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VERTRAUEN IN DIE INNOVATIONSKRAFT DER EUROPÄISCHEN INDUSTRIE

Die europäische Politik musste sich die Fragen stellen, ob Europa gerade wirtschaftspolitisch von den USA abgehängt wird und ob in naher Zeit eine Abwanderung europäischer Unternehmen in die USA droht. Sind die Sorgen berechtigt?

Tatsache ist: Europa hat eine starke, innovative Industrie. Allein die europäische Stahlindustrie zeigt gerade mit ihren innovativen Konzepten, wie der Umstieg auf eine klimaneutrale Stahlproduktion gelingen kann. Um die Zukunftsfähigkeit des europäischen Wirtschafts- und Industriestandorts abzusichern, müssen jedoch dringend die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Der Inflation Reduction Act sieht vor, dass von den 737 Milliarden US-Dollar an neuen Haushaltseinnahmen 370 Milliarden US-Dollar für Investitionen in den Klimaschutz fließen sollen. Diese Maßnahme ist selbstverständlich zu begrüßen, das US-Programm enthält jedoch zahlreiche protektionistische Elemente für US-Betriebe. Zu Recht sind daher viele Diskussionen entbrannt, wie der europäische Industriestandort gestärkt und seine Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden kann. An der grünen Transformation führt kein Weg vorbei. Die Voestalpine hat mit Greentec Steel einen klaren Stufenplan, um ihren Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten zu können. Mit dem teilweisen Umstieg von der Hochofen- auf die Elektrostahlroute können wir unsere CO2-

Emissionen bereits ab 2027 um bis zu 30 Prozent reduzieren. Das entspricht einer Einsparung von fast fünf Prozent der CO2-Emissionen in Österreich pro Jahr. Greentec Steel ist damit das größte heimische Klimaschutzprogramm.

Für energieintensive Unternehmen wie die Voestalpine ist jedoch die Verfügbarkeit und wettbewerbsfähige Bepreisung von Energie ein existenzieller Standortfaktor. Und hier hat die energieintensive Industrie einen enormen Wettbewerbsnachteil gegenüber den USA, wo die Energiepreise deutlich niedriger sind als bei uns. Darüber hinaus sind Energie und Rohstoffe in den USA besser verfügbar. Um die Wettbewerbsfähigkeit Europas und auch Österreichs zu sichern, sind eine Reihe politischer Maßnahmen notwendig. Dazu zählen etwa die Anpassung des Strom-

VITA HERBERT EIBENSTEINER CEO VOESTALPINE AG

Der gebürtige Linzer (59) ist seit dem 3. Juli 2019 Vorstandsvorsitzender des Voestalpine-Konzerns. Seit 2012 ist er im Vorstand. Sein Fokus liegt auf dem weiteren Ausbau der nachhaltigen Unternehmensaktivitäten mit Schwerpunkt Dekarbonisierung der Stahlproduktion.

marktdesigns und der schnellere Ausbau der erneuerbaren Energien mitsamt der notwendigen Netzinfrastruktur. Zudem braucht es pragmatische Unterstützungsmaßnahmen für die Transformation und die kurz- und mittelfristige Versorgung mit Erdgas und Grünstrom. Langfristig gesehen können die anspruchsvollen Netto-Null-Ziele nur erreicht werden, wenn wir auf der gesamten Klimaschutzklaviatur spielen: insbesondere was klimaneutrale Gase betrifft, allen voran Wasserstoff und Biogas. Österreich hat beispielsweise vor einiger Zeit eine Wasserstoffstrategie präsentiert. Jetzt müssen zügig konkrete Pläne für die Erzeugung, den Import und die Infrastruktur erstellt werden. Ebenfalls wichtig: die Schaffung von funktionierenden grünen Märkten, schließlich ist die Abhängigkeit vom „Subventionstropf“ kein attraktives Geschäftsmodell.

Europa und Österreich haben das Potenzial, auch in herausfordernden Zeiten erfolgreich zu sein. Doch dafür braucht es entsprechende Rahmenbedingungen. Die Zeit drängt. Europa muss in die Gänge kommen, um sich im globalen Wettbewerb zu behaupten. Vertrauen in die Innovationskraft der europäischen Industrie wäre ein guter erster Schritt. n

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