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ÜBER DIE KUNST DES GENIESSENS

Genuss ist ein ambivalenter Begriff. Irgendwo zwischen Ausschweifung und schlechtem Gewissen verhaftet, formt sich jede Gesellschaftsgruppe ihre eigenen Assoziationen und Wertesysteme. Wie man den Genuss – nach altgriechischem Vorbild – als Erfahrungsspielraum nutzen und mit welchen Tricks man das Genießen intensivieren und lernen kann, hat unsere Autorin in Erfahrung gebracht.

Im Duden wird der Begriff Genuss recht unkreativ mit „Freude, Annehmlichkeit, die jemand beim Genießen von etwas empfindet“ umschrieben. Möchte man dem Thema jedoch wirklich auf den Grund gehen, dürfte einem dieser doch etwas hölzerne Klärungsversuch nur wenig weiterbringen. Grob gesagt ist der Genuss ein Wohlgefühl, das sich beim Erleben gewisser Erfahrungen oder Dinge, wie beispielsweise Essen oder Trinken, durch die Erregung eines oder mehrerer Sinnesorgane einstellt. Wie eigentlich jeder Begriff eines jeden Vokabulars kann auch der Genuss nicht singulär und losgelöst betrachtet werden, sondern erfordert eine ausgeprägte Kontextualisierung. Wer den Genuss verstehen möchte, der/die muss versuchen, das ihn umgebende, engmaschige Gerüst aus Historie, Kultur, Soziologie und Erziehung zu sehen, zu dekonstruieren und zu reflektieren. Die Art und Weise, wie Genuss an einem gewissen Ort zu einer gewissen Zeit definiert wird, die daran geknüpften Konnotationen, entstehen nicht aus dem Nichts, sondern sind gewachsen und wachsen – in ständigem Wandel begriffen – weiter.

Zwischen Dionysos und Diogenes – Genuss im alten Griechenland

Bereits in der Antike war der Genuss ein gerne bedachtes Thema. Schon Epikur meinte beispielsweise zu wissen, dass der Genuss den Beginn und das Ende eines gesegneten Lebens markiere. Genauso wie zahlreiche seiner griechischen Philosophie-Kolleg*innen stellte er Überlegungen über das Sein an, über sinnstiftende Elemente und in diesem Kontext auch über Essen und Trinken, also die Grundpfeiler der menschlichen Existenz. Im alten Griechenland umschrieb die „Diät“ beispielsweise nicht automatisch eine Restriktion, sondern eine Ernährungsform im Allgemeinen. Wie selbige auszusehen hatte, wurde meist gemessen am persönlichen Wohlbefinden, am Erleben des eigenen Körpers. Das Finden einer individuell passenden Balance stand im Fokus und prägte somit auch den Genussbegriff. Kein zwingend dionysischer Ansatz, so wie er in Rom und Griechenland damals durchaus vor allem von wohlhabenden Bevölkerungsschichten in Form von üppigen Gelagen zelebriert wurde, aber immerhin doch eine Ansicht, die dem Genuss eine Daseinsberechtigung einräumt. Nach Sokrates war das Genießen vor allem ein Erfahrungsraum, ein Grenzgebiet und nützliches Werkzeug, um Erkenntnisse über sich selbst zu gewinnen. Griechische Philosoph*innen hatten also häufig ein sehr ausgeglichenes Genuss-Verständnis – mit Ausnahmen. Die Kyniker*innen beispielsweise, deren berühmtester Vertreter wohl Diogenes sein dürfte, übten sich in Bedürfnislosigkeit, um durch möglichst wenig Besitz möglichst große Unabhängigkeit zu erlangen. Gleichzeitig erkannte diese philosophische Strömung jedoch Bedürfnisse wie Essen, Trinken und Sexualität als unausweichlich und natürlich an. Den radikalen Gegenentwurf zu einer Genusskultur lieferte das Christentum, das mit strengen Reglements Enthaltsamkeit,

Askese und Fasten als Tugenden predigte und somit den Genuss oft mit Verfehlung, Sünde und Laster gleichsetzte. Eine Verknüpfung, die bis heute in den DNAs zahlreicher christlich geprägter Länder vorzufinden ist – das schlechte Gewissen beim Genuss ist somit nicht nur ein individuelles Empfinden, sondern wohl auch zu einem gewissen Teil historisch bedingt.

Ambivalent wird das Wort auch in dem Moment, wo es für ungesunde Konsumgüter verwendet wird. Dass bei uns Alkoholika und Zigaretten, also eigentlich Rauschmittel, ebenfalls als Genussmittel bezeichnet werden, illustriert die in diesem Begriff enthaltenen Pole deutlich. In Gruppen, Szenen oder Gesellschaftsmodellen, in denen Faktoren wie Tüchtigkeit, Disziplin, größtmögliche Effizienz oder Multitasking positiv besetzt sind – man denke an den Begriff der „modernen Leistungsgesellschaft“ – hat es der Genuss ebenfalls schwer, da er mit Trägheit, Ineffizienz oder Müßiggang gleichgesetzt werden kann. Übrigens wirken sich natürlich nicht nur makrokosmische Faktoren wie Gesellschaft oder der historische Kontext auf die Wahrnehmung aus, auch persönliche Erfahrungswerte wie Erziehung sind entscheidende Faktoren. Es wird also deutlich: Wer wann wie sehr genießen kann, hängt von zahlreichen Begebenheiten und nicht zuletzt auch vom sozialen Status ab. Genuss muss man sich leisten können, vor allem hinsichtlich eines entspannten Mindsets.

Genuss als Achtsamkeitsübung

Egal, ob man sich selbst als Genussmensch oder effizienten High Performer sieht – genießen kann erlernt oder intensiviert werden. Hierfür ist es wichtig, einen für sich selbst sinnvollen Genussbegriff festzulegen. Lehnt man sich hierfür am alten Sokrates an, dann kann Genuss nicht nur den eigenen Erfahrungsschatz bereichern und die Sinne schärfen, sondern in einer immer schneller rotierenden Welt dabei helfen, in der eigenen Mitte zu bleiben. Im Grun- de ist aktives Genießen eine Achtsamkeitsübung, da es hierfür Zeit und Fokus braucht. Egal, was man auskosten möchte, man sollte seine ganze Konzentration auf diese Erfahrung lenken. Das bedeutet, dass man keine zwei Dinge gleichzeitig tut und sich auch nicht anderweitig ablenkt. Möchte ich Musik hören, achte ich darauf, gerade wirklich nur Musik zu hören und nicht nebenbei durch Instagram zu scrollen. Habe ich ein leckeres Gericht vor mir, mache ich Fernseher und Radio aus und konzentriere mich auf meinen Teller. Ein weiterer wichtiger Faktor beim aktiven Genießen: Man muss sich die Erfahrung in dem Moment erlauben können, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Sich aktiv dem „Dolce vita“-Gedanken hingeben zu können, kann trainiert werden, zu einer Entschleunigung des Alltags und zu mehr Selbstakzeptanz führen. Der vielleicht wichtigste Punkt beim Genuss ist gleichzeitig auch eine Kennenlernübung, mit deren Hilfe man die eigenen Bedürf- nisse in Erfahrung bringt. Denn um etwas voll auskosten zu können, muss man natürlich erst einmal wissen, was einem gefällt. Und so stehen Fragen wie „Was tut mir gut?“, „Was möchte ich?“, „Was schmeckt mir?“, „Was möchte ich essen?“, „Worauf habe ich Lust?“ oder „Was ist Genuss für mich?“ am Anfang einer Reise in die Welt des Genießens.

Mindful Eating

Für viele stehen die Bereiche Essen und Trinken im Zentrum des Genusses. Hochwertige Lebensmittel, liebevoll und schmackhaft zubereitet, in einer angenehmen Runde zu verspeisen ist einer der Grundpfeiler des menschlichen Miteinanders. An Tischrunden werden Diskussionen geführt, Freundschaften geschlossen oder Kriegsbeile begraben – mit Essen und Trinken werden Abmachungen besiegelt. Liebe geht durch den Magen. Freundschaft auch. Und trotzdem befindet sich der moderne Mensch in einer Entwicklung, in der das Essen im Alltag häufig in den Hintergrund gerät. Auf der einen Seite boomen zwar Fine-Dining-Lokale, Kochshows und Delikatessenläden, auf der anderen Seite jedoch wird mehr gesnackt als gespeist. Eine Stadt ohne Fast-Food-Läden, Drive-Ins, Imbissketten und Bäckereien, die einem schnelle „To Go“-Gerichte servieren, ist unvorstellbar. Durch einen immer schneller getakteten Alltag und fortschreitende Digitalisierung tendiert man dazu, den Vorgang der Speiseaufnahme zu einer Nebensache zu degradieren. Man isst im Gehen, vor dem PC oder Fernseher, an der Bushaltestelle, in der U-Bahn – häufig ungesund, nährstoffarm und zuckerlastig. Regelmäßig aus diesem Karussell auszusteigen und sich auf seine Nahrung zu konzentrieren, ist da eine sinnvolle, gesunde und leckere Methode des Gegensteuerns. Der Begriff des „Mindful Eatings“ beschreibt den Vorgang, sich bewusster auf seine Mahlzeiten zu konzentrieren und somit mehr Genuss und Achtsamkeit zu erleben. Das geht bereits vor dem eigentlichen Verzehr los, ab dem Zeitpunkt, an dem man sich entscheidet, was man isst. Hier geht es um bewusstes Einkaufen, bewusstes Kochen und Konsumieren. Ansätze des „Clean Eatings“ vermischen sich hier mit Genussübungen, da man seinem Körper mit möglichst frischen Zutaten und möglichst wenigen künstli- chen Zusatzstoffen etwas Gutes tun will. Auch die Zubereitung der Speisen ist ein wichtiger Faktor beim „Mindful Eating“, denn in dem Moment, in dem man die Lebensmittel berührt und mit Respekt verarbeitet, baut man eine ganz neue Beziehung zum Essen auf. Auch wer nicht regelmäßig die Zeit findet, für sich selbst zu kochen, kann bei der Auswahl der eigenen Mahlzeiten trotzdem auf Qualität achten. Fertigprodukte wie Suppen, Saucen, Pestos & Co. gibt es inzwischen – beispielsweise in vielen Biomärkten – gesund zubereitet, ohne künstliche Aromen und Zusatzstoffe, in Glasbehältern verpackt, zu kaufen. Steht das Gericht dann endlich vor einem, kann man versuchen, wirklich alle Sinne zu nut- zen und sich zu fragen: Wie sieht mein Essen aus? Wie hört es sich an? Zischt es, brutzelt es noch? Welche Farben sehe ich? Wonach riecht es? Wie fühlt es sich im Mund an? Welche Konsistenz fühle ich? Wie schmeckt es? Welche Aromen kann ich gezielt herausschmecken? Vor allem bei frischen, veganen Gerichten ist diese ganz bewusste Herangehensweise eine wunderbare Schulung der Sinne – werden die Geschmacksnerven doch beim Einsatz von Gemüsen und Kräutern mit Aromen geradezu gekitzelt. Beim Essen selbst empfiehlt es sich dann, langsam zu machen und oft zu kauen. Nicht nur, weil „gut gekauft halb verdaut“ ist, sondern weil es beim Verzehr von Speisen im Mund drei Geschmacksphasen gibt: Den Anfangsgeschmack, den Mittelgeschmack und den Endgeschmack. In den unterschiedlichen Phasen sind jeweils unterschiedliche Aromen unterschiedlich intensiv wahrnehmbar. Alle, die schon mal einen langanhaltenden, unangenehmen Nachgeschmack im Mund hatten, kennen dieses Phänomen. Tatsächlich ist der Endgeschmack der entscheidende Abschnitt der Geschmacksphasen und geht bei zu schnellem Schlingen verloren. Die Devise lautet also: je mehr man kaut, desto intensiver schmeckt das Essen, weil so vor allem süße Komponenten entschlüsselt werden. Für einen einfachen Selbstversuch kann man ein Stück Brot lange kauen: Schmeckt das Backwerk anfangs noch brotig, vielleicht sogar etwas bitter oder rau, entwickelt sich immer mehr Süße, je länger man es im Mund behält. Das liegt daran, dass die Speichelenzyme nach einiger Zeit die Zuckermoleküle in den Kohlehydraten freisetzen.

Genuss zelebrieren

Weitere Faktoren, die den Genussmoment verstärken können: ein schönes Setting am Küchentisch mit Tischtuch, hübschem Geschirr und schönen Gläsern – das Auge isst schließlich mit und außerdem liefern Porzellan und Glas ein unverfälschtes Geschmackserlebnis im Gegensatz zu Pappkartons oder Plastik utensilien. Beim Kochen oder bei Restaurant besuchen sind Experimentierfreude und Neugierde die besten Beraterinnen von Genussmenschen, ebenso wie der Wertschätzung gegenüber allen Lebensmitteln. Um den Gaumen gerade richtig zu reizen, dabei jedoch nicht zu überfordern, kann man mit den Prinzipien vieler Sterneküchen gehen: Klare Linien in den Gerichten ohne einen Aromen-Overkill erweisen den einzelnen Produkten den Respekt und Raum, den sie für die volle Entfaltung benötigen. Ein subtiles Spiel mit verschiedenen Texturen (zwischen cremig, knackig und saftig) und leuchtenden Farben regt Sinne und Zunge an. Ein entspanntes Mindset, das Zugeständnis, sich etwas gönnen zu dürfen, ohne vorher immer etwas geleistet haben zu müssen, Zeit, Raum, Respekt, Achtsamkeit, Atmos phäre und Geschmack bilden die Grundpfeiler des Genusses. Und der soll studiert und zelebriert werden, markiert er doch den Beginn und das Ende eines gesegneten Lebens. Das wusste schließlich schon Epikur.

Erfrischung Pur Holunderbl Tenschorle Mit Zitrone

Perfekt für herrliche Sommertage: Die HolunderblütenSchorle ist nicht nur ein köstlicher Durstlöscher, sondern auch ein optisches Highlight. Zubereitet in nur 2 Minuten hast du einen wohlschmeckenden Aperitif für deine Gäste. Tipp: Mit frischer Minze dekorieren. Wer mag, kann etwas Prosecco hinzugeben. Prost!

ca. 2 Minuten

St. Leonhardsquelle medium

1 Schuss Holunderblütensirup

1 Zitrone

Ingwer

Eiswürfel

Zubereitung: Die Zitrone und den Ingwer waschen und in Scheiben schneiden. Das Eis in ein Glas füllen und etwas Holunderblütensirup hinzugeben. Mit St. Leonhardsquelle medium auffüllen, Zitronenscheiben und Ingwer hinzufügen und die pure Erfrischung genießen.

Alle lebendigen Wässer aus den St. Leonhards Quellen sind artesischen Ursprungs und von höchster Qualität – das schmeckt und spürt man. Zwei Sorten, die St. Leonhardsquelle und die St. Georgsquelle, bietet das Unternehmen auch als Medium-Variante an. Sie überzeugen durch ihre Feinperligkeit, ihren weichen Geschmack und sind sowohl pur als auch zum Mischen von Saft- und Weinschorlen bestens geeignet. Und auch Speisen verleihen sie den „richtigen Dreh“. Mehr Infos unter st-leonhards-quellen.de/rezepte

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