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INDUSTRIEMETALLE ALS SPANNUNGSFELD
Wieso Nachhaltigkeit weit mehr als das Thema Umwelt ist Welche Investmentansätze der Fondsmanager verfolgt
VITA
MICHAEL HUBER
Stv. Leiter „Aktien Entwickelte Märkte“
Raiffeisen KAG
Michael Huber ist seit 2010 bei der Raiffeisen KAG, seit 2021 stellvertretender Leiter der Abteilung „Aktien Entwickelte Märkte“ und ist dort für die Gestionierung nachhaltiger Fonds verantwortlich. Huber ist zudem Mitglied des Beirats für Nachhaltige Investments der Raiffeisen KAG und des Steering Committees. Sein Studium der Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien schloss der erfahrene Nachhaltigkeitsexperte 2009 ab.
Strategie. Michael Huber setzt in seinem Fonds verstärkt auf das Thema Kreislaufwirtschaft.
Herr Huber, Inflation und Krieg sorgen für reichlich Schlagzeilen. Droht der Fokus auf die Nachhaltigkeit ins Hintertreffen zu geraten? – Michael Huber: Tatsächlich agierte manch ein Anleger im aktuellen Umfeld opportunistisch, um in einigen Bereichen, so etwa im Ölsektor, kurzfristig Gewinne zu lukrieren. Schließlich sind die Energiepreise vor allem in Europa nach oben geschnellt und bescherten entsprechenden Sektoraktien hohe Profite. Auch Rüstungsaktien rückten aufgrund des Ukraine-Kriegs in den Mittelpunkt. Einige US-Broker stuften sie gar als nachhaltig ein, mit der Begründung, dass Waffen zur Selbstverteidigung ein- gesetzt würden. Für uns kommen beide Investments nicht infrage. Wir behalten auch im Raiffeisen-NachhaltigkeitMix-Fonds den langfristigen Blick auf Nachhaltigkeit.
Können Sie darauf näher eingehen? - Bei der Titelselektion gibt es mehrere Negativkriterien, zu denen etwa Kinderarbeit, geächtete Waffen, Verletzung von Menschenrechten und fossile Brennstoffe zählen. Wir haben zudem zahlreiche Zukunftsthemen identifiziert, in die wir investieren, so etwa in die Energiewende. Die Kreislaufwirtschaft, Gesundheit und Ernährung sind ebenfalls Teil davon.
Große Ölkonzerne spielen bei der Energiewende eine wichtige Rolle. Kann man solche Unternehmen ausschließen? - Wir stehen regelmäßig im Dialog mit den Konzernen, so etwa mit der OMV, um sie bei der Transformation zu begleiten. Bislang haben wir einen anderen Weg gewählt, um in die Energiewende zu investieren. Ein Beispiel ist Air Products & Chemicals. Das US-Unternehmen arbeitet an einem Pilotprojekt für grünen Wasserstoff, der ab 2025 Bussen und Lastkraftwägen weltweit zugeliefert wird. Weitere Investments sind etwa der dänische Windanlagenhersteller Vestas Wind Systems sowie der Windparkbetreiber Orsted.
Letztere zwei Unternehmen wie auch andere kleinere Firmen aus der erneuerbaren Energiebranche leiden unter hohen Kosten, so etwa für Industriemetalle. Ein Grund zur Sorge? - Viele Anlagenbauer konnten die gestiegenen Kosten aufgrund bestehender Verträge nicht weitergeben, weshalb sie im Vorjahr teils sogar Verluste erlitten. Bei den Neuabschlüssen dürfte sich das Blatt wenden. Denn gut aufgestellte Anbieter haben grundsätzlich eine hohe Preissetzungsmacht. Dies sollte auch für den norwegischen Solaranlagenbauer Scatec gelten, in den wir ebenfalls investiert sind. Insgesamt macht der Bereich der erneuerbaren Energieaktien aufgrund aktueller Entwicklungen jedoch nur rund vier Prozent des Fonds aus.
Die Metallförderung ist aus nachhaltiger Sicht umstritten. Die Umwelt wird belastet, die Arbeitsbedingungen sind zum Teil problematisch. Wie gehen Sie an das Thema heran? - Tatsächlich ist dies ein großes Spannungsfeld, da ja Rohstoffe für die Energiewende benötigt werden. Wir machen zum einen jenen Unternehmen, die Industriemetalle beziehen, vermehrt Druck, auf nachhaltige Aspekte bei den Lieferanten zu achten. Zum anderen setzen wir hier verstärkt auf das Thema der Kreislaufwirtschaft. Die Schweizer Swisscom etwa, die ebenfalls Teil des Fonds ist, hatte 2016 eine Rücklaufquote bei ausrangierten Handys von acht Prozent. Sie erreichte im Vorjahr 23 Prozent. Immerhin lassen sich daraus jede Menge Metalle wiederverwerten. Obendrein setzt Swisscom auf erneuerbare Energien beim Stromverbrauch in der Schweiz und achtet auf die Senkung des CO2-Ausstoßes bei den Lieferketten.
Eine große Aktiengewichtung entfällt auf USTechnologiewerte. Weshalb? - Viele solcher Unternehmen haben Produkte, mit denen etwa Ressourcen eingespart werden können. Ansys bietet Softwareprogramme an, mit denen Innovationen virtuell getestet werden können und sich der Bau eines Prototyps optimieren lässt. Salesforce hilft mit seiner Software Unternehmen, ihren CO2-Ausstoß zu identifizieren und zu senken. Microsoft etwa gilt wiederum als einer der beliebtesten Arbeitgeber weltweit. Auch soziale Faktoren spielen eine wichtige Rolle im Fonds, und das nicht erst seit Ausbruch des Coronavirus, wenngleich die Pandemie ganz allgemein den Fokus auf soziale Aspekte verstärkt hat.
Grundsätzlich teilt sich die Aktien und die Anleihequote je zur Hälfte auf das Fondsvermögen auf. Welche Rolle spielen zweckgebundene Bonds im Fonds? - Rund elf Prozent entfallen auf Green und Social Bonds. Weitere 17 Prozent entfallen auf reguläre Unternehmensanleihen, bei denen die Emittenten die gleichen Nachhaltigkeitskriterien erfüllen müssen wie bei der Aktienselektion. Dazu zählt die deutsche Tennet TSO. Der Übertragungsnetzbetreiber spielt eine wichtige Rolle beim Ausbau der Stromübertragung aus erneuerbaren Energien.
Der Fonds investiert teilweise in umstrittene Emittenten, so etwa in der Provinz Alberta, wo die Ölsandförderung stattfindet. Sie steht bei Umweltschützern und Menschenrechtsaktivisten in der Kritik, auch da sie teils auf Gebieten der indigenen Bevölkerung stattfindet. - Grundsätzlich kommen aufgrund unser Negativkriterien wenige öffentliche Emittenten infrage. Die USA sind aufgrund der Todesstrafe ausgeschlossen, Frankreich wegen der Atomkraft. Kanada schneidet insgesamt gut ab. Das Investment in den AlbertaBond wird mittlerweile neu überprüft.
EUAnleihen sind ebenso Teil des Fonds. Dabei hat die EU 2022 Atomkraft und Erdgas in die Taxonomie für nachhaltige Investments aufgenommen. Wie passt dies zu Ihrem Ansatz? - Es handelt sich großteils um „Sure“-Anleihen der EU. Sie wurden während der Pandemie begeben, um Unternehmen auszuhelfen, Arbeitsplätze zu erhalten. Damit wird ein sozialer Aspekt unterstützt, der Bond erfüllt unsere Kriterien.
% MEINE GRÜNE RENDITE
Raiffeisen-Fondsmanager Michael Huber setzt bei der Nachhaltigkeit klare Grenzen, so etwa bei Ölkonzernen. Chancen der Energiewende werden anders genutzt, soziale Aspekte ebenso berücksichtigt. Huber erklärt auch, weshalb manch ein kontroverses Thema dennoch infrage kommt. n
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