Wege und Geschichte Les chemins et l’histoire Strade e storia
Das IVS: Vorwärts ins dritte Jahrzehnt
L’IVS : vers la troisième décennie
L’IVS: avanti nel terzo decennio
TITELBILD
Die Chlusenstrasse ist im IVS ein Objekt von nationaler Bedeutung (BE 19.3.1). Sie ist das «Eingangstor» zum Gasterntal. Die 2,5–3 Meter breite Fahrstrasse ist mit ihren Stützmauern mit aufgesetzten Brüstungen, den gut erhaltenen Randsteinen, zwei Bogenbrücken, zwei Tunnels und einer Halbgalerie eine bautechnische Meisterleistung. Die in den Fels gehauene Anlage bietet ein spektakuläres Fahrerlebnis, das an die ersten Postkutschenstrassen erinnert. Die Chlusenstrasse ist im Privatbesitz der Bäuert Gastern. In den letzten zehn Jahren wurde die Strasse drei Mal durch Felssturz in Mitleidenschaft gezogen. Dank dem umsichtigen Umgang der Bäuert und der finanziellen Unterstützung, u. a. durch das Bundesamt für Strassen ASTRA, konnte dieses eindrückliche Strassendenkmal stets wieder fachgerecht in Stand gesetzt werden. Ab der Ausgabe 01/2024 werden wir in unserer Zeitschrift nebst dem jeweiligen Schwerpunktthema eine neue Rubrik einführen, die ein aktuelles, fachgerecht ausgeführtes IVSSanierungsprojekt wie die Chlusenstrasse vorstellt. Foto: Guy Schneider, 2023.
Zitat auf der Rückseite
Das Zitat stammt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts von Michael Beheim und beschreibt seine Ankunft in Norwegen. Der deutsche Schriftsteller und Liedermacher unternahm weite Reisen und verbreitete seine
IMPRESSUM
Wege und Geschichte
Zeitschrift von ViaStoria – Stiftung für Verkehrsgeschichte
Les chemins et l’histoire
Publication de ViaStoria – Fondation pour l’histoire du trafic
Strade e storia
Rivista di ViaStoria – Fondazione per la storia del traffico
Ausgabe 02/2023 | Dezember 2023
Auflage: 3000
Die nächste Ausgabe von «Wege und Geschichte» erscheint im Juni 2024. Sie ist dem Thema Die Automobilisierung der Schweiz gewidmet.
Musik an vielen europäischen Höfen seiner Zeit. Damals reiste er durch Dänemark nach Norwegen, wo ausgebaute Strassen ausserhalb der Städte selten zu sehen waren – und so muss es ein raues und schwieriges Unterfangen gewesen sein.
Deutsches Originalzitat aus dem Gedicht von Michael Beheim: «Dis ist von meiner mervart, die ich über das wester mer tet», in: Michael Beheim's Buch von den Wienern 1462–1465. Zum ersten Mahle nach der Heidelberger und Wiener Handschrift, herausgegeben von TH. G. von Karajan, Wien 1843, S. xxxviii. Norwegische Übersetzung: Schulerud, Mentz: Kongevei og fantesti, J. W. Cappelens forlag, Oslo 1974, S. 66–67; englische Übersetzung: Nora Sophia Kamphuis Hansen (MitAutorin des Beitrags auf S. 16); französische Übersetzung: Pierre G. Martin; italienische Übersetzung: Giorgio Bellini.
ISSN 1660-1122
Nachdruck nur mit Bewilligung von ViaStoria Herausgeber ViaStoria
Stiftung für Verkehrsgeschichte Redaktion
Isabelle Fehlmann und Andres Betschart Kontakt: redaktion@viastoria.ch Verlag
Weber Verlag AG Gwattstrasse 144 CH3645 Thun/Gwatt Übersetzungen
Unter dem Titel Das IVS: Vorwärts ins dritte Jahrzehnt vermittelt die aktuelle Ausgabe von Wege und Geschichte zwei äusserst erfreuliche Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Inventar historischer Verkehrswege der Schweiz IVS: Einerseits laufen beim Bundesamt für Strassen ASTRA die intensiven Vorbereitungen für eine dringlich notwendige Nachführung sowie eine technische und inhaltliche Überarbeitung des IVS, dessen früheste Aufnahmen mittlerweile schon über vierzigjährig sind. Und andererseits vermitteln die verschiedenen internationalen Beiträge faszinierende Einblicke in die Forschung und digitale Erfassung von historischen Verkehrswegen in Europa. Dass unsere Arbeiten am IVS auch zur internationalen Forschung und den laufenden Initiativen im Zusammenhang mit historischen Verkehrswegen einen kleinen Beitrag haben leisten können, freut uns besonders.
Chère lectrice, cher lecteur
Sous le titre L'IVS : en avant vers la troisième décennie, la présente édition de Les chemins et l’histoire présente deux développements extrêmement réjouissants en rapport avec l'Inventaire des voies de communication historiques de la Suisse IVS : d'une part, l'Office fédéral des routes OFROU procède à d'intenses préparatifs en vue d'une mise à jour de l'IVS, qui s'avère d'une nécessité urgente, les premiers relevés ayant déjà plus de quarante ans ; cela implique une révision sur le plan technique et sur celui du contenu. D'autre part, les différentes contributions internationales donnent un aperçu fascinant de la conservation, de la recherche et de la saisie numérique des voies de communication historiques en Europe. Nous sommes particulièrement heureux que nos travaux sur l'IVS aient pu apporter une petite contribution à la recherche internationale et aux initiatives en cours en rapport avec les voies de communication historiques.
Care lettrici, cari lettori, con il titolo L'IVS: avanti nel terzo Millennio, questo numero di Strade & Storia presenta due approfondimenti molto interessanti in relazione all'Inventario delle vie di comunicazione storiche della Svizzera (IVS): da un lato, presso l'Ufficio federale delle strade (USTRA) sono in corso profondi preparativi per un aggiornamento urgente e necessario, nonché per una revisione tecnica e contenutistica dell'IVS, le cui prime catalogazioni risalgono ormai a oltre quarant'anni fa. D'altro canto, i vari contributi internazionali offrono spunti allettanti sulla conservazione, la ricerca e la registrazione digitale delle vie di comunicazione storiche in Europa. Siamo particolarmente lieti che il nostro lavoro sull'IVS sia riuscito a dare un piccolo contributo alla ricerca internazionale e alle iniziative in corso relative a queste tematiche.
Prof. em. Dr. Heinz E. Herzig
Ehemalige Programmleitung IVS und Präsident der Begleitenden Arbeitsgruppe IVS
Ancienne direction de l’IVS et président de la commission de référence de l’IVS
Ex responsabile direzione IVS e presidente del gruppo di lavoro accompagnatorio IVS
INHALT
4 Nachführung des IVSBundesinventars.
Ein Projekt unter Federführung des ASTRA
Erika Flückiger Strebel und Martin Urwyler
10 Wege durch die Zeit – Altwegeinventar Österreich
Ferdinand Lainer
16 Protecting and Managing Historic Roads in Norway
Nora Sophia Kamphuis Hansen, Ann
Kristin Engh and Cathrine Thorstensen
21 Instandstellung historischer Verkehrswege. Rückblick und Ausblick
Cornel Doswald
26 Balade viaire en Romandie. Projets de restauration et statuts de protection des objets IVS
Sandro Benedetti
31
Die Inventare Vorarlbergs – Ausstrahlung des IVS nach Österreich
Anna Maria Drexel und Manfred Kopf
38 Neue Wege zu alten Strassen – Über den Einsatz neuer Technologien in der Altstrassenforschung
Leif Scheuermann
44 Contributions to Cart Rut Research over the Past QuarterCentury
Joel Grima
48
«Die Strasse gleitet fort und fort ...»
Zur Rekonstruktion vormoderner Strassen
Christian Beck
55 Der Förderverein ViaStoria
Vorschau
NACHFÜHRUNG DES IVS-BUNDES INVENTARS
Ein Projekt unter Federführung des ASTRA
Erika Flückiger Strebel und Martin Urwyler
Seit 2022 laufen beim Bundesamt für Strassen ASTRA die Vorbereitungen zur Nachführung des IVS-Bundesinventars. Begleitet von einem breit besetzten Expertengremium soll das Inventar unter Federführung der IVS-Fachstelle des Bundes bis spätestens 2035 inhaltlich, kartografisch und datentechnisch überarbeitet und aktualisiert werden.
Vorgeschichte
1966 schuf die Schweiz mit dem Bundesgesetz über den Natur und Heimatschutz (NHG) die Grundlagen, um wertvolle Landschaften und Kulturgüter zu bewahren, und reagierte damit auf deren zunehmende Bedrohung durch den Wirtschaftsboom der Nachkriegsjahre. In der Folge entstanden auf dieser Basis nach und nach das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN), das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) und das Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (IVS).
1983 begann ein Forschungsteam an der Universität Bern unter der wissenschaftlichen Leitung von Klaus Aerni, Professor für Geografie, und Heinz Herzig, Professor für Alte Geschichte, mit der Erarbeitung der wissenschaftlichen Grundlagen des Inventars der historischen Verkehrswege der Schweiz. Die Arbeiten erfolgten im Auftrag und finanziert von der Eidgenossenschaft. 1999 schuf das Bundesamt für Strassen im Bereich Langsamverkehr eine Fachstelle, um die umfangreichen Inventarisierungsarbeiten zu einem Abschluss zu führen. Zugleich erarbeitete sie die Verordnung über das Bundesinventar der historischen Verkehrswege (VIVS), die Vollzugshilfen zur Gewährung von Finanzhilfen an
1 Stützmauer an der 1870-73 erbauten
Zügenstrasse bei Davos (IVS GR 41.1), ein IVS-Objekt von nationaler Bedeutung.
(Foto: E. Flückiger, 2023)
Sanierungsprojekten von historischen Wegen und Wegelementen sowie weitere Grundlagenpapiere zum IVS in der denkmalpflegerischen Praxis.
Nach Abschluss der Inventarisierung 2003 entschied man sich 2004, die Sachdaten und Weggeometrien des Inventars in ein geografisches Informationssystem (GIS) zu transferieren. Zusammen mit dem Erlass der VIVS am 14. April 2010 durch den Bundesrat erfolgte die Publikation des IVS als ausschliesslich digitales Inventar über die erst kurz vorher geschaffene Publikationsplattform www.map.geo.admin.ch des Bundesamts für Landestopografie (swisstopo). Damit war das IVS einer der Pioniere der digitalen Kartenpublikation und der erste, ausschliesslich in digitaler Form zugängliche Erlass in der Geschichte der Eidgenossenschaft.
Das Bundesinventar als besonders geschützte
Teilmenge des IVS 2003 resultierte aus den aufwändigen wissenschaftlichen Arbeiten ein Inventar, das die historischen Weg und Strassenobjekte der Schweiz aufgrund ihrer historischen Bedeutung und ihrer noch vorhandenen traditionellen Wegsubstanz in schützenswerte Kulturobjekte von nationaler, regionaler oder lokaler Bedeutung einteilt. (Tab. 1)
IVS national mit bauhistorischer Substanz 2960 3720
IVS regional 4210 5460
IVS lokal 11 500 14 310
Tab. 1 Objektbeschriebe und Streckenkilometer des IVS pro Objektkategorie. Zahlenbasis: IVS-GIS-Datensatz auf www.map.geo.admin.ch.
2 Das Nachführungsprojekt des ASTRA beschränkt sich inhaltlich auf das IVS-Bundesinventar, soll aber auch die technischen und methodischen Grundlagen für die Nachführung des übrigen IVS durch die Kantone liefern.
Unabhängig von Objektkategorie und Schutzstatus dokumentieren die inventarisierten Wege als Ganzes das historische Verkehrswegenetz der Schweiz (Abb. 2). Einen besonderen Schutzstatus haben dabei die nationalen Objekte mit traditioneller Bausubstanz, die das IVSBundesinventar bilden. Sie
sind mit der 2010 erlassenen VIVS durch Bundesrecht anerkannt und geschützt.
Warum braucht es eine Inventar-Nachführung?
Die Nachführung des IVS ist sowohl rechtlich wie fachlich begründet. Seit der Publikation 2010 sind sowohl die Streckenverläufe auf der Inventarkarte wie auch die Inhalte der Objektbeschriebe des Inventars unverändert geblieben. Viele Objektbeschriebe stammen noch aus den 1980er und 1990erJahren und sind entsprechend veraltet. Veränderungen an der traditionellen Bausubstanz, die wohl zahlreiche IVSObjekte in den seit der Erstinventarisierung vergangenen Jahrzehnten erfahren haben, sind weder kartiert worden noch in die Beschriebe und die SchutzEinstufung der Objekte eingeflossen. Zudem ist die technische Datengrundlage veraltet, was eine regelmässige Nachführung und Korrektur von fehlerund lückenhaften Streckenverläufen oder Objektbeschrieben bisher verunmöglichte. Gemäss einer Umfrage, die 2019 von der IVSFachstelle des Bundes unter den kantonalen IVSFachstellen und weiteren IVSStakeholdern durchgeführt wurde, besteht aus fachlicher Sicht ein hoher Überarbeitungsbedarf. Rechtlich ist der Nachführungsbedarf in Artikel 5 NHG begründet, wonach Inventare mit Objekten von nationaler Bedeutung regelmässig überprüft und bereinigt werden sollen. Konkretisiert wird dieser Anspruch in Artikel 5.1 der VIVS. Dementsprechend muss innerhalb von 25 Jahren nach Inkraftsetzung der Verordnung, also bis spätestens 2035, eine vollständige Überprüfung und Bereinigung des IVSBundesinventars unter Federführung des ASTRA erfolgen und durch den Bundesrat in Kraft gesetzt werden. Die inhaltliche Nachführung der IVSObjekte von regionaler und lokaler Bedeutung ist dagegen Sache der Kantone. Sie sind jedoch gemäss Artikel 5.3 der VIVS rechtzeitig in die Nachführung des Bundesinventars einzubeziehen. Dies ist allein schon deshalb nötig, weil alle IVSObjekte auf demselben Geodatenmodell und derselben Inventarmethodik basieren.
Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz
Bundesinventar
IVS-Objekte von regionaler Bedeutung
IVS-Objekte von lokaler Bedeutung
Inhatliche Bereinigung durch das ASTRA gemäss VIVS Art. 5
Inhatliche Bereinigung durch Kantone gemäss den Richtlinien des ASTRA (VIVS Art. 11.2)
INSTITUTIONELLER RAHMEN DES IVS
Das IVS steht unter der Aufsicht der IVSFachstelle des Bundes sowie der kantonalen IVSFachstellen. Basierend auf der Verordnung über das Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (VIVS) sorgt die IVSFachstelle des ASTRA primär für den Schutz und die fachgerechte Erhaltung der historischen Verkehrswege von nationaler Bedeutung im Bundesinventar. Zudem unterstützt sie die Kantone fachlich und finanziell beim Schutz und Erhalt der IVSObjekte von regionaler und lokaler Bedeutung, für welche diese zuständig sind. Das digitale Inventar ist für die Aufsichts und Vollzugsaufgaben der IVSFachstelle beim ASTRA und bei den Kantonen von zentraler Bedeutung. Es ist auch eine wichtige Informationsquelle für Gemeinden, für Gesuchstellende von IVSSanierungsprojekten, für andere Inventare und Bundesämter, für eine interessierte Öffentlichkeit und nicht zuletzt für die Wissenschaft.
Chancen und Herausforderungen der IVS-Nachführung
2022 haben bei der IVSFachstelle des Bundes die Vorbereitungen zur Nachführung des IVSBundesinventars begonnen. Zur Planung und Koordination des umfangreichen Projekts hat das ASTRA eine neue Stelle geschaffen und mit der Verkehrshistorikerin und Inventarexpertin Erika Flückiger Strebel besetzt. Sie wird in fachlichmethodischen Fragen unterstützt durch eine Begleitgruppe, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der kantonalen IVSFachstellen, früheren IVSMitarbeitenden, Geodatenspezialisten sowie Vertreterinnen und Vertretern benachbarter Inventare nach NHG wie dem ISOS oder dem Inventar der schützenswerten Bauten der SBB (ISBA), das auf der IVSMethodik aufbaut. Die vorerst eher kleine, beratende Expertengruppe soll während der Konzept und Realisierungsphase des Projekts zu einem ständigen Fachausschuss zur Qualitätssicherung der Nachführungsarbeiten erweitert werden.
Das Hauptziel des Nachführungsprojekts beim ASTRA ist die gesetzlich geforderte Überprüfung des IVSBundesinventars bis spätestens 2035. Dazu müssen identifizierte Schwachstellen am bestehenden Inventar bereinigt, erkannte Lücken geschlossen (Abb. 6) und die Anwendbarkeit des Inventars im Vollzug verbessert werden, um auch weiterhin mithilfe einer systematischen und wissenschaftlichen Erfassung und Bewertung der bauhistorischen Substanz das verkehrs und strassenbauhistorische Kulturerbe der Schweiz zu kennen, zu erhalten, zu pflegen und zu nutzen sowie einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln.
Bei der Nachführung geht es nicht um eine inhaltliche und methodische Neuausrichtung des Inventars. Ziel der Nachführung soll es sein, das Inventar auf der Basis der gültigen IVSMethodik technisch, kartografisch und inhaltlich zu stärken und es für Nutzerinnen und Nutzer zugänglicher und verständlicher zu machen.
Die erste grosse Herausforderung des Projekts ist die schiere Menge an Objekten, die es zu begutachten und zu überarbeiten gibt: Das Bundesinventar umfasst rund 3700 Streckenkilometer sowie 3000 Beschriebe zu Strecken, Linienführungen oder Abschnitten von historischen Verkehrswegen von nationaler Bedeutung mit viel Substanz. Die kartierten Angaben zum Verlauf und zur traditionellen Wegsubstanz dieser Strassen und Wege müssen überprüft und Veränderungen neu kartiert werden. Basierend auf dieser revidierten Kartengrundlage sowie neuer Forschungsergebnisse werden die Objektbeschriebe überarbeitet. Diese sollen klarer strukturiert und damit besser an die Vorgaben von Artikel 5 NHG angepasst werden, der eine deutliche Unterteilung in eine Beschreibung und eine Schutzbegründung eines Inventarobjekts fordert.
Es ist vorgesehen, die inhaltliche Überarbeitung des IVSBundesinventars durch Fachdienstleister in den verschiedenen Sprachregionen unter organisatorischer und methodischer Federführung der IVSFachstelle des Bundes und in Koordination mit den kantonalen IVSFachstellen durchführen zu lassen. Die Überarbeitung soll der bisherigen IVSMethodik folgen und durch die IVSFachstelle des Bundes und das erwähnte Fachexpertengremium sowie durch die jeweils betroffenen Kantone in einem klar definierten Qualitätssicherungsprozess eng begleitet werden. Um die künftigen Bearbeiterinnen und Bearbeiter mit der IVSMethodik und der Datenerfassung im Gelände und am Bildschirm vertraut zu machen, braucht es Schulungen, bei denen auch die Erfahrung und das Wissen der kantonalen IVS
3 Um Veränderungen an Wegoberflächen und -elementen kartieren zu können, müssen die Informationen der IVSGeländekarte vektorisiert und in die Liniengeometrien der Inventarkarte integriert werden.
4 Steinbogenbrücke des Militärwegs aus dem Ersten Weltkrieg am Umbrailpass (IVS GR 2300). Solche Wegelemente von besonders prägendem Charakter sollen künftig in der Inventarkarte besser verortet und dokumentiert werden.
(Foto: E. Flückiger, 2022)
Fachstellen und weiterer IVSFachexperten gefragt sein werden.
Datenerfassung im Gelände und am Bildschirm Um die Veränderungen der Wegverläufe und der Wegsubstanz möglichst effizient erfassen zu können, soll der Einsatz moderner technischer Möglichkeiten geprüft werden, wie die Analyse von Geobasisdaten und Orthofotos am Bildschirm oder der Einsatz von Drohnenkameras im Gelände. Die während der Erstinventarisierung festgestellte traditionelle Wegsubstanz ist heute in der IVSGeländekarte dokumentiert, die bisher im Rasterformat vorliegt und nicht verändert werden kann (Abb. 3). Um Veränderungen an Wegverläufen und Wegsubstanz kartieren zu können, müssen deshalb zuerst die in der Geländekarte verzeichneten Wegelemente, oberflächen und begleiter digital erfasst und in die bereits vektorisierte Inventarkarte integriert werden.
Ein laufendes Pilotprojekt evaluiert momentan verschiedene Varianten der technischen Umsetzung, definiert die Erfassungsrichtlinien und liefert erste Aufwandschätzungen für die schweizweite Vektorisierung der IVSGeländekarte.
Ebenfalls initiiert ist die Entwicklung eines digitalen Erfassungstools unter Federführung der ASTRAInformatikabteilung. Es soll ermöglichen, die während der Geländeanalyse festgestellten Veränderungen der Wegsubstanz vor Ort zu erfassen und die vektorisierten Angaben der Geländekarte entsprechend anzupassen oder zu erweitern. Gleichzeitig sollen mit dem Erfassungstool nicht nur die bisherigen Objektbeschriebe überarbeitet und bereinigt, sondern auch Fotos aus Geländebegehungen georeferenziert im Datensystem abgelegt und damit auf der Inventarkarte klar verortet werden können (Abb. 1, 4 und 5).
Dies dient letztlich der Nutzerfreundlichkeit des digitalen Inventars, weil damit auch ortsunkundige Nutzerinnen und Nutzer die sehenswerten oder charakteristischen Elemente eines historischen Wegs jederzeit auf der Karte finden können. Mit der vektorisierten Darstellung der Wegsubstanz schliesst das Nachführungsprojekt eine zentrale Lücke im aktuellen Inventar und steigert dessen kartografische Qualität. Zugleich wird damit die Basis geschaffen, um spätere Veränderungen an der Wegsubstanz jeweils zeitnah im Datensystem erfassen zu können und so künftige Nachführungen des Inventars mit wesentlich geringerem Aufwand zu ermöglichen.
5 Wegbegleiter, wie diese Wegkapelle am Weg von Someo im Maggiatal zur Alp Alzasca (IVS TI 1060), werden künftig in die Inventarkarte integriert und mit Fotos dokumentiert.
(Foto: E. Flückiger, 2022)
Mögliche inhaltliche Erweiterungen des Inventars Im Rahmen des Nachführungsprojekts wird geprüft, inwieweit das Inventar an die allgemeine Gepflogenheit von Bauinventaren angepasst und der Erfassungszeitraum systematisch auf Strassenobjekte des 20. Jahrhunderts mit einem Mindestalter von 30 Jahren ausgedehnt werden soll. Bislang enthielt das IVS nur wenige Beispiele herausragender Strassenabschnitte oder Kunstbauten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mit dem Nachführungsprojekt bietet sich nun die Chance, Strassenbauten der Nachkriegsjahre und insbesondere Kunstbauten wie Brücken, Tunnelportale und Galerien auf eine allfällige Aufnahme in das Inventar zu prüfen. Die zeitliche Erweiterung ginge mit einer Erweiterung der IVSMethodik einher. Neu können dann neben den bisherigen Linienobjekten (Strecke, Linienführung, Abschnitt) auch einzelne Kunstbauten als Einzelobjekte erfasst und objektspezifisch mit einem Fokus auf Ingenieurbau und Baukultur beschrieben und eingestuft werden. Auch bereits im heutigen IVS vorhandene Brücken und weitere Kunstbauten, die bisher nur als ein Element eines Abschnitts oder einer Linienführung beschrieben wurden, können so als Einzelobjekte hervorgehoben, objektspezifisch beschrieben und miteinander verlinkt werden.
Mit der objektspezifischen Erfassung, Beschreibung und Würdigung solcher für den Ingenieurbau, die Strassenbaukunst und die Baukultur des 20. Jahrhunderts herausragender Bauten entspricht die IVSNachführung der interdepartementalen Strategie zur Förderung der Baukultur, die 2020 vom Bundesrat verabschiedet wurde. In welcher Form und in welchem Umfang eine solche Erweiterung erfolgen soll, wird in den kommenden Monaten während der Konzeptphase des Projekts evaluiert.
Zusammenarbeit mit den Kantonen
Der gesetzliche Grundauftrag zur Inventarüberprüfung und bereinigung beschränkt sich auf das IVSBundesinventar. Die Nachführung des Bundesinventars lässt sich jedoch nicht völlig losgelöst vom Gesamtinventar, also ohne Einbezug der IVSObjekte von regionaler und lokaler Bedeutung und damit ohne Mitwirkung der Kantone abwickeln. Der Einbezug der Kantone ist bereits bei der Anpassung des minimalen Geodatenmodells erforderlich. Diese wird der Vektorisierung der Geländekarte und der Ergänzung der bestehenden IVSLiniengeometrien mit den Kunstbauten als neue Punktobjekte nötig. Weil die Karte des Bundesinventars und die Karte der IVSObjekte von regionaler und lokaler Bedeutung auf demselben Geodatenmodell basieren, müssen die kantonalen Geoinformationsstellen rechtzeitig in die Modellanpassungen involviert werden.
Eine Mitberücksichtigung des Gesamtinventars ist aber auch aus fachlichen Gründen geboten: Zur Bereinigung des Bundesinventars gehört zwingend auch die Überprüfung der Objekteinstufung und die Möglichkeit, Objekte von regionaler oder lokaler Bedeutung in das Bundesinventar aufzunehmen oder umgekehrt Objekte aus dem Bundesinventar zu IVSObjekten von regionaler oder gar lokaler Bedeutung herabzustufen. Dazu muss eine Durchlässigkeit zwischen dem Bundesinventar und dem übrigen IVS gewährleistet werden. Wenn die Daten des Bundesinventars und der IVSObjekte von regionaler und lokaler Bedeutung nicht nur auf demselben Datenmodell und derselben Nachführungsmethodik basieren, sondern auch mit denselben technologischen Hilfsmitteln nachgeführt werden, ist diese Durchlässigkeit gewährleistet.
Das ASTRA hat sich deshalb entschieden, das digitale Erfassungstool, das für die Nachführung des Bundesinventars entwickelt wird, den Kantonen kostenlos zur Verfügung zu stellen, um damit die Nachführung der IVSObjekte von regionaler und lokaler Bedeutung zu erleichtern und so einen entscheidenden Beitrag zur Qualitätssicherung des gesamten Inventars der historischen Verkehrswege der Schweiz zu leisten.
6 Zum Nachführungsprojekt gehört auch die Inventarisierung von neuen Wegobjekten wie etwa die Wegverbindung von Naters nach Blatten, deren Aufnahme ins Bundesinventar geprüft werden soll.
(Foto: F. Bieri, 2014)
RÉSUMÉ
LA MISE À JOUR DE L’INVENTAIRE FÉDÉRAL IVS – UN PROJET MENÉ SOUS
LES AUSPICES DE L’OFROU
La mise à jour, prévue par la loi, de l’Inventaire des voies de communication historiques de la Suisse doit corriger, avant 2035 au plus tard, ses faiblesses reconnues, combler ses lacunes avérées et améliorer également son applicabilité dans la pratique. Il s’agit, en relevant et en évaluant systématiquement et scientifiquement la substance bâtie historique, de connaître, en détail et pour le long terme, le patrimoine culturel de la Suisse dans le domaine des transports et des constructions routières, de le conserver, de l’entretenir, de l’exploiter et d’informer le public à son sujet. Depuis le début de 2022, l’Office fédéral des routes (OFROU) prépare la révision de l’Inventaire
IVS. A cet effet, l’OFROU développe un outil de saisie numérique, qui sera aussi mis à la disposition des cantons pour traiter les objets inventoriés d’importance régionale et locale. Cela représente une importante contribution à la mise à jour de l’Inventaire dans son ensemble.
Verordnung über das Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (VIVS) vom 14. April 2010 (Stand am 1. Juni 2017). Erläuternder Bericht. (Materialien Langsamverkehr 122). Überarbeitete Auflage. ASTRA 2018.
Bundesamt für Strassen ASTRA: Historische Verkehrswege. Ein Beitrag zur Erhaltung eines schweizerischen Kulturgutes (Materialien Langsamverkehr 156). Bern 2023.
Universität Bern/ViaStoria: Methodikhandbuch des Inventars Historischer Verkehrswege der Schweiz MHB. Bern 1999.
Bundesamt für Kultur (Hrsg.): Interdepartementale Strategie zur Förderung der Baukultur, verabschiedet vom Bundesrat am 26. Februar 2020. Bern 2020.
Website der IVS-Fachstelle des ASTRA: www.ivs.admin.ch
RIASSUNTO
AGGIORNAMENTO DELL’INVENTARIO FEDERALE IVS – UN PROGETTO SOTTO LA GUIDA DELL’USTRA
La revisione dell’Inventario federale delle Vie di comunicazione storiche in Svizzera prevista per legge entro il 2035 intende correggere i punti deboli dell’attuale inventario, colmare le lacune individuate e migliorarne l’applicabilità. L’obiettivo è quello di utilizzare la registrazione e la valutazione sistematica e scientifica della sostanza edilizia storica per identificare, preservare, mantenere e utilizzare accuratamente sul lungo periodo il patrimonio del traffico e delle opere stradali della Svizzera e comunicarlo al grande pubblico. Dall’inizio del 2022, l’Ufficio federale delle strade (USTRA) ha avviato i lavori preparatori per l’aggiornamento dell’Inventario federale IVS. A tal fine, l’USTRA sta sviluppando uno strumento di registrazione digitale che sarà a disposizione anche dei Cantoni per la revisione degli oggetti IVS di importanza regionale e locale, fornendo così un importante contributo all’aggiornamento dell’intero inventario.
Erika Flückiger Strebel ist als IVS-Fachspezialistin im Bereich Langsamverkehr und historische Verkehrswege im Bundesamt für Strassen ASTRA für die Nachführung des IVS-Bundesinventars verantwortlich. erika.flueckigerstrebel@astra.admin.ch
Martin Urwyler leitet den Bereich Langsamverkehr und historische Verkehrswege im ASTRA und ist Projektauftraggeber der IVS-Nachführung. martin.urwyler@astra.admin.ch
WEGE DURCH DIE ZEIT –ALTWEGEINVENTAR ÖSTERREICH
Ferdinand Lainer
In Österreich fehlt ein Schutz- und Erhaltungskonzept für historische Verkehrswege. Deshalb droht der Verlust dieses Kulturgutes. Infolgedessen bildete sich eine Interessensgruppe mit dem Ziel, ähnlich wie in der Schweiz, ein Bundesinventar der historischen Verkehrswege (IVS) aufzubauen.
Historische Verkehrswege – ein Kulturgut in Gefahr Über Jahrtausende hinweg bilden Wege die Grundlage eines jeglichen Kultur, Wissens und Güteraustauschs. Durch seine zentrale Lage im Herzen Europas nimmt Österreich für den Transport von Nachrichten, Menschen und Gütern dabei eine besondere Rolle ein. Die Alpen waren diesbezüglich nie ein Hindernis, die Pässe und Tauern waren immer Verbindung zwischen Nord und Süd. Diese Altwege sind wichtige Zeitzeugen und schlagen Brücken von der Vergangenheit in die Gegenwart. Wasser wie Landwege prägen als Grundlage für den Verkehr nicht nur die Gestalt der Landschaft in der Region, sondern auch die Identität der Bevölkerung. Viele der Altwege sind bis heute erhal
ten geblieben, laufen aber Gefahr durch Überbauung und Umwelteinflüsse besonders im Kontext des klimatischen Wandels als historisches Erbe für immer verloren zu gehen. In diesem Zusammenhang sind es besonders das fehlende Wissen und damit verbunden ein gezielter Erhalt historischer Wege, die den Bestand bedrohen. Damit sind grosse Potenziale für eine nachhaltige Nutzung ebenso wie regionale Inwertsetzungen gefährdet. Daher hat sich eine Initiative gegründet, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Altwege Österreichs und ihre aussergewöhnliche historische und kulturelle Bedeutung digital zu dokumentieren und damit der Gesellschaft in ihrer ganzen Breite zur Verfügung zu stellen. Ziel ist es, deren weitere Nutzung im Kontext von Raum
1 Unsachgemässe
Sanierung des historischen Krimmler Tauernweges im Jahre 2020; der Bau wurde eingestellt und unter Denkmalschutz gestellt.
(Foto: Albert Schweizer)
2 Eindruck aus der Fachtagung in Mittersill. (Foto: Arnold Felfer)
ordnung, Land und Forstwirtschaft, Regionalentwicklung, Kulturmanagement und nicht zuletzt besonders im Bereich Tourismus zu verankern. Eine Interessengruppe bestehend aus 57 Mitgliedern hat die Vision, dass auch in Österreich ein ähnliches Inventar historischer Verkehrswege nach dem Schweizer Vorbild der ViaStoria erstellt wird und damit deren Erhalt und Pflege als Öffentliches Interesse anerkannt wird. Die historischen Verkehrswege sollen durch eine nachhaltige Nutzung langfristig erhalten werden. Im Felberturmmuseum Mittersill fand im Herbst 2022 zu diesem Thema die Tagung «Historische Verkehrswege Österreich – quo vadis?» statt, bei der sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftsler wie auch Experteninnen und Experten aus den Bereichen Archäologie, Geschichte, Landschaftsbau, Ingenieurbiologie, kulturelles und historisches Erbe, (nachhaltigen) Tourismus, Raumplanung, Museen, Archiven, Alpinvereine, Regionalentwicklung und Vertreter von SäumerVereinen zum Gedanken und Erfahrungsaustausch trafen. Hanspeter Schneider, der Vorsitzende der Stiftung ViaStoria, stellte das Schweizer Modell Inventar historischer Verkehrswege (IVS) vor. Schwerpunkt seines Fachvortrages bildeten die Methodik, der Vollzug und die touristische Nutzung des IVS. In weiteren Vorträgen wurden themenbezogene Aktivitäten in Österreich vorgestellt. Diese Impulsreferate bildeten die Basis für intensive Fachgespräche und ergebnisorientierte Diskussionen. Zentrale Fragen dabei waren: «Wo in Österreich könnte eine Trägerorganisation angesiedelt sein? Welche Pilotprojekte kämen in Frage? Welche begleitenden fachlichen Massnahmen zur Instandhaltung und Sanierung von Wegen sowie zur Bildung und Öffentlichkeitsarbeit braucht es?» Ergänzend zu den interessanten Fachvorträgen lag der Schwerpunkt bei der Vorstellung unterschiedlicher Initiativen Österreichs zu diesem Thema so
wie dem freundschaftlichen Kennenlernen und Gedankenaustausch.
Als Ergebnis dieser überaus konstruktiven Fachtagung wurde ein Arbeitsteam bestehend aus dem «Gründungsvater» Dipl.Ing. Albert Schweizer, Ing. Klaus Seelos (Freilichtmuseum Stübing), Dipl.Ing. Manfred Kopf (Raumplanung Vorarlberger Landesregierung), Dr. Hans Reschreiter (Naturhistorisches Museum Wien), Prof. Dr. Leif Scheuermann (Universität Trier), Prof. Dr. Anna Maria Drexel (Universität für Bodenkultur, Wien), Dr. Daniel Modl (Joanneum Graz) und meiner Person gebildet. Dieses Team erarbeitete gemeinsam nachfolgendes Positionspapier zur Umsetzung der Vision:
Zielsetzung
Das langfristige Ziel der Initiative ist die vollständige Dokumentation und Aufarbeitung aller Altwege Österreichs. Damit verbunden ist ein Prozess der Bewusstwerdung des kulturellen Wertes der Wege in der Gesellschaft sowie der Erarbeitung nachhaltiger Nutzungskonzepte und instrumente für Politik und Wirtschaft. Um dies zu erreichen, sind folgende Projektschritte vorgesehen:
– Eingliederung der historischen Wege in die Raumordnung (Wegeinventar)
– Sensibilisierung der Bevölkerung für historische Altwege unter besonderer Berücksichtigung ihres identitätsstiftenden Charakters (Citizen Science)
– Erarbeitung didaktischer Konzepte für Schulen, Ausbildungsstätten und Hochschulen
– Erhaltung schützenswerter Wege und damit verbundenen historischer Handwerkstechniken
– Erarbeitung von nachhaltigen Nutzungskonzepten für einen sanften Tourismus im Kontext des Klimawandels
– Aufbau überregionaler Kulturrouten nach dem Vorbild der Schweiz.
– Kultur und Naturlandschaftsschutz durch Nutzung und gezielte Erhaltungsmassnahmen (Revitalisierung) der Altwege
– Vernetzung aller nationalen Akteure und Zusammenführung bestehenden Wissens für eine verbesserte internationale Sichtbarkeit mit einem langfristigen Ziel des Aufbaus europaweiter Strukturen
Vorgehen
Um sich dem langfristigen Ziel schrittweise anzunähern, ist eine erste dreijährige Pilotphase geplant, in der die Workflows und Strukturen aufgebaut und erprobt werden. Hierfür sind regelmässige Treffen aller Partner vorgesehen, in denen der Stand der Einzelprojekte zusammengeführt und das weitere Vorgehen abgestimmt wird. Zudem erfolgt eine dauerhafte enge Kommunikation der einzelnen Projektpartner über gemeinsame digitale Strukturen. Darüber hinaus ist eine weitere (internationale) Vernetzung mit allen in dem Kontext aktiven Akteuren aus Kultur, Wirtschaft und Politik sowie die Sensibilisierung der Bevölkerung durch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit vorgesehen. Hierbei kann bereits auf eine breite langjährige Erfahrung der Projektpartner zurückgegriffen werden. Folgende praktische Arbeiten werden in der Pilotphase stattfinden:
1. Aufbau der technischen Infrastruktur, Zusammenführung bestehender Daten, Implementierung von Schnittstellen zur bestehenden Infrastruktur Für die Technische Umsetzung des Altwegekatasters ist eine enge Kooperation mit dem Alpenverein vorgesehen, da dieser bereits über die notwenige Infrastruktur verfügt, die lediglich adaptiert und erweitert werden muss.
Das geplante Vorgehen in der Aufnahme der Altstrassen erfolgt dabei in drei Schritten, die nach kurzer Einarbeitungszeit von jeder Person durchgeführt werden können:
a) Recherche und digitale Basisaufnahme des Weges:
– Digitalisierung der Altwege auf Basis des Franziszeischen Katasters und weiterer Altkarten unter Nutzung der Geoportale der Bundesländer. Die in den Systemen implementierten Werkzeuge erlauben online Digitalisierung auch für Laien.
– Eingliederung in die Infrastruktur des Alpenvereins mittels Import und ExportFunktionen
– Anreicherung mit weiteren Quellen (aus Archiven und Museen).
b) Begehung unter Nutzung der App:
– Validierung der Wege durch Begehungen vor Ort.
– Dokumentation historischer Zeugnisse an und auf dem Weg.
c) Nachrecherche und Endredaktion.
Notwendige Vorarbeiten:
– Adaption des Systems durch eine Erweiterung für historische Features.
– Aufbau von Workflows zur Qualitätssicherung sowie eines TrainingsProgramms für Freiwillige.
– Prototypische Umsetzung in den Pilotprojekten. Hinsichtlich weiterer Details über den Einsatz neuer Technologien zum Aufbau eines Inventares für Altwege darf auf die Beiträge von Prof. Dr. Leif Scheuermann und Dr. Christian Beck in diesem Heft verwiesen werden.
2. Pilotprojekte
Ziel aller Pilotprojekte ist der Aufbau von Workflows und Methoden. In regelmässigen Workshops erfolgen hierbei eine Evaluation und entsprechende Verfeinerung der gemeinsamen Herangehensweise. Am Ende der Pilotphase steht neben den aufgenommenen Regionen als BestPracticeBeispielen die Abfassung eines digitalen, multimedialen Weissbuchs «Altwege in Österreich», in dem alle Vorgehensweisen (inkl. gemeinsamer Vokabularien) allgemeinverständlich und mit VideoTutorials expliziert dargestellt sind. In Diskussion stehen vorerst folgende Pilotprojekte, wobei mit den jeweiligen Partnern und Bundesländern noch Details geklärt werden müssen.
Vorarlberg
Ein erstes Pilotprojekt in der Region Walgau erforschte bereits 2019/2020 im Gelände erhaltene Spuren von Wegtrassen und ihren Begleitern aus verschiedenen Zeitphasen. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen und den Erfahrungen wird mit dem Pilotprojekt «Via Valtellina», einer historischen Säumerroute ins Veltlin und eine der Schweizer Kulturwege, eine weitere Vertiefung erfolgen. Im Frühjahr 2023 startete das vom Land Vorarlberg geförderte Pilotprojekt, das in Zusammenarbeit vom Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau der Universität für Bodenkultur Wien und dem Museumsverein Montafon umgesetzt wird. Weitere Details dazu finden sich im Beitrag von Anna Maria Drexel und Manfred Kopf in diesem Heft.
Osttirol / Salzburg (Kalser Tauern) Der Kalser Tauern (2515 m) verbindet Osttirol mit dem Pinzgau. Primär vom Stubachtal, aber auch vom Kapruner und Mühlbachtal führt der Weg ins Kalser Tal. Dieser Tauern steht im Schatten der berühmten Tauernübergänge, es fehlen fachlich fundierte Daten zu diesem Pass. Der genaue Verlauf der Saumroute ist auf der Nordseite nicht mehr bekannt, der Saumweg dürfte durch die Kraftwerksarbeiten nicht mehr vorhanden sein. Ein Ziel des Pilotgebietes ist die historische Nutzung des Kalser Tauerns und den alten Wegverlauf zu erforschen. Historische Verkehrswege stellen ein bedeutendes Kultur
3 Historische Verkehrswege bilden vielfach die Basis für das heutige alpine Wander- und Wegenetz.
(Foto: Österreichischer Alpenverein)
landschaftselement dar und sie werden von zahlreich anderen wertvollen Kulturlandschaftselementen begleitet. Diese im Zusammenwirken von Transithandel und bergbäuerlicher Arbeit entstandenen Bauwerke sind wertvolle Zeugen alter handwerklicher Tätigkeit und nachhaltiger Kulturlandschaftspflege. Sie prägen das einzigartige Landschaftsbild und haben eine hohe ökologische Bedeutung, da sie vielen Pflanzen und Tieren Lebensraum bieten und Korridore für den ökologischen Verbund bilden. Die Erarbeitung der vielfältigen Bedeutung der «Wegbegleiter» ist das zweite Ziel dieses Pilotprojektes. Durchgeführt wird dieser Teil von der Nationalparkverwaltung Hohe Tauern Tirol im Zuge des LEADERgeförderten Projektes «Kulturlandschaftselemente in der Nationalparkregion Hohe Tauern Tirol».1
Salzburg / Kärnten (Grossglockner)
Die weltbekannte Grossglockner Hochalpenstrasse quert die Ostalpen an ihrem landschaftlich eindrucksvollsten Teil und sie folgt über das Hochtor (2576 m) und durch den Nationalpark Hohe Tauern uralten Spuren. Durch Funde belegt sind Begehungen dieses Tauernüberganges aus der Kelten und Römerzeit. Überreste eines bis zu vier Meter breiten mittelalterlichen Weges, der sich an einen römischen Saumweg hielt, sind in der Natur noch vorhanden. Am Hochtor selbst bestand ein keltischrömisches Heiligtum. In einer Ausstellung kann das «Passheiligtum Hochtor» mit der berühmten Bronzestatue des Herkules sowie der Lehrwanderweg «Kelten, Säumer und Römerweg» besucht werden. Der mittelalterliche Saumweg ist durch die historischen Tauernhäuser, SäumerStationen und sonstigen Wegbegleiter bis in die Ortschaften sehr gut belegt. Die Grossglockner Hochalpenstrasse zählt mit jährlich rund 900 000 Besuchern zu den grössten Touristenattraktionen Österreichs. Ziel dieses Pilotprojektes ist die weitere Erforschung der historischen Nutzung dieses Hochgebirgsüberganges – vermutlich reicht die Begehung wie bei den anderen Tauernübergängen bis in die Steinzeit zurück – und im Zuge dessen die Sensibilisierung für das Kulturerbe
historischer Verkehrswege. Ein wichtiger Schritt dafür ist die Zugänglichmachung unterschiedlicher Wegabschnitte von den Ortschaften bis ins Hochgebirge.
Oberösterreich / Steiermark
(Salzkammergut und angrenzende Regionen) Seit 7000 Jahren wird in Hallstatt Salz produziert. Sowohl der Abtransport des «weissen Goldes» als auch die Versorgung der Bergbaugemeinschaften haben über die Jahrtausende in der Region ein komplexes, sich ständig wandelndes Wegenetz mit dazugehöriger Infrastruktur entstehen lassen. Durch die Forschungen der letzten Jahrzehnte sind die unterschiedlichen Wegtrassen gut im Gelände nachverfolgbar. Im Rahmen dieses Pilotprojektes werden sowohl analoge als auch digitale Vermittlungskonzepte für das Kulturerbe «Wegenetz» erarbeitet und praktisch zum Einsatz gebracht.
Mühlviertel
Als nichtalpines Testszenario wurde das Mühlviertel ausgewählt, da hier zum einen mit dem online Verzeichnis der historischen Hofnamen und Häusergeschichten sowie dem Verzeichnis der archäologischen Fundstellen und Bodendenkmale ergänzende bzw. flankierende Daten vorhanden sind. Durchgeführt wird das Pilotprojekt vom «Burg und Heimatverein. Verein zur Erhaltung der Burg Pürnstein und des kulturellen Erbes in Neufelden» in Kooperation mit der Universität Graz (Univ. Prof. Dr. Wolfgang Spickermann) und der Universität Trier (Univ. Prof. Dr. Leif Scheuermann).
3. Didaktische Aufarbeitung und Szenarien kultureller sowie touristischer Nutzung
4. Vernetzung und Akquise weiterer Förderungen
Trägerschaft
Bei der Tagung im Felberturm Mittersill wurde das Österreichische Freilichtmuseum Stübing als bestgeeignete Institution für eine erforderliche Koordinierungsstelle sowie für die Durchführung, Koordinierung und Umsetzung der vorgesehenen regionalen
Pilotprojekte eruiert. Das Freilichtmuseum Stübing wurde im Jahre 1962 durch die österreichische Bundesregierung und alle neun Bundesländer als zentrales Freilichtmuseum für das eindrucksvolle Kulturerbe Österreichs gegründet und stellt seither eine Gebietskörperschaft überschreitende Institution dar.2 Mittlerweile wurde es organisatorisch in das Universalmuseum Joanneum Graz integriert, das auch eine eigene ForschungsFachabteilung Archäologie hat.
Die enge fachliche Zusammenarbeit der beiden Abteilungen des Joanneums ist ein grosser Pluspunkt für die dortige Ansiedlung der Koordinierungsstelle. Zusätzlich weist das Freilichtmuseum Stübing eine sehr grosse Kompetenz im Bereich traditionelles Handwerk sowie in der Wissensvermittlung und Bildungsarbeit auf. Die grundsätzliche Bereitschaft, die Trägerschaft für das österreichweite Pilotprojekt zu übernehmen, ist gegeben. Beim Freilichtmuseum Stübing soll dafür eine Fachkraft für zwei Jahre als wissenschaftliche Angestellte im Beschäftigungspensum von 75 Prozent angestellt werden. Der definitive Entscheid für die österreichweite Ansiedelung der Koordinierungsstelle im Freilichtmuseum Stübing / Joanneum erfolgte im Herbst 2023.
Ausblick
Die Vorarbeiten zur Umsetzung des Altwegeinventars Österreich (ALWIN) wurden bisher mit grossem Engagement der oben angeführten Arbeitsgruppe ehrenamtlich geleistet. Jeder hat sich mit seinem Fachwissen, seinen persönlichen Kontakten zu Fachdienststellen, Institutionen und wichtigen Partnern ideell eingebracht. Besonders engagiert hat sich darüber hinaus der Österreichische Alpenverein, der Inhalte und Ziele der Initiative in seinen unterschiedlichen Aufgabenfeldern bereits mitberücksichtigt und umsetzt. Auch die Zusammenarbeit mit der TrockensteinmauerSchule Österreich, die das immaterielle Weltkulturerbe der UNESCO «Trockensteinmauern» lebendig hält, konnte initiiert werden. Doch der entscheidende nächste Schritt ist noch offen: Die Installierung einer österreichweiten Koordinationsstelle ALWIN. Eine diesbezügliche Vorentscheidung erfolgte im Herbst 2023. Sollte die österreichweite Ansiedelung der Koordinierungsstelle im Freilichtmuseum Stübing / Joanneum nicht möglich sein, dann geht die Suche weiter. Nur eines ist klar, mit rein ehrenamtlicher Tätigkeit und ohne Einbindung dieser Fachstelle in eine national aner
4 Abstieg vom Korntauern ins Anlauftal, eine Strasse aus der Römerzeit. Ausblick: Wie geht es mit diesem wertvollen Kulturgut in Österreich weiter? (Foto: Albert Schweizer)
kannte Institution oder Organisation kann diese vielfältige Arbeit zur Installierung eines Altwegeinventares nach Schweizer Vorbild nicht weiterentwickelt und realisiert werden. Wie das traurige Beispiel beim historischen Krimmler Tauernweg zeigt, wo von den Grundeigentümern trotz Einstellung einer unsachgemässen Wegsanierung im Jahre 2020 heuer ca. 200 Meter des mittlerweile denkmalgeschützten Weges im Nationalpark Hohe Tauern zu
einem Traktorweg illegal ausgebaut und beschädigt wurden, ist die Notwendigkeit ganz eindeutig gegeben. Die Zeit drängt sehr, damit nicht noch mehr wertvolles Kulturgut verloren geht. Hier steht noch viel Arbeit für die Bewusstseinsbildung des kulturellen Wertes der historischen Verkehrswege in der Gesellschaft und der Erarbeitung nachhaltiger Nutzungskonzepte für Gesellschaft, Politik, Natur, Kultur und Wissenschaft an.
RÉSUMÉ
DES CHEMINS À TRAVERS LE TEMPS –INVENTAIRE DES ANCIENS CHEMINS EN AUTRICHE
Depuis des millénaires, des chemins servent au transport des marchandises, tout en contribuant aux échanges culturels et à la transmission des connaissances. A cet égard, les Alpes n’ont jamais été un obstacle, les cols (en Autriche souvent appelés Tauern) reliant le nord et le sud. Ces chemins anciens sont d’importants témoins du passé, duquel ils jettent des ponts vers le présent. En Autriche, ces biens culturels précieux sont menacés, faute d’un concept de protection et de conservation. C’est pourquoi un groupe d’intérêt s’est constitué, sur une large assise professionnelle, afin de promouvoir un inventaire fédéral des voies de communication historiques, analogue à l’IVS suisse. Un groupe de travail a élaboré une feuille de route et a fait ainsi un premier pas vers la réalisation de cette idée.
Ferdinand Lainer
Dipl.-Ing., geb. 1959, Forstwirt, von 1987 bis 2021 Mitarbeiter Nationalpark Hohe Tauern/Salzburg, zuständig für Naturraum-Management und Erhaltung der Kulturlandschaft sowie stellvertretender Nationalpark-Direktor, seither in Ruhestand. Als Mitglied der Felbertauernsamer grosses Interesse an den historischen Verkehrswegen, interimistisch ehrenamtliche Koordination der Aktivitäten der österreichischen Interessensgruppe ALWIN. lainer@sbg.at
RIASSUNTO LE STRADE NEL CORSO DEL TEMPO –INVENTARIO DEGLI ANTICHI TRACCIATI IN AUSTRIA
Per migliaia di anni, mulattiere e strade sono state la base per il trasporto delle merci: oltre allo scambio di beni, hanno favorito un intenso trasferimento di cultura e conoscenze. Le Alpi non sono mai state un ostacolo; i passi e la catena degli Alti Tauri sono sempre state parte del collegamento tra nord e sud. I loro antichi tracciati sono importanti testimoni del tempo e creano ponti tra passato e presente. L’Austria è minacciata dalla perdita di questo prezioso bene culturale in quanto non esiste un concetto di protezione e conservazione di queste vie di comunicazione storiche. Per questo motivo, è stato costituito un largo gruppo di interesse allo scopo di istituire un inventario federale delle vie di comunicazione storiche (IVS) simile a quello della Svizzera. Un gruppo di lavoro ha elaborato un documento di sintesi per l’attuazione di questa visione e ha cominciato a intraprendere i primi passi.
PROTECTING AND MANAGING HISTORIC ROADS IN NORWAY
Nora Sophia Kamphuis Hansen, Ann Kristin Engh and Cathrine Thorstensen
The Norwegian Road Museum conveys the history of the road network, and they conserve cultural heritage sites across Norway. It is challenging to preserve and maintain the historic roads and monuments of Norway, but it is of utmost importance to preserve the cultural heritage for future generations.
The Norwegian Road Museum, “Norsk vegmuseum”, was established under the Norwegian Public Roads Administration, “Statens vegvesen” (SVV), to convey and research the history of the Norwegian road network, as well as protect and conserve cultural heritage sites and monuments related to the road history. The museum is an openair museum, with both historical buildings and road monuments on site, as well as several exhibitions. The aim is to allow visitors the most authentic experiences possible of the history of Norwegian roads, and to disseminate historical knowledge. Additionally, the museum is responsible for protecting the cultural heritage sites related to the road history across the country.
The National Protection Plan
In 1997, the Ministry of Transport and Communications commissioned the Public Roads Administration to prepare a national plan for the protection of roads, bridges and other cultural relics associated with the history of the Norwegian road system. In 2002, The National Protection Plan for roads, bridges and cultural heritage sites related to the road network in Norway was published (Vegvalg – Nasjonal verneplan for veger, bruer og vegrelaterte kulturminner). It includes extensive explanations and elaborations on which roads, bridges and other cultural heritage sites should be preserved and protected. Each individual object has its own administrative plan, which contains instructions about everyday maintenance and descriptions on how the object or relic might be
1 Kongevegen over Filefjell – The King’s Road across Filefjell. In 2017, this historic road won the “Europa Nostra Award” in the category “Conservation”. The project was, amongst other aspects, awarded for combining the service of sherpas from Nepal, local craftsmen and traditional carpenters from Germany.
(Photo: Ann Kristin Engh, SVV)
repaired or restored if needed. The administration and maintenance of objects and cultural heritage sites not owned by the Norwegian government is based on the collaboration between the municipality, the county and the Norwegian Road Museum itself. Communication and collaboration are of the utmost importance to best preserve, protect and convey the history of the objects and road environments embedded within the National Protection Plan.
2 Our cultural heritage is highly vulnerable to climate change. One of the most important tasks of preservation is leading water away from the cultural heritage sites. Amongst other measures, culverts and trenches have this function. The picture visualises the result of extreme weather on the historic road at Krokkleiva, Hole, Viken county.
(Photo: Sverre Hjørnevik Photography)
In the early 2000s, around 350 highways, bridges and buildings were recorded as part of the Protection Plan during the final selection. The aim of the selection process was to choose objects that best represent the history of the Norwegian road system. The objects were selected on the criteria of whether they possessed culturalhistorical or architectural values from a national point of view. The selected artefacts and road environments should, in relation to one another, illustrate significant features of the history of transport on land (fig. 3). The chosen sites and monuments are from all over the country and range over the entire period. Over time and for various reasons, some objects were removed from the plan while other artefacts or sites were discovered to be of historical or architectural value and thus included.
Protecting the Cultural Heritage
3 A trolley track in Jordanfoss used to transport boats on land to avoid the steep waterfalls of the river. Today, this is the only preserved trolley track left from that period. In the Pasvik area in the county of Finnmark, the river was used as the main road for transportation of people and goods in the 19th century. In 1869, the Norwegian government granted funds to build trolley tracks to stimulate the settlement of people. In 1941, a road was built on land which replaced the trolley tracks.
(Photo: Siv Annie Henriksen, SVV)
The work connected with the Protection Plan is part of the administration’s responsibility to protect the cultural heritage and adjoined landscapes. The principal purpose of the plan is to procure and provide information, as well as to safeguard knowledge about the cultural heritage sites for future generations. It is not always the sites themselves that are to be protected, especially regarding modern roads and bridges, but rather the construction techniques and aesthetics that reflect the time they were built. The period in question covers the years from about 1537 until today. Heritage sites older than 1537 are automatically protected under the Norwegian cultural heritage law and have their own type of protection strategies and processes.
Up to the present day, only very few roads, bridges, road environments and other relics of cultural or historical significance have been protected or regulated for purposes of protection by law. The objects and cultural heritage sites included in the Protection Plan have either recommendations for preservation or regulation. There is a difference between the two because they are bound to different laws. Recommendations for preservation are embedded in the law for the protection of the Norwegian cultural heritage, and these objects are considered as cultural heritage sites. They have the highest form of protection available in Norway and, in most circumstances, cannot be removed or altered in any way. Recommendations for regulation are embedded in the planning and building law, and the process and type of regulation are taken up in the Protection Plan. For example, there are different obstacles to overcome for objects in the Protection Plan, that are also part of the ordinary road system. Traffic safety is essential and will often be prioritised at the expense of preserving the protected object or site. However, acquiring a balance between making changes to the object or its immediate road environment to ensure traffic safety whilst also preserving the aesthetics and engineering techniques of the object and road environment is highly significant (fig. 4). Ideally, it would be beneficial to preserve the object or road environment without making any changes while ensuring traffic safety. There is a correlation between preserving history and making changes to ensure traffic safety or to construct a faster way of travel. A classic example is lowering the speed limit on a main road protected by the Protection Plan to ensure travel safety, rather than removing crags and peaks of rock right beside the road to gain the same type of traffic safety. Preserving and managing historic roads is one of the most essential tasks of the administration. How
ever, it is a complicated and difficult task since several of the historic roads in Norway are still in use. Moreover, many historic roads are located in the mountains or other areas exposed to the forces of nature, and where natural disasters are more likely to occur (fig. 2). Therefore, a higher level of maintenance and surveying of these historic monuments is required. The combination of preserving and using historically significant roads is alluring for many people. These roads are often built on top of older roads from medieval times or even further back. Consequently, there are a lot of interesting historical and material sources available for conveying these historic roads and old mountain passages.
“Kongevegene” – The King’s Roads
In the last ten to fifteen years, there has been an increased focus on several old historic roads in Norway called “Kongevegene”, The King’s Roads. Norway was under Danish rule from the Middle Ages to 1814, and under Swedish rule from 1814 to 1905. The monarchs from the 17th to the early 19th century demanded the construction of better and broader roads in Norway. Along with their court and nobility, they wanted to travel as fast as possible between Oslo, Bergen and Trondheim, consequently crossing the high mountains. The King’s Roads were built according to French design, which meant the roads should have good drainage systems and were to consist of straight lines, ideally with few or no curves. In the high mountains of Norway, this caused many challenges, resulting in very steep and narrow passages. The King’s roads are some of the most famous historic roads in Norway and were built as part of the earliest road network for travelling with horse and carriage. They are often very visually pleasing and offer amazing views of the surrounding landscape. Therefore, they are popular destinations for both Norwegian locals and tourists from around the world to visit and explore.
There have been several projects preserving The King’s Roads, a number of which were conducted by the Roads Administration. The project “Kongevegen over Filefjell”, The King’s Road over Filefjell, was established to protect one of Norway’s most famous and spectacular historic mountain passages (fig. 1). It is considered one of the finest cultural heritage sites related to road history in Europe. The road was built by hand, with minimal equipment available between 1790 and 1794. It was the first
4 It is often quite difficult to obtain a balance between the regulations concerning traffic safety and preserving the values of protected roads in traffic. This road (Vennesla, Agder county) was built in 1963 and is an example of a road with better curves and soft alignment. Consequently, it is fully adapted to the surrounding landscape. As this road has an annual average daily traffic (AADT) of 3000 vehicles, there are certain demands on traffic safety. The question is how we best combine road safety and protection of the cultural heritage site itself.
(Photo: Liv Marit Rui, SVV)
5 Restauration of Stalheimskleiva, Voss in Vestland county, whilst using traditional masonry techniques. The road was built between 1842 and 1849 and was designed to follow the landscape in order to decrease the steepness of the road, but which consequently created more curves.
(Photo: Cathrine Thorstensen, SVV)
6 Kongevegen over Dovrefjell – The King’s Road across Dovrefjell.
(Photo: Nora SK Hansen, SVV)
builtup road passable by horse and carriage connecting the eastern and western parts of Norway, as well as forming the main road between Oslo and Bergen.
The project “Kongevegen over Dovrefjell”, The King’s Road over Dovrefjell, focuses on preserving the historic road over the mountain range Dovrefjell, which connects southern and northern Norway (fig. 6). It is one of the first main roads suitable
for horse and carriage being built in Norway, connecting Oslo and Trondheim. The construction of the road began in the 17th century, with specific instructions from the road administrations at the time. The ongoing project of restoration and maintenance started in 2015, and since then several more parts of this historic road have been uncovered and restored. It has been possible to uncover these parts of the road because the landscape and cultural heritage sites in this part of Dovrefjell have not been so severely altered by human interference in recent years.
Managing, preserving and protecting cultural heritage sites related to the road history in Norway will always be challenging due to weather conditions, rough landscapes and difficult access (fig. 7). However, it is of utmost importance to maintain and preserve the cultural heritage for future generations to come and to document and convey the knowledge and documentation available. Therefore, it is essential to inspire people to continue using historic roads and passages, and to facilitate the usage of other cultural heritage sites, making them accessible for everyone to visit and enjoy.
7 Vårstigen in Oppdal, Trøndelag county is part of “Kongevegen over Dovrefjell” and is one of the steepest parts of the mountain pass. To avoid heavy machinery on the road, a helicopter was used for removing waste after clearing the surrounding landscape of vegetation.
(Photo: Marit Johansson, SVV)
ZUSAMMENFASSUNG
SCHUTZ UND ORGANISATION HISTORISCHER STRASSEN IN NORWEGEN
Das norwegische Strassenmuseum, «Norsk vegmuseum», wurde gegründet, um die Geschichte des norwegischen Strassennetzes zu vermitteln und zu erforschen sowie Kulturstätten und Denkmäler, die mit der Strassengeschichte Norwegens verbunden sind, zu schützen und zu erhalten. Die «Kongevegene», die Königsstrassen, gehören zu den bekanntesten und meistbesuchten historischen Strassen Norwegens. Sie waren die ersten Hauptstrassen, die zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert für Kutschen und Karren gebaut wurden und den Norden mit dem Süden verbanden.
Auch wenn es eine Herausforderung darstellt, diese historischen Strassen und ihre Denkmäler zu erhalten, zu schützen und zu pflegen, ist es von grösster Bedeutung, dieses kulturelle Erbe Norwegens für künftige Generationen zu bewahren sowie das vorhandene Wissen zu dokumentieren und zu vermitteln. Um das zu erreichen, gilt es, die Menschen zu inspirieren, historische Strassen und Wege weiterhin zu nutzen, sowie den Zugang und damit das Erlebnis von Kulturstätten zu ermöglichen.
RÉSUMÉ
RIASSUNTO
PROTEZIONE E ORGANIZZAZIONE
HISTORIQUES EN NORVÈGE
PROTECTION ET ORGANISATION DES ROUTES
Le musée norvégien des routes, « Norsk vegmuseum », a été fondé dans le but de présenter et d’étudier l’histoire du réseau routier norvégien, ainsi que de protéger et conserver des sites et monuments liés à l’histoire routière du pays. Les « Kongevegene », les routes royales, comptent parmi les voies historiques norvégiennes les plus connues et les plus visitées. Elles furent les premières routes principales aménagées entre le XVIIe et le XIXe siècle pour les carrosses et les chars, sur l’axe nordsud.
Même si c’est un défi de conserver, protéger et entretenir ces routes historiques et leurs monuments, il est très important de préserver ce patrimoine culturel pour les générations futures, de réunir et de transmettre les connaissances disponibles. Pour y parvenir, il faut convaincre les gens de continuer à utiliser les anciens chemins et faciliter l’accès aux sites, gage d’une expérience vivante.
Bibliography
Adriansen, Jan: Gamle veger og vegfar. En håndbok i vern og tilrettelegging. Oslo 2021.
Eikehaug, Tine and Adriansen, Jan: Kongevegen over Filefjell. Forprosjektet – en mulighetsstudie. Oslo 2011.
Johansson, Marit: Kongevegen over Dovrefjell. En kartlegging av den historiske vegen og mulighetene i dag. Lillehammer 2017.
Thorstensen, Cathrine: På gjengrodde veger – Nasjonal verneplan for vegminner og veghistoriske miljøer, in: Årbok for Norsk vegmuseum. Lillehammer 2000, p. 8–25.
Statens vegvesen: Vegvalg - Nasjonal verneplan for veger, bruer og vegrelaterte kulturminner. Lillehammer 2002.
DELLE VIE STORICHE IN NORVEGIA
Il Museo norvegese delle strade, «Norsk vegmuseum», è stato creato per comunicare e fare ricerche sulla storia della rete stradale norvegese e per proteggere e conservare i siti culturali e i manufatti associati alla loro storia. Le «Kongevegene», le strade reali, sono tra le vie storiche più conosciute e visitate della Norvegia. Sono state le prime grandi strade costruite per carri e carrozze tra il XVII e il XIX secolo, collegando il nord al sud del paese.
Nonostante preservare, proteggere e mantenere queste strade storiche e i loro supporti, rappresenti una sfida impegnativa, è di estrema importanza assicurare questo patrimonio culturale della Norvegia alle future generazioni, nonché documentare e comunicare le conoscenze odierne. Per raggiungere questo scopo, è essenziale ispirare i contemporanei a fare uso delle strade e dei sentieri storici, nonché facilitarne l’accesso per favorire il godimento dei siti culturali.
Nora Sophia Kamphuis Hansen is advisor regarding the protection and preservation of the cultural heritage related to Norwegian road history at the Norwegian Road Museum.
Ann Kristin Engh is superior advisor regarding the protection and preservation of the cultural heritage related to Norwegian road history at the Norwegian Road Museum.
Cathrine Thorstensen is superior advisor and head coordinator regarding the protection and preservation of the cultural heritage related to Norwegian road history at the Norwegian Road Museum.
The Norsk vegmuseum, The Norwegian Road Museum, is part of the Norwegian Public Roads Administration (SVV). vegmuseum@vegvesen.no https:// vegmuseum.no
INSTANDSTELLUNG HISTORISCHER VERKEHRSWEGE
Rückblick und Ausblick
Cornel Doswald
1 Behebung von Erosionsschäden auf 2700 m ü. M. am Militärsaumweg von 1914 auf die Dreisprachenspitze, Val Müstair GR. (Foto: Cornel Doswald, 2023)
Der Zweck des IVS ist der Schutz der überlieferten baulichen Substanz der historischen Verkehrswege. Seine Schutzwirkung ist aber nicht nur abhängig von der Aufnahme eines Weges in das Inventar. Wichtigere Voraussetzungen sind die Nutzung als Teil des Verkehrsnetzes, ein angemessener Unterhalt und Trägerschaften, die den Wert der historischen Verkehrswege erkennen.
Infrastruktur mit Unterhalts und Erneuerungsbedarf
Ein mehr oder weniger intensiver Verschleiss ist bei Verkehrswegen offensichtlich unvermeidlich. Er wird nicht nur vom Verkehr verursacht, sondern auch von den Einflüssen der Witterung und von natürlichen Zerfallsprozessen (Abb. 1). So ist beispielsweise die Lebensdauer von Trockenmauern in der Regel auf etwa 100–200 Jahre begrenzt, je nach Qualität der Ausführung.
Vielerorts lässt sich deshalb ein beschleunigter Zerfall beobachten. Beispielsweise konnte der Verfasser bei gründlichen Begehungen etwa den fortschreitenden Zerfall der Saumwege an der Grimsel (Walliser Seite), am San Bernardino oder am Gotthard (Tessiner Abschnitt) beobachten; Instandstellungsprojekte für die beiden ersteren wurden 2018 und 2022 erstellt, aber noch nicht ausgeführt. Auch unsachgemässe Reparaturen, etwa an zahlreichen
historischen Alpenpassstrassen, führen zu Substanzverlusten. Dass es dort auch anders gehen könnte, zeigt nicht nur der «Richtplan Sustenpassstrasse» des Kantons Bern von 2010, sondern vor allem auch das vier historische Strassen unterschiedlicher Zeitstellung umfassende «Gestaltungskonzept Urner Passstrassen» von 2021. Es regelt namentlich auch die Zusammenarbeit des Tiefbauamts mit der kantonalen Denkmalpflege, die gut funktioniert. Beide Konzepte sind auf längerfristige, nachhaltige Wirkung ausgelegt.
Verstärkt wird der Verschleiss vor allem in den Alpen durch die zunehmende Nutzung historischer Verkehrswege als touristische Infrastruktur (namentlich Wander und Bikewege). Instandstellungen werden meist nur unter dem Aspekt des Landschafts und Denkmalschutzes angesehen (und aus deren Kassen bezahlt), nicht aber unter dem Aspekt der Infrastrukturerhaltung, der ebenso wichtig wäre. Ein positives Zeichen setzt hier die Unterstützung von Instandstellungsprojekten durch die Fachstelle Langsamverkehr des Kantons Graubünden, die beispielsweise die Instandstellung des «Polenwegs» über den Tomülpass, des mittelalterlichfrühneuzeitlichen Handelswegs von Roveredo auf den San JorioPass oder das Projekt «Giro dei secoli» in Poschiavo unterstützt, das Wege verschiedener Zeitstellung zu einem Rundwanderweg verknüpft (Abb. 2).
Wie die Praxis zeigt, besteht bei den historischen Verkehrswegen ein ausgewiesener Unterhalts und Erneuerungsbedarf, der über den blossen rechtlichen Schutz hinausgeht. Er schliesst auch weitgehende, umfassende Massnahmen von der Restaurierung bis zur Teilrekonstruktion ein. Der Bund subventioniert deshalb auch Massnahmen an Objekten nicht nur von regionaler und lokaler, sondern auch von nationaler Bedeutung (VIVS Art. 12). Der Bedarf ist aber grösser als die verfügbaren Mittel, die vom Bund, Kantonen und Gemeinden, Pärken, Stiftungen und Privaten aufgebracht werden können.
Nutzung bedingt Erhaltung, und umgekehrt Aber nicht nur die Nutzung der Wege ist das Problem, sondern zuallererst der laufende Unterhalt, der auch zeitnahe örtliche Reparaturen einschliessen muss, die fachgerecht auszuführen sind. Vielerorts reichen die Mittel der Gemeinden, die meist dafür aufkommen müssen, nicht aus. Besonders bei alpinen Saum und Fusswegen, die normalerweise nicht nur gebahnt, sondern ausgebaut waren, sind Schäden infolge Vernachlässigung des Unterhalts eher die Regel als die Ausnahme.
Grundsätzlich gilt: Der Unterhalt muss der Nutzung angemessen sein, wenn die historischen Verkehrswege dauerhaft erhalten werden sollen. Ausserdem
schützt frühzeitiges Eingreifen nicht nur die überlieferte Bausubstanz, sondern erspart auch zukünftige Unterhalts und Baukosten. Nutzung und Erhaltung bedingen sich gegenseitig, sie sind gleichrangige Ziele, denn die Nutzung legitimiert den Aufwand für die Erhaltung, und nur sachgemässe Erhaltung ermöglicht die weitere Nutzung.
2 Fortschreitende Erneuerung von Stützmauern am Rundwanderweg «Giro dei Secoli» in Poschiavo GR. (Foto: Gianni Zanoli, 2023)
Welche Nutzungen auf einem Weg stattfinden, ist dabei völlig zweitrangig, solange die Nutzung die Erhaltung des Objekts nicht gefährdet und den Weg, die Strasse oder eine Brücke nicht überbeansprucht. So kann beispielsweise auch die Einrichtung eines Bikewegs den Anlass für die Wiederherstellung eines historischen Saumwegs geben, der bereits dem Zerfall überlassen worden war, wie neuerdings am Nufenenpass (Abb. 3). Bereits kurzfristig treten dagegen häufig Schäden auf, wenn historische Wege ohne weiteres für die Nutzung durch Bikefahrende freigegeben werden.
Denkmalgerechte Bauweise
Die Anwendung traditioneller handwerklicher Bauweisen und Unterhaltsmassnahmen – und bei neueren Objekten wie der Sustenpass oder der Arther
3 Die Einrichtung einer neuen Mountainbikeroute ermöglichte die Instandstellung und Reaktivierung des zerfallenen historischen Saumwegs unterhalb der alten Passhöhe des Nufenenpasses VS, der zuvor von den Wandernden und Bikefahrenden gemieden worden war, was zu Erosionsschäden im Gelände führte. (Foto: Cornel Doswald, 2023)
4 Die Reaktivierung des eingewachsenen alten Fahrwegs von Punt Lü nach Lüsai, Val Müstair GR, ermöglicht die Entflechtung von Bike- und Wanderweg in diesem steilen Abschnitt. (Foto: Cornel Doswald, 2022)
strasse auch die industrielle Bautechnik des frühen 20. Jahrhunderts – muss vorausgesetzt werden. Sie sind vor allem in der technischen Vollzugshilfe «Erhaltung historischer Verkehrswege» zusammengefasst und werden auf der Website des IVS an zahlreichen Beispielen erläutert. Vor allem aber überliefern die bestehenden Bauwerke ihre Bautechnik selbst. Sie bilden die objektspezifischen Vorgaben für Reparaturen, Restaurierungen, Wiederherstellungen (Abb. 4).
Es gilt also, vom Objekt zu lernen!
5 Historische Bausubstanz in veränderter Umgebung: Die Artherstrasse am Zugersee besitzt hangseitig noch originale Bausubstanz der Gotthard-Zubringerstrasse von 1828, seeseitig intakte Bauelemente des Ausbaus zur Panoramastrasse 1931–39. (Foto: Cornel Doswald, 2008)
Technische Kompromisse können dabei notwendig sein, wenn Anpassungen an neue Nutzungsansprüche unvermeidlich sind. Entscheidend ist es, handwerklich korrekt ausgeführte, gestaltende Lösungen zu finden. Beispielsweise sind bei historischen Brücken der Einbau von Verstärkungen oder Abdichtungen erforderlich. Hier steht die Wahrung des Erscheinungsbilds im Vordergrund und, wo dies nicht möglich ist, die deutliche und gut durchgestaltete Ergänzung mit zeitgenössischen Mitteln. Andererseits ist oft auch der Rückbau von jüngeren Eingriffen von schlechter Qualität erforderlich; hier
gilt es dann, zu entscheiden, was ein zufälliger Eingriff und was ein Zeugnis der baugeschichtlichen Entwicklung des Objekts ist. Die in der Vollzugshilfe formulierten Grundsätze umschreiben die gültigen Richtlinien und den Ermessensspielraum (Doswald 2020, S. 12–13).
Wirkung erzielen
Über die bauliche Ausführung hinaus sind weitere Elemente bedeutsam, wenn die Instandstellung eines IVSObjekts langfristig gelingen soll. Selbstverständlich steht immer die funktionelle Wirkung im Vordergrund, das heisst, die weitere Nutzung. Ebenso wichtig für die Nachhaltigkeit einer Massnahme ist aber, dass neben ihrem Schutz auch der Unterhalt gewährleistet ist. Sonst verpufft ihre Wirkung in absehbarer Zeit. Dies ist eine zentrale Aufgabe jeder Projektträgerschaft, die zeitlich über den Abschluss des Instandstellungsprojekts hinausreicht. Wichtig ist auch, die Sichtbarkeit des Objekts und des erhaltenden Eingriffs zu gewährleisten. Dabei ist die Kommunikation vor Ort dauerhafter als die Kommunikation in Medien und die permanent zugänglichen Kommunikationskanäle sind wichtiger als einzelne, auch gross aufgezogene Anlässe. Dadurch kann die Kommunikation am und durch das Objekt auch die Wahrnehmung solcher Denkmäler fördern und weitere Projekte an ähnlichen Bauten motivieren.
Den Einsatz fokussieren
Der Landschaftswandel, der in den frühen 1980erJahren bereits unmittelbarer Anlass für die flächendeckende Erarbeitung des IVS war (Aerni, Schneider 1984), hat seit dem Beginn der Inventarisierung vor 40 Jahren nicht nachgelassen. Viele Inventargrundlagen waren bereits zum Zeitpunkt der Inkraftsetzung des Inventars am 14. April 2010 überholt. Die Erfahrungen der Kantone, die das Inventar systematisch in die Planungs und Baugesuchsverfahren umsetzen (namentlich Aargau, Bern und Zürich), haben einen starken Nachführungsbedarf ergeben (siehe Beitrag von Erika Flückiger Strebel und Martin Urwyler in diesem Heft). Viele IVSObjekt sind überprägt oder beseitigt worden und haben ihre im IVS nachgewiesene traditionelle Bausubstanz verloren, nicht zuletzt durch die Anpassung der Bewirtschaftungswege an die immer leistungsfähigeren landwirtschaftlichen Fahrzeuge. Manchmal zeugt noch eine Art Restsubstanz vom früheren Zustand, etwa in den sich ausdehnenden Siedlungsflächen. Viele Objekte sind durch schleichende, punktuelle Veränderungen inhomogen geworden, und ihre denkmalpflegerisch intakten Teile sind eingebunden in eine stark veränderte Strecke. Immer wieder fallen auch insgesamt intakte Objekte auf, deren Umgebung sich durch Einwachsen offener Wiesen und Weiden, durch landwirtschaftliche Intensivierung oder durch die
Ausdehnung der Bauzonen und durch Zersiedlung soweit verändert hat, dass sie ihre ursprüngliche Einbindung ins Landschaftsbild eingebüsst haben (Abb. 5).
Das Netz der historischen Verkehrswege ist vor allem in den Siedlungsräumen und den Flächen mit intensiver Landwirtschaft noch ärmer an Substanz geworden. Die historischen Verkehrswege werden damit von Zeugen früheren Alltags, die sich in der Landschaft eingeschrieben haben, zunehmend zu besonderen Baudenkmälern.
Ich möchte deshalb anregen, den Einsatz der verfügbaren Mittel für die Erhaltung historischer Verkehrswege zu fokussieren. Verschiedene Objektkategorien und qualitätsvolle Umgebungen bieten sich dafür an, etwa:
– Zusammenhängend erhaltene historische Weg und Strassenbauten (beispielsweise Abschnitte von historischen Saumwegen oder Kunststrassen mit zusammenhängender IVSSubstanz)
– Geländedenkmäler (vor allem Hohlwegsysteme)
– Objekte, die in intakte landschaftliche oder städtebauliche Umgebungen eingebunden sind (Landschaften des BLN (Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler), Pärke von nationaler Bedeutung, national und regional eingestufte Ortsbilder des ISOS (Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz))
Das soll nicht heissen, dass der Gestalt von Wegen und Strassen als Elementen des Landschafts und Ortsbildes nicht generell grosse Beachtung zukommen muss (vgl. dazu etwa anthos 1/1997, anthos 1/2011, Werk, Bauen + Wohnen 12/2000; Abb. 6). Es besagt nur, dass dort, wo IVSObjekte nur noch in Spuren oder als Relikte vorhanden sind, der Aspekt der Gestaltung grössere Bedeutung hat als der Aspekt des Schutzes und der Erhaltung überlieferter Elemente. Auch hier hat das «Gestaltungskonzept Urner Passstrassen» mit seinen Differenzierungsgrundsätzen wichtige Vorarbeit geleistet.
6 Neu durchgestaltete Hauptverkehrsstrasse in alpiner Umgebung: Die Gotthardpassstrasse windet sich durch die Schöllenenschlucht. Autostrasse und Langsamverkehrsroute sind entflochten und intelligent getrennt. (Foto: Cornel Doswald, 2019)
Weiterführende Weblinks des IVS www.ivs.admin.ch/ dokumentation/ bewaehrte-baupraxis www.ivs.admin.ch/ dokumentation/ ausgewaehlte-instandstellungen
Cornel Doswald Historiker und Archäologe, selbstständiger Experte für historische Verkehrswege und Kulturwege, Mitarbeiter am IVS und langjähriger Leiter der Abteilung Beratung von ViaStoria, Projektleiter der Technischen Vollzugshilfe «Erhaltung historischer Verkehrswege», Verfasser des «Gestaltungskonzept Urner Passstrassen». cornel.doswald@hispeed.ch
RÉSUMÉ REMISE EN ÉTAT DES VOIES DE COMMUNICATION HISTORIQUES –RÉTROSPECTIVE ET PERSPECTIVE
L’Inventaire des voies de communication historiques de la Suisse vise à protéger la substance conservée de ces voies. Mais la garantie offerte à un objet donné ne dépend pas seulement de son inventorisation. Plus importants sont la poursuite de son exploitation dans le cadre d’un réseau de transport, son entretien approprié et la conscience de sa valeur de la part de l’autorité responsable. Les voies historiques constituent en premier lieu, comme toutes les constructions routières, une infrastructure qu’il faut entretenir et rénover. Dans leur cas aussi, l’utilisation conditionne l’entretien, et viceversa ; cependant, on oublie souvent leur aspect d’attraction touristique. Leur particularité est que toutes les transformations et mesures de rénovation qui leur sont appliquées doivent être menées dans le respect de leur caractère de monument, c’estàdire, en général, de manière artisanale. Ainsi seulement les mesures de remise en état peuvent provoquer l’effet souhaité. Enfin, vu l’état actuel des voies de communication historiques et des moyens d’entretien à disposition, il convient de cibler les interventions.
Bibliografie
Aerni, Klaus, Schneider, Hanspeter: Alte Verkehrswege in der modernen Kulturlandschaft – Sinn und Zweck des Inventars historischer Verkehrswege der Schweiz (IVS), in: Geographica Helvetica 1984, Nr. 3, S. 119–127.
anthos. Zeitschrift für Landschaftsarchitektur 1/1997: Transportwege und Landschaft.
anthos. Zeitschrift für Landschaftsarchitektur 1/2011: Wege, Brücken, Stege.
Bundesamt für Strassen (ASTRA), Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (EKD), Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) (Hg.): Technische Vollzugshilfe Erhaltung historischer Verkehrswege (Vollzugshilfe Langsamverkehr Nr. 8). Bern 2008. www.ivs.admin.ch/images/home/Vollzugshilfe_D_72dpi.pdf
Doswald, Cornel: Die alte Schollbergstrasse – vom archäologischen Befund zum regionalen Wanderweg, in: Wege und Geschichte 2014, S. 32–38.
Doswald, Cornel, Marrel, David: Die Umsetzung des IVS im Kanton Aargau. Einbindung in die Verwaltungsabläufe als Erfolgsfaktor, in: Wege und Geschichte 01/2018, S. 30–35.
RIASSUNTO
RIQUALIFICAZIONE DELLE VIE DI COMUNICAZIONE STORICHE – VALUTAZIONE E PROSPETTIVE
Lo scopo dell’Inventario delle vie di comunicazione storiche in Svizzera è quello di proteggerne la sostanza edile ancora presente. Tuttavia, il suo effetto protettivo non dipende solo dall’inclusione di un percorso nell’inventario. Presupposti altrettanto importanti sono il suo utilizzo come elemento della rete di traffico, una manutenzione adeguata e una promozione che ne sappia far riconoscere il valore.
Le vie di comunicazione storiche, come ogni struttura di traffico, sono innanzitutto oggetti che necessitano di manutenzione e ristrutturazione. Anche la loro utilizzazione accresce l’esigenza di manutenzione; eppure, spesso non si apprezza a sufficienza il fatto che rappresentano un’attraente infrastruttura turistica. Tutti gli interventi di modifica e rinnovamento, questa è una loro particolarità, devono essere eseguiti in modo appropriato all’oggetto, cioè quasi sempre con metodi artigianali. Solo così le riparazioni possono ottenere l’effetto desiderato. Infine, dato lo stato attuale delle vie di comunicazione storiche e i fondi disponibili per la loro conservazione, è importante concentrare gli sforzi.
Doswald, Cornel: Erhalten durch Benutzen. Grundsätze der Erhaltung historischer Verkehrswege, in: Wege und Geschichte 02/2020, S. 4–9.
Doswald, Cornel: Erhaltung – Homogenität – Integration. Ein Gestaltungskonzept für die historischen Urner Passstrassen, in: Wege und Geschichte 01/2021, S. 24–29.
Doswald, Cornel: Historische Verkehrswege als ökologische und touristische Infrastruktur.
Die Umsetzung des IVS im Landschaftspark Binntal, in: Wege und Geschichte 01/2021, S. 46–51.
Haupt, Isabel: Erinnerbare Landschaft – promenade d’ingénieur. Über den Richtplan zur Sustenpassstrasse, in: werk, bauen + wohnen 10/2009, S. 4–11.
Kanton Uri (Hg.): Gestaltungskonzept Urner Passstrassen. Altdorf 2021. www.ur.ch/publikationen/26969
Tiefbauamt des Kantons Bern, Oberingenieurkreis I (Hg.): Richtplan Sustenpassstrasse BE (RPS). o.O., o.J., Thun. werk, bauen + wohnen 1-2/2000: Territoriale Eingriffe – Landschaft aneignen.
BALADE VIAIRE EN ROMANDIE
Projets de restauration et statuts de protection
des objets IVS
Sandro Benedetti
Dans le numéro spécial de la revue Les chemins et l’histoire 2018/1 marquant les 15 ans de l’inventaire fédéral, un état des lieux de l’IVS en Valais et à Genève avait été établi.
Ce nouvel article élargit l’horizon et propose quelques réalisations et décisions prises depuis lors dans les cantons de Suisse occidentale.
Projets de restauration
Les cantons n’ont pas attendu l’entrée en vigueur de l’IVS en 2010 pour entreprendre de restaurer leur patrimoine viaire et protéger les principaux éléments de la substance historique figurant aujourd’hui sur les cartes de terrain IVS, mais le nombre de projets a clairement progressé depuis une dizaine d’années. Les remises en état les plus significatives sont illustrées sur le site internet de l’administration fédérale et servent d’exemples de référence. Certains cantons sont plus concernés que d’autres ; parmi les travaux entrepris récemment et soutenus par l’OFROU, les projets suivants offrent un aperçu des réalisations en Suisse occidentale.1
Valais – le chemin de Bächji à Oberstalden (VS 240.0.2)
La documentation IVS décrit brièvement l’histoire du chemin reliant Viège à Visperterminen et les principales caractéristiques du segment VS 240.0.2 qui fait face aux célèbres vignes d’Heida audessous d’Oberstalden.
Cet ancien chemin en matériaux terreux, ponctuellement revêtu par des vestiges d’empierrement de galets, est bordé de nombreux murs de soutènement de pierres sèches.
De l’arrêt de bus VisperterminenBächji, sa largeur tout d’abord de 1 mètre, s’élargit au long du ruisseau Bächji pour atteindre jusqu’à 2 mètres. Plusieurs murs de soutènement étaient écroulés ou menaçaient de le faire. Le revêtement était par endroits largement
érodé avec de longues « cunettes » longitudinales, causées par l’eau de ruissellement, mais plus particulièrement par l’action des freinages répétés effectués par les cyclistes à l’amont de chaque lacet.
La commune de Visperterminen a fait établir un programme de restauration avec les mesures suivantes :
1. Restauration des murs de soutènement et débroussaillage des abords immédiats.
2. Etablissement de nouvelles traverses avec des pierres dressées permettant l’évacuation des eaux de ruissellement et rendant le parcours moins confortable pour les deuxroues.
Les travaux ont été réalisés en deux étapes. Les murs de soutènement de la partie amont aux abords du hameau d’Oberstalden ont été restaurés avec les civilistes de la Fondation Action Environnement (FAESUS) en 2021 (fig. 1). Le revêtement, l’aménagement de traverses d’évacuation des eaux de surfaces et les murs de la partie aval ont été restaurés et établis par une entreprise locale en été 2023 (fig. 2).
Fribourg – la route des Neigles (FR 1.1.1)
1 Travaux en cours en 2021 pour reconstruire un mur de soutènement de pierre sèche dans le hameau d’Oberstalden (VS 240.0.2).
Au printemps dernier, la journée IVS organisée par l’OFROU a eu pour cadre la ville de Fribourg. A cette occasion, les participants ont pu découvrir les travaux récemment entrepris pour restaurer le mur de soutènement de la route des Neigles et les interventions réalisées sur le pont StJean.
La route des Neigles est l’ancien accès à la ville de Fribourg, par la porte de Berne. Elle est un témoin de la fin du Moyen Âge. Son mur de soutènement haut de 4 à 5 mètres et long d’environ 100 mètres a conservé l’essentiel de sa substance d’origine. Il est surmonté d’un parapet en blocs de grès arrondis. Même s’il avait été régulièrement entretenu depuis
ses quelque 500 ans d’existence, le mur présentait des signes importants d’érosion, de sorte qu’une restauration a été nécessaire.
Le mur a d’abord été consolidé aux endroits les plus instables ; puis, les éléments de maçonnerie altérés, les éléments en béton ainsi que le mortier à base de béton ont été enlevés pour restituer l’enveloppe extérieure conformément aux matériaux d’origine. Ils ont fait place à des pierres de grès et de tuf en privilégiant la réutilisation des anciens blocs ainsi que de mortier à base de chaux. Le parapet à son sommet a été crépi du côté de la rue, et, à sa base, une bande d’infiltration a été réalisée pour faciliter le séchage de la base du parapet (fig. 3).
Vaud – le pont des Planches (VD 1520.1)
Sur le canton de Vaud, au cours des deux à trois dernières années, plusieurs objets inscrits à l’IVS ont été restaurés. A Gryon, un mur en pierre sèche classé d’importance régionale (VD 1513.2) a été rétabli par une association. Chaque année, celleci entreprend la réfection d’une vingtaine de mètres de mur. A Rossinière, la réfection du Pont de la Tine (VD 15.1.3), également connu sous le nom de « RoseMarie » est en cours, tout comme le Pont des Planches (VD 1520.1) sur la commune d’OrmontDessous.
Le vieux Pont des Planches, appelé aussi « Pont des Moulins », permettait aux habitants de La Forclaz de rejoindre Le Sépey et Cergnat, centres politiques et religieux de la Commune d’OrmontsDessous.
L’ouvrage en maçonnerie a été édifié entre 1776 et 1779. Au fond du ravin de la GrandeEau, avec ses accès escarpés, il représentait un passage obligé entre La Forclaz et Le Sépey jusqu’à la construction d’un pont railroute en 1913. Il fut encore utilisé pendant plusieurs années pour les transports par char pour atteindre La Forclaz.
L’état de sa voûte présentant quelques moellons fissurés, la nécessité de reconstruire une partie des parapets et surtout le rétablissement des tirants de fer maintenant la structure, ont nécessité l’intervention en cours. La sécurisation du passage permettra le rétablissement du chemin pédestre qui l’emprunte (fig. 4).
Neuchâtel – le chemin des Pionniers (NE 458)
Le Parc régional Chasseral a entrepris la restauration de l’objet IVS NE 458 classé d’importance nationale. Cet objet connu sous le nom de chemin des Pionniers et valorisé aussi dans le cadre des itinéraires culturels en Suisse se situe dans le secteur de la montagne de Cernier et de la montagne de Chézard. Ce sont des « charrières » ou double murs de pierres sèches que le projet a dénommé « Boviducs » pour l’occasion. Le rétablissement des murs de pierres sèches effondrés a permis de restituer leur fonction paysagère et agricole (fig. 5). Traditionnellement, ils servent de limite de parcelle et per
mettent une conduite plus sûre des troupeaux dans les divers pâturages.
Le Parc régional Chasseral, responsable des travaux, a défini les étapes et les détails des mesures avec les propriétaires. Il a mis en place des chantiers nature impliquant des écoles et des groupes d’adultes. Il poursuit aujourd’hui ces prestations et envisagent de restaurer ainsi d’autres voies de communication historiques sur son territoire.
Statut de protection – survol législatif1
Même si les cantons ont été rendus attentifs à l’existence de l’IVS dès sa conception, puis à l’occasion de l’entrée en vigueur de l’ordonnance fédérale en juillet 2010, l’application de celleci a pris un certain temps. Les effets de protection tardent encore parfois. De sorte que, depuis la réalisation des relevés figurant sur les cartes de terrain, la situation a évolué, parfois de manière importante. La substance historique, pour une partie, a été déjà largement altérée.2
Dès sa finalisation en 2003, mais aussi – et surtout – depuis que l’arrêt du Tribunal fédéral Rüti a rappelé l’importance pour les cantons et communes de tenir compte de l’IVS dans l’exécution de leurs tâches de planification, les cantons ont entrepris d’intégrer les voies de communication historiques dans leurs bases légales et/ou d’éditer des guides et directives.
Le canton de Berne a publié en 2016 un guide pour l’exécution des voies de communication historiques du canton de Berne. Ce guide de référence a le mérite de présenter clairement, non seulement les procédures et démarches concernant les objets d’importance nationale, mais aussi la manière de considérer les itinéraires, tracés et segments d’importance régionale et locale. Le réseau des voies de communication historiques figure dans le plan sectoriel du réseau des itinéraires de randonnée pédestre du canton. Une carte spécifique leur est consacrée. La fiche de mesure E_09 du plan directeur tient compte de l’IVS. L’Office des ponts et chaussées (OPC) est le service cantonal spécialisé en charge de la protection des voies de communication historiques. Dans le canton de Fribourg, divers recensements thématiques, nationaux ou cantonaux, ont été réalisés et intégrés au recensement des biens culturels immeubles (RBCI), ouvrant la possibilité de mettre sous protection les objets étudiés. L’Inventaire des voies de communication historiques a le statut de recensement thématique et ainsi fait l’objet de réévaluation à l’occasion des révisions de plans d’aménagement local. L’ensemble du recensement de l’IVS est disponible en ligne depuis l’automne 2010 sur le portail cartographique du canton. Depuis juin 2018, toutes les communes fribourgeoises disposent d’un recensement des immeubles. La fiche
T115 du plan directeur est consacrée aux sites construits à protéger et chemins historiques. Contacté,3 le canton de Vaud souligne que seuls les objets d’importance nationale répertoriés dans l’inventaire sont protégés en vertu de l’ordonnance fédérale (OIVS). Par conséquent, la protection et la préservation des objets d’importance régionale ou locale relèvent de la compétence des autorités communales. Les services cantonaux vaudois recommandent aux communes de transcrire les voies de communication d’importance locale et régionale dans leurs plans d’affectation communaux. Les règles de bonnes pratiques préconisent également de faire superviser la préparation, l’exécution et la rénovation éventuelle des aménagements ou de tout autre travail susceptible d’avoir un impact sur les voies inscrites à l’IVS par un expert IVS, afin de minimiser les éventuels dommages inévitables. Il
est recommandé aussi de prendre contact avec la Division des monuments et des sites avant le démarrage de tout projet d’aménagement prévu sur des tronçons classés à l’IVS. Le recensement architectural demeure l’outil fondamental permettant la mise en place de mesures de protection sur des objets constituant la substance historique d’un tronçon inscrit à l’IVS (pont, borne, mur, etc.), conformément à la Loi vaudoise sur la protection du patrimoine culturel immobilier (LPrPCI).
En Valais, la loi sur la protection de la nature, du paysage et des sites (LcPN) est dotée d’un article sur les voies de communication historiques. Le Conseil d’Etat règle la protection des voies de communication historiques et encourage leur maintien et leur mise en valeur (art. 20a LcPN). L’ordonnance y relative (art. 27a OcPN) règle l’inventaire, le classement et la mise sous protection des objets IVS. La fiche C.3 du plan directeur cantonal a pour principe de
5 Mur libre servant de limite entre le pâturage et l’objet IVS NE 548 restauré au cœur du parc Chasseral.
garantir, par des mesures de planification et de coordination adéquates, la sauvegarde et la mise en valeur des voies de communication historiques. Le réseau des voies de communication historiques classées d’importance nationale, régionale et locale figure sur la carte interactive cantonale (SIT Valais).
Le Service immobilier et patrimoine est le service IVS. Il est conseillé par le Bureau d’études Impact SA qui a succédé à ViaStoria dans cette tâche.
A Genève,4 l’office du patrimoine et des sites est en charge de l’application de l’IVS. Une pétition pour la préservation d’une voie de communication historique, à Onex, a été récemment l’occasion de rappeler en séance du Grand Conseil le statut des objets IVS classés d’importance nationale (art. 5 LPN et OIVS) et l’importance du patrimoine comme outil d’aménagement. A noter qu’en 2007 déjà, le canton prévoyait de mentionner les voies de communication dans la loi cantonale sur la protection des monuments, de la nature et des sites (LPNMS), mais le projet de révision avait été refusé. En 2018, la révi
sion partielle du plan directeur des chemins de randonnée pédestre a intégré plusieurs objets IVS dans le réseau, afin notamment de valoriser ceuxci. Le plan directeur cantonal 2030 prend en compte l’IVS dans sa fiche A15 consacrée à la préservation et la mise en valeur du patrimoine, la carte n°5 figure le réseau d’importance nationale, régionale et locale. A Neuchâtel, la section Conservation du patrimoine est en charge de l’IVS. Le canton rappelle sur la page de son site internet dévolue à l’IVS que les données récoltées dans l’inventaire fédéral peuvent servir d’instrument dans le cadre de la planification territoriale, de même que dans le domaine du tourisme (pédestre par exemple). A noter que les voies de communication sont citées à l’art. 2 du Règlement d’application de la loi sur la sauvegarde du patrimoine culturel, elles peuvent être considérées comme bien culturel protégé (RLSPC du 25 janvier 2021). Le recensement architectural du canton se fonde notamment sur l’Inventaire fédéral des voies de communication historiques de la Suisse (art. 6 al.2 RLSPC). L’IVS est plusieurs fois mentionné dans le plan directeur cantonal pour sa valorisation et la préservation de ses éléments (Fiches R_33, R_35, S_31).
Dans le canton du Jura, la section d’archéologie et paléontologie de l’Office cantonal de la Culture est en charge de l’IVS. A l’instar d’autres cantons, la République et canton du Jura intègre un article type dans le modèle de base de règlement communal sur les constructions à disposition des communes et des bureaux mandataires. L’art. 207 du chapitre III consacré au patrimoine architectural, historique et archéologique invite les communes à ménager la substance historique des éléments d’importance régionale et locale et à indiquer les voies de communication historiques concernés sur leur territoire. L’alinéa 3 précise que « Les modifications des éléments avec beaucoup de substance » sont à éviter, y compris le changement du type de revêtement. Les abords immédiats des éléments « avec substance sont, dans la mesure du possible, à conserver dans leur état. » Il s’inspire ainsi du contenu des articles 6 et 7 de l’ordonnance fédérale. L’IVS est référencé dans la fiche 1.13 du Plan directeur consacrée au Petit patrimoine.
Evaluer l’impact sur les objets classés à l’IVS De manière générale, la préservation des voies de communication historiques est détaillée dans les guides et recommandations de la Confédération, les cantons s’y référent. Par ailleurs, les objets IVS sont à considérer lors de l’établissement des rapports et notices d’impact sur l’environnement. En 2019, le groupement des responsables des études d’impact de la Suisse romande et du Tessin (GREIE) a consacré sa journée d’information au patrimoine ; une présentation de l’IVS y a été faite et notamment une
proposition pour évaluer l’impact des projets sur la substance historique des objets classés. Une synthèse a été publiée dans le bulletin de l’ARPEA5 en hiver 2020. L’OFROU et l’OFEV ont intégré un chapitre consacré à l’IVS dans la Liste de contrôle
environnement pour les projets des routes nationales non soumis à l’EIE, une référence importante pour toutes les études environnementales et de quoi préserver durablement les voies de communication historiques.
ZUSAMMENFASSUNG
EIN STREIFZUG ÜBER DIE WEGE
DER ROMANDIE – RESTAURIERUNGSPROJEKTE UND DER SCHUTZSTATUS VON IVS-OBJEKTEN
Seit seinem Inkrafttreten, und sogar seit seiner Erstellung, hat das Bundesinventar IVS die Erhaltung und Restaurierung zahlreicher historischer Wege und Bauwerke ermöglicht. Mehrere kürzlich abgeschlossene oder noch im Bau befindliche Sanierungsprojekte werden in diesem Beitrag auf einer «Tour de Romandie» vorgestellt, darunter ein Weg im Land des Heida in den Rebbergen der Gemeinde Visperterminen, eine Brücke im OrmontsTal, eine Brücke und eine Stützmauer in der Stadt Freiburg und die «Boviducs», die Viehtriebwege im Herzen des regionalen Naturparks Chasseral.
Der zweite Teil bietet einen Überblick über den Schutzstatus von IVSObjekten und die Anwendung der VIVS in den Kantonen der Romandie. Wie bei der Erarbeitung des Inventars unterscheidet sich auch die Anwendung der Verordnung von Kanton zu Kanton.
Bibliographie
ARE, OFROU, OFEV, OFC (ed.), 2012 : Recommandation pour la prise en considération des inventaires fédéraux au sens de l’article 5 LPN dans les plans directeurs et les plans d’affectation. Berne 2012.
Benedetti, Sandro : L’IVS – Inventaire fédéral des voies de communication historiques de la Suisse, in : arpeamag n°283/hiver 2020.
OFROU : Ordonnance concernant l’inventaire des voies de communication historiques de la Suisse (OIVS) –Ordonnance et Rapport explicatif. Documentation mobilité douce n°122, (édition révisée), juin 2018.
OFROU, OFEV : Liste de contrôle environnement pour les projets des routes nationales non soumis à l’EIE –Directive 18002, édition V2.03. DETEC – OFROU et OFEV. Berne 2017
OFROU : Voies de communication historiques – Une contribution à la conservation d’un bien culturel suisse. Matériel pour la mobilité douce n°156. Berne 2022.
RIASSUNTO
UNA SCORRIBANDA LUNGO LE VIE
DELLA SVIZZERA ROMANDA
I PROGETTI DI RESTAURO E LO STATO DI PROTEZIONE DEGLI OGGETTI IVS
Dalla sua entrata in vigore e fin dalla sua realizzazione, l'Inventario federale IVS ha permesso la conservazione e il restauro di numerosi sentieri e strutture edili storiche. In questo articolo vengono presentati diversi progetti di restauro recentemente completati o ancora in fase di realizzazione in un «Tour de Romandie», tra cui un sentiero nella terra dell'Heida, nei vigneti del comune di Visperterminen, un ponte nella valle di Ormonts, un ponte e un muro di contenimento nella città di Friburgo e i «Boviducs», i sentieri per il trasporto del bestiame nel cuore del parco naturale regionale del Chasseral.
La seconda parte fornisce una breve panoramica sullo stato di protezione degli oggetti IVS e sull'applicazione della OIVS nei Cantoni della Svizzera francese. Come per la realizzazione dell'inventario, l'applicazione del regolamento varia da Cantone a Cantone.
OPC (Office des ponts et chaussée du canton de Berne) : Voies de communication historiques dans le canton de Berne – Guide pour l’exécution, 1ère actualisation, juin 2016.
Sandro Benedetti
Géographe diplômé de l’UNIL, il a travaillé à la réalisation de l’IVS et à sa valorisation de 1999 à 2014. Il est aujourd’hui directeur associé du Bureau d’études Impact SA à Sion et préside l’association Vallis Triensis. sandro.benedetti@impactsa.ch
Notes
1 Ce paragraphe se veut un survol du sujet montrant la diversité des approches cantonales, il n’est en rien exhaustif et ne saurait être considéré comme tel.
2 Comme le souligne Erika Flückiger Strebel et Martin Urwyler dans leur article justifiant notamment la mise à jour de l’IVS.
3 D’après les informations de Nicolas Liechti, responsable communication du DEIEP.
4 D’après les informations de Patrick Mollard, directeur du service des monuments et des sites (SMS).
5 Association romande pour la protection de l’environnement –3e journée d’information du Groupe des responsables de l’étude d’impact sur l’environnement, grEIE.
DIE INVENTARE VORARLBERGS – AUSSTRAHLUNG DES IVS NACH ÖSTERREICH
Anna
Maria Drexel und Manfred Kopf
1 Lawinenschutzmauern am Heuberg, entstanden ab 1907, Mittelberg im Kleinwalsertal mit Widderstein im Hintergrund. (Foto: AM Drexel)
In Vorarlberg, dem westlichsten zur Schweiz angrenzenden österreichischen Bundesland, wurden zahlreiche Initiativen zur Dokumentation und Aufwertung der Natur- und Kulturlandschaft gesetzt. Der Landschaftsraum wird auf Augenhöhe zum Siedlungsraum betrachtet und rückt in den Fokus der Raumplanung.
Der historische Planungsfokus in der Raumplanung konzentrierte sich über viele Jahrzehnte hinweg sehr stark auf die Siedlungsgebiete. Freiraum und Landschaft wurden oft nur als «Restraum» betrachtet, von dem nach Bedarf Flächen für intensivere Nutzungsansprüche verwendet wurden. Augenscheinlich wird dies in den ersten Flächenwidmungsplänen der Gemeinden ab Mitte der 1970erJahre, die lediglich die als Bauflächen gewidmeten Gebiete abbildeten.
Um den Landschaftsraum in Vorarlberg stärker in den raumplanerischen «Freiraumfokus» zu nehmen und diesen als gleichberechtigten Planungsgegenstand neben dem Siedlungsraum zu etablieren, erfolgten in den vergangenen Jahren verschiedene Inventarisierungen von Kulturlandschaftsobjekten und Landschaftsräumen, die zwischenzeitlich auch als Planungsgrundlagen von zunehmender Bedeutung sind.
So wurde zum Beispiel im Montafon im Rahmen des Kulturlandschaftsinventares Montafon (KLIM) der historische Maisässbestand
erfasst, ein Thema, das auch in der Raumentwicklung Montafon Beachtung erhielt. Die Novelle des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes im Jahr 2015, die die Ausweisung von Maisässgebieten ermöglichte, erfolgte auf Grundlage dieser Erhebungen und thematischen Auseinandersetzungen. In diesen Gebieten ist heute eine geordnete und zeitgemässe Nutzung der vielen, für die damalige landwirtschaftliche Nutzung benötigten Maisässobjekte, verknüpft mit einer Instandhaltungs und Bewirtschaftungsverpflichtung, möglich.
Ein weiteres Modul in der Erfassung wertvoller Kulturlandschaftselemente stellt die Inventarisierung historischer Natursteinmauern dar1, auf die im nachfolgenden Text noch genauer eingegangen wird. So konnten in den vergangenen Jahren in Vorarlberg in 38 Gemeinden 1064 Mauern mit einer beachtlichen Gesamtlänge von 41,5 Kilometer erfasst werden. Diese Zahlen lassen erahnen, dass der noch nicht erfasste Gesamtbestand an historischen Mauern in Vorarlberg sehr hoch sein dürfte.
Im Sinne einer modularen Erweiterung von Kulturlandschaftsinventarisierungen wurde auch das Thema Heubargen im Klostertal anhand von 25 ausgewählten Beispielobjekten vertiefend erforscht. Es wurden sowohl bauhistorische und kulturlandschaftliche Aspekte betrachtet als auch historische Recherchen durchgeführt. Auch hier zeigen die ersten Ergebnisse wie bedeutend die Objekte für die frühere landwirtschaftliche Bewirtschaftung waren. Die noch erhaltenen historischen Kleinbauwerke sind wertvolle Zeugen für das Verständnis, wie die Kulturlandschaft im Klostertal entstanden ist und welche Veränderungen mit der Auflassung der Bewirtschaftung in Teilbereichen in der Zwischenzeit stattgefunden haben. Eine besonders wertvolle Inventarisierung für raumrelevante Entscheidungen stellt das Inventar Weisszone dar, in dem die wenig erschlossenen, ursprünglichen alpinen Natur und Kulturlandschaften Vorarlbergs umfassend dokumentiert sind. Nach einer einheitlichen Methodik wurde in 38 der 96 Gemeinden des Landes rund ein Drittel der Landesfläche als Weisszonen ausgewiesen. Für insgesamt 83 Landschaftsräume liegen detaillierte Gebiets und Nutzungsbeschreibungen vor.2
Mit den verschiedenen planerischen Initiativen zur Dokumentation und Aufwertung der Kulturlandschaft in Vorarlberg wird auch dem im Jahr 2019 von der Vorarlberger Landesregierung beschlossenen Raum
2 Ausschnitt zu Flächennutzung und Mauerformen im «Wingat, Fuschgel» in Röns/Düns: Kataster von 1857 (Urmappe), Orthofoto und Foto Gelände 2011. (Landesvermessung Vorarlberg, Foto: BOKU Wien)
bild Vorarlberg 2030, dem räumlichen Entwicklungsleitbild des Landes, Rechnung getragen.3 Darin wird den Zielsetzungen zu Freiraum und Landschaft besonderes Augenmerk geschenkt, speziell sollen Landschaftsbilder erhalten werden, die für die regionale Identität sehr wichtig sind.
In den letzten 20 Jahren widmeten sich in Österreich immer wieder punktuell Projekte der Erhaltung von Kulturlandschaften und ihren Elementen. Das Hochwasserereignis 2002, das grosse Zerstörungen der Weinterrassen des Tourismusmagneten Wachau im Osten Österreichs bewirkte, war Auslöser für die erste regionale Initiative zur Erhaltung dieser die Kulturlandschaft prägenden Kleinbauwerke und zum Wiederaufbau lokalen Handwerkswissens. In Vorarlberg waren die Vorarbeiten des Historikers Helmut Tiefenthaler zu historischen Verkehrswegen die Basis,4 auf der vor etwa 15 Jahren die ersten Vorhaben aufbauen konnten. Die herausragenden Arbeiten in der Baudenkmalpflege im Nachbarland Schweiz,5 das Inventar historischer Verkehrswege der Schweiz IVS und nicht zuletzt die rapide fortschreitende Inanspruchnahme der Landschaften des prosperierenden kleinsten Bundeslandes durch Gewerbe, Siedlungen und Tourismusinfrastruktur förderten ein wachsendes Bewusstsein und Initiativen zur Erhaltung charakteristischer Kulturlandschaften und ihrer Elemente in Vorarlberg.6
Buchstäblich der Zündfunke für den Start zu einer Inventarisierung war die Präsentation der Vollzugshilfe «Erhaltung historischer Verkehrswege» im Rahmen einer Fachtagung des Bundesamtes für Strassen ASTRA am 26. November 2008 in Bern. Mit diesem Instrument hatte sich die Schweiz bereits einen nationalen Standard zur Erhaltung erarbeitet, Vorarlberg stand noch ganz am Anfang.
3 Inventarblätter des Mauerinventares Vorarlberg (MIV).
(Aufbau und Inhalt: BOKU Wien)
4 Jordan auf der NegrelliKarte von 1824 und im Kataster von 1857 mit Mauerensembles an und im Umfeld der historischen Vanovagasse.
(Karte: Vorarlberger Landesarchiv, BOKU Wien)
Auf Wunsch des Landes Vorarlberg sollten jedoch nicht die historischen Wege, sondern zunächst die noch erhaltenen Trockensteinmauern in den Fokus genommen werden. Ein erster Testlauf fand als Pilotprojekt der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau, unter Einbeziehung von Studierenden in einer Berggemeinde des Vorarlberger Rheintales (Zwischenwasser) statt. Dank einiger beherzter Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde folgten im Anschluss mehrere Sanierungen von alten wegbegleitenden Mauern. Dieser erfolgreiche Verlauf motivierte die Landesraumplanung in Vorarlberg zur Beauftragung weiterer Inventarisierungen.
So erfolgte im Zeitraum von 2009 bis 2022 Schritt für Schritt die Erfassung der historischen Mauern in 23 von 96 Gemeinden vollständig und in weiteren 15 teilweise. Der gesamte Mauerbestand entlang der Landesstrassen wurde ebenso inventarisiert, wie die in den Jahren 1907–1920 errichteten ältesten und sehr umfangreichen Lawinenschutzmauern im Kleinwalsertal auf Vorarlberger Gebiet (Abb. 1).
Das Mauerinventar Vorarlberg
Die Inventarisierung historischer Mauern in Vorarlberg (MIV) stellt bis dato ein wesentliches Kernstück des Vorhabens dar. Es ist vom Umfang her am weitesten gediehen. Hier wurde die Methodik entwickelt und die angestrebten Ergebnisse sowie Instrumente geschärft. Ziel war es, verortete Informationen als eigener Layer auf der GeoinformationssystemPlattform des Landes (VOGIS) für die Entscheidungsträger in Land und Gemeinde bereit zu stellen. Das Inventar sollte in der Praxis von Planung und Verwaltung (Orts und Regionalentwicklung, Touristik etc.) hilfreich und deshalb schlank, verständlich konzipiert und unmittelbar einsetzbar sein. Besitzerinnen und Besitzer wie auch Nutzerinnen und Nutzer sollten für die historische Bedeutung, den schonenden Umgang und die Erhaltung des historischen Bestandes sensibilisiert werden und dieser so vor Verfall oder Abbruch, gegen Umformung und Beeinträchtigung durch Nutzungsdruck etc. besser geschützt sein. Folgerichtig sah das Arbeitskonzept vor, jeweils eine interessierte Gemeinde vollflächig zu erfassen und die Präsenz bei den intensiven Begehungen und Aufnahmen der Objekte mit einem Austausch mit den Ortsbürgern zu verbinden.
Methodisches Vorgehen / Arbeitsweise
Die Geländearbeit wird durch eine vergleichendanalytische Auswertung der Textquellen und diverser Kartenwerke, die heute bereits in grosser Zahl und digital zur Verfügung stehen, vorbereitet (historische Karten, Orthofotografien im GIS). Basis des Mauerinventares ist die in der Kulturlandschaftsforschung klassische Geländeerhebung des gegenwärtigen Bestandes. Die Bauwerke werden vermessen und bauhistorisch mit Skizzen, Fotos und Texten erfasst, aber auch in ihrem Bezug zu Landschaftsraum, Ort, Wirtschaftsflächen und Verkehrswegen beschrieben. Zeitlich zurückgehend wird dieser Bestand vor allem mit dem Franziszeischen Kataster aus dem Jahre 1857 (die sogenannte Urmappe) und den Luftbildern aus den 1930er bzw. 1950erJahren, älteren und aktuellen Orthofotografien und, soweit verfügbar, mit noch älteren Kartenwerken und historischen Fotografien, verglichen. Weiters werden regionalgeschichtliche Literatur, Flurnamenkarten und, wenn möglich, Primärquellen (Archive) ausgewertet. Sie dienen als Ergänzung und Interpretation des Befundes in Hinblick auf Entstehung, Funktion
und Bedeutung der Mauern. In der Regel ist eine Datierung nicht möglich, seltene Ausnahmen sind eingebaute Inschriften mit Baudaten. Eine zeitliche Einordnung ist daher nur durch Zusammenschau mit anderen textlichen und planlichen Quellen über Interpretation möglich. Seltene wertvolle Funde von historischen Bildquellen und während den Geländeerhebungen geführte Gespräche im Sinne der Oral History zeigen ehemalige Ausmasse und damalige wie aktuelle soziale Bedeutung der Mauern.
Die MIV Mauerinventar Vorarlberg, die Pilotprojekte zu Heubargen und historischen Wegen wurden vom Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau der BOKU Wien (Kontakt DI Dr. Anna Maria Drexel) in Kooperation mit Fachleuten aus GIS, Geotechnik, Denkmalpflege und Trockenmauerbau, gemeinsam mit dem Museumsverein Klostertal und den Montafoner Museen erstellt. Auftrag oder Fördergeber ist das Land Vorarlberg, Abteilung Raumplanung und Baurecht.
Trockenmauern wurden als traditionelles Handwerk in die Liste des Immateriellen Kulturerbes Österreich der UNESCO aufgenommen. 2023 erhielt die Trockensteinmauerschule in Langenlois ein offizielles Format. Sprecher und Kontaktperson ist Mag. Rainer Vogler.
Bericht / Dokumentation
Der Forschungsbericht selbst verknüpft die Befunde in Hinblick auf Entstehung, Funktion sowie sozialer, historischer und bautechnischer Bedeutung. Die Bewertung der Objekte erfolgt hinsichtlich ihres kulturellen Erbes, des Handwerkswissens, ihrer Bedeutung für das Ortsbild und die Kulturlandschaft. Synthetische Karten informieren zu Funktion und Bauweisen, Zustand, Alter und anderem (Abb. 2). Der Forschungsbericht ist verknüpft mit dem Inventar, in dem jede Mauer auf drei Seiten beschrieben und empfohlene Massnahmen zum Erhalt des Objektes formuliert werden (Abb. 3). Das Inventar ist Information und Anleitung für Besitzerinnen und Besitzer, Planungsinstrument für die Gemeinden und für alle im VOGIS abrufbar.
Insgesamt wurden, mit den durch das Land Vorarlberg beauftragen Inventarisierungen, bis dato 1064 Mauern mit einer Gesamtlänge von 41 450 Meter erhoben und im Vorarlberg GIS (VOGIS) der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Zahlreiche Präsentationen, Artikel und der publizierte Leitfaden «Natursteinmauern in Vorarlberg. Ein Kulturgut. Erforschen. Erhalten. Weiterentwickeln» kommunizierten die Ergebnisse und Empfehlungen den Gemeinden und Bürgern.
Erhaltung
Bei der Finanzierung der MauerInventarisierung einer Gemeinde ist diese zur Leistung eines Beitrages und zur Umsetzung eines Erhaltungsprojektes angehalten. Seit Beginn des Mauerinventares wurden über 25 Sanierungen durchgeführt, zumeist mit Gemeindebürgern unter Leitung eines erfahrenen Trockenmauerbauers. Auch die Sanierungsarbeiten werden durch das Land Vorarlberg finanziell unterstützt. Trockenmauern entstanden, um Hänge zu terrassieren, Nutztiere in Gassen auf ihre Weideplätze zu treiben oder Grundstücke einzufrieden. Und sie waren vielfach als Stützmauern bei der Anlage von Wegen im Gelände erforderlich. So ist klar, dass zahlreiche der erhobenen Mauern in Zusammenhang mit lokal oder regional bedeutenden Wegen stehen (Abb. 4). Hier darf erwähnt werden, dass bei der Landesraumplanung Vorarlberg auch die Koordination für das Vorarlberger Wanderwegekonzept liegt, eine im Jahr 1995 geschaffene einheitliche Markierung und Beschilderung der 6257 Kilometer Wanderwege (2022) nach Schweizer Vorbild. Diese kulturlandschaftsorientierte Freiraum bzw. Erholungsplanung, dient nicht nur zur Sicherung einer geordneten Zugänglichkeit und Erlebbarkeit der Landschaft für die Bevölkerung, sondern führte auch zu Synergien im Zusammenhang mit der Mauerinventarisierung.
Eine Mauer sticht im Vorarlberger Vergleich besonders hervor, die über 400 Meter lange, in einen sehr steilen Südhang gelegte Vanovagasse in den BlumeneggGemeinden Bludesch und Thüringen. Sie reicht durch Quellen belegt bis in das Jahr 1420 zurück, ist vermutlich jedoch noch deutlich älter. Die Gasse und die imposante historische Mauer wurden vermutlich zur Bewirtschaftung der Hanglage mit Wein und dem darüberliegenden Gut ausgebaut. Nur mehr als Wanderweg genutzt, viele Jahrzehnte
5 Sanierungsarbeiten an der Vanovagasse durch eine Gruppe von Studentinnen und Studenten der BOKU Wien, 2016. (Foto: AM Drexel)
nicht unterhalten, verfielen Weg und Mauer in einen Dornröschenschlaf. Aus diesem wurden sie durch die Anlage von Steinschlagschutzzäunen, ohne be
6 Sanierung einer Mauer in Dornbirn Achrain durch die Landesstrassen Vorarlberg.
(Foto: Manfred Kopf)
7 Leben in der Alpgasse am Beginn des 19. Jahrhunderts, Gauertal, Tschagguns, 1928.
(hist. Foto: Privatarchiv Friedrich Juen)
gleitende Massnahmen für das wertvolle historische Relikt, jäh geweckt. Die Schäden an der Mauer waren gross, die Dimensionen des Bauwerkes herausfordernd und die Sanierung Neuland. Dank dem seit längerem bestehenden Kontakt der Autorin zur Stiftung Umwelteinsatz Schweiz (SUS)7 konnte 2016 mit deren Knowhow eine erste Sanierungsetappe gestartet werden. Bis heute sind durch die Gemeinden und die BOKU Wien sowie durch weitere Finanzierung im Rahmen eines LEADERProjektes8 und des Landes nahezu 100 Laufmeter der die Vanovagasse begleitenden Mauer saniert. Während der Projektwochen arbeiten zwei Trupps gleichzeitig: Eine Gruppe von Studentinnen und Studenten saniert unter Anleitung eines Schweizer Experten für Trockenmauern Abschnitte unter 2 Meter Höhe, die andere Gruppe von Professionisten und Ortsbürgern Abschnitte mit Mauerhöhen bis über 3 Meter Höhe (Abb. 5).
Für die Erhaltung und Sanierung wurden Leitlinien entwickelt, wie sie auch die Wegleitung des IVS kennt. In jedem Mauerinventar werden sie für die Gemeinde erläutert: Substanz schonen, Fehlendes fachgerecht ergänzen und unterhalten, alle Epochen respektieren und nicht verfälschen, Veränderungen harmonisch, aber unterscheidbar in den Bestand einfügen, mit heutigen Mitteln sanieren, wenn historische Techniken nicht ausreichen.
Ein Fazit aus den vergangenen fünf Jahren Erhaltung zeigt, dass die Sanierungsarbeiten in verschiedenen Händen liegen und der Kostendruck stark ist – und damit schliesst sich der Bogen zum Startpunkt, der Vollzugshilfe des IVS: Zur Erreichung der Erhaltungsziele und Qualitätssicherung ist eine rechtlichorganisatorische Verankerung von Leitlinien, wie es in der Schweiz mit der Vollzugshilfe und der Verordnung über das Bundesinventar der historischen Wege gelang, unabdingbar.
Pilotprojekt Via Valtellina im Montafon - Altwegeinventar Österreich (ALWIN)
Seit 2022 läuft unter dem Titel «Altwegeinventar Österreich (ALWIN)» eine Initiative zur österreichweiten Erfassung historischer Wege nach dem Schweizer Vorbild. Der Beitrag von Ferdinand Lainer in diesem Heft erläutert die Akteure dieses Netzwerkes und die Ziele eines ersten, auf drei Jahre angesetzten Vorhabens näher. Hier sei nur erwähnt, dass über Österreich verteilt repräsentativ fünf unabhängige Pilotgebiete mit unterschiedlichen Schwerpunkten ausgewählt wurden, darunter die Via Valtellina in Vorarlberg. Mit den erzielten Ergebnissen sollen einerseits eine Basis für die Festlegung eines Weissbuches zur Methodik einer österreichweiten Erfassung erfolgen und andererseits eine Trägerschaft und weitere Förderungen gefunden werden.
Im Frühjahr 2023 startete ein Team aus dem Museumsverein Montafon und der BOKU Wien, beauftragt durch das Land Vorarlberg, das Pilotprojekt zur Via Valtellina. Dieser, in Vorarlberg in Schruns beginnende und nach Tirano in Italien führende, alte Säumerweg verläuft zu grossen Teilen durch die Schweiz und ist der zwölfte der Kulturwege Schweiz.9 Das Projekt erforscht die noch vorhandenen Spuren der Via Valtellina in der Landschaft, ihre historischen Streckenverläufe und ihre Begleiter und möchte vertiefte Kenntnisse zum ehemaligen Warenverkehr und Transit gewinnen. In einem kleinen Vorläuferprojekt wurde das Vorgehen getestet und eine Systematik entwickelt. Methodisch geht dieser Pilot einen Schritt weiter und lotet die digitale Erfassung im Gelände und deren Weiterverarbeitung im GIS unter Einbeziehung der vorhandenen digitalen Kartenwerke und Forschungen aus. Ziel dieser Pilotregion ist es zudem, Empfehlungen für die bauliche Erhaltung der noch vorhandenen Strukturen
und für eine Verbindung der durch Überbauung und Verlust entstandenen Teilstücke zu entwickeln.
Fazit
Dem Landschaftsraum in Voralberg wird vermehrt diejenige Aufmerksamkeit geschenkt, die bislang dem Siedlungsraum vorbehalten war. Vielfältige Aktivitäten zur Erforschung, Dokumentation und Sichtbarmachung der vorhandenen Natur und Kulturlandschaften haben dazu beigetragen. Dies führt in der Folge zu mehr Sensibilität im Umgang mit raumwirksamen Projekten und trägt zu einem stärkeren Interessenausgleich in einem intensiv genutzten Raum bei. Wichtig ist, dass Aktivitäten wie diese an übergeordneten, raumplanungspolitisch abgestimmten Strategien anknüpfbar sind, wie es mit dem «Raumbild Vorarlberg 2030» gegeben ist. Damit besteht Rückhalt und Legitimation für die Akteure und Fördermittel können besser erschlossen werden. Die
RÉSUMÉ
LES INVENTAIRES DU VORARLBERG – RAYONNEMENT DE L’IVS EN AUTRICHE
Au Vorarlberg, le paysage suscite de plus en plus un intérêt qui fut longtemps réservé aux espaces bâtis. Diverses activités y ont aidé : travaux de recherche, documentation, accent mis sur les paysages naturels et ruraux existants. Cela a entraîné une sensibilité accrue dans le traitement des projets touchant le territoire et contribué à un meilleur équilibrage des intérêts dans un espace d’exploitation intensive. Il est important que des activités de ce genre puissent être rattachées à des stratégies plus vastes, ancrées dans une politique d’aménagement du territoire, telles que le « Raumbild Vorarlberg 2030 ». Ainsi, les acteurs reçoivent soutien et légitimation et le subventionnement est facilité. Les progrès accomplis dans le Vorarlberg sont très prometteurs et montrent le potentiel que présente pour l’avenir le thème du paysage. Tous ces projets ont permis de développer une vaste expertise en fait de méthodes et de créer des instruments de communication. On a élaboré une norme qui sert de base à l’utilisation de cartes et outils numériques pour le travail de terrain. Pour ce qui est d’atteindre la conservation visée et l’assurance de qualité, il serait souhaitable d’avoir un fonds pour le paysage naturel et rural, analogue au Fonds Suisse pour Paysage, ainsi que des directives institutionnellement avalisées et professionnellement reconnues.
gesetzten Schritte in Vorarlberg sind sehr vielversprechend und zeigen das Potential des Themas Landschaft für die Zukunft. Im Rahmen all dieser Projekte konnte eine umfangreiche Expertise zur Methodik und Instrumente zur Vermittlung geschaffen werden. Es wurde ein Standard erarbeitet, auf dem die Auswertung digitaler Kartenwerke und die Anwendung digitaler Werkzeuge für die Geländearbeit aufbauen. In Hinblick auf die Erreichung von Erhaltungszielen und die Qualitätssicherung wären ein Natur und Kulturlandschaftsfonds, ähnlich dem Fonds Landschaft Schweiz, wie auch institutionell verankerte und fachlich anerkannte Leitlinien wünschenswert.
RIASSUNTO
GLI INVENTARI DEL VORARLBERG –L’INFLUENZA DELL’IVS IN AUSTRIA
L’area paesaggistica del Voralberg sta ottenendo sempre maggiore attenzione, analogamente a quella che prima era riservata quasi esclusivamente agli insediamenti. A ciò hanno contribuito diverse attività di ricerca, documentazione e valorizzazione dei paesaggi naturali e culturali esistenti. Questo contribuisce a portare maggiore sensibilità nell’affrontare progetti efficaci dal punto di vista territoriale e contribuisce a un migliore equilibrio degli interessi in uno spazio intensamente utilizzato. È importante che attività come queste possano essere collegate a strategie complessive, coordinate dalla politica di pianificazione territoriale, come nel caso del «Raumbild Vorarlberg 2030». Ciò dà sostegno e legittimità agli attori e consente un migliore accesso ai finanziamenti. I passi compiuti nel Vorarlberg sono molto promettenti e indicano il potenziale della tematica paesaggio per il futuro. Nell’ambito di questi progetti, si è creata una notevole esperienza in materia di metodologia e strumenti di mediazione. È stato sviluppato uno standard su cui si basano la valutazione delle serie di mappe digitali e l’applicazione di strumenti digitali per il lavoro sul terreno. Per quanto riguarda il raggiungimento degli obiettivi di conservazione e la garanzia di qualità, sarebbe auspicabile la creazione di un fondo per il paesaggio naturale e culturale, simile al Fondo svizzero per il paesaggio, nonché linee guida istituzionalmente ancorate e riconosciute a livello scientifico.
Bibliografie
Amt der Vorarlberger Landesregierung (Hg.): Schriftenreihe der Abteilung Raumplanung und Baurecht Nr. 30, Autoren: Drexel Anna Maria (Anita), Locher Stefan: Natursteinmauern in Vorarlberg. Ein Kulturgut. Erforschen. Erhalten. Weiterentwickeln. Bregenz 2017. www.vorarlberg.at/mauerinventar
Amt der Vorarlberger Landesregierung (Hg.): Schriftenreihe der Abteilung Raumplanung und Baurecht Nr. 29a + 29b: Wenig erschlossene Landschaftsräume. Inventar Weisszone. 83 Beschreibungseinheiten. Bregenz 2017. www.vorarlberg.at/weisszonen
Amt der Vorarlberger Landesregierung (Hg.): Schriftenreihe der Abteilung Raumplanung und Baurecht Nr. 33: Raumbild Vorarlberg 2030, Zukunft Raum geben. Bregenz 2019. www.vorarlberg.at/raumbild
Bundesamt für Strassen (ASTRA), Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (EKD), Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) (Hg.): Technische Vollzugshilfe Erhaltung historischer Verkehrswege (Vollzugshilfe Langsamverkehr Nr. 8). Bern 2008.
Doswald, Cornel: Bestandsaufnahme historischer Verkehrswege am Beispiel der Schweiz, Auftrag, Methode und Forschungsergebnisse, in: Mensch – Wirtschaft – Kulturlandschaft, Mitteilungen zur Geographie und Volkskunde, Bd. 3., Räume – Wege – Verkehr. Blankenhain 2000.
Drexel, A. et al: Mauerinventar Vorarlberg. Gemeinden Bizau, Bludesch-Thüringen-Ludesch, Lustenau, Frastanz, FBG Jagdberg/ Alpilaweg, Innerbraz, Nenzing, Rankweil, Röns-Düns-Schnifis, Satteins, Sulz, Tschagguns, Zwischenwasser, Landesstrassen-Mauern, Lawinenschutzbauten Walmendinger Horn. Im Auftrag der Vorarlberger Landesregierung, Abteilung Raumplanung. Wien 2009–2022. https://vorarlberg.at/-/mauerinventar
Drexel, Anna Maria (Anita), Locher, Stefan: Die Geschichte der Vanovagasse und des Jordangutes in Bludesch, in: Montfort. Zeitschrift für Geschichte Vorarlbergs, 67/1. Bregenz 2015, S. 143–151.
Drexel, Anna Maria (Anita): Kulturlandschaft als Archiv der Nutzungsgeschichte und Idee. Das Inventar Natursteinmauern Vorarlberg, in: Kasper, M.; Korenjak, M., Rollinger, R.; Rudigier A. (Hg.), Entdeckungen der Landschaft. Raum und Kultur in Geschichte und Gegenwart, Bd. 2. Wien 2017, S. 431–359.
Giovanoli, Diego: Alpschermen und Maisässe in Graubünden. Bäuerliche Bauten, Betriebsstufen und Siedlungsstrukturen ausserhalb der Dörfer Graubündens von der frühen Neuzeit bis 1960 – Mit einem Beitrag von Jon Mathieu. Bern 2003.
Kasper, Michael: Kulturlandschaftsentwicklung und gesellschaftlicher Wandel im südlichen Vorarlberg vom 19. bis zum 21. Jahrhundert, in: ÖGL. Österreich in Geschichte und Literatur mit Geographie, Jg. 54. Wien 2010, S. 339–356.
Tiefenthaler, Helmut: Historische Verkehrswege in Vorarlberg, Handlungsbedarf zur pfleglichen Erhaltung, Sonderdruck aus dem Jahrbuch des Vorarlberger Landesmuseumsvereins – Freunde der Landeskunde. Bregenz 2004.
Tiefenthaler, Helmut: Historische Verkehrswege in Vorarlberg, in: Jahrbuch des Vorarlberger Landesmuseumsvereins – Freunde der Landeskunde. Bregenz 2004, S. 119–13.
Anna Maria Drexel
Ass.Prof.in Dipl.-Ing.in Dr.in, geb. 1960. Landschaftsplanerin, tätig am Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau, Universität für Bodenkultur Wien, Schwerpunkte: Landschaftsbautechnik und historische Bauforschung in der Gartenkunst und Kulturlandschaft. am.drexel@boku.ac.at
Manfred Kopf
Dipl.-Ing., geb. 1965. Raum- und Landschaftsplaner, seit 1995 bei der Landesraumplanung Vorarlberg im Fachbereich der Überörtlichen Raumplanung in Bregenz tätig, besonderes Anliegen: die Landschaft als gleichberechtigten Planungsgegenstand zur Siedlung in der Raumplanung etablieren und mehr in den Fokus nehmen. manfred.kopf@vorarlberg.at
Anmerkungen
1 Siehe: www.vorarlberg.at/mauerinventar
2 Siehe: www.vorarlberg.at/weisszonen
3 Siehe: www.vorarlberg.at/raumbild
4 vgl. Tiefenthaler 2004
5 vgl. Giovanoli: Alpschermen und Maisässe in Graubünden 2003
6 MaisässErhebungen im Montafon, Via Valtellina und Kulturlandschaftsinventar Montafon KLIM, Grenzmauern Maisäss Schönebach im Bregenzerwald.
7 Siehe: www.umwelteinsatz.ch
8 LEADER ist eine seit 1991 bestehende Gemeinschaftsinitiative der Europäischen Union zur Stärkung ländlicher Regionen. Siehe: www.leader.at
9 Siehe: www. viastoria.ch/kulturwegeschweiz
1 Oberes Bild: Ischl im Franziseischen Kataster aus DORIS – Digitales OÖ. Raum-Informations-System. Unteres Bild: Umzeichnung des Autors auf Basis eines Geländemodells aus DORIS – Digitales OÖ. Raum-Informations-System. (Bild-Lizenz: CC BY 4.0)
NEUE WEGE ZU ALTEN STRASSEN – ÜBER DEN EINSATZ NEUER TECHNOLOGIEN IN DER ALTSTRASSENFORSCHUNG
Leif Scheuermann
Die technologischen Entwicklungen haben auch vor der Altstrassenforschung nicht Halt gemacht. Hierbei sind grosse Digitalisierungsprojekte hervorzuheben, die eine Fülle an Quellen frei zur Verfügung gestellt haben. Der folgende Beitrag möchte einen kleinen
Einblick in den Mehrwert dieser neuesten Entwicklungen für die Altstrassenforschung bieten.
Der Begriff der Digitalisierung der Gesellschaft ist heute in aller Munde, wobei das Schlagwort vielfach nicht oder nur partiell mit einem entsprechenden Inhalt versehen ist.1 Nichtsdestotrotz wurden von Archiven, Bibliotheken und Vermessungsämtern grosse Anstrengungen unternommen, ihre Bestände zu digitalisieren und der Öffentlichkeit kostenfrei online zur Verfügung zu stellen. Dies betrifft natürlich auch Quellen über die Strassen und Wege selbst sowie über deren Nutzung und daraus resultierenden Problemen. Auf digitalem Weg finden sich unzählige Gerichtsakten über Streitfälle, Dokumente über Reparaturen und nicht zuletzt umfangreiche historische Kartenwerke, sodass heute das zentrale Problem nicht mehr in einem Mangel oder der Nichterreichbarkeit, sondern vielmehr in der überbordenden Menge an Informationen sowie der strukturierten Verarbeitung dieser liegt. Dieser Beitrag wird beispielhaft den computerbasierten Umgang mit Strassendarstellungen in Altkarten und Druckgrafiken am Beispiel des Marktes Ischl in Oberösterreich thematisieren.
Damit ist die Arbeit der Altstrassenforschung natürlich nicht getan. Für eine möglichst trassengenaue Rekonstruktion ist die Kombination digitalisierter Quellen mit neuen bildgebenden Verfahren, wie LidarScans (Light imaging, detection and ranging), oder der Befliegung mit Thermal und Multispektraldrohnen notwendig, aber auch die persönliche Begehung durch geschultes Personal, da die menschlichen Eindrücke und die Entscheidungen der Forschenden nicht einfach durch Maschinen ersetzt werden können (siehe Beitrag von Christian Beck in dieser Ausgabe).
Vorab sei daher eine generelle Bemerkung zur historischen Vorgehensweise angebracht, die den hier vorgestellten Arbeiten zugrunde liegt. Während wir gemeinhin Geschichte als etwas betrachten, das zeitlich von einer Vergangenheit in die Gegenwart und darüber hinaus in eine mögliche Zukunft verläuft, ist die Arbeit an ihr immer von heute in die Vergangenheit gerichtet. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen also stets von ihrer eigenen Gegenwart aus Schritt für Schritt in der Zeit zurückgehen, um rekonstruktiv Bilder von den Verhältnissen der Vergangenheit zu schaffen. Der Anspruch kann dabei nicht sein, eine wie auch immer geartete «Wahrheit» aufzudecken, sondern lediglich Modelle aufzustellen, die den historischen Quellen nicht widersprechen. Kommen zum Beispiel durch die Nutzung neuer Technologien neue Quellen zu Tage, so kann es sein, dass die Modelle geändert werden müssen. Dabei können wir uns den historischen Verhältnissen allenfalls annähern. Ein «wie es gewesen ist», liegt hingegen ausserhalb der Möglichkeiten von Historikerinnen und Historikern. Vor dem Hintergrund einer immer immersiveren (das heisst den Menschen zum Eintauchen verleitenden) Darstellung durch die
Neuen Medien, gewinnt diese Tatsache neue Relevanz. Wir können historische Verhältnisse heute fotorealistisch darstellen, mit Geräuschen und selbst Gerüchen versehen und sie in virtuellen Realitäten dreidimensional über VRBrillen erfahrbar bzw. begehbar machen. Dies kann jedoch nichts an der Gegebenheit ändern, dass wir die meisten Informationen über die Vergangenheit nie erlangen werden und unsere wissenschaftlichen Modelle begrenzt sind. In der Vermittlung können sich Fiktion und wissenschaftlicher Anspruch zu einer romantischen (also im Wortsinn einem Roman ähnelnden) Geschichtspräsentation vermischen, die aber nicht mehr die Aufgabe der Forschung ist.
Digitale Altkarten
Gerade in der Verfügbarkeit und der Nutzbarkeit digital aufbereiteter Altkarten haben sich in den letzten Jahren geradezu revolutionäre Veränderungen ergeben. Federführend war hier unter anderen das David Rumsey Map Center der Stanford University, dessen digitale Sammlung derzeit 125 013 Altkarten enthält (Stand August 2023). Räumlich umfasst diese den gesamten Erdball und eine Zeitspanne von heute bis ins zwölfte nachchristliche Jahrhundert. Zudem werden eine Reihe an OnlineWerkzeugen zur Verfügung gestellt, um Altkarten zu entzerren, das heisst sie zumindest so weit annähernd an moderne Karten anzugleichen, sodass sie vergleichbar und übertragbar werden. Aber auch europäische Bibliotheken und Archive haben in den letzten Jahren grosse Teile ihrer Bestände zumindest online einsehbar und meist auch zum Download und zur Weiterverwertung verfügbar gemacht. Nicht zuletzt seien an dieser Stelle die Initiativen der Vermessungsämter genannt, die neben den online abrufbaren modernen Geodaten (wie digitalen Geländemodellen, geologischen Geodaten und verschiedensten Luftbildern) auch Altkarten auf ihren Geoportalen zur Verfügung stellen.2 In Österreich haben sich die einzelnen Bundesländer in der Initiative «geoland.at» zusammengetan, um ein gemeinsames Vorgehen zu koordinieren, wobei die Daten selbst auf den jeweiligen Landesportalen abrufbar sind. Man kann also zusammenfassen, dass uns eine Vielzahl an oft gut entzerrten Altkarten heute online zur Verfügung stehen. Zudem sind die meisten dieser Geodaten frei verfügbar, sodass auch rechtlich keine Hürden für die Nutzung existieren. Um zu verdeutlichen, welche Möglichkeiten sich daraus für die Altstrassenforschung ergeben, soll im Folgenden der Markt Ischl in Oberösterreich als Fallbeispiel herangezogen werden.
Der Markt Ischl
Spätestens seit den SissiFilmen mit Romy Schneider aus den 1950erJahren ist der beschauliche Kur und Badeort Ischl als Sommerfrische des kaiserlichen Paares und Stadt gewordene Ikone der Habsburger
Monarchie international bekannt. Doch nicht allein diese touristische Ausgestaltung hat den Ort grundlegend verändert, zuvor hat schon das Kurgeschehen des 19. Jahrhunderts den Charakter der Stadt neu geprägt. War Ischl im 18. Jahrhundert noch eine Station des Hallstätter Salzhandels, so kam kurz nach der Gründung des ersten Solebades 1823 zahlreiche Prominenz in den vorher eher verschlafenen Markt. Spätestens seit seiner Nutzung als Sommerresidenz durch Kaiser Joseph I. ab 1849 war der Ort einer der zentralen Treffpunkte der internationalen Hautevolée, was sich auch in seiner baulichen Umgestaltung niederschlug. Trinkhallen, Parks oder das Kongress und Theaterhaus entstanden ebenso wie zahlreiche Hotels und Villen. In diesem Zusammenhang war es unvermeidbar, dass die Verkehrswege ausgebaut und umgestaltet wurden. Für die Altstrassenforschung ergibt sich hier nun die spannende Frage, inwiefern sich die Trassen änderten und wie weit es möglich ist, die Verhältnisse vor der Umgestaltung des Ortes anhand von Altkarten und Darstellungen zu rekonstruieren.
Der Franziszeische Kataster Eine gute Grundlage für eine erste Rekonstruktion der Ischler Verkehrswege bietet der zwischen 1810 und 1870 entstandene Franziszeische Kataster.3 Als Grundlage zur Berechnung der Grundsteuer wurden in diesem ersten vollständigen Liegenschaftskataster der HabsburgMonarchie ca. 50 Millionen Grundstücke in ca. 30 000 Katastralgemeinden auf 164 357 Kartenblättern verzeichnet. Dabei wurden Ortsgebiete in einem Massstab 1:1440 bzw. 1:720 und Gebirge in 1:5760 aufgenommen. Alle anderen Bereiche sind in einem Massstab von 1:2880 (= 100 Schritt) verzeichnet, wobei die Koordinatenursprünge in den verschiedenen Teilen des Reiches variieren.4 Trotz dieser Varianzen kann die Karte gut georeferenziert (d. h. entzerrt) werden, da sich ein Grossteil der Grundstücksgrenzen bis heute erhalten haben, wo
durch sich genügend Punkte für eine recht exakte Übertragung in ein modernes Koordinatensystem finden lassen. Dies ist von Seiten der österreichischen Bundesländer auch bereits in weiten Teilen geschehen, sodass die Geoportale5 neben den modernen Karten auch den Franziszeischen Kataster online abrufbar bereitgestellt haben. In den meisten Fällen gibt es hier auch DownloadFunktionen oder aber die Möglichkeit die Wege mit Linien oder Polygonen online nachzuzeichnen. Damit ist die Übertragung der Wege aus dem Kataster in ein Geoinformationssystem einfach möglich. In Abbildung 1 sieht man den entsprechenden georeferenzierten Kartenausschnitt für Ischl sowie die Umzeichnung, wobei als Basiskarte ein Geländemodell ohne weitere moderne Bebauung gewählt wurde und die Flussverläufe der Traun, Ischl und Rettenbach mit ihren Inseln aus dem Kataster übertragen wurden.6 Man kann auf den ersten Blick erkennen, dass einige Wege (z. B. nördlich der Ischl) keine weiteren Anbindungen besitzen, was zumindest erklärungsbedürftig ist.7 Eine Begründung mag sein, dass der Zweck der Karte nicht die Darstellung der Verkehrswege, sondern die Bemessung der Grundsteuer war. Zudem bleibt offen, was hier genau als Strasse definiert wird und ob Wiesenwege oder private Verbindungen nicht aussen vorgelassen wurden. Betrachtet man die Karte näher, so sieht man, dass die Grundstücksgrenzen mögliche Verbindungen zwischen den eingezeichneten Wegen bilden, was letztere Vermutung als wahrscheinlich erscheinen lässt. Auch sind in den modernen Karten dort Wege verzeichnet, was ein weiteres Indiz für eine solche Annahme darstellt.
Die Josephinische Landesaufnahme
Das Heranziehen von weiteren Karten hilft an diesem Punkt, um frühere Wegenetze zu rekonstruieren. Besonders eignen sich hierbei die Karten der Josephinischen Landesaufnahme, welche 1763–1785 in
2 Ischl auf der Karte zur Josephinischen Landesaufnahme, Umzeichnung des Autors auf Basis eines Geländemodells aus DORIS – Digitales OÖ. Raum-Informations-System. Gepunktete Linien: Wege, die nur auf dieser Karte verzeichnet sind; gestrichelte Linien: Wege, die auch im Franziseischen Kataster verzeichnet sind. (Bild-Lizenz: CC BY 4.0)
3 Oben: Ischl auf der Karte Vischerschen Landkarte aus DORIS – Digitales OÖ.
Raum-Informations-System
(Bild-Lizenz: CC BY 4.0)
Mitte: Umzeichnung des Autors auf Basis eines Geländemodells aus DORIS – Digitales OÖ. Raum-Informations-System, gepunktete
Linien: Vischer; durchgehende Linien: Vischer und Merian; gestrichelte Linien: Merian
(Bild-Lizenz: CC BY 4.0)
Unten: Stadtansicht Merian (Rechte beim Autor)
3589 Einzelblättern im Massstab von rund 1:28 800 erstellt wurden.8 In der Sektion Oberösterreich, welche zwischen 1775 und 1777 entstand, befindet sich Ischl auf Blatt 53. Da Gemarkungsgrenzen fehlen und die Karte nicht dieselbe Exaktheit wie der Franziszeische Kataster aufweist, ist eine Georeferenzierung nur im groben Rahmen möglich. Nun bedarf es der Transkription: Zuerst werden dabei die beiden Altkartenwerke miteinander abgeglichen, um gleiche Wege festzustellen und diese einzuzeichnen. Im Folgenden werden alle Wege, die nicht in der jüngeren (exakteren) Karte verzeichnet sind, anhand ihrer Topologie (der Lage zueinander in der Karte), moderner Wege und Franziszeischer Katastergren
zen rekonstruiert. Hierbei kann davon ausgegangen werden, dass sich die Altwege auch in späteren Zeiten noch im Landschaftsbild abzeichneten. Abbildung 2 stellt eine kartografische Übereinanderlegung von Franiziszeischer und Josephinischer Landesaufnahme dar, wobei die gepunkteten Linien diejenigen Wege zeigen, die sich lediglich in dem älteren Kartenwerk befinden, während die gestrichelten in beiden Karten vertreten sind. Dies bestätigt die Vermutung, dass gerade diejenigen Wegeverbindungen, die im Franziszeischer Kataster fehlten, in der Karte der Josephinischen Landesaufnahme dargestellt sind. Ferner muss generell konstatiert werden, dass auf der älteren der beiden Karten mehr Strassen verzeichnet sind. Dies kann einerseits bedeuten, dass es am Ende des 18. Jahrhundert zu einem Schwund an Wegen kam, oder aber (was viel wahrscheinlicher erscheint), dass viele der Wege des Josephinischen Kartenwerks von den Franziszeischen Vermessern nicht (oder nicht mehr) als Strasse anerkannt wurden. Besonders ist das in den nördlichen Randbereichen und südlich der von Süden kommenden Traun der Fall. Der Innenstadtbereich ist hingegen, wie Abbildung 1 gezeigt hat, in dem späteren Kartenwerk stärker ausdifferenziert, was sich wieder durch den Zweck der Karte – die Besteuerung – erklären lässt.
Frühere Karten und Darstellungen
Neben den Franziszeischen Kataster und der Josephinischen Landesaufnahme existieren noch zahlreiche weitere (und ältere) Karten von der Region, in denen allerdings meistens keine Strassen, sondern lediglich Orte, Flüsse und politische Grenzen verzeichnet sind. Eine Ausnahme bildet hier die Karte «Archiducatus Austriae Superioris Descriptio facta Anno 1667» (übers. Erzherzogtum OberÖsterreich. Beschreibung erstellt im Jahr 1667). Die von dem Kartografen und Geistlichen Georg Matthäus Vischer erstellte Karte zeigt vier Strassen – eine in Richtung Süden führt über Ritterdorf an den Hallstätter See, die zweite überquert die Ischl zweimal und führt dann am südlichen Ufer zum Wolfgangsee, wie auf der Abbildung 3 ersichtlich. Eine weitere führt parallel zu dieser am nördlichen Ufer Richtung Westen. Die letzte hält sich am Linken Traunufer in Richtung Nordost, wo sie allerdings nicht bis zum Traunsee verzeichnet ist, sondern auf halber Strecke endet.9 Alle in Vischer verzeichneten Wege finden sich auch im Franziszeischen Kataster und der Josephinischen Landesaufnahme. Sie bilden wohl zumindest seit dem Mittelalter, aber (aus verkehrsgeografischen Erwägungen) wohl auch in früheren Zeiten den Anschluss an das überregionale Verkehrsnetz. Interessant ist dabei, dass ein Weg nach Süden nur auf dem östlichen, nicht aber – wie in den späteren Kartenwerken – auch auf dem westlichen Ufer der Traun verläuft. Dies mag an den bis
an den Fluss heranreichenden steilen Abhängen des Lauffener Berges liegen, verbunden mit einem im Franziszeischen Kataster als sumpfiges Gelände gekennzeichneten Talboden, der sich nur schlecht für einen Weg eignete. Weitere Erkenntnisse lassen sich aus Vischers Darstellung nicht gewinnen – nicht zuletzt, da der Massstab der Karte für eine Darstellung kleinerer Wege zu gross ist. Im Anschluss an die Karte veröffentliche Vischer noch einen Atlas mit dem Titel «Topographia Austriae superioris modernae», in dem insgesamt 222 Ansichten von Burgen und Städten als Kupferstichen dargestellt sind. Leider fehlt Ischl hier. Lediglich die östlich des Marktes gelegene Burg Wildenstein wurde in einem Kupferstich verewigt, wobei diese aus verkehrsgeografischer Sicht nur den schroffen Charakter ihrer Umgebung dokumentiert. Anders verhält es sich hingegen mit einem Kupferstich des Marktes Ischl, der in der 1656 vom Verlagshaus Merian veröffentlichten «Topographia Provinciarum Austriacarum Austriae, Styriae, Carinthiae, Carniolae, Tyrolis etc.» abgebildet ist. Während der Text10 zur Siedlung nur wenige Zeilen umfasst und neben einer politischen Einordnung lediglich eine Salzsiede im Ort sowie die Überlegungen des Historikers Wolfgang Lazius (1514–1565) kolportiert, der von möglichen Altertümern in dem Ort spricht,11 zeigt der Stich eine Ansicht von Norden, sodass die Strassen und Wege innerorts gut erkenntlich sind. Ebenso zeichnet sich im Hintergrund die Strasse an den Hallstätter See ab, von dem nochmals eine Abzweigung in Richtung des Rettenbaches führt. Das Fehlen eines Weges am linken Traunufer nach Süden ist auch hier gut zu erkennen, wie auch der Grund – die Enge des Tals bzw. die Schroffheit der Berge im Bereich der Burg Wildenstein. Im Stich sind insgesamt sieben Brücken verzeichnet, zudem ist die Insel am Zusammenfluss von Ischl und Traun gut als Lagerplatz und Anlegestelle zu erkennen. Die Wege nördlich des Marktes sind hingegen aufgrund der Perspektive nur teilweise erkennbar: Der Weg in Richtung Traunsee in der Linken unteren Ecke ist mit einem Geländer versehen, die beiden Strassen Richtung Wolfgangsee sind bei Merian überhaupt nicht dargestellt.
Fazit
Vor dem Hintergrund einer auch für die Allgemeinheit immer besser erreichbaren und handhabbaren Datenbasis war es Ziel dieses Beitrages, einen kleinen Einblick in die computerbasierte Arbeit mit Altkarten und historischen Abbildungen zu geben. Am Fallbeispiel des Marktes Ischls wurde gezeigt, wie viele Informationen gerade aus diesen Quellen für die Altstrassenforschung erschlossen werden können. Dabei muss allerdings immer klar sein, dass es sich bei den Dokumenten nie um Abbildungen der «historischen Wahrheit» handelt, sondern vielmehr um
Produkte des Diskurses über eine (Verkehrs) Landschaft, die nicht zuletzt vom Wissen der Autoren, vom Zweck der Quellen aber auch von ganz pragmatischen Einflüssen, wie der Perspektive des Bildes abhängig ist. Die persönliche Autopsie der untersuchten Altwege kann und soll dadurch nicht ersetzt werden. Vielmehr bietet die digitale Arbeit an den Altkarten und Darstellungen die Möglichkeit mit einer klaren Vorstellung von der historischen Landschaft vor Ort, die Altwege zu finden, mit neuesten bildgebenden Verfahren zu dokumentieren und damit den Schutz des so wichtigen Kulturguts in Angriff zu nehmen. Während die Schweiz mit dem Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz Massstäbe gesetzt hat, sind benachbarte Länder noch am Anfang einer solchen Entwicklung. Mit dem Altwegeinventar Österreich entsteht hierbei momentan eine Initiative mit dem langfristigen Ziel der vollständigen Dokumentation und Aufarbeitung aller Altwege Österreichs (siehe Beitrag von Ferdinand Lainer in diesem Heft) und damit verbunden der Initiierung eines Prozesses der Bewusstwerdung des kulturellen Wertes der Wege in der Gesellschaft sowie der Erarbeitung nachhaltiger Nutzungskonzepte und instrumente.
Anmerkungen
1 Weitere Ausführungen hierzu siehe: Scheuermann (2022).
2 Für die Schweiz ist dies das Bundesamt für Landestopografie swisstopo.
3 Die Kartenblätter im Bereich Ischl entstanden im Jahr 1825, sodass sie eine Situation zu Beginn der Kurtätigkeit des Ortes dokumentieren.
4 Weiteres hierzu siehe: Bundesamt für Eich und Vermessungswesen (2017).
5 Für das Fallbeispiel Ischl ist dies das Digitale Oberösterreichische RaumInformationsSystem (DORIS).
6 Nach den zahlreichen Flussregulierungen existieren die Inseln heute nicht mehr.
7 Dies ist eindeutig auch bei starker Vergrösserung der Karte so zu ersehen.
8 Für eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Kartenwerk siehe: Hoffstätter (1998).
9 Da an dieser Stelle ein Kartenblatt endet und ein anderes beginnt, erscheint es als wahrscheinlich, dass es sich hier um einen Fehler des Kartografen handelt und nicht um das Ende der Strasse, zumal es keine topografischen Gründe für ein solches gibt.
10 Hier heisst es: «Dann das Saltz an der Halstatt / (allda ein See) an einem Saltzberg gegraben / vnd das daselbst gesottene Saltz in Teichlen über Berg / und Thal herab nach Ischel geleitet / da auch Saltz gesotten wird … Obgedacht Halstatt ist ein Marckt / und kayserlich Cammergut / da die HauptSalzpfann / 2. Meilen ober Ischl gelegen. // Gemeldtes Ischel aber ist auch ein Marckt / und Landtsfürstlich Cammergut / in besagtem Land ob der Enss / beym ursprung der Draun / und dem kaltstätter See / gelegen / so Lazius Tutationis reliquias zu syen erachtet / und dass der nächste Berg / der Dussemberg genant / den alten Namen umb etwas andeuten thue / vermeinet.» [Merian (1656), S. 39].
11 Da die geografische Verortung am Ursprung der Traun und am Hallstätter See nicht stimmt, bleibt unklar, ob hier nicht auch Hallstatt gemeint ist.
RÉSUMÉ
VOIES NOUVELLES POUR LES
ANCIENNES ROUTES – SUR L’EMPLOI DE TECHNOLOGIES NOUVELLES DANS L’ÉTUDE DES ROUTES HISTORIQUES
L’article donne un aperçu sur l’utilisation de l’ordinateur dans le travail avec d’anciennes cartes et illustrations. Partant de l’exemple de la localité d’Ischl, il montre le grand nombre d’informations que l’on peut tirer de ces sources. Il faut cependant rester toujours conscient du fait que ces documents ne présentent jamais la « vérité historique », mais sont le résultat du discours relatif à un paysage (routier). Ils ne sauraient donc remplacer l’examen direct et personnel des objets étudiés. Le travail numérique sur les cartes et illustrations anciennes offre plutôt la possibilité de retrouver sur le terrain les voies historiques, grâce à une notion claire du paysage d’autrefois, de les documenter à l’aide des procédés d’imagerie les plus modernes, et donc d’envisager leur protection. Tandis que la Suisse a posé des jalons avec son Inventaire des voies historiques, les pays voisins sont encore au début du processus. Pour l’heure, une initiative est lancée avec l’Altwegeinventar Österreich, projet consistant à élaborer une documentation exhaustive sur tous les anciens chemins de l’Autriche ; son but est de faire prendre conscience de la valeur culturelle de ces chemins, ainsi que de mettre au point des concepts et des instruments pour leur exploitation durable.
Bibliografie
Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (Hg.): 200 Jahre Kataster. Österreichisches Kulturgut 1817–2017. Wien 2017. www.bev.gv.at/dam/jcr:1da03171-906b4bb8-a5d7-357a7fdce40f/FESTSCHRIFT_200_JAHRE_ KATASTER.PDF
Hofstätter, Ernst: Beiträge zur Geschichte der österreichischen Landesaufnahmen. Ein Überblick der topographischen Aufnahmeverfahren, deren Ursprünge, ihrer Entwicklungen und Organisationsformen der vier österreichischen Landesaufnahmen. 2 Bände. Wien 1989. Merian, Matthaeus d.Ä.: Topographia Provinciarum Austriacarum Austriae Styriae, Carinthiae, Carniolae, Tyrolis. etc. Frankfurt a.M. 1656.
Scheuermann, Leif: Über die Rolle computerbasierter Modellrechnungen und Simulationen für eine digitale Geschichte, in: Karoline Dominika Döring, Stefan Haas, Mareike König and Jörg Wettlaufer (Hg.), Digital History: Konzepte, Methoden und Kritiken Digitaler Geschichtswissenschaft. Berlin, Boston 2022, S. 107–118. https://doi.org/10.1515/9783110757101-006
RIASSUNTO INNOVATIVI APPROCCI ALLE STRADE ANTICHE – L’USO DI NUOVE TECNOLOGIE NELLA RICERCA SULLE
STRADE STORICHE
Questo articolo offre una panoramica sull’uso del computer per l’esame di vecchie mappe e illustrazioni storiche. L’esempio del Markt Ischl è proposto per mostrare quante informazioni si possono trarre da queste fonti per la ricerca sulle strade storiche. Tuttavia, è necessario ricordare che tali documenti non sono mai immagini della «verità storica», ma prodotti del discorso su un paesaggio (dei trasporti). Questo non può e non deve mai sostituire l’indagine sul terreno delle vecchie strade prese in esame. Piuttosto, il lavoro digitale sulle vecchie mappe e rappresentazioni offre la possibilità di esaminare sul terreno i vecchi tracciati con un’idea chiara del paesaggio storico e documentarli con le più recenti tecniche di rappresentazione, quindi di meglio affrontarne la protezione. Mentre la Svizzera ha stabilito degli standard con l’Inventario federale delle vie storiche, i Paesi vicini sono ancora all’inizio di questo percorso. Con l’inventario delle strade storiche in Austria, si sta ora sviluppando un’iniziativa per la documentazione e l’elaborazione completa di tutte le strade antiche, con l’obiettivo di aumentare la consapevolezza del loro valore culturale e sviluppare concetti e strumenti sostenibili per il loro utilizzo.
Weiterführende Weblinks: David Rumsey Historical Map Collection: www.davidrumsey.com
Bundesamt für Landestopografie swisstopo: https://www.swisstopo.admin.ch
Leif Scheuermann
Prof. Dr., geb. 1976, ist Inhaber des Lehrstuhls für digitales historisches Erbe an der Universität Trier. Er ist einer der Vorsitzenden des Instituts für geschichtliche Landeskunde Rheinland-Pfalz und Leiter der ERC-consoldator Grants STRADA (Simulation of Transport between the Adriatic Sea and the Danube – Grant agreement No. 101001835). Zudem ist er erster Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Geschichte und EDV. scheuermannl@uni-trier.de
CONTRIBUTIONS TO CART RUT RESEARCH OVER THE PAST QUARTER-CENTURY
Joel Grima
The Maltese cart ruts have baffled visitors and academics for the past four centuries. They consist of a widespread phenomenon of parallel grooves incised in exposed bedrock surfaces, whose exact date, function, and formation remain alluringly enigmatic.
Issues and Questions in Cart Rut Study
Many uncertainties persist concerning the cart ruts’ date, the exact mechanisms of their formation, whether they were carved intentionally or were abraded over time, what function they served, and supposing that they were ruts left behind by the repeated passage of vehicles, which vehicles were responsible for their formation. In some contexts, the date of cart ruts is difficult to dispute, such as those which run along Pompeii’s Roman streets and must date to before the eruption of Vesuvius in 79 AD. Likewise, a pair of cart ruts is preserved along a stretch of ancient street at the Roman Domus, within the surviving remains of Melita, Malta’s capital in antiquity. Most cart rut sites, however, do not lend themselves so easily to date attribution. In fact, most sites lie on exposed stretches of bedrock and have no apparent relation to other dated archaeological features. Nevertheless, authors have long used tentative stratigraphic relationships and mere proximity to other features to attempt to date cart ruts. For example, one of the most wellknown sites, located at Misrah
Ghar ilKbir on Malta, contains over a dozen cart rut pairs, some of which run through probable classical quarries and thus are presumed to postdate them (fig. 1). Similarly, several ruts in Malta seem to cross ancient PunicoRoman rockcut tombs. Nevertheless, whether the ruts post or predate these other features remains contentious. While practically all modern authors agree on their anthropogenic origin, there are still debates on whether the cart ruts were first cut using tools, then used as guides for vehicles, or whether instead, they formed purely from abrasion resulting from the passage of vehicles (fig. 2). Most authors agree on identifying the cart ruts as just that, namely remnant traces of ancient tracks or roads. This has not gone uncontested, however, with a very wide variety of alternative explanations having been proposed over the decades. These have included that the ruts formed the basis of some sort of watercapture system, were related to ritual, ceremonial, or funerary activity, and even served as a launchpad for ancient spacecraft!
1 An aerial view of a cluster (approximately 120 metres across) of superimposed cart rut pairs at the Misra-h G-har il-Kbir site.
In 2001, Anton Bugeja provided a comprehensive synthesis of the issues and variety of opinions surrounding the dating of cart ruts, and critically analysed the presumed relationship with Bronze Age remains at many cart rut sites. Bugeja concluded that the available evidence is insufficient to claim beyond any doubt that the cart ruts at the discussed sites were Bronze Age in origin, and disagrees with the prevailing dating methodology which aims at attributing a singleperiod date range for the ruts’ use. Instead, Bugeja favours a longterm, multiperiod phase of use and formation. This explanation would correlate with the breadth and disparate nature of the available dating evidence.
by an ancient Maltese population in an attempt to exploit more marginal areas for arable cultivation. Sagona’s theory (which she elaborated on in a 2015 publication) was based on the frequent distribution of ruts on plateaux or slopes, which would otherwise be more challenging to cultivate. However, this explanation has received little to no academic endorsement.
Magro Conti and Saliba’s historic 2005 monograph on the cart ruts was the most extensive single project ever published on the subject. It contained an indepth analysis and discussions of the main contentions in the study of cart ruts, including their date, formation, and purpose. The project also incorporated a novel sedimentological study of the ruts and associated karstic landforms, and a combined survey and morphological study of several Spanish cart rut sites. At the project’s onset, the authors established a wellstructured methodology, consisting of standardised methods for topographical surveying and digital documentation (including 3D modelling) and visualisation (including GIS: Geographic Information Systems) of cart rut sites. Yet another significant contribution of this monograph was its vast gazetteer of both Maltese and foreign sites, which was more comprehensive than any published before, not just in breadth but also in the level of detail included for each site.
In a 2008 paper, Derek Mottershead argued against the hypothesis supported by Magro Conti and Saliba that the ruts were cut with tools. Furthermore, a group of geomorphologists at the University of Portsmouth, led by Mottershead himself, carried out studies on the formation of the cart ruts. These included testing the strength and resistance of Maltese limestone to erosion, from which they concluded that the forces
3 Diagram showing the progressive formation of an individual cart rut in the surface of bedrock, as proposed by Gordon Weston. During the first stage, wheels form a wide concave rut in the overlying topsoil. In the second stage, an initial impression forms in the underlying bedrock due to the concentration of percolating moisture, and in the third the impression develops downwards forming a «V»-shaped rut. Finally, in the fourth stage, as the rut continues to accumulate soil and organic matter, it develops a deeper «U»-shape.
In 2004 Claudia Sagona first published her hypothesis that the cart ruts were not in any way related to vehicular transportation. She proposed that they were instead cut by hand to serve as field furrows
applied by even moderately loaded carts can be sufficient to cause failure in the rock, especially when the rock is wet. Based on this, the researchers specified that the transportation of local goods on twowheeled carts, such as agricultural produce, or quarried stone, could have feasibly led to the formation of cart ruts through erosion.
Gordon Weston’s main contribution with his 2010 publication on cart ruts was a novel approach to the question of what mechanisms were involved in the formation of the ruts. Weston rejected the notion that they were handtooled but also rejected the idea that they were formed directly by abrasion. Weston proposed the alternative possibility that the ruts were a result of limestone dissolution (a form of chemical erosion), wherein the wheel ruts first form in a soft substrate, such as an overlying soil, and then accumulate rainwater, which would accordingly concentrate the chemical erosion in the underlying bedrock surface along the length of the ruts, forming analogous ruts in the bedrock (fig. 3).
A team of Spanish authors directed by Antonio ArnaizVillena have recently drawn parallels between the Maltese cart ruts and a series of rockcut features on Lanzarote, which they also label as cart ruts. They propose that both sets of features can be dated using prehistoric ceramics, decorated with incised linear patterns that they suggest were inspired by the cart ruts themselves. Furthermore, they propose that the actual function of the ruts in Lanzarote, and at least some of the Maltese ruts may have been to serve as astronomical calendars, with the constituent grooves aligned with specific solar and lunar positions, marking important dates. However, the features they describe as cart ruts in Lanzarote, colloquially referred to as “Quesera”, are almost certainly not analogous to the Maltese examples. Those on Lanzarote clearly do not form distinct pairs, with various grooves being loosely grouped, and despite generally processing in the same direction almost none are parallel to each other.
The statistical analysis of the morphology of ruts from different sites published by Huw Groucutt in 2022 clearly demonstrates the variability in the ruts’ crosssectional forms and dimensions. However, it also shows, among other things, the strong trends towards particular gauges or widths between the constituent ruts in each pair (fig. 4).
Ongoing Research
In his 1999 article on historical traffic routes and cart ruts in Switzerland, Guy Schneider also referenced the Maltese cart ruts, proposing several strategies that could help better understand the phenomenon. These included scientific, absolute dating methods, comprehensive cataloguing of sites, detailed studies of morphology, and more.
In my doctoral research on the cart ruts, I am working on each of these aspects with various collaborators. By cataloguing and digitally documenting all known cart rut sites comprehensively (including many recently discovered during developmentled excavations), the aim is to have unimpeded access to the entire breadth of variety in cart rut morphology, distribution, and association with other notable features.
A range of absolute scientific dating methods will be tested to either directly or indirectly date the cart ruts, including UTh dating, radiocarbon, and cosmogenic nuclide dating. In addition, further physical experiments are being planned, in order to test the exact mechanisms and wear patterns on Maltese limestone, as well as the resultant rut morphology resulting from different vehicle typologies, such as metalrimmed or unrimmed wheels, and slide car runners. Finally, using the extensive dataset being collected, GIS and other spatial and statistical analysis methods are being employed to test the spatial distribution of cart ruts, including their relationships to pertinent geographic or cultural features, including identifying any correlations with topographical and hydrological variables, or with other archaeological remains respectively.
Concluding Remarks
The major trends in cart rut research over the past quarter century have been the pioneering and tentative implementation of novel scientific methods to identify the strengths and weaknesses of local geology, the modelling of soil movement and erosion, and the use of digital systems to record and visualise cart rut sites. Notably, alternative interpretations of the ruts’ function and formation have continued to be proposed, including by Sagona and Weston respectively. However, the full potential of digital and scientific techniques has not yet been fully embraced. My current research aims to remedy the situation and has the potential to resolve some of the most contentious issues within the field.
4 A close-up view of a very typical pair of cart ruts at Bingemma. The gauge (gap) between these two ruts is 1.25 metres.
BEITRÄGE ZUR ERFORSCHUNG VON KARRENGELEISEN IM LETZTEN
VIERTELJAHRHUNDERT
In den letzten vier Jahrhunderten haben die maltesischen Karrengeleise Besucher und Wissenschaftler gleichermassen fasziniert. Geleisestrassen sind ein weit verbreitetes Phänomen und bestehen aus geraden oder gekrümmten, paralleler Rillen, die in freiliegendes Gestein eingeschnitten sind und deren Funktion und Entstehung Rätsel aufgeben. Trotz der umfangreichen Literatur zum Thema und einer Vielzahl unterschiedlicher Meinungen und Hypothesen, welche die verblüffenden Facetten zu erhellen versuchen, bleiben noch viele Fragen offen. In den letzten 25 Jahren wurde jedoch eine Reihe wichtiger Beiträge zum Verständnis des Themas geleistet, oft unterstützt durch die Anwendung neuer wissenschaftlicher Techniken, die zunehmend zugänglich geworden sind. Die laufenden Forschungsarbeiten bringen weiterhin Licht ins Dunkel der Karrengeleise und sollen entscheidende Hinweise liefern, die unter anderem eine absolute Datierung der Rillen ermöglichen.
RÉSUMÉ CONTRIBUTIONS À L’ÉTUDE DES ORNIÈRES DANS LE DERNIER QUART DE SIÈCLE
A Malte, les ornières fascinent visiteurs et scientifiques depuis quatre siècles. Phénomène largement répandu, elles consistent en sillons parallèles, droits ou courbes, creusés dans la roche affleurante. Leur fonction et leur origine posent des énigmes. Malgré une abondante littérature et les multiples hypothèses qui ont tenté d’éclairer leurs aspects étonnants, de nombreuses questions restent ouvertes. Cependant, au cours des vingtcinq dernières années, il est paru sur ce thème toute une série de contributions importantes, souvent appuyées sur la mise en œuvre de techniques scientifiques nouvelles, devenues de plus en plus accessibles. Les travaux en cours continuent d’apporter de la lumière dans le problème des ornières et devraient fournir des informations décisives à leur sujet, permettant entre autres leur datation absolue.
RIASSUNTO
CONTRIBUTI ALLO STUDIO DEI SOLCHI PER CARRI NELL’ULTIMO QUARTO DI SECOLO
Ormai da quattro secoli, i solchi per carri maltesi hanno spesso affascinato visitatori e studiosi. Sono molto diffusi e consistono in solchi paralleli, rettilinei o curvi, incisi nella superficie rocciosa della strada, la cui funzione e formazione suscitano interrogativi. Nonostante l’ampia letteratura sull’argomento e una moltitudine di opinioni e ipotesi diverse che cercano di farvi luce, molte domande rimangono ancora inevase. Nei trascorsi 25 anni, tuttavia, sono stati forniti importanti contributi alla comprensione dell’argomento, spesso favoriti dall’applicazione di nuove tecniche scientifiche divenute sempre più accessibili. Le ricerche in corso contribuiscono a portare nuova luce sui solchi per carri e si prevede che potranno fornire indizi decisivi che dovrebbero permettere, tra l’altro, di datarli in modo assoluto.
Bibliography
Bugeja, Anton: Methods of Date Assignment for cart-ruts in the Maltese Islands: Discussing relationships with Bronze Age fortified settlements on promontories, in: The Oracle 2/1, 2001.
Groucutt, Huw S.: The morphological variability of Maltese “cart ruts” and its implications, in: Journal of Archaeological Science 2022.
Magro Conti, Joseph and Saliba, Paul: The Significance of Cart-Ruts in Ancient Landscapes. Malta 2005.
Mottershead Derek: The cart ruts of Malta: an applied geomorphology approach, in: Antiquity 82/318, 2008.
Sagona, Claudia: Land Use in Prehistoric Malta: A Re-examination of the Maltese “Cart Ruts”, in: Oxford Journal of Archaeology 23/1, 2004.
Weston, Gordon E.: The Maltese Cart-Ruts: Unraveling an Enigma. Malta 2010.
Joel Grima
Doctoral candidate in Archaeology at the University of Malta. He graduated with a first-class BA (Hons) in Archaeology. As part of his Bachelor degree, Joel completed his dissertation on the enigmatic Bronze Age Maltese silo pits. joel.grima.19@um.edu.mt
«DIE STRASSE GLEITET FORT UND FORT …» – ZUR REKONSTRUKTION VORMODERNER STRASSEN
Christian
Beck
Die Altstrassenforschung im Alpenraum hat eine lange Tradition. In den vergangenen Jahrzehnten spielten dabei neue technologische Mittel eine zunehmend grosse Rolle. Dies gilt insbesondere bei der Untersuchung vormoderner Wege, für die nur wenige Quellen zur Verfügung stehen. In diesem Artikel sollen moderne Methoden skizziert werden, um anhand eines Fallbeispiels zu zeigen, wie diese zu neuen Erkenntnissen führen können.
Die Untersuchung und Identifikation von Altstrassen anhand von Altkarten hat eine lange Tradition und beschreitet immer neue Wege.1 Insbesondere für die Rekonstruktion vormoderner Strassen, für die schriftliche Quellen fehlen oder nur fragmentarisch vorhanden sind und Altkarten nicht existieren, spielt die Beschäftigung mit den archäologischen Hinterlassenschaften und die Untersuchung vor Ort aber eine herausragende Rolle. Der Wissenschaftler muss also ähnlich wie bei Tolkien – aus dessen Werk «Herr der Ringe» das Zitat im Titel stammt – das be
queme Heim verlassen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. 2 Das liegt nicht zuletzt daran, dass diese Trassen unterschiedlich beschaffen waren und über einen langen Zeitraum weitergenutzt wurden. Als Ausgangspunkt dienten dabei oftmals die gut ausgebauten römischen Wege, bei denen einem zunächst die grossen gepflasterten Strassen wie die Via Appia antica von Rom nach Brundisium oder die Stadtstrassen Pompejis in den Sinn kommen. Vor allem im unwegsamen Gelände, aber auch auf Nebenstrassen, kamen auch andere Wegformen zum Einsatz. So ist dort mit
1 Sogenannte Römerstrasse in Mauternbach. Links als Farbfotografie (RGB), unten in der Thermalansicht. (ERC STRADA)
Schotterbelag und in Mooren mit Bohlenwegen zu rechnen, die nicht ohne Aufwand archäologisch greifbar sind.3 Doch selbst scheinbar gut erhaltene antike Strassenkörper bringen eine Reihe von Problemen mit sich, da sie häufig sukzessive bis in die Neuzeit weitergenutzt und beständig erneuert und instand gesetzt wurden, sodass ihre Aussagekraft besonders mit Blick auf Geleisspuren und Fahrrillen stets hinterfragt werden muss.4 Stellvertretend können die Schweizer Forschungsergebnisse zum römischen Wegnetz herangezogen werden. Sie zeigen, dass Strassen, die nur aufgrund von Bezeichnungen
rekonstruiert wurden und die in der Literatur seit Jahrzehnten zu finden sind, nicht existieren, sei es aufgrund fehlender römischer Funde oder weil Bezeichnungen schlichtweg falsch waren.5
Die Rekonstruktion von Strassen anhand von «Wegbegleitern»
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich als Reaktion auf diese Schwierigkeiten ein mehrschichtiges Vorgehen etabliert, das nicht nur Strassenkörper, sondern eine Vielzahl archäologischer Hinterlassenschaften miteinbezieht, die eine Beziehung zur Strasse haben.6 Zu diesen «Wegbegleitern» gehören Siedlungen, Gräber und Einzelfunde aber auch Schriftträger wie die Meilensteine römischer Zeit. Allerdings reicht es nicht, die unterschiedlichen Gattungen nur zu kartieren und anhand von Punkten potenzielle Wege zu rekonstruieren. Vielmehr muss jeder Befund und Fund einzeln betrachtet und auf seine Aussagekraft in Bezug auf Strassen untersucht werden. Siedlungen spielen in diesem Zusammenhang in allen Epochen eine wichtige Rolle. Sie waren durch Strassen verbunden oder entstanden erst dadurch, dass Verkehrsknotenpunkte bespielt wurden.7 Besonders an Knotenpunkten entstand so ein Wechselverhältnis. Siedlungen stellten Infrastruktur für Reisende und Händler bereit und profitierten wirtschaftlich von der Nähe zur Strasse. Selbst kleine Ansiedlung müssen daher auf irgendeine Weise mit dem Verkehrsnetz
verbunden gewesen sein. Das trifft umso mehr zu, wenn es sich bei ihnen angeblich um Strassenstationen wie die römischen mansiones oder stationes handeln soll, die sich im archäologischen Befund nur schwer eindeutig identifizieren lassen,8 oder wenn sie angeschlossene Produktionsstätten aufweisen. Allerdings lässt eine Ansiedlung keine Rückschlüsse auf die Beschaffenheit oder die genaue Route der Strasse zu. Eine Sonderstellung nehmen Gräber ein, die besonders in der römischen Epoche sehr häufig einen Strassenbezug aufweisen und als Ausgangspunkt für die Suche nach Verkehrswegen fungieren können. Allerdings ist auch hier jeder Befund im Detail zu untersuchen, denn je nach Datierung, Typus und geografischer Lage des Grabmals kann die Beziehung zur Strasse abweichen. Als Beispiel können die vergleichsweise grossen Grabbauten von Faschendorf in Kärnten nahe der antiken Stadt Teurnia (heute St. Peter in Holz westlich von Spittal an der Drau, Österreich) herangezogen werden. Trotz ihrer Grösse und aufwändigen Ausgestaltung weisen sie keinen klaren Strassenbezug auf.9 Augenscheinlich sind sie auf das nahe gelegene Teurnia bezogen, obwohl man auch hier argumentieren könnte, dass es sich bei dem nahen Fluss um einen Verkehrsweg handeln könnte.
Die mit Blick auf die Strassenrekonstruktion am kontroversesten diskutierte Kategorie stellen die Einzelfunde dar.10 Die Kartierung und Analyse von Einzelfunden eignet sich, um zumindest Anhaltspunkte auf den Strassenverlauf zwischen zwei Ansiedlungen auszumachen. Das gilt insbesondere, wenn andere Funde oder Befunde fehlen oder wenn die Einzelfunde einen klaren Bezug zur Strasse aufweisen, wie römische Hipposandalen, Schuhnägel oder mittelalterliche Hufeisen.
Für die römische Zeit stehen mit den Meilensteinen zudem Schriftquellen mit einem klaren Strassenbezug zur Verfügung. Sie folgen in ihrem Aufbau einer klaren Formel und nennen neben dem Kaiser, der die Aufstellung veranlasste, auch die Meile, an der sie aufgestellt waren. Sofern sie in situ aufgefunden wurden und ihre Inschrift erhalten ist, können sie somit Auskunft über den Standort, die Datierung als auch den Verlauf einer Strasse geben.11 Sekundär verlagerte und schlecht erhaltene Meilensteine sind hingegen problematisch, denn sie laden zu Spekulationen zu ihrer Inschrift und dem Aufstellungsort ein, die zu irreführenden Annahmen verleiten können.
Alte Wege und neue Mittel. Zum Einsatz neuer Technologien
Die notwendigen Daten, um die archäologischen Hinterlassenschaften mit Blick auf ihre Bedeutung für die Strassen auswerten zu können, kommen dabei aus einer Vielzahl von Informationsquellen. Neben klassischen Formen wie der Sichtung von Fachliteratur, Archiven und Ortsakten stehen dabei immer mehr technologische Mittel im Mittelpunkt.
2 Links: Pfahlstellungen. Rechts: Aufnahme der steinernen Strukturen unter Wasser. (Fotos: Max Fiederling)
3 Unten: Strassendamm mit modernem Feldweg. Rechts: Verlängerung des Weges.
(Fotos: Christian Beck)
Eine wichtige Rolle spielt die Auswertung von Luftbildern, die seit dem Ende des letzten Jahrtausends erfolgreich eingesetzt wird. Heutzutage ermöglicht die hohe Verfügbarkeit von Orthofotografien die Identifikation bislang unbekannter Anomalien selbst aus grosser Entfernung. So kann beispielsweise in Echtzeit überprüft werden, ob die Parzellen, auf denen Einzelfunde gemacht wurden, unbekannte Strukturen aufweisen. Mit Blick auf Strassen handelt es sich bei diesen Anomalien aber zunächst um Arbeitshypothesen, denn geradlinige Strukturen, die sich im Bewuchs andeuten, können auch auf rezente Eingriffe hinweisen, wie Wasser und Stromleitungen oder Pipelines und müssen vor Ort oder durch Kataster abgeglichen werden.
Vergleichsweise neu ist ausserdem die Auswertung von LIDARScans und digitalen Geländemodellen, die es ebenfalls ermöglichen, verborgene Strukturen zu erkennen. Digitale Geländemodelle sind für Österreich beispielsweise in einer Genauigkeit von 10 Meter frei verfügbar. Anders als Luftbilder eignen sie sich auch, um in bergigen und bewaldeten Regionen weiterführende Aussagen zu treffen.12
Die bereits vorhandenen Daten können durch weitere Untersuchungen vor Ort unter Einsatz neuer Technologien gezielt erweitert werden. Dabei geht es zum einen um den Gewinn neuer Erkenntnisse aber auch um die Validierung von Thesen zur Strassenrekonstruktion, die anhand der verfügbaren Erkenntnisse aufgestellt wurden. Eine wichtige Rolle spielt hier der Einsatz von Drohnen. Befliegungen mit Kameradrohnen können eingesetzt werden, um neue Orthofotos zu erstellen, Anomalien aus Luftbildern zu überprüfen, oder Strukturen, die in DEMs sichtbar waren, nachzuspüren. In der Nachbereitung können die Aufnahmen genutzt werden, um Orthomosaiken, 3D und sogar Geländemodelle zu erstellen, die georeferenziert und vermessen werden können. Hinzu kommen Thermal und Multispektraldrohnen, die seit kurzem ebenfalls erschwinglich sind. Durch den Einsatz von Thermaldrohnen kann man bei
spielsweise unterirdische Gebäudestrukturen ausfindig machen, da Fundamente aus Bruchsteinmauern und Strassenkörper Wärme länger speichern und sich gegenüber ihrer Umgebung abheben (Abb. 1).
Multispektraldrohnen, die für den landwirtschaftlichen Gebrauch entwickelt wurden, helfen hingegen bei der Identifikation von Bewuchsanomalien, die ebenfalls auf verborgene Strukturen hindeuten können. Einmal aufgespürt können diese dann weiter untersucht werden. Allerdings changiert das erzielte Ergebnis sowohl bei der Thermal als auch der Multispektraldrohne je nach Tageszeit, Bewuchs und archäologischem Befund, sodass der Einsatz nicht ohne Vorbereitung erfolgen kann.
Letztendlich erfordert die Überprüfung der aufgestellten Arbeitshypothesen trotz der Weiterentwicklung technischer Mittel aber eine Begehung vor Ort, da nur so verdächtige Strukturen einwandfrei identifiziert und Zweifel ausgeräumt werden können, wie das anschliessende Beispiel verdeutlichen mag.
Im Osten des Tals, zwischen Feistritz an der Gail im Westen und Maglern im Osten, befindet sich die sogenannte Derter Platte. Im Rahmen von Ausgrabungen im Jahr 1953 wurden hier hallstattzeitliche, eisenzeitliche und römische Besiedlungsspuren entdeckt.14 Während die älteren Siedlungen sich auf den ganzen Hügel konzentrierten, konnte man die römischen Spuren ausschliesslich am Westende des Plateaus feststellen, wo sich ein kegelförmiger Hügel, der sogenannte Turmkogel, befindet. Die Grabungen ergaben, dass dort ein Gebäude stand, das wahrscheinlich durch ein Brandereignis zerstört wurde.15 Die Funde, zu denen ein norischpannonischer Gürtelbeschlag, eine kräftig profilierte Fibel, dünnwandige Terra SigillataFragmente und ein As des Kaisers Marc Aurel (RIC 1731) gehören, wird eine Datierung in das 1. und 2. Jh. n. Chr. ermöglicht.16 In Sichtweite wurden gegenüber der Derter Platte am Nordufer der Gail bei Ausgrabungen im Dorf Förk zwischen 1924 und 1943 ebenfalls eine Reihe
Das Fallbeispiel Derter Platte
Die oben skizzierte Vorgehensweise lässt sich gut anhand eines einzelnen Fallbeispiels vorführen, das im Rahmen des ERC STRADA untersucht wurde.13
Exemplarisch wird hier ein weniger bekannter kurzer Weg im Gailtal im österreichischen Bundesland Kärnten vorgestellt. Das Gailtal wird im Norden durch die Lienzer Dolomiten und die Gailtaler Alpen und im Süden durch die Karnischen Alpen und die Karawanken gesäumt. Auf dem Kärntner Gebiet befinden sich mehrere Pässe, unter anderem der Plöckenpass im Westen des Tals und der Übergang zum PontebbaPass im Osten. Es handelt sich somit um ein Gebiet, das für den Warenverkehr über die Alpen einige Relevanz besass und in dem mit einem Verkehrsnetz zu rechnen ist.
von Funden gemacht, die vom 2. Jh. v. Chr. bis in das Mittelalter reichen. Für die römische Zeit waren besonders die 1943 angelegten Suchgräben von Bedeutung, die auf eine kleine Ansiedlung hindeuten. Neben Keramik, Wandmalereifragmenten und einem Leistenziegel kamen auch Mauerreste zum Vorschein.17 Die Einordnung in römische Zeit fusst auf der Keramik, die in das 1. und 2. Jh. n. Chr. datiert wird.18 Aus der näheren Umgebung stammen noch weitere Funde, zu denen eine Münze des Kaiser Probus (möglicherweise eine antike Fälschung) und eine Henkelkanne gehören. Sie deuten auf einen zweiten Nutzungshorizont in der Spätantike hin.19
Die beiden oben skizzierten Siedlungen lagen somit leicht erhöht auf einem Plateau auf sich gegenüberliegenden Flussufern und in Sichtweite zueinander.
4 Rekonstruktion des Strassenverlaufs zwischen Förk und der Derter Platte und Gewässerrekonstruktion.
(Karte: Christian Beck und Max Fiederling)
Es ist also wahrscheinlich, dass sie auch funktional miteinander in Beziehung standen und durch eine Strasse verbunden waren. Bei der Suche nach der Strassentrasse kommt der Gail eine Schlüsselrolle zu, da diese überquert werden musste, um von einer Siedlung zur nächsten zu gelangen. Die Auswertung der Luftbilder zeigte zwar keine Anomalien, die mit einem Altweg in Verbindung gebracht werden konnten, aber Auffälligkeiten in der Gail direkt zwischen den beiden Siedlungen, die auf einen Übergang hindeuteten. Ein Abgleich mit dem franziszeischen Kataster20 belegt, dass es sich bei den Anomalien nicht um eine neuzeitliche Brücke handeln kann, da die Übergänge in der Altkarte weiter im Nordosten eingezeichnet waren und auch angrenzende Trassen fehlen. Bei einer Begehung mit anschliessender Befliegung im März 2023 konnten die Projektmitarbeiter des ERCconsolidator grants STRADA21 die Übergangsituation vor Ort untersuchen. Dabei wurden zwei Dreierreihen im Fluss befindlicher Pfähle festgestellt, die sich parallel zueinander befinden (Abb. 2). Am Ufer waren ausserdem einige auffällige Steine zu sehen, die Bearbeitungsspuren aufzuweisen schienen (Abb. 2).22 Bei dem Gebilde handelte es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Brücke. Splitter einiger loser Holzpfähle konnten zur C14Analyse gegeben werden: Die Untersuchung in einem Labor ergab, dass es sich um eine mittelalterliche Brücke handeln muss.23 Deren Existenz wiederum belegt, dass es an dieser Stelle eine alte Strasse entlangführte, die die beiden Ufer miteinander verband.
Aufgrund der idealen Position zwischen den beiden römischen Ansiedlungen spricht einiges dafür, dass die mittelalterliche Brücke auf einen römischen Vorgänger zurückzuführen ist.
Abschliessend bleibt die Frage zu klären, welchen Verlauf die Strasse im Detail genommen hat. Erneut helfen wertvolle Beobachtungen, die vor Ort gemacht werden konnten. Ausgehend von der südlichen Siedlung auf der Derter Platte ist es beinahe ausgeschlossen, dass die Trasse in gerader Linie zwischen dem römischen Gebäude und der Platte entlanglief, da das Gelände im Norden stark abfällt. Stattdessen dürfte sich der Weg westlich der Platte befunden haben, wo noch heute landwirtschaftliche Wege auf einen leicht erhöhten Strassengraben entlanglaufen (Abb. 3) und von dort nach Norden auf die Gail führen. Von der Brücke dürfte die Strasse anschliessend in mehr oder weniger gerader Linie auf die Siedlung bei Förk zugelaufen sein (Abb. 4).
Fazit
Der Einsatz moderner Technik und die Untersuchung vor Ort erbrachten somit deutliche Spuren eines vormodernen Altwegs. Wahrscheinlich existierte bereits seit römischer Zeit ein Weg, der über eine Brücke von Förk zur Derter Platte führte und somit das nörd
liche mit dem südlichen Gailufer verband. Die Ergebnisse der C14Analyse belegen, dass er im Mittelalter weitergenutzt wurde. Erst in der Neuzeit veränderte sich die Wegführung. Wie die Altkarten zeigen, wurde der Flussübergang weiter nach Nordosten verlegt. Damit ging auch ein Bedeutungsverlust und Funktionswandel der Derter Platte einher, die nun nicht mehr ans Strassennetz angeschlossen war und damit sicher auch keine Überwachungsfunktion des Flussufers ausüben konnte.
Anmerkungen
1 Zu den neuen technischen Möglichkeiten in der Altstrassenforschung im Zusammenhang mit Altkarten siehe auch den Beitrag von Leif Scheuermann in dieser Ausgabe.
2 Tolkien 1969–70, S. 53.
3 Eine Zusammenstellung von verschiedenen römischen Strassentypen findet sich bei Gerald Grabherr (Grabherr 2006, S. 43–57; Grabherr 2004, 117–130).
4 Grabherr 2004, S. 119., Abb. 2.
5 Vgl. Rodat 2022, S. 122, die den Forschungsstand überblicksartig wiedergibt und auf weitere Literatur verweist.
6 So erfolgt zum Beispiel bei Grabherr und Raimund Kastler (Kastler 2010; Grabherr 2006).
7 Zu diesem Schluss kommt bereits Grabherr (Grabherr 2006, S. 55 f.).
8 Ein positives Beispiel ist das im südlichen Salzburger Land gelegene Immurium, das eindeutig als mansio identifiziert werden konnte (Groh – Lindinger 2008).
9 Zu den Gräbern vgl. Polleres 2008.
10 Grabherr 2006, S. 56 mit Verweis auf weitere Literatur.
11 Besonders zu den Meilensteinen und Strassenkörpern vgl. Grabherr 2006, S. 41–55; zur Rekonstruktion der Tauernstrasse vom Pass Lueg nach Iuvavum siehe Kastler 2010, S. 10–69.
12 Grabherr weist auf die Probleme bei der Auswertung von Luftbildern in Wäldern und Bergen hin (Grabherr 2006, S. 600).
13 Der ERC STRADA beschäftigt sich mit der Rekonstruktion römischer Verkehrswege von Aquileia nach Lauriacum.
14 Kohla 1958, S. 182–194.
15 Auf dem Turmkogel wurde ein Schnitt angelegt (Schnitt A), der parallel zum Graben zwischen Kogel und Plateau verlief. Er brachte eine 0,8 bis 1 m starke Bruchsteinmauer hervor, die noch bis 1 m hoch anstand und auf 6 m verfolgt werden konnte (Jablonka 1987, S. 11). An die Bruchsteinmauer schloss nach Westen eine ovale Steinsetzung an, die noch einmal durch eine parallel zur Steinmauer verlaufenden Steinsetzung geschnitten wurde (vgl. Kohla 1958, S. 189., Abb. 12). Die Steine der Mauer parallel zum Graben wiesen Brandspuren auf und im ganzen Befund konnten zwei starke Kohlenschichten festgestellt werden. Ausserdem wiesen die Mauern einen Versturz zu beiden Seiten hin auf.
16 Kohla 1958, S. 188; Jablonka 1987, S. 31., Abb. 16/2, 3, 7.
17 Dinklage 1955, S. 232–235. Die Funde wurden allesamt in einer Brandschicht entdeckt.
18 Dinklage 1952, S. 52; Dinklage 1955, S. 233. Dinklage nimmt seine Datierung auf Basis von Schörgendorfer vor.
19 Dinklage 1955, S. 233–235. Taf. 1.2; 1.3. Zur Kanne s. Schörgendorfer 1942, Nr. 449.
20 Das Franziszeische Kataster wurde für die Analyse beim OnlineGeoinformationsportal des Landes Kärnten abgerufen (KAGIS).
21 STRADA (Simulation of Transport between the Adriatic Sea and the Danube) ist ein über fünf Jahre vom European Research Council (ERC Grant agreement No. 101001835) mit zwei Millionen Euro gefördertes Projekt zur Simulation des antiken Transports zwischen dem Mittelmeer und der Donau. Für weitere Informationen siehe: http:www.strada.trier.de
22 Für die Beobachtungen sei besonders Max Fiederling gedankt.
23 Die Auswertung der C14Analyse soll im Rahmen der Publikation eines Workshops vorgelegt werden, der vom ERC STRADA im Mai 2023 organsiert wurde.
RÉSUMÉ
« LA ROUTE SE POURSUIT SANS FIN … » SUR LA RESTITUTION DE ROUTES PRÉMODERNES
Le repérage de routes historiques dans l’espace alpin est soumis depuis quelques décennies à une évolution permanente à cause du recours à des technologies modernes, lesquelles jouent un rôle de plus en plus marquant, surtout dans le cas de routes prémodernes. Le présent article évoque quelques méthodes modernes, applicables quand on ne dispose guère de sources. Il faut alors mettre l’accent sur les prises de vue aériennes et sur l’usage de drones. Après un bref aperçu sur les méthodes et problèmes courants, on montre l’usage de moyens nouveaux à l’aide d’un exemple concret. On présente à cet effet des vestiges peu connus à la Derter Platte et au village de Förk dans le Gailtal (Carinthie). Ces deux localités, habitées de longue date, se font face sur les deux flancs de la vallée, à portée de vue. Bien qu’une liaison routière entre elles fût plausible, on n’avait pas pu jusqu’à maintenant la repérer. Dans le cadre d’une campagne d’investigation menée en 2023, on vient de découvrir un pont, ce qui donne des indications sur la route.
Bibliografie
Dinklage, Karl: Zur Vor- und Frühgeschichte des Gailtales. Funde aus Förk von der Latenezeit bis zu den Ottonen, in: Carinthia: Zeitschrift für geschichtliche Landeskunde von Kärnten, Nr. 145. Klagenfurt 1955.
Grabherr, Gerald: Die Via Claudia Augusta in Nordtirol –Methode, Verlauf, Funde, in: Via Claudia Augusta und Römerstrassenforschung im östlichen Alpenraum (IKARUS. Innsbrucker klassisch Archäologische Universitätsschriften, Nr. 1). Innsbruck 2006.
Groh, Stefan; Lindinger, Volker: Neue Forschungen in Immurium-Voidersdorf/St. Margarethen in Salzburg. Die geophysikalische Prospektion 2007, in: Jahreshefte des österreichischen archäologischen Institutes in Wien, Nr. 77. Wien 2008.
Jablonka, Peter: Die prähistorische und römerzeitliche Siedlung auf der Dert bei Dreulach im Gailtal, in: Carinthia: Zeitschrift für geschichtliche Landeskunde von Kärnten, Nr. 177. Klagenfurt 1987.
Kastler, Raimund: Die römische Tauernstrasse – der Abschnitt Pass Lueg bis nach Iuvavum. Zum Stand der Forschung im Bereich der Trasse und begleitender Infrastruktur, in: Conquiescamus! Longum iter fecimus. Römische Raststationen und Strasseninfrastruktur im Ostalpenraum. Akten des Kolloquium zur Forschungslage
RIASSUNTO
«LA
STRADA SCIVOLA E SCIVOLA …»
SULLA RICOSTRUZIONE DELLE STRADE
PREMODERNE
Nel corso degli ultimi decenni lo studio delle vecchie strade nell’arco alpino ha registrato continui progressi grazie all’uso di moderne tecnologie, che assumono un ruolo sempre più importante soprattutto nell’indagine delle strade premoderne. In questo articolo vengono illustrati i nuovi metodi d’indagine applicati a queste strade, per i quali sono disponibili solo poche fonti. L’attenzione si concentra sulla valutazione della fotografia aerea e sull’uso dei droni. Dopo una breve panoramica dei problemi e dei metodi più diffusi, viene mostrato l’uso di nuovi mezzi attraverso un caso di studio. Come esempi, vengono illustrati i reperti meno noti della cosiddetta Derter Platte e del villaggio di Förk nella Valle del Gail in Carinzia. Entrambi i siti sono stati abitati per un lungo periodo di tempo e si trovano sulle sponde opposte del fiume, a poca distanza l’uno dall’altro. Sebbene appaia plausibile l’esistenza di un collegamento stradale, finora non è stato possibile confermarlo. Nell’ambito di una campagna di ricerca sul terreno condotta nel 2023, è stato scoperto un ponte che fornisce nuovi indizi sull’esistenza della strada.
zu römischen Strassenstationen. Innsbruck 4. und 5. Juni 2009 (IKARUS. Innsbrucker klassisch Archäologische Universitätsschriften, Nr. 6). Innsbruck 2010.
Kohla, Franz: Zur Urgeschichtsforschung in Kärnten, in: Carinthia: Zeitschrift für geschichtliche Landeskunde von Kärnten, Nr. 148. Klagenfurt 1958.
Polleres, Julia: Der römische Grabbezirk von Faschendorf bei Teurnia (Kärnten), in: Austria Antiqua, Nr. 1. Wien 2008.
Rodat, Claudia: Altstrassenforschung als Archäoprognose. Theoretische und methodische Überlegungen zur Wegeforschung am Beispiel Westlicher Bodensee. Darmstadt 2022.
Tolkien, John Ronald Reuel: Der Herr der Ringe: Die Gefährten. Stuttgart 1969–70.
Christian Beck studierte Klassische Archäologie und Alte Geschichte an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, wo er im Jahr 2023 in Klassischer Archäologie zu den Ausstattungselementen pompeijanischer Wohnhäuser promovierte. Seit 2022 ist Christian Beck im ERC STRADA an der Universität Trier als Post-Doc angestellt und beschäftigt sich mit der Rekonstruktion römischer Strassen zwischen Aquileia und Lauriacum. beckc@uni-trier.de
DER FÖRDERVEREIN VIASTORIA
Der Förderverein ViaStoria – fördert die Forschung zu historischen Verkehrswegen – unterstützt die Herausgabe von «Wege und Geschichte»
Das Vereinsjahr 2024 steht unter dem Motto «Wege und Herbergen».
Die zweitägige Herbstwanderung führte am 19./20. August ins Gotthardgebiet.
Anfang Januar treffen wir uns zum traditionellen Neujahrsapéro in Olten.
Die Veranstaltungen werden aktuell kommuniziert und sind abrufbar auf unserer Webseite www.viastoriafoerderverein.ch
Aktuell Exkursionen und Präsentationen
Mitgliederbereich Vereinsinterna, vom Förderverein mitfinanzierte Studien und Referate, vergünstigte KulturwegePublikationen der Verlage AT und Weber
VORSCHAU
WEGE UND GESCHICHTE
01/2024: DIE AUTOMOBILISIERUNG DER SCHWEIZ
Vor 63 Jahren trat das Bundesgesetz über die Nationalstrassen in Kraft. Dies war ein Meilenstein in der Entwicklung der helvetischen Verkehrsinfrastruktur, der ganz im Zeichen des Massenmotorisierung stand. Der Automobilismus beeinflusste die Siedlungsentwicklung, die Mobilität wie auch den Lebensstil. Autobahnen und Autostrassen wurden im Zuge dessen zu essenziellen Verkehrsadern des Landes. Ihr Bau prägt ganze Landschaften, gleichzeitig sind Teile der markanten Strukturen in die hiesige Architekturgeschichte eingegangen. Die Automobilisierung ist ein zentrales Kapitel in der jüngeren Verkehrsgeschichte, dem sich diese Ausgabe aus verschiedenen Perspektiven widmen möchte.
Redaktionsschluss: 1.3.2024
02/2024: WEGE UND HERBERGEN
In der Römerzeit fanden sich auf heute schweizerischem Gebiet bereits zwei bedeutende Transitrouten über die Alpen. Diese zerfielen aber mit dem Ende des römischen Reiches im 5. Jahrhundert. Erst im Mittelalter wurden in alpinen Regionen wieder neue Transitwege angelegt. Dabei entstanden etliche Gebäude zur Lagerung der transportierten Waren (Susten) sowie zur Unterkunft für Reisende. In der Belle Époque zwischen den 1880erJahren und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 vollzog sich ein Wandel vom Reisen durch Einzelpersonen zum Massentourismus. Dieser führte zum Bau von etlichen Gaststätten und Hotels, der in vielen Regionen bis zum Ersten Weltkrieg nicht mehr abbrach. Der Baustil der grossen Hotels bestand in der Regel aus einer Kombination von Elementen aus früheren Zeiten (Renaissance und Barock), die in der Architekturgeschichte die Bezeichnung «Historismus» erhielt. Diese Herbergen und Hotels entlang der Wege sind das Thema der zweiten Nummer von «Wege und Geschichte» im Jahr 2024. Redaktionsschluss: 1.9.2024
Vorschläge für Heftbeiträge sind sehr willkommen! Bitte richten Sie diese bis einen Monat vor Redaktionsschluss an redaktion@viastoria.ch
«Ich sah meiner tage nie ein wunderlicher, scheusslicher, wilder land! … Das ganze land theilt sich in meer und berg, und zwischen durch lässt sichs nur spärlich reiten oder gehen.»
«Aldri så jeg fælere, villere og mer forunderlig land! … Hele landet deler seg i fjell og hav, mellom dem er det knapt nok plass til en ridevei.»
«Never have I encountered a more wonderful, hideous and wilder land! … The whole country consists of sea and mountains, leaving barely any space between for a track or trail.»
« Jamais de ma vie je n’ai vu un pays plus bizarre, plus hideux, plus sauvage ! … Tout le pays se partage entre mer et montagne, et entre deux c’est à peine si l’on peut se frayer un passage à cheval ou à pied. »
«In tutta la mia vita non ho mai visto una terra più bizzarra, agghiacciante e selvaggia! … L’intera regione è divisa tra mare e montagna e in mezzo non è sempre facile cavalcare o camminare.»
Michael Beheim's Buch von den Wienern 1462–1465. Zum ersten Mahle nach der Heidelberger und Wiener Handschrift, herausgegeben von TH. G. von Karajan, Wien 1843, xxxviii.