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Interview mit Grawe-Banker Christian Jauk

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WELTBLICK

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VITA CHRISTIAN JAUK Vorstandschef Schelhammer Capital AG

Der gebürtige Grazer (56) ist seit 2012 ehrenamtlicher Präsident des SK Sturm Graz. Für ihn ist das eine große Ehre und Verpflichtung zugleich. Hin und wieder ist der Vater von zwei Kindern auch als Hobbykicker aktiv.

KAMPF UM DAS GROSSE VERMÖGEN

Zwei Privatbanken der Grazer-Wechselseitigen-BankenGruppe geben sich das Ja-Wort, um zum stärksten Player

am Markt zu werden. Der Börsianer traf das Mastermind

hinter der Fusion: Christian Jauk spricht über den Wunsch der Politik nach Konsolidierung, taktisches Kalkül und Schattenseiten in einer stark regulierten Branche.

INTERVIEW DOMINIK HOJAS, ANTONIA HOTTER

Hinter ihren noblen Fassaden kämpfen österreichische Privatbanken unerbittlich um Kosten und Kunden. Während das verwaltete Vermögen jährlich um rund zehn Prozent steigt, sinken die Gewinnmargen. Auf dem hart umkämpften Feld stürmt die Grazer Wechselseitige Versicherung AG (Grawe) nach vorn. Mit Schelhammer Capital hebt sie eine neue Privatbank aus der Taufe. Dabei rücken zwei große Player zusammen: Die Grazer Capital Bank AG fusioniert mit Wiens ältester

Goodies. Christian Jauk hält steuerliche Anreize für den Kapitalmarkt für dringend notwendig.

ERWIN SCHERIAU / APA / PICTUREDESK.COM ©

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Milliarden Euro Assets „under management“ verwaltete Ende August 2021 Schelhammer Capital und ist damit einer der größten Player am Markt. Die Skalierung bei Kunden-Assets ist ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor.

Privatbank, dem Bankhaus Schelhammer & Schattera AG. Der Stephansdom wird das Logo zieren, das Wort „Bank“ verschwinden. Die Gründe dafür verrät Vorstandschef Christian Jauk dem Börsianer. Aus der Fußballwelt bringt der ehrenamtliche SK-Sturm-Graz-Präsident Verständnis für Leadership mit. Um als Gewinner bei der Marktkonsolidierung hervorzugehen, drückt Jauk bei der Transformation aufs Tempo. Mit dem gleichen Elan betritt er den Besprechungsraum im Dachgeschoß der Zentrale am Burgring 16 in Graz, wo das Interview stattfindet.

Herr Jauk, wenn es von der Aufsicht Kritik an österreichischen Banken gibt, fällt das Augenmerk immer wieder auf die hohe CostIncome-Ratio. Sind die österreichischen

Banken ineffizient? – Christian Jauk: Aus einer hohen Cost-Income-Ratio sollte man nicht ableiten, dass österreichische Banken ihre Kosten schlecht managen. Es geht auch um die Ertragsseite: Im Private Banking haben wir in den vergangenen fünf Jahren eine Halbierung der Marge erlebt. Das ist dramatisch. Vor zwei, drei Jahren hat in diesem Segment eine Konsolidierung begonnen. Ausländische Banken haben den österreichischen Markt verlassen, weil das Potenzial nicht allzu groß ist. Das ist ein Zeichen dafür, dass Österreich „overbanked“ ist.

Trotzdem sagen Behörden, ihr müsst eure Kosten besser managen! – Diese Kritik ist in einem gewissen Ausmaß berechtigt, aber man muss auch entsprechende

Zusammenschluss. Die Capital Bank und das Bankhaus Schelhammer & Schattera AG wurden Ende September 2021 fusioniert und treten jetzt als Schelhammer Capital auf.

Rahmenbedingungen schaffen. Wer sich den bürokratischen Aufwand anschaut, sieht, dass der österreichische Bankensektor sehr kleinteilig organisiert ist. Regulierung begünstigt größere Einheiten. Dabei ist in der Finanzkrise 2008 gerade die klein- und mittelständische Bankenwelt stabil geblieben. Jetzt tragen sie die Konsequenzen, und die Politik und Aufsicht fördern eine Konsolidierung.

Das bedeutet, dass die großen Anbieter größer werden und das Angebot für den

Kunden kleiner wird. – Als begeisterter Marktwirtschaftler kann ich das nur unterstreichen. Studien zeigen über alle Branchen hinweg, dass eine ordentliche Wettbewerbssituation den größten Nutzen für die Kunden und den größten Wohlstand bringt. Da muss man aufpassen, dass die Regulierungen nicht irgendwann die Rahmenbedingungen für das Wirtschaften strangulieren.

Einen kleinen Markt wie Österreich treffen eng gesteckte Rahmenbedingungen besonders hart. – Ja, das fängt bei der Legisla-

„Im Private Banking gab es eine Halbierung der Marge.“

CHRISTIAN JAUK

tive an. Es gibt immer nationale Spielräume – Österreich tritt mit einer Vorzugsschülermentalität an sie heran. Das setzt sich auf der Aufsichtsebene fort. Eigentlich spricht das für hohe Qualität. Für den überschaubaren österreichischen Markt bedeutet das aber wenige Skalierungsvorteile auf der Kostenseite. Ausländische Banken können dann leichter sagen: Nein, das zahlt sich nicht aus.

Die Möglichkeit haben Sie als Local Play-

er nicht. Was ist Ihre Strategie? – Wir bieten Outsourcing-Dienstleistungen an – innerhalb unseres Bankenkonzerns und für Dritte wie die Bank 99 AG oder österreichische Regionalbanken. Auslandsbanken, die ihre Bankkonzession zurückgeben, zählen auch zu unseren Kunden. Wir übernehmen den konzessionsrechtlichen Anteil. Damit erreichen wir andere Größenklassen und erzielen Skaleneffekte. Davon profitieren auch diejenigen, die outsourcen.

Sie transformieren Ihr Geschäftsmodell und konsolidieren innerhalb der Gruppe, um

effizienter zu werden. – Absolut. Die betriebswirtschaftliche Überlegung hinter der Fusion unserer Privatbanken ist, dass eine Bilanz Kosten und Komplexität reduziert. Wir reden immer über Kosten, aber die sind meist eine Folge der Komplexität.

Das Ergebnis heißt Schelhammer Capital. War der Name von Anfang an klar? – An dem Prozess waren viele Mitarbeiter beteiligt. Das ist enorm wichtig, weil du Kunden nur überzeugen kannst, wenn deine Mitarbeiter motiviert sind. Am Ende ist es eine Kombination geworden, an die ich zu Beginn nicht gedacht hät-

te. Wir haben erst im Finale entschieden, dass das Wort „Bank“ bei der Marke herausfällt. Das war schon sehr mutig, international aber nicht unüblich. Ich denke etwa an Goldman Sachs und JP Morgan.

Hat es auch eine Rolle gespielt, dass das Wort „Bank“ in der Gesellschaft nicht un-

bedingt positiv besetzt ist? – Vielleicht hat das im Unterbewusstsein eine Rolle gespielt. Wir wollen nicht nur auf das Thema „Bank“ reduziert werden. Auf der emotionalen Achse zum Kunden bist du der private CFO. Da geht es um wahnsinnig viel Vertrauen. Der Name soll unsere Stärke zum Ausdruck bringen.

Sie sprechen von Stärke. Was bedeutet das? – Wir sind die Privatbank in Österreich mit dem höchsten Eigenkapital in der

#PORTRÄT

GRAWE-BANKEN-GRUPPE

Zur Grazer-Wechselseitigen-Banken-Gruppe, im Eigentum der gleichnamigen Versicherung, zählten bisher insgesamt zehn Marken. Dazu gehört die Bank Burgenland, die Capital Bank, das Bankhaus Schelhammer & Schattera AG, die Security KAG, die Dadat Bank, die Plattform, Sopron Bank, BK Immo, BB Leasing sowie die GBG Service.

Größenordnung von rund 300 Millionen Euro. Auch bei der Bilanzsumme von 2,3 Milliarden Euro, die wir mindestens erwarten, liegen wir ganz vorn. Stärke heißt für uns auch: Verlässlichkeit und Langfristigkeit in der Kundenbeziehung sowie Flexibilität, Dynamik und das Unternehmerische. Eine Privatbank muss gleichzeitig enkeltauglich sein: Bei Vermögen geht es nicht nur darum, es zu vermehren, sondern es in dem Zins- und Inflationsumfeld zu bewahren.

Wenn man konsolidiert, sind Kosten und Effizienz treibende Faktoren. Es geht aber

auch um Wachstum. – Ja. Schelhammer Capital haben wir im Selbstverständnis für die stärkste Privatbank Österreichs interpretiert. Wir sind schwerpunktmäßig auf der Süd-Ost-Achse tätig zwischen Kärnten und Wien. Den Standort in Salzburg werden wir aufwerten und die Zahl der Kundenbetreuer dort etwa vervierfachen.

Stimmt es, dass Sie knapp ein Dutzend Leute von der Schoellerbank AG übernommen haben und mit dem ehemaligen Vorstands-

WACHSTUM BRAUCHT RASCHE LIQUIDITÄT.

DAS RAIFFEISEN FACTORING.

© ÖSTERREICHISCHE POST AG

Beteiligung. Das Geschäftsmodell der Bank 99 AG, an der die Grawe-Gruppe beteiligt ist, muss erst in einer normalen Welt seinen Test bestehen, sagt Christian Jauk.

„Vermögen muss in dem Zins- und Inflationsumfeld bewahrt werden.“

CHRISTIAN JAUK

mitglied Heinz Mayer in intensivem Kon-

takt stehen? – Wir bauen ein Team auf, in dem sich auch ehemalige SchoellerbankLeute wiederfinden. Mir ist es wichtig zu betonen, dass wir das nicht aus einer aktiven Rolle heraus betrieben haben. Dass Heinz Mayer aus der Pension zurückkommt, zeigt ein starkes Commitment. Er wird Generalbevollmächtigter im Vermögensmanagement sein.

Zu Ihrer Bankengruppe gehört auch der Onlinebroker Dadat Bank. Die Branche hat einen enormen Boom erlebt. Hat Sie das

überrascht? – Junge Menschen fragen sich, wie sie mit negativen Realzinsen für ihre Pension vorsorgen sollen. Onlinebroker sind ideal, weil sie spesengünstig sind. Wir brauchen aber auch eine staatliche Incentivierung.

Steuerliche Anreize für den Kapitalmarkt

würden helfen? – Nein, nicht nur helfen – die sind dringend notwendig! Mit hohen Inflationsraten und niedrigen Zinsen ist der Kapitalmarkt alternativlos. Wir haben in Österreich wenig getan, um diesen zu fördern – ganz im Gegenteil. Viele österreichische Topunternehmen sind zu anderen Börsenstandorten gewechselt. Es gibt auch kaum eine Wissensbildung. Wenn Sie heute maturieren, haben Sie über wirtschaftliche und Kapitalmarktthemen wenig gehört. Gleichzeitig wissen wir aus Studien, wie wichtig der Kapitalmarkt ist: Er finanziert Innovation und Kreativität!

Können Sie sich auch vorstellen, mit der Dadat Bank über die Grenze, etwa nach Süddeutschland, zu gehen? – Natürlich gibt es diesen Gedanken. Da will ich aber

„Maturanten haben über Kapitalmarktthemen wenig gehört.“

CHRISTIAN JAUK

noch nicht allzu viel verraten, weil das einer ordentlichen Vorbereitung bedarf.

Sie sind mit 20 Prozent an der Bank 99 AG beteiligt. Wie zufrieden sind Sie mit der

Performance? – Die Bank 99 war bisher praktisch nur während der Pandemie tätig. Man braucht einmal eine einigermaßen normale Welt, damit man sieht, wie dieses Geschäftsmodell funktioniert. Eine nicht unbeträchtliche Kundenanzahl zu akquirieren ist schon gelungen. Mit der Übernahme des RetailGeschäfts der ING bin ich optimistisch, dass ein weiterer Sprung gelingt. n

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