gesetzt werden. Aufnahme nach 1889. Gelaufen 1905.
Merligen Ortsteil Säge. Gemäss Projektplan von 1862 für die Strasse von Gunten nach Merligen stand hier eine Sägerei, die der Strasse im Weg war und abgebrochen wurde. Es ist naheliegend, dass die «Weichelgasse» einem alten Bachlauf entsprechen könnte.
Ortsteil Säge beim Kalkofen. Der Trolleybus ist auf der Fahrt nach Beatenbucht. Aufnahme nach 1960. Photo Arthur Bauer, Oberhofen.
Foto: Fischbalmen. Die Ausbeutung des Kalksteins in der «Fischbalmen» und die Verarbeitung zu gebranntem Kalk war eine wichtige Einnahmequelle bevor die Zementproduktion dieses Bindemittel ablöste.
Pension Choisy. Mit dem zunehmenden Tourismus Ende des 19. Jahrhunderts wurden Hotels aber auch Pensionen eröffnet. Hier die Pension «Choisy» im «Mätteli».
Pension Du Lac von der Strassenseite. In solchen Pensionen verbrachten Leute aus der Stadt den Sommer. Gelaufen 31.8.1933.
Pension Du Lac vom See her. Gelaufen 10.3.1931.
Merligen