5 minute read
PENSIONSKASSEN
PLATZ 2020 TREND UNTERNEHMEN
1. (1.) → VBV Pensionskasse AG
2. (2.) → APK Pensionskasse AG
3. (4.) ↑ Valida Pension AG 4. (3.) ↓ Allianz Pensionskassen AG 5. (5.) → Bonus Pensionskassen AG
RANGLISTE BESTE PENSIONSKASSEN
BRANCHE/ RUBRIK GESAMTSCORE PEERGROUP KENNZAHLEN REDAKTION
Pensionskasse/Überbetriebliche 85,83 9 8 9 P ensionskasse/Überbetriebliche 83,89 9 9 8 Pensionskasse/Überbetriebliche 67,73 7 5 8 Pensionskasse/Überbetriebliche 58,63 8 5 5 Pensionskasse/Überbetriebliche 54,54 7 2 7
„‚Der Staat wird’s schon richten‘ ist der falsche Ansatz.“
GERALD MORITZ
„Entwürfe sind da, für Umsetzung fehlte immer die Regierung.“
MICHAELA PLANK
„Debatte gehört in Österreich dringend angestoßen.“
ANDREAS ZAKOSTELSKY
können Sie mit dem gleichen Geld nun nur noch 69 Mal zum Friseur gehen“, sagt Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung (IV). Grund dafür war eine durchschnittliche Inflation von 1,85 Prozent pro Jahr – im Oktober 2021 lag sie in Österreich bei 3,7 Prozent, dem höchsten Wert seit 13 Jahren. „Das bedeutet, dass der Wertverlust des Geldes noch schneller voranschreiten wird.“ Helmenstein fragt: „Wie sollen bei derartigen Inflationsraten die jährlichen Pensionsanpassungen noch Schritt halten, um Altersarmut zu verhindern?“
Der Kapitalmarkt ist für die Pensionskassen eine Herausforderung. Seit Jahresbeginn haben die überbetrieblichen Pensionskassen eine Performance von 5,83 Prozent hingelegt. Über 15 Jahre gesehen, liegt der Schnitt bei 3,3 Prozent. Am besten performten jene, die eine dynamische Anlagestrategie gewählt haben. Das heißt: Der Aktienanteil macht rund die Hälfte des Portfolios aus. Das beste Veranlagungsergebnis für 2020 lieferte die APK Pensionskasse AG (Platz 2 / 83,89 Punkte) mit 4,2 Prozent, das schlechteste die Valida Pension AG (Platz 3 / 67,73 Punkte) mit minus 0,25 Prozent.
Entwürfe in der Schublade
Jedes Altersvorsorgesystem ist finanzierbar, wenn der Bundeszuschuss hoch genug ist: „Aber sich darauf zu verlassen, dass der Staat es schon richten wird, halte ich nicht für den richtigen Ansatz“, teilt Unternehmensberater Gerald Moritz seine Einschätzung: „Die Menschen brauchen eine gewisse Offenheit gegenüber der betrieblichen und privaten Vorsorge.“
Um diese Offenheit zu erlangen, fordert der Fachverband der Pensionskassen unter Zakostelsky etwa sozial gestaffelte Prämien für Beitragszahlungen und steuerliche Anreize. „Die Entwürfe dafür liegen teilweise in der Schublade“, berichtet Michaela Plank, „aber es fehlte dann immer die Regierung zur Umsetzung.“ Bei der letzten großen Koalition sei zwar nicht viel weitergegangen, aber: „Zumindest war das Thema der betrieblichen Vorsorge im Regierungsprogramm verankert“, bedauert die Österreich-Chefin von Mercer. Aus Kreisen heißt es auch, dass sich kaum noch einer auskenne und man mit jedem bei Null anfangen muss. Zakostelsky sieht die Wurzel des Problems in der fehlenden Finanzbildung von Entscheidungsträgern: „Wer etwas ändern will, muss zuerst verstehen, wie das aktuelle System funktioniert und warum es eine Veränderung braucht.“
Platz für eine neue Pensionskasse
Zurzeit gibt es in Österreich fünf überbetriebliche Pensionskassen. „Vielleicht wäre die Gründung einer weiteren Pensionskasse belebend. Sofern der Generalpensionskassenvertrag umgesetzt wird, könne sich der Markteinstieg lohnen“, schlägt Hoffmann vor. Gemeint ist ein standardisierter Vertrag, der es allen Arbeitnehmern ermöglicht, die gesammelten Abfertigungsansprüche an eine Pensionskasse zu übertragen. Der Fachverband der Pensionskassen fordert das schon lange, die Umsetzung ist im aktuellen Regierungsprogramm festgehalten. „Eine neue Pensionskasse kann für jene Finanzinstitute von Vorteil sein, die ihre Kunden über ein Vertragsende hinaus – also lebenslang – behalten möchten“, appelliert Hoffmann an Finanzinstitute.
Dass es im Markt Potenzial gibt, zeigt der Sieger im goldenen Börsianer-Ranking: Die VBV Pensionskasse AG gewann im Sommer dieses Jahres die Ausschreibung für die Siemens Österreich Betriebspension. Das verwaltete Vermögen der Pensionskasse steigt dadurch von 7,9 auf rund 8,5 Milliarden Euro. Siemens wechselt mit Anfang 2022 von der Valida Pension AG zur VBV Pensionskasse AG. Überzeugt habe Siemens die Berücksichtigung der ESG-Kriterien im Veranlagungsprozess sowie der „moderne Onlineservice“. Das spiegelt die BörsianerWertung wider: Die VBV Pensionskasse AG konnte sich heuer sowohl den Sonderpreis für Nachhaltigkeit als auch den Sonderpreis für Innovation sichern. n
Walter Pöltner
Vorsitzender Alterssicherungskommission
VERZWEIFLUNG EINES EXPERTEN
#INTERVIEW
Aus Frust über die Politik verkündete der Chef der Pensionskommission seinen Rücktritt mit Jahresende. Die angekündigte Pensionserhöhung brachte das Fass für Walter Pöltner zum Überlaufen. Auf Experten wie ihn werde nicht gehört, beklagt der ehemalige SPÖ-Politiker. Dem Börsianer erzählt er von internen Kontroversen und den MathematikKenntnissen einiger Politiker.
Herr Pöltner, Sie werfen als Vorsitzender der Alterssicherungskommission das Handtuch? – Walter Pöltner: Ja, es hat mich niemand gefragt, ob ich doch bleiben will. Abgesehen davon hätte ich abgelehnt. Ich denke, manche sind über meinen Rücktritt gar nicht so unglücklich.
Wenige Prognosen sind so sicher wie die demografische Entwicklung. Die Geburtenstatistik kennen wir. Warum wird auf Experten nicht gehört? – Dass Politiker einer anderen Ratio folgen, hat mit Wahlen zu tun. Alle drei Monate haben sie eine Wahl. Einmal gibt es Gemeinderatswahlen, einmal Arbeiterkammerwahlen, einmal Wirtschaftskammerwahlen, einmal Gewerkschaftswahlen. Dann heißt es bei Reformvorschlägen: Nicht jetzt, machen wir das in drei Monaten. In drei Monaten gibt es dann eine Wahl irgendwo im Burgenland.
Politik funktioniert nach anderen Maßstäben? – Sobald Politiker Pensionsreform sagen, schreit die Opposition: „Diese Sozialfeindlichen! Die nehmen den Leuten ihre Pensionen weg!“ Das will sich niemand antun. Als Experte kann ich eine große Goschen haben. Ich werde nicht gewählt, ich muss keine Verantwortung übernehmen. Ich verstehe die Politiker, aber verzweifle – wie die Virologen.
Beim Wort Pensionsreform schreien die Pensionisten auf. Dabei sind jene Menschen gemeint, die in 40 Jahren eine Pension bekommen. – Absolut. Das ist eine Kuriosität, die mich seit 30 Jahren verfolgt. Ich habe vergeblich versucht, das mit Vorträgen zu ändern. Aber die meisten Besucher waren über 50 Jahre alt. Bei den Jungen komme ich nicht durch. Braucht es mehr Zinseszinsrechnung in der Schule? – Sowieso. Warum es in der Pensionsversicherung einen Abschlag gibt, hat mit Grundschulwissen zu tun. Wenn Leute in der SPÖ diese mathematischen Grundkenntnisse nicht haben – was soll ich tun? Ein Abschlag ist keine Strafe.
Die Gewerkschaft der Angestellten in der Privatwirtschaft behauptet, dass wir uns auf das staatliche Umlageverfahren verlassen könnten. Sind Sie oft mit solchen Ansichten konfrontiert? – Laufend. Das führt zu heftigsten internen Kontroversen. Ich komme aus dieser politischen Welt, werde aber dort besonders angefeindet. Dabei sagt einem der Hausverstand, dass das Pensionssystem mit drei Säulen flexibler ist als nur mit der staatlichen.
Woher kommt das blinde Vertrauen in die staatliche Säule des Pensionssystems? – Wenn Sie kein Vertrauen haben, haben Sie Arbeit. Dann müssten die Funktionäre mit negativen Botschaften rausgehen. Es ist einfacher zu sagen, dass eh alles leinwand ist.