2 minute read
FRUST DER INVESTOREN NIMMT ZU
Der Frust der Investoren über die steigende Regulatorik in der Europäischen Union beim Thema Nachhaltigkeit ist groß. Ambitionierte Pläne sind im Nichts verlaufen, die USA haben Europa links überholt. Das ergab eine exklusive Umfrage des Börsianer Grün unter mehr als 500 institutionellen Investoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im April 2023.
Tatsächlich ist es leider so, dass die EU seit Jahren sehr ambitionierte Pläne und Ziele verfolgt, aber viel zu wenig und zu langsam auf Schiene bringt. Die USA machen jahrelang nichts, kommen dann im Juli 2022 mit dem Inflation Reduction Act (IRA), und innerhalb kürzester Zeit verschieben die meisten europäischen Unternehmen ihre Investitionspläne in Richtung USA“, fasst ein Umfrageteilnehmer Europas Problem in Sachen Nachhaltigkeit und Regulierung zusammen und spricht damit vielen anderen Teilnehmern aus der Seele. Was kann Europa nicht, was die USA können? Es fehlt ein konkretes, klares und attraktives Programm, das so einfach ist, dass es letztendlich bei potenziellen Käufern nachhaltiger Produkte verständlich ankommt. Denn ohne Verständnis fehlt auch die Unterstützung der breiten Masse. Nun ist die Eindämmung des
Klimawandels zwar ein hehres Ziel. „Je größer die Bürokratie, desto höher ist die Gefahr, dieses Ziel aus den Augen zu verlieren“, bringt es Nils Kottke vom Bankhaus Carl Spängler & Co AG auf den Punkt. Keine Frage: Aus Sicht der Realwirtschaft und der notwendigen Transformation vieler Unternehmen macht ein Rahmenwerk Sinn, auch das Datenerfassen ist nachvollziehbar. „Die aktuellen aufsichtsrechtlichen Anforderungen bergen aber zum Teil die Gefahr, dass notwendige politische Entscheidungen zu moralischen Entscheidungen von Unternehmen gemacht werden“, relativiert ein Teilnehmer die guten Absichten der Aufsicht. Dazu kommt, dass das Thema Nachhaltigkeit mit einer „dermaßen pauschalen Generaldringlichkeit in die Investmentprozesse gepresst wird, dass für tiefgreifende Analysen und somit das Erarbeiten des Kerns der Philosophie kein Raum übrig bleibt“. Obskure Einzelziele müssen mit „endlosen Dokumentationen abgeglichen und neu erstellt werden, um der Einstellung einiger weniger Regulatoren zu entsprechen“, macht ein Investor seinem Frust Luft. Hier hilft vielleicht wirklich nur der Wettlauf mit den USA, der die Europäische Union dazu zwingt, rascher zu entscheiden und umzusetzen und das Fass ohne Boden anderweitig zu stopfen. Denn nach wie vor ist immer noch nicht klar definiert, was „nachhaltig“ überhaupt bedeutet.
ESG: kein Nachteil, aber ein Bremsklotz
Nur rund 22 Prozent befürchten Renditeeinbußen bei nachhaltigen Investments im Vergleich zu klassischen Investments. Im Vorjahr fühlten sich die Skeptiker bestätigt, Aktien von „bösen“ Rüstungsfirmen erzielten hohe Kursgewinne, viele nachhaltige Fonds verzeichneten Verluste. Auch die kritischen Stimmen in Sachen ESG - die Abkürzung für Environmental, Social, Governance –, das als Grundlage für viele nachhaltige Produkte herangezogen wird, werden nicht müde: „Aus meiner Sicht ist ESG das am meisten überbewertete und überverkaufte Konzept aller Zeiten. Es fängt schon damit an, dass die Messung dessen, was gut ist, subjektiv individuell oder personenspezifisch ist. Nicht einmal die Ratingagenturen können sich darauf einigen, welche ESG-Bewertung sie einzelnen Unternehmen geben sollen“, sagt etwa Aswath Damodaran, Professor für Finanzierung an der Stern School of Business der New York University. Investoren, die sich beim Stockpicking Vorteile gegenüber anderen erhoffen, wird der Investmentprozess durch ESG erschwert. „Wir tendieren zu einem bürokratisch aufgebauten Philosophie-In- vestment, das uns am Ende das Animo, in Unternehmen zu investieren, um damit nicht nur Gutes zu tun, sondern auch Vermögen zu bilden, wegnimmt“, bringt ein Umfrageteilnehmer das Problem auf den Punkt. Weiters erklärt er: „Damit Nachhaltigkeit bei Investments nicht zum Feigenblatt für nichtnachhaltige Gewohnheiten verkommt, müssen Herzen und Köpfe gewonnen werden. Ich denke, dazu muss mehr freier Wettbewerb um diese Herzen und Köpfe zugelassen werden.“
BEFÜRCHTEN SIE BEI NACHHALTIGEN INVESTMENTS (ESG) RENDITEEINBUSSEN GEGENÜBER KLASSISCHEN INVESTMENTS?
JA: 21,84 % (2022: 22,09 %)
NEIN: 78,16 % (2022: 77,91 %)
Verständnis von Nachhaltigkeit treibt Blüten
An nachhaltigen Produkten kommt ein Investor oder auch ein ganz normaler Retailkunde kaum vorbei, seit August 2022 müssen Berater und Produktvermittler ihre Kunden nach de-