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WIE AUS BÖSEN ROHSTOFFEN GUTE WERDEN
Rohstoffabbau im Bergbau ist nicht umweltfreundlich Dokumentation der Lieferketten ist für Unternehmen große Herausforderung
Fokus liegt auf lokalen
Lieferanten und Recycling
Rohstoffe sind entscheidend für die nachhaltige industrielle Transformation. Bedeutend ist jedoch auch ihre korrekte Beschaffung ohne Kinderarbeit und Menschenrechtsverletzungen sowie anfallende CO2-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette. Unternehmen, die Rohstoffe für ihre Produkte beziehen, müssen den Impact ihrer Kunden und Zulieferer in den sogenannten indirekten Scope 3-Emissionen nach Anleitung des Greenhouse-Gas-(GHG-) Protokolls dokumentieren. Gefragt sind Daten über den gesamten Lebenszyklus. Das klingt alles sehr technisch - und ist es auch. Im Vorjahr taten dies nur 41 Prozent der im Carbon Disclosure Project (CDP) teilnehmenden 18.700 Unternehmen –das entspricht immerhin der Hälfte der weltweiten Kapitalisierung -, obwohl die indirekten Emissionen 11,4-fach höher sind als die direkten, vom Unternehmen selbst verursachten, heißt es im neuesten CDP Supply Chain Report 2022. Schlecht verfügbare Daten der Lieferketten sind eine der Hauptgründe für die lasche Dokumentation. CDP ist eine Non-ProfitOrganisation und verwaltet die weltweit größte Datenbank zu CO2-Emissionen, Reduktionszielen und Klimarisiken, die etwa auch der Rohstoffabbau birgt.
Verlässliche Daten nötig
Konkret geht es dabei etwa um Kupfer für Kabel und Wasserrohre, Silber für Solarmodule, Aluminium für leichtere Autos, Lithium und Kobalt für Lithium-IonenBatterien und in der Folge für Elektroautos sowie Nickel für wiederaufladbare Batterien – und im Fall der Mondi Group um Holz. Mehr als 80 Prozent der Papierund Verpackungslösungen des Konzerns basieren auf Holzfasern. Bis 2030 will die Mondi Group Holz aus 100 Prozent verantwortungsvollen Quellen beziehen. Dafür sorgen Zertifizierungen, gewisse Standards und ein eigenes Due-Diligence-System. Denn das A und O ist eine verlässliche Datenbasis, die aufgebaut werden muss. Wichtig sind die Primärdaten der Zulieferer, ein eigenes Projekt- team treibt den Austausch voran. „Es war noch nie so wichtig, entlang der Wertschöpfungskette zusammenzuarbeiten, um den Wandel voranzutreiben, den unser Planet braucht, und um als Industrie voranzukommen, Ideen, Technologien und Lösungen in großem Maßstab zu entwickeln“, sagt Mondi-Group-Environmental-Manager Christian Ramaseder zum Börsianer Grün. 2022 rechnete das Unternehmen 46 Prozent des gesamten CO2-Fußabdrucks Scope 3 zu, 60 Prozent davon entfielen auf die zugekauften Rohmaterialien.
Auch die Schweizer Swisscom hat in Herstellung, Transport, Nutzungs- sowie in der End-of-Life-Phase der Handelswaren und Netzwerksinfrastruktur ihre Emissions-Hotspots identifiziert. 95 Prozent der Emissionen haben ihren Ursprung in der Wertschöpfungskette, zwei Drittel direkt bei den Lieferanten. Mit zehn Lieferanten generiert die Swisscom etwa 70 Prozent der Emissionen. „Verantwortung geht über die Grenzen des Unternehmens hinaus“, meinte Swisscom-Vorstandschef Christoph Aeschlimann kürzlich im BusinessClub Bern. Die Swisscom fordert ihre Lieferanten auf, ihren CO2-Fußabdruck auf der Plattform CDP zu rapportieren, außerdem wird ein transparentes Eco-Rating wie etwa von Ecovadis eingefordert. Bei Gütern, in der die Swisscom als Wiederverkäufer auftritt, wie bei Handys gelten zwar dieselben Vorgaben, diese lassen sich aber schwerer durchsetzen und überprüfen, heißt es vom Unternehmen zum Börsianer Grün. „Die Dokumentation von Scope 3 verbessert sich zunehmend, vor allem auch durch die Science-basedTargets-Initiative (SBTi), Europas Unternehmen schreiten da den US-Pendants voran“, sagt Craig Cameron, Fondsmanager des Templeton Global Climate Change Fund (siehe Interview).
Fokus auf lokale Lieferketten
Die Voestalpine AG, die weltweit mehrere Standorte unterhält, kauft wie die Mercedes-Benz Group AG möglichst regional zu, Stichwort „local for local“, und vermeidet dadurch unnötige Transportwege. In Deutschland betrug der lokale Lieferantenanteil zuletzt 83,13 Prozent, in Österreich 62,68 Prozent. Für die Stahlerzeugung kauft die Voestalpine AG weltweit Eisenerz, Kokskohle und Schrott, für die Legierungen aber auch Aluminium, Kobalt, Nickel und Zink. Bei Rohstoffen, Herkunftsländern und Lieferanten wurden Umweltaspekte, Menschenrechte, Arbeitsbedingungen und Antikorruptionsmaßnahmen geprüft. Hotspots im Bereich der Menschenrechte, vor allem in Bezug auf Kinder- und Zwangsarbeit, konnten so bei allen Lieferanten ausgeschlossen werden, heißt es im Nachhaltigkeitsbericht. „Soziale und ökologische Auswirkungen und Risiken der Aktivitäten von Lieferanten werden systematisch erhoben und bewertet“, bekräftigt Voestalpine-Boss Herbert Eibensteiner auf Nachfrage.
Nachhaltige Verwendung
Mit Blick auf Industriemetalle hat Stahlschrott, weil zu 100 Prozent recycelt, bei
Europa Hat Noch Die Nase Vorn
Europa versus USA: Wie steht es um die Scope3Dokumentation? – Craig Cameron: Es hat sich verbessert, aber es ist immer noch viel zu tun, um den CO2-Fußabdruck eines Produkts über die gesamte Wertschöpfungskette wirklich zu verstehen. Europa hat immer noch die Nase vorn, nach Daten von MSCI haben 92 Prozent der Unternehmen in Europa in irgendeiner Form Scope-3-GHG-Emissionen gemeldet gegenüber 79 Prozent in den USA.
Gibt es einen nachhaltigen Abbau von Industriemetallen? –Der Abbau per se ist kaum nachhaltig, der Einsatz der Rohstoffe für Elektrizität als Ersatz für Öl und Gas macht die Metalle aber attraktiv und zu einer nachhaltigen Option. Unternehmen wie Antofagasta verwenden beim Kupferabbau Solar- und Windenergie, Norsk Hydro bei der Aluminiumproduktion Wasserkraft. Beide sind führend in dieser Art der Gewinnung. Und Vulcan Energy versucht in Deutschland Lithium mittels Geothermie zu produzieren. Diese Unternehmen gefallen uns, da investieren wir. Ein gutes Beispiel ist auch Albermale, das fast das gesamte Lithium für Batterien an Elektroautohersteller liefert, grüne Technologie macht dieses Lithium nachhaltiger.
Wie spielen Menschenrechtsrisiken in die Selektion des Fonds hinein? – Wir investieren nur in Unternehmen, die Menschenrechte achten und die sich regelmäßig prüfen lassen, und fokussieren uns auf Regionen, wo es genügend transparente Dokumentation über Arbeitszeit, Gesetze und globale Menschenrechtsnormen gibt. Antofagasta, das in Chile Kupfer abbaut, arbeitet eng mit den dortigen Gemeinden zusammen, 80 Prozent der Arbeiter sind gewerkschaftlich organisiert. Außerdem müssen die beauftragten Firmen ihren Arbeitern eine ethisch korrekte Bezahlung garantieren, die 40 Prozent über dem Mindestlohn liegt. n