Saison 2022 / 23
22/04/23
Sa, 19.30 Uhr
Mozart-Saal
Zyklus Grenzenlos Musik
6. Konzert
Zyklus You(th)
16. Konzert
Ensemble Resonanz
Patricia Kopatchinskaja Violine
Ehrenmitglied der Wiener Konzerthausgesellschaft
Anna Prohaska Sopran
»Maria Mater Meretrix«
»Maria Mater Meretrix«
Gustav Holst (1874–1934)
Jesu sweet, now will I sing op. 35/1 (Vier Lieder) (1916–17)
Walther von der Vogelweide (um 1170–um 1230) Nû alrêst lebe ich mir werde »Palästinalied« (um 1220)
George Crumb (1929–2022)
III. Return: God-music (Black angels for electric quartet. Thirteen images from the dark land) (1970)
Anonymus Ave maris stella
Frank Martin (1890–1974)
Ehrenmitglied der Wiener Konzerthausgesellschaft Ave Maria (Maria-Triptychon Nr. 1) (1967–68)
Tomás Luis de Victoria (1548–1611) Ave Maria
György Kurtág (*1926) Berceuse I (Kafka-Fragmente op. 24 für Sopran und Violine) (1985–86)
Anonymus Maria durch ein’ Dornwald ging
Frank Martin
Ehrenmitglied der Wiener Konzerthausgesellschaft Magnificat (Maria-Triptychon Nr. 2) (1967–68)
Antonio Lotti (ca. 1667–1740) Crucifixus
Lili Boulanger (1893–1918) Pie Jesu (1918) (ca. 45 min.) PAUSE
Hildegard von Bingen (um 1098–1179) O rubor sanguinis. Antiphon für St. Ursula und die 11.000 Jungfrauen
Joseph Haydn (1732–1809) Sonata III: Mulier, ecce filius tuus, et tu, ecce mater tua! (Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze Hob. XX/2) (1795–96)
György Kurtág Wiederum, wiederum (Kafka-Fragmente op. 24 für Sopran und Violine) (1985–86)
Frank Martin
Ehrenmitglied der Wiener Konzerthausgesellschaft Stabat mater (Maria-Triptychon Nr. 3) (1967–68)
Hanns Eisler (1898–1962) Kuppellied (Die Rundköpfe und die Spitzköpfe oder Reich und reich gesellt sich gern op. 45) (1934–36)
György Kurtág Der Coitus als Bestrafung (Canticulum Mariae Magdalena) (Kafka-Fragmente op. 24 für Sopran und Violine) (1985–86)
PatKop (*1977)
Ehrenmitglied der Wiener Konzerthausgesellschaft Danse macabre (2019)
Joseph Haydn (1732–1809) Il terremoto (Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze Hob. XX/2) (1795–96)
Antonio Caldara (1670–1736) Per il mar del pianto mio (Arie der Maddalena aus »Maddalena ai piedi di Cristo«) (um 1698)
(ca. 40 min.)
Nach dem Konzert signieren Patricia Kopatchinskaja und Anna Prohaska ihre CDs für Sie im Mozart-Saal-Foyer.
Unterstützt von
Medienpartner
Sandro Botticelli (1445–1510): »La nascita di Venere«, ca. 1485–86
25/04/23
Di, 19.30 Uhr · Mozart-Saal
Die Freitagsakademie
Katharina Suske
Oboe, Künstlerische Leitung
»Windspiele«
Stefano Vezzani Oboe, Oboe d’amore
Sergio Azzolini Fagott
Christian Holenstein, Daniel Lienhard Horn
Ján Krigovský Violone
Jonathan Rubin Laute
Christian Rieger Cembalo, Orgel
Werke von Georg Philipp Telemann, Antonio Vivaldi, Jan Dismas Zelenka, Georg Friedrich Händel und Johann Friedrich Fasch
© Giro Annen K O N Z E R T T I P P
Maria Mater Meretrix –
Ein musikalisches Mosaik
Die Verkündigung
Als der Erste Weltkrieg Europa verheerte, schien Gustav Holst (1874–1934) musikalische Friedensbitten zu schreiben. Jedenfalls lassen sich so seine 1916–17 entstandenen »Four Songs« / »Vier Lieder« für Singstimme und Violine op. 35 hören. Die religiösen Texte entnahm der Komponist einer Sammlung mittelalterlicher Dichtungen. Die Verse zum eröffnenden Lied »Jesu sweet, now will I sing« / »Jesu süß, ich sing ein Lied« stammen vielleicht aus der Feder des Mystikers Richard Rolle (†1349). Holst vertonte und notierte den zärtlichen Lobpreis, der sich auch als Liebeslied an den christlichen Erlöser erweist, in rhythmisch frei fließender Weise. Erinnerungen an mittelalterliche Modi und an alte englische Volkslieder werden wach. Mittendrin zwei Akkorde wie Rufzeichen hinter dem Namen von Jesu Geburtsort: Bethlehem. Das Heilige Land war im Mittelalter Ziel der Kreuzzüge. Kirche und Kaiser fochten gemeinsam um die Herrschaft in Palästina, weil dort Jesus als Sohn von Maria (die die Kirchenväter als Jungfrau sahen) zur Welt gekommen, tätig gewesen und gekreuzigt worden war. Für die Inszenierung dieser Region als Sehnsuchtsort, den es aus religiösen Gründen zu erobern galt, sorgte auch Walther von der Vogelweide (ca. 1170–ca. 1230) mit seinem wahrscheinlich nach 1220 entstandenen PropagandaPoem »Nû alrêst lebe ich mir werde« / »Nun erfüllt erst Sinn mein Leben«. Darin gerät ein Pilger oder Kreuzritter beim Anblick des Gelobten Landes und der mit ihm verbundenen Heilsgeschichte ins Schwärmen. Das »Palästinalied« ist Walthers einziges Werk, das mit einer Melodie überliefert ist. Zu dieser aber hatte schon der Troubadour Jaufre Rudel einen Kreuzritter nach der fernen Geliebten sich sehnen lassen. Und ihr Ursprung liegt in einer in Frankreich entstandenen Marien-Antiphon (Wechselgesang).
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Logos immer rechts unten
Ein mystischer Tonfall bestimmt die himmlisch-sphärische »God-music« / »Gottesmusik« von George Crumb (1929–2022). Sie ist das zehnte musikalische »Bild« aus der Komposition »Black angels« / »Schwarze Engel« für elektronisches Streichquartett, geschrieben 1970 – »in tempore belli« / »in Zeiten des Krieges«. Die USA hatten sich in den Vietnamkrieg verrannt, und vielleicht ist vor diesem Hintergrund auch der Untertitel des Werkes zu lesen: »Thirteen images from the dark land« / »Dreizehn Bilder aus dem dunklen Land«. »Black angels« ist insgesamt eine Art schwarze Messe, zwar zart und filigran gesponnen, doch voll von Verängstigung und Verunsicherung. In ihrer Mitte aber taucht wie ein lichter Hoffnungsschimmer und Ruhepol, ausgewiesen als instrumentale »Aria accompagnata«, die »God-music« auf.
Zur »Mutter Gottes« wurde Maria offiziell auf dem Konzil von Ephesos im Jahr 431 erklärt. Eine frühe Hymne zu ihren Ehren ist die dem Abt Ambrosius Autpertus (†784) zugeschriebene Dichtung
»Ave maris stella« / »Sei gegrüßt, Meerstern« (Marias hebräischer Name ist Mirjam und bedeutet »Tropfen des Meeres«, weshalb er als »stilla maris« ins Lateinische übersetzt und später poetisch als »stella maris« missverstanden wurde). Die Verse sind neben dem Lobpreis auch eine Friedens- und Fürbitte. Ihre kontemplative Melodie entstammt den Gregorianischen Chorälen, die nach Papst Gregor I. (†604) benannt sind. Zu seiner Zeit hatte man die Texte der liturgischen Gesänge gesammelt aufgeschrieben. Die einstimmigen, mündlich tradierten Gesangslinien wurden erst ab dem 9. Jahrhundert mit einer frühen Notenschrift (Neumen) festgehalten. Eine Harmonisierung des gregorianischen »Ave maris stella« stammt vom Renaissancekomponisten Guillaume Dufay (um 1400–1474).
Dass Maria ein von Gott auserwähltes Kind namens Jesus zur Welt bringen werde, wurde ihr laut Lukas-Evangelium vom Engel Gabriel verkündet. Seine Anfangsworte liegen dem Gebet »Ave Maria« / »Gegrüßet seist du, Maria« zugrunde. Frank Martin (1890–1974), dessen Stil eine fein ausbalancierte Verbindung aus Zwölftontechnik und vertrauter Tonalität auszeichnet, legte seiner Vertonung die Rede Gabriels selbst zugrunde. Als Eröffnungsszene bildet sie den ersten Teil von Martins 1967–68 komponiertem »Maria-Triptychon« für Sopran, Violine und Orchester. Zu Beginn
8 Ein musikalisches Mosaik
scheint die Geige die Erscheinung des göttlichen Boten vorzustellen. Dann bringt dieser andachtsvoll seinen Gruß dar. Maria ist angespannt (auch davon erzählt die Geige), ehe der Engel ihr die Furcht nimmt. Nach der würdevoll sich steigernden Prophezeiung entschwindet die Vision. Das von der Verkündigung abgeleitete Gebet (Gruß, Huldigung und Fürbitte) wurde für den liturgischen Gebrauch immer wieder mehrstimmig vertont. Zwei ausdrucksstarke A-cappella-Versionen sind von Tomás Luis de Victoria (1548–1611) erhalten, aus dessen Feder zahlreiche Marien-Kompositionen stammen. In Rom am komplexen Satz Palestrinas geschult, wagte sich der spanische Renaissancekomponist an kontrapunktische Regelverstöße und eine besonders freie Handhabung von Dissonanzen.
Der Weg
Maria brachte, so wird berichtet, Jesus zur Welt. »Sie wickelte ihn in Windeln«, heißt es im Lukas-Evangelium. Vom Behüten erzählt auch die »Berceuse I« / das »Wiegenlied« aus den »Kafka-Fragmenten« von György Kurtág (*1926). Zwischen 1985 und 1987 schuf der feinsinnig-kompromisslose Komponist aus 40 kurzen Texten (Aphorismen, Briefzitaten, Reflexionen) von Franz Kafka ein packendes Panorama des Daseins für Sopran und Solo-Violine. Zwischen absurder Verzweiflung und hintersinnigem Humor hat dort auch die Empfindsamkeit ihren Platz: Auf Kafkas Worte »Schlage deinen Mantel, hoher Traum, um das Kind« komponierte Kurtág die kurze Berceuse, in der die Singstimme das Ummanteln mit guten Gedanken und die Violine dazu das sanfte Wiegen geradezu bildhaft nachzeichnen.
Schon als Maria mit Jesus schwanger war, sei ein Wunder geschehen: Dornen hätten Rosen getrieben, als die Mutter mit dem Kind »unter ihrem Herzen« vorübergegangen sei. So erdichteten es unbekannte Verfasser:innen in dem (mit dem Ruf »Kyrie eleison« / »Herr, erbarme dich« durchwobenen) Wallfahrtslied »Maria durch ein’ Dornwald ging«. Es nahm im 19. Jahrhundert vom thüringischen Eichsfeld seinen Ausgang und ist erstmals in einem Druck aus dem Jahr 1850 belegt. Ältere Versionen sind trotz der im altertümlichen, dorischen Modus gesetzten Melodie nicht nachzu-
9 Ein musikalisches Mosaik
weisen. Seit es 1910 in die Sammlung des »Zupfgeigenhansl« aufgenommen wurde, sah man es zunehmend als altes Volkslied an und ordnete es seit der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts der Weihnachtszeit zu.
Nach der Verkündigung, so das Lukas-Evangelium, sei Maria für drei Monate zu ihrer ebenfalls schwangeren Cousine Elisabeth gegangen. Auf Elisabeths sie rühmende Begrüßung habe Maria mit einem überschwänglichen Lob Gottes geantwortet. In diesem »Magnificat« (benannt nach den lateinischen Worten »Magnificat anima mea Dominum« / »Es preist meine Seele die Größe des Herrn«) weist Maria auch auf den Sturz der Mächtigen, die Erhöhung der Niedrigen, das Nähren der Hungernden und das Verwerfen der Reichen durch Gott hin. Dietrich Bonhoeffer nannte es das »revolutionärste Adventslied, das je gesungen wurde«. Frank Martin verlieh diesem aufbegehrenden Ausdruck im Mittelteil seines »Maria-Triptychons« die entsprechende musikalische Emphase. Wie ein Seelenspiegel begleitet die Geige den Gesang. Majestätisch bekräftigt das Orchester Marias Einleitungs-Jubel, der wie ein Refrain wiederkehrt. Die Haltung der Protagonistin changiert zwischen lyrischer Demut und kämpferischem Stolz. Verklärt klingt die Hymne aus.
Am Ende muss Maria ihren Sohn ans Kreuz geschlagen sehen. Jesus wurde hingerichtet, weil er eine Gefahr für die etablierte –religiöse wie gesellschaftliche – Ordnung darstellte. Weder war sein Tod in einem göttlichen Heilsplan vorgesehen, noch wollte er selbst dadurch die Sünden der Welt auf sich nehmen (der Theologe Meinrad Limbeck führt all das in seinem Buch »Abschied vom Opfertod« aus). Erst der Apostel Paulus konstruierte später diese Möglichkeit, was sich auch im »Crucifixus«-Abschnitt des kirchlichen Glaubensbekenntnisses niederschlug: »Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus, hat gelitten und ist begraben worden.« Mehrfach vertonte Antonio Lotti (ca. 1667–1740), der viele Jahre am Markusdom in Venedig wirkte, diese Worte in der Tradition der venezianischen Mehrstimmigkeit. Seine ursprünglich achtstimmige Fassung ist von schmerzhafter Schönheit erfüllt.
Jesus wird in der kirchlichen Totenmesse, dem Requiem, am Ende des Abschnitts über den »Tag des Zorns« / »Dies irae« um die ewige Ruhe der Toten gebeten. Die zwei Zeilen des »Pie Jesu«
10 Ein musikalisches Mosaik
(»Gütiger Herr, Jesus, / gib ihnen Ruhe«) werden mitunter auch als eigenständiger Satz vertont. Während der Erste Weltkrieg tobte, diktierte die todkranke Lili Boulanger (1893–1918) ihrer Schwester Nadia eine Version für Stimme, Streichquartett, Harfe, Orgel und Orchester. Es sollte das letzte Werk der Komponistin sein, die als große Hoffnung der französischen Moderne galt und 1913 als erste Frau den begehrten Prix de Rome gewonnen hatte. Drei Wochen später starb Lili Boulanger im Alter von nur 24 Jahren. Die Musik scheint um den nahen Tod ihrer Schöpferin zu wissen. Die Tonalität ist teilweise schon in Auflösung begriffen. Frei und licht schwebt der flehende Gesang über der bewegten, am Ende Glockenschlag nachbildenden Begleitung.
Der Schmerz
Jesus alleine wollte der Legende nach die bretonische Königstochter Ursula sich weihen. Um ihre bevorstehende Hochzeit mit einem heidnischen Herrscher hinauszuzögern, begab sie sich mit zehn jungfräulichen Hofdamen auf Pilgerfahrt nach Rom. Angeblich schlossen sich der Unternehmung schließlich sogar 11.000 Jungfrauen an. Alle wurden auf der Rückreise in Köln von den die Stadt belagernden Hunnen hingemetzelt. Des sagenhaften, blutigen Martyriums gedachte die Äbtissin, Gelehrte, Dichterin und Komponistin Hildegard von Bingen (um 1098–1179), von der zahlreiche Ursula-Gesänge überliefert sind, mit der einem »Magnificat« vorangestellten Antiphon »O rubor sanguinis« (»O Röte des Blutes«): Kein dramatisches Tongemälde, vielmehr ein eindringlicher kontemplativer Gesang. Charakteristisch für Hildegards ausdrucksvollen Stil sind lange Phrasen, dichtes melodisches Ornament und ein weiter Tonumfang.
Das Blut von Ursula und ihren Gefährtinnen kann in der von Hildegard ihm zugeschriebenen Göttlichkeit auch mit dem Blut Christi assoziiert werden. Dieses floss aus der Wunde, die ein römischer Soldat ihm nach seinem Tod mit einer Lanze in die Seite gestochen haben soll. So berichtet es das Johannes-Evangelium, das als einziges davon spricht, dass auch Maria unter dem Kreuz ihres Sohnes gestanden habe. Wenn Jesus ihr dort, sterbend, sagt: »Frau, siehe, dein Sohn!« dann meint er damit den in dieser Version
11 Ein musikalisches Mosaik
ebenfalls anwesenden Johannes. An diesen wendet er sich darauf mit den Worten: »Siehe, deine Mutter!« Jesus spricht also nicht von sich, sondern will das auf Erden zu Ende gehende Mutter-SohnVerhältnis zwischen Johannes und Maria weitergetragen wissen. In der lateinischen Übersetzung lautet die Phrase: »Mulier, ecce filius tuus, et tu, ecce mater tua!« Sie ist eines der »Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze«, zu denen Joseph Haydn (1732–1809) im Auftrag des Bischofs von Cádiz eine Reihe von betrachtenden Sonaten komponierte. Die dritte über die Worte »Frau, siehe dein Sohn, und du, siehe deine Mutter« ist in sanftem E-Dur gehalten. Nicht Bitterkeit oder Todesangst spricht aus diesem beinahe ariosen Satz, sondern – von nur gelegentlich klagenden MollTrübungen abgesehen – Zuversicht und Trost.
Unruhe greift um sich, vielleicht Herzensangst. »Wiederum, wiederum« aus den »Kafka-Fragmenten« von György Kurtág schafft unvermittelt eine Atmosphäre innerer Rastlosigkeit. Den Gestus der Nervosität der immer schnelleren, einleitenden Violinläufe greift, wie davon angetrieben, die Stimme auf (»Wiederum, wiederum, weit verbannt, weit verbannt«). Der rasende Pulsschlag geht über in einen fast gemessenen Duktus des Schreitens (»Berge, Wüste, weites Land gilt es zu durchwandern«), dem eine gewisse Unerbittlichkeit innewohnt.
Den Schmerz Marias zu Füßen ihres gekreuzigten Sohnes beschreibt die alte lateinische Sequenz (= ein Gesang, der in der Liturgie auf das »Halleluja« folgen kann) »Stabat mater« / »Es stand die Mutter«: eine Meditation und Reflexion ihrer qualvollen Situation, die in die Bereitschaft der Betrachterin mündet, mitzuleiden. Frank Martin vertonte die erste Hälfte dieses »Stabat mater« zum Abschluss seines »Maria-Triptychons«. Dabei gestaltete er es nicht im Stil einer liturgischen Litanei, sondern als große emotionale Arie. Wie aus Schreck und Schockstarre löst sich über einer Art Trauermarsch zunehmend die Emphase, die sich zwei Mal – wenn von der Folter Jesu und von der Liebe zu ihm die Rede ist – zur großen Geste einer lyrischen Opernheldin à la Puccini aufschwingt.
12 Ein musikalisches Mosaik
Die Lust
Dass Maria beim Kreuz stand, als ihr Sohn starb, berichtet nur das Johannes-Evangelium. Nirgendwo sonst werden sie und seine Jünger namentlich genannt. Die Männer haben sich in der Stunde seines Todes offenbar verdrückt. In den übrigen Evangelien werden nur drei seiner Jüngerinnen angeführt: Salome, eine weitere Maria (Mutter des Jakobus und des Joses) und Maria aus Magdala: Maria Magdalena, der Jesus als erster nach seiner Auferstehung begegnet sei. Gnostische Quellen legen zudem den Gedanken nahe, dass Maria Magdalena die Gefährtin oder Geliebte von Jesus gewesen sein könnte. Erst Papst Gregor I. brachte sie mit jener namenlosen Sünderin in Verbindung, die Jesus die Füße gesalbt hatte und rückte sie damit in die Nähe von Reue und Prostitution. Ob Vorwurf oder Vorbild: Die Figur von Maria Magdalena ist heute untrennbar mit einem Zug zur Sinnlichkeit verbunden.
»Wo ich Liebe sah und schwache Knie / War’s beim Anblick von – Marie.« So beginnt der Refrain des »Kuppellieds« von Bertolt Brecht (Text) und Hanns Eisler (Musik). Es findet sich in der auf den Nationalsozialismus anspielenden Politparabel »Die Rundköpfe und die Spitzköpfe oder Reich und reich gesellt sich gern« (Untertitel: »Ein Greuelmärchen«) aus den Jahren 1934–36. Gesungen wird es darin von der Bordellbesitzerin Frau Cornamontis, welche die asketische Isabella spöttisch darüber aufklärt, dass das Begehren auch mit dem Kapital zu tun hat: »Geld macht sinnlich / Wie uns die Erfahrung lehrt.« Der Anblick von »Marie« bedeutet hier zunächst also – vermutlich abgeleitet vom österreichischen Maria-Theresien-Taler – den Anblick von Geld (im Sinne der umgangssprachlichen »Moneten«). Im Kontext des heutigen Programmes bekommt die Anspielung freilich eine ironisch-blasphemische Note.
Ganz gezielt stellte György Kurtág in den »Kafka-Fragmenten« einen Zusammenhang zwischen der Heiligen und der Sexualität her, indem er seiner kurzen Vertonung von Kafkas Tagebuchnotiz »Der Coitus als Bestrafung« den Untertitel »Canticilum Mariae Magdalenae« / »Liedchen der Maria Magdalena« gab. Was bei Kafka Ausdruck der mitunter panischen Angst vor körperlicher Nähe ist, erscheint in Kurtágs Setting als absurde Selbstanklage einer lie-
13 Ein musikalisches Mosaik
Wiener
Philharmoniker
Lisa Batiashvili Violine
Philippe Jordan Dirigent
György Ligeti
Atmosphères
Jean Sibelius Konzert für Violine und Orchester d-moll op. 47
Robert Schumann
Symphonie Nr. 2 C-Dur op. 61
K O N Z E R T T I P P
© Andre Josselin
28 & 29/05/23 So & Mo, 11.00 Uhr · Großer Saal
benden Frau. Dicht gedrängt gibt er allen Facetten von Kafkas wenigen Worten ihren musikalischen Raum: Der Coitus wird geißelnd ausgedeutet, das Glück ist von Sehnsucht erfüllt, das Beisammensein atmet Elegie, im letzten Takt zerplatzt die Hoffnung.
Falls Maria Magdalena mit Jesus beisammen war, muss sein Tod für sie umso mehr ein Schock gewesen sein. Dass diesem Tod eine fundamentale heilsgeschichtliche Bedeutung zukam, fassten die Evangelisten in Bilder der Erschütterung. Von der Verfinsterung der Sonne ist die Rede und vom Zerreißen des Tempelvorhanges. Das Matthäus-Evangelium spricht sogar vom Beben der Erde, das die Felsen sich spalten und die Gräber sich öffnen ließ. Dieses Naturereignis schilderte Joseph Haydn als Abschluss der »Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze« im Anschluss an die betrachtenden Sonaten in einem theatralen Nachspiel (»Presto e con tutta la forza« / »Schnell und mit aller Kraft«): Eine kurze dramatische sinfonische Dichtung mit Pauken und Trompeten, der er den Titel »Il terremoto« / »Das Erdbeben« gab. Einmal mehr erwies sich Haydn mit chromatischen und rhythmischen Kühnheiten als führender Avantgardist seiner Zeit.
Maria Magdalena wurde zur Hauptgestalt u. a. im Oratorium »Maddalena ai piedi di Cristo« / »Magdalena zu den Füßen Christi«, welches der später in Mantua, Rom und Wien wirkende Antonio Caldara (1670–1736) noch während seiner Zeit in Venedig um 1698 komponierte. Das Libretto (eingerichtet von Bernardo Sandrinelli nach einer Vorlage von Lodovico Forni) knüpft an den Erzählstrang der Sünderin an und schildert allegorisch den Wettstreit zwischen der weltlichen und der himmlischen Liebe um ihre Seele. In ihrer Arie »Per il mar del pianto mio« / »Ob mir Tränenmeere fließen« bittet Maria Magdalena für ihr bisheriges Leben Jesus selbst um Vergebung. Klagend singt sie von ihrem Leid, licht wird der Tonfall, wenn sie sich an Jesus wendet. Als Braut Christi wird sie am Ende des Oratoriums der weltlichen Liebe endgültig entsagen. Ob die Sinnlichkeit durch diese Stilisierung wirklich sublimiert werden kann? (Oliver Binder)
15 Ein musikalisches Mosaik Logos immer rechts unten
Grenzenlos Musik 2023/24
3 Konzerte im Großen Saal
2 Konzerte im Mozart-Saal
Unterstützt von
27/11/23
Plattform K+K Vienna · Fatma Said
»A Sense of Mosaic«
Plattform K+K Vienna
Mo, 19.30 Uhr · Mozart-Saal
Kirill Kobantschenko Violine, Patricia Hood-Koll Violine, Michael Strasser Viola , Florian Eggner Violoncello , Bartosz Sikorski Kontrabass , Christoph Eggner Klavier
Fatma Said Sopran
Werke von Johannes Brahms, Camille Saint-Saëns, Ottorino Respighi, Sherif Mohie El Din, Richard Strauss, Astor Piazzolla, Manuel de Falla , Francis Poulenc und George Gershwin
02/12/23
Sa, 19.30 Uhr · Großer Saal
Luzerner Sinfonieorchester · Kentridge · Sanderling
»Oh to Believe in Another World«
Luzerner Sinfonieorchester
William Kentridge Gespräch
Matthias Naske Gespräch
Michael Sanderling Dirigent
William Kentridge Oh to Believe in Another World. Film zur Symphonie Nr. 10 von Dmitri Schostakowitsch
Dmitri Schostakowitsch Symphonie Nr. 10 e-moll op. 93
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26/02/24
Patricia Kopatchinskaja & Friends
»Dies irae«
Mo, 19.30 Uhr · Großer Saal
Colloredo Streichensemble, Company of Music, Patricia Kopatchinskaja Violine, Idee, Künstlerische Leitung, Markus Güdel Lichtgestaltung
Inszeniertes Konzert mit Werken von Giacinto Scelsi, Heinrich Ignaz Franz Biber, George Crumb, Patricia Kopatchinskaja, Antonio Lotti, John Dowland und Galina Ustwolskaja
20/03/24
Mi, 19.30 Uhr · Mozart-Saal
Janoska Ensemble »The Evolution of Rhapsody«
Janoska Ensemble
Ondrej Janoska Violine
Roman Janoska Violine
František Janoska Klavier
Julius Darvas Kontrabass
15/05/24
Kronos Quartet »50 Years Jubilee«
Kronos Quartet
Mi, 19.30 Uhr · Großer Saal
Werke von Brian Foo, Terry Riley, Peni Candra Rini, Jon Rose & Hollis Taylor, Gabriella Smith und Mazz Swift (Kompositionsaufträge des Kronos Quartet aus fünf Jahrzehnten)
sowie Werke aus den Alben »Nuevo« und »Early Music (Lachrymæ Antiquæ)«
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Gesangstexte Gustav Holst
Jesu sweet, now will I sing
Jesu sweet, now will I sing
To Thee a song of love longing; Do in my heart a quick well spring
Thee to love above all thing.
Jesu sweet, my dim heart’s gleam Brighter than the sunnèbeam!
As thou wert born in Bethlehem
Make in me thy lovèdream.
Jesu sweet, my dark heart’s light
Thou art day withouten night; Give me strength and eke might For to loven Thee aright.
Jesu sweet, well may he be
That in Thy bliss Thyself shall see: With lovè cords then draw Thou me That I may come and dwell with Thee.
aus: »A Mediaeval Anthology«, hrsg. von Mary Segar (London, 1915)
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Jesu süß, ich sing ein Lied
Jesu süß, ich sing ein Lied Davon, wie es mich zu dir zieht; Lass mir im Herz als Quell entspringen Liebe zu dir vor allen Dingen.
Jesu süß, machst mein Herz, das fahl, Mehr leuchten als den Sonnenstrahl! Dich, der in Bethlehem geboren, Hab ich mir zum Traum erkoren.
Jesu süß, du hast gebracht
Statt Schwarz dem Herz Tag ohne Nacht; Kraft und Stärke auch mir gib, Auf dass ich dich gebührend lieb.
Jesu süß, gebenedeit
Sei, wer dich sieht in Seligkeit: Mit Liebesbanden zieh mich an, Damit ich bei dir wohnen kann.
Übersetzung: Sebastian Viebahn
19 Gesangstexte
Walther von der Vogelweide
Nû alrêst lebe ich mir werde
Nû alrêrst lebe ich mir werde, Sît mîn sündic ouge siht
Daz reine lant und ouch die erde, Der man sô vil êren giht.
Ez ist geschehen, des ich ie bat:
Ich bin komen an die stat, dâ got menischlîchen trat
Schoeniu lant, rîch unde hêre, Swaz ich der noch hân gesehen, Sô bist dûs ir aller êre.
Waz ist wunders hie geschehen!
Daz ein magt ein kint gebar, Hêre über aller engel schar, Waz daz niht ein wunder gar?
Hie liez er sich reine toufen, Daz der mensche reine sî.
Dô liez er sich hier verkoufen, Daz wir eigen wurden frî. Anders waeren wir verlorn.
Wol dir, sper, kriuz unde dorn!
Wê dir, heiden, daz ist dir zorn!
In daz lant hât er gesprochen
Einen angeslîchen tac,
Dâ der weise wirt gerochen
Und diu witwe klagen mac
Und der arme den gewalt, Den man hât mit in gestalt.
Wol im dort, der hie vergalt!
Walther von der Vogelweide (um 1170–um 1230)
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Gesangstexte
Nun erfüllt erst Sinn mein Leben
Nun erfüllt erst Sinn mein Leben, Jetzt, da mein sündig’ Auge fährt Über dies reine Land, die Erde, Die man so viel lobt und ehrt. Es ist geschehn, worum ich bat: Ich bin gekommen an die Statt, Wo Gott als Mensch die Welt betrat.
Schöne Länder, reich und herrlich –Was auch immer ich gesehen: Von alledem bist du die Zierde, Hier welch Wunder ist geschehen!
Dass eine Maid ein Kind gebar, Erhaben in der Engel Schar, Wenn dies kein wahres Wunder war?
Hier ließ er sich, der Reine, taufen, Damit der Mensch auch reine sei. Dann ließ er sich gar hier verkaufen, Dass wir Leibeignen würden frei. Andernfalls wären wir verlor’n.
Heil Dir, Speer und Kreuz und Dorn!
Weh Dir, Heide, und deinem Zorn!
Diesem Land hat er verheißen
Ein entsetzliches Gericht, Bei dem er wird den Waisen rächen, Und für die Witwe Klage spricht, – für Arme auch – für jede Tat, Die an ihnen man begangen hat. Wer hier schon büßt, steht dort in Gnad!
Übersetzung: Sebastian Viebahn
21 Gesangstexte
Gesangstexte
Anonymus
Ave Maris Stella
Ave, maris stella
Dei mater alma
Atque semper virgo
Felix caeli porta.
Solve vincla reis
Profer lumen caecis.
Mala nostra pelle
Bona cuncta posce.
Virgo singularis
Inter omnes mitis, Nos culpis solutos
Mites fac et castos.
Sit laus Deo Patri
Summo Christo decus.
Spiritui Sancto
Honor tribus unus.
Amen.
Das nächste Konzert
im Zyklus »You(th)«:
Jazz at Lincoln Center Orchestra with Wynton Marsalis
22
20/06/23 Di, 19.30 Uhr · Großer Saal
Sei gegrüßt, Meerstern
Sei gegrüßt, Meerstern, Edle Mutter Gottes
Und stets Jungfrau, Glückliches Tor zum Himmel!
Löse die Ketten den Schuldigen, Schenk Licht den Blinden, Vertreibe unsere Übel, Erbitte alles Gute.
Jungfrau ohnegleichen, Mildeste von allen, Mach uns, die wir von Schuld befreit sind, Sanft und keusch.
Lob sei Gott Vater, Ehre Christus, dem Höchsten, Dem Heiligen Geist, Den dreien ein Lobpreis.
Amen.
Übersetzung: Karin Zeleny
23 Gesangstexte
Tomás Luis de Victoria
Ave Maria
Ave Maria, gratia plena
Dominus tecum:
Benedicta tu in mulieribus, Et benedictus fructus ventris tui Jesus Christus.
Sancta Maria, mater Dei, Ora pro nobis peccatoribus nunc, Et in hora mortis nostrae, Amen.
24 Gesangstexte
Sandro Botticelli (1445–1510): »Madonna del Magnificat«, 1480–85
Frank Martin
Ave Maria
Gegrüßet seist du, Hochbegnadete!
Der Herr ist mit dir.
Fürchte dich nicht, Maria!
Du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden
Und einen Sohn gebären, Des Namen sollst du Jesus heißen.
Der wird gross sein und ein Sohn des Höchsten Genannt werden, Und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, Und er wird ein König sein über das Haus Jakob ewiglich, Und seines Reiches wird kein Ende sein.
nach dem Lukas-Evangelium (1,28–33)
Gegrüßet seist du, Maria
Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade
Der Herr ist mit dir.
Du bist gebenedeit unter den Frauen, Und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes Jesus Christus.
Heilige Maria, Mutter Gottes, Bitte für uns Sünder, jetzt
Und in der Stunde unseres Todes.
Amen.
25 Gesangstexte
Kultur setzt immer wieder starke Akzente.
Aber nicht ohne unsere Unterstützung.
Kultur, Kunst, Bildung und soziales Engagement machen unsere Welt um vieles reicher. Die Zuwendung durch Unterstützer ermöglicht die Verwirklichung und Fortführung vieler gesellschaftlicher Anliegen und trägt zur Vielfalt des Lebens bei. Die Erhaltung gesellschaftlicher Werte hat bei uns eine lange Tradition – eine Tradition, die sich auch in der Förderung des Wiener Konzerthauses widerspiegelt. wst-versicherungsverein.at, wienerstaedtische.at
György Kurtág
Berceuse
Schlage deinen Mantel, hoher Traum, um das Kind.
Franz Kafka (1883–1924)
Anonymus
Maria durch ein’ Dornwald ging
Maria durch ein’ Dornwald ging. Kyrie eleison!
Maria durch ein’ Dornwald ging, Der hatte in sieb’n Jahr’n kein Laub getrag’n!
Jesus und Maria.
Was trug Maria unter ihrem Herzen, Kyrie eleison!
Ein kleines Kindlein ohne Schmerzen, Das trug Maria unter ihrem Herzen.
Jesus und Maria.
Da haben die Dornen Rosen getragen, Kyrie eleison!
Als das Kindlein durch den Wald getragen, Da haben die Dornen Rosen getragen!
Jesus und Maria.
Wer hat erlöst die Welt allein?
Kyrie eleison!
Das hat getan das Christkindlein, Das hat erlöst die Welt allein!
Jesus und Maria.
27 Gesangstexte
»Ist ›Frau‹ nur eine Idee? Muse, Heilige, Mutter, Sexpuppe, Hausmagd, Nonne, Femme fatale, Feministin, Domina ... ein
Klischee nach dem anderen ... eine Ikone in der Fantasie der Männer? – Wer sind wir?«
Patricia Kopatchinskaja zur Programmidee des heutigen Abends
Antonio Lotti
Crucifixus
Crucifixus etiam pro nobis
Sub Pontio Pilato, Passus et sepultus
Est.
28 Gesangstexte
Frank Martin
Magnificat
Meine Seele erhebt den Herrn, Und mein Geist freuet sich Gottes meines Heilandes.
Denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen.
Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder; Denn er hat große Dinge an mir getan, Der da mächtig ist und des Name heilig.
Sein Name ist heilig, Und seine Barmherzigkeit währet immer für Und für bei denen, die ihn fürchten.
Er übet Gewalt mit seinem Arm
Und zerstreuet, die hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn.
Er stößet die Gewaltigen vom Thron
Und erhebt die Niedrigen.
Die Hungrigen füllet er mit Gütern Und lässt die Reichen leer.
Er denket der Barmherzigkeit
Und hilft seinem Diener Israel auf, Wie er geredet hat unsern Vätern, Abraham und seinen Kindern ewiglich.
Ans Kreuz geschlagen
Er wurde sogar für uns gekreuzigt
Unter Pontius Pilatus, Hat gelitten und ist begraben Worden.
Übersetzung: Karl J. Pichler
29 Gesangstexte
Gesangstexte
Lili Boulanger
Pie Jesu
Pie Jesu Domine
Dona eis requiem
Pie Jesu Domine
Done eis sempiternam requiem
Amen.
Hildegard von Bingen
O rubor sanguinis
O rubor sanguinis, Qui de excelso illo fluxisti, Quod divinitas tetigit, Tu flos es, Quem hiems
De flatu serpentis
Numquam laesit.
30
Gütiger Herr, Jesus
Gütiger Herr, Jesus, Gib ihnen die Ruhe, Gütiger Herr, Jesus, Gib ihnen die ewige Ruhe. Amen.
Übersetzung: Karl J. Pichler
O Röte des Blutes
O Röte des Blutes, Die der Höhe entströmt ist, Die berührt wird von Gott.
Du bist die Blüte, Die vom Frost
Des Hauches der Schlange
Nie versehrt wird.
György Kurtág
Wiederum, wiederum
Übersetzung: Karl J. Pichler
Wiederum, wiederum, weit verbannt, weit verbannt. Berge, Wüste, weites Land gilt es zu durchwandern.
Franz Kafka
31 Gesangstexte
Gesangstexte Frank Martin
Stabat mater
Stabat Mater dolorosa
Juxta crucem lacrimosa, Dum pendebat Filius.
Cujus animam gementem, Contristatam et dolentem, Pertransivit gladius.
O quam tristis et afflicta
Fuit illa benedicta Mater Unigeniti.
Quae maerebat, et dolebat, Pia Mater, dum videbat
Nati poenas inclyti.
Quis est homo, qui non fleret, Matrem Christi si videret
In tanto supplicio?
Quis non posset contristari, Christi Matrem contemplari
Dolentem cum Filio?
Pro peccatis suae gentis
Jesum vidit in tormentis, Et flagellis subditum.
Vidit suum dulcem natum
Moriendo desolatum, Dum emisit spiritum.
32
Es stand die Mutter
Christi Mutter stand mit Schmerzen
Bei dem Kreuz und weint von Herzen, Als ihr lieber Sohn da hing.
Durch die Seele voller Trauer, Schneidend unter Todesschauer, Jetzt das Schwert des Leidens ging.
Welch ein Schmerz der Auserkornen, Da sie sah den Eingebornen, Wie er mit dem Tode rang.
Angst und Jammer, Qual und Bangen, Alles Leid hielt sie umfangen, Das nur je ein Herz durchdrang.
Ist ein Mensch auf aller Erden, Der nicht muss erweichet werden, Wenn er Christi Mutter denkt,
Wie sie, ganz von Weh zerschlagen, Bleich da steht, ohn alles Klagen, Nur ins Leid des Sohns versenkt?
Ach, für seiner Brüder Schulden
Sah sie ihn die Marter dulden, Geißeln, Dornen, Spott und Hohn;
Sah ihn trostlos und verlassen
An dem blutgen Kreuz erblassen, Ihren lieben einzgen Sohn.
33 Gesangstexte
Gesangstexte
Eja Mater, fons amoris, Me sentire vim doloris
Fac, ut tecum lugeam.
Fac, ut ardeat cor meum
In amando Christum Deum, Ut sibi complaceam.
Amen.
Hanns Eisler Kuppellied
Ach, man sagt, des roten Mondes Anblick
Auf dem Wasser macht die Mädchen schwach, Und man spricht von eines Mannes Schönheit, Der ein Weib verfiel: dass ich nicht lach’!
Wo ich Liebe sah und schwache Knie, War’s beim Anblick von Marie!
Und das ist sehr bemerkenswert.
Gute Mädchen lieben nie
Einen Herrn, der nichts verzehrt, Doch sie können innig lieben, Wenn man ihnen was verehrt.
Und der Grund ist: Geld macht sinnlich, Wie uns die Erfahrung lehrt.
Und der Grund ist: Geld macht sinnlich, Wie uns die Erfahrung lehrt.
34
O du Mutter, Brunn der Liebe, Mich erfüll mit gleichem Triebe, Dass ich fühl die Schmerzen dein;
Dass mein Herz, im Leid entzündet, Sich mit deiner Lieb verbindet, Um zu lieben Gott allein.
Amen.
Übersetzung: Heinrich Bone (1813–1893)
Ach, was soll des roten Mondes Anblick
Auf dem Wasser, wenn der Zaster fehlt?
Und was soll da eines Mannes oder Weibes Schönheit, Wenn man knapp ist und es sich verhehlt?
Wo ich Liebe sah und schwache Knie
War’s beim Anblick von Marie!
Und das ist bemerkenswert: Wie soll er und wie soll sie
Sehnsuchtsvoll und unbeschwert
Auf den leeren Magen lieben?
Nein, mein Freund, das ist verkehrt!
Fraß macht warm und Geld macht sinnlich, Wie uns die Erfahrung lehrt.
Fraß macht warm und Geld macht sinnlich, Wie uns die Erfahrung lehrt.
35 Gesangstexte
Bertolt Brecht (1898–1956)
Antonio Caldara
Per il mar del pianto mio
Per il mar del pianto mio
Disprezzar saprò le pene. Se, Giesù, sei la mia stella
A te humilio il mio desio, Al tuo piè son mie catene.
36 Gesangstexte
Bernardo Sandrinelli nach Lodovico Forni
Francisco Goya (1746–1828): »La maja vestida«, 1800–05
György Kurtág
Der Coitus als Bestrafung
Der Coitus als Bestrafung des Glückes des Beisammenseins.
Franz Kafka
Ob mir Tränenmeere fließen
Ob mir Tränenmeere fließen: Gleichgültig der Schmerz mir bliebe, Wenn du mir mein Stern bist, Jesus; Ich leg in Demut dir zu Füßen
Meine Ketten, meine Liebe.
Übersetzung: Sebastian Viebahn
37 Gesangstexte
31/05/23
Mi, 19.30 Uhr · Mozart-Saal
Sophie Gent Violine
Myriam Rignol Viola da gamba
Thomas Dunford Laute
Jean Rondeau Cembalo, Orgel
Werke von Heinrich Ignaz Franz Biber, Giovanni Girolamo Kapsperger und Johann Jakob Froberger
Limited K O N Z E R T T I P P
© Clement Vayssieres / Parlophone Records
Anna Prohaska
Die preisgekrönte österreichisch-englische Sopranistin Anna Prohaska debütierte mit 18 Jahren an der Komischen Oper Berlin. Im Laufe ihrer Karriere war sie mit renommierten Orchestern an einigen der größten Opernhäuser sowie bei namhaften Festivals zu erleben, darunter das Theater an der Wien, das Teatro alla Scala, das Royal Opera House, die Opéra National de Paris, die Staatsoper Hamburg, das Festival d’Aix-en-Provence, die Bayerische Staatsoper und die Salzburger Festspiele. Zu den Höhepunkten dieser Saison zählen Engagements am Royal Opera House und an der Staatsoper Berlin sowie ihre Rückkehr zum Festival d’Aix-en-Provence. Sie absolviert zahlreiche internationale Tourneen (etwa mit dem Ensemble Resonanz und Il Giardino Armonico) und bringt als Teil des Babylon Trios mit Nicolas Altstaedt und Francesco Corti das Programm »Witch of Endor« zur Aufführung. Darüber hinaus tritt Anna Prohaska bei den Bregenzer Festspielen, an der OpéraComique, der Staatsoper Hamburg und dem Teatro Real in Madrid auf. Zu ihren jüngsten Alben zählen »Celebration of Life in Death« und die Aufnahme von György Kurtágs »Kafka-Fragmenten«.
39 Biografien Logos immer rechts unten
Ein Projekt des Klangforum Wien
2023
Initiiert durch das Klangforum Wien und das Wiener Konzerthaus, koproduziert mit AFF Projects
The Tower of Babel
18/06/23
So, 19.30 Uhr · Großer Saal
Klangforum Wien
Cantando Admont
Bas Wiegers Dirigent
Werke von Age Veeroos, Valery Voronov, Alexey Sysoev, Jamilia Jazylbekova und Alexander Khubeev
19/06/23
Mo, 19.30 Uhr · Mozart-Saal
Klangforum Wien
Dariya Maminova Stimme
Vitali Alekseenok Dirigent
Werke von Dairya Maminova, Mikheil Shugliashvili, Anna Korsun, Asia Ahmetjanova und Aram Hovhannisyan
Thomas Hirschhorn, »Abschlag«, Installation auf der Manifesta 10 im General Staff Building der Eremitage in St. Petersburg, 2014 Courtesy of the artist and Manifesta Foundation, Amsterdam
Photo: Alexander Kutishchev
Patricia Kopatchinskaja
Mit der ihr eigenen Kombination von Tiefsinn, Brillanz und Witz bereichert Patricia Kopatchinskaja ihre Aufführungen um einen unnachahmlichen Sinn für Theatralik. Ob sie ein Solokonzert von Tschaikowsky, Ligeti oder Schönberg spielt oder eine eigene Inszenierung präsentiert, die Beethoven, Ustwolskaja oder Cage dekonstruiert: Ihr unverwechselbarer Zugang vermittelt stets den Kern eines jeden Werks, das sie interpretiert. Zu den Höhepunkten der vergangenen beiden Saisonen zählten für Patricia Kopatchinskaja Konzerte mit dem Orchestre Philharmonique de Radio France, beim Festival d’Aix-en-Provence, mit den Bamberger Symphonikern, dem SWR Symphonieorchester, den Berliner Philharmonikern, dem City of Birmingham Symphony Orchestra, dem Budapest Festival Orchestra, dem Toronto Symphony Orchestra und dem Finnish Radio Symphony Orchestra, Aufführungen von Schönbergs »Pierrot lunaire«, ihr Debüt bei den BBC Proms sowie Recitals im Wiener Konzerthaus, das ihr kommende Saison ein Porträt widmet, in Kopenhagen, Budapest, Rotterdam und Gstaad, bei denen sie mit Joonas Ahonen, Polina Leschenko und Fazıl Say zusammenarbeitete.
41 Biografien
You(th)
Das Wahlabonnement für alle unter 27
Wähle mindestens 5 von 22 Konzerten um nur € 12,– pro Konzert & genieße alle Vorteile.
VIVI VASSILEVA · LUCAS CAMPARA DINIZ · HANIA RANI
WIENER SYMPHONIKER · SIR ANDRÁS SCHIFF
JAAP VAN ZWEDEN · JAKUB HRŮŠA · MNOZIL BRASS
JULIA FISCHER · EMMY STORMS · SIMONE LAMSMA
THE UKULELE ORCHESTRA OF GREAT BRITAIN · YULIANNA AVDEEVA
CRACK IGNAZ · TOCOTRONIC
WIENER PHILHARMONIKER
TSCHECHISCHE PHILHARMONIE
FATMA SAID · SAMARA JOY
JAKUB JÓZEF ORLIŃSKI · STEFAN PLEWNIAK · SEMYON BYCHKOV
TOBIAS WÖGERER · VÍKINGUR ÓLAFSSON
PATRICIA KOPATCHINSKAJA · LUCIE HORSCH
FRANCESCO TRISTANO · SUSANNA MÄLKKI
SÄCHSISCHE STAATSKAPELLE DRESDEN
ELOÏSE BELLA KOHN · ANDREAS HAEFLIGER
IL GIARDINO D’AMORE · MICHAEL BARENBOIM · JOHANNA WOKALEK
ANNA MABO BAND
RAPHAËL FEUILLÂTRE
LYLIT · RSO WIEN
DU HAST DIE WAHL!
U. V. M.
Veranstaltungen im Abonnement erhältlich.
Weitere Informationen unter konzerthaus.at/2324YOU
Anna
Mabo
© Thomas Schrenk
Ensemble Resonanz
Die Programmideen des Ensemble Resonanz, das mit seiner außergewöhnlichen Spielfreude und künstlerischen Qualität zu den führenden Kammerorchestern weltweit zählt, setzen alte und neue Musik in lebendige Zusammenhänge und sorgen für Resonanz zwischen den Werken, dem Publikum und Geschichten, die rund um die Programme entstehen. Das 19-köpfige Streichorchester ist demokratisch organisiert und arbeitet ohne feste Dirigent:innen, holt sich aber immer wieder künstlerische Partner:innen an Bord. Seit Sommer 2018 ist Geiger und Dirigent Riccardo Minasi fest an der Seite des Ensemble Resonanz, als »principal guest conductor & partner in crime« erhält die fruchtbare Zusammenarbeit mit ihm eine langfristige Perspektive. Enge Verbindungen ging das Ensemble zuvor mit der Bratschistin Tabea Zimmermann, der Geigerin Isabelle Faust, dem Cellisten Jean-Guihen Queyras oder dem Dirigenten Emilio Pomàrico ein. Auch die Zusammenarbeit mit Komponist:innen und die Entwicklung eines neuen Repertoires sind ein treibender Motor der künstlerischen Arbeit. In Hamburg bespielt das Ensemble Resonanz die Elbphilharmonie mit der Konzertreihe resonanzen sowie Kinderkonzerten und wirkt an diversen Festivals mit. Der resonanzraum im Hochbunker auf St. Pauli in Hamburg, der europaweit erste Kammermusik-Club, ist die Heimat des Ensemble Resonanz. Hier laden die Musiker:innen monatlich zu der Konzertreihe urban string, die von den Ensemble-Mitgliedern gestaltet und im Dialog mit der Musik internationaler DJ-Künstler:innen präsentiert wird. Aber auch die an die Konzerte angedockten ankerangebote, die das Publikum zu neuen Erfahrungsräumen laden, finden hier statt: von den Philosophie-Gesprächen im bunkersalon bis zu den werkstätten und hörstunden. Der resonanzraum wurde 2017 für sein innovatives Programm zum Hamburger Musikclub des Jahres gewählt, zudem erhielt er verschiedene Architektur-Preise wie den AIT-Award oder den Publikumspreis des BDA. Die Reihe urban string wurde 2016 mit dem Innovation Award der Classical Next ausgezeichnet. Ausgehend von Hamburg gastieren die Musiker:innen auf diversen Festivals und an den führenden Konzerthäusern weltweit.
43 Biografien
Herzlichen Dank an unsere Förderer, Sponsoren und Partner.
Generalpartner seit 1992
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Wiener Städtische Versicherung AG
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Mitglieder des Wiener Konzerthaus Circles Saison 2022/23
Amra & Rainer Deisenhammer · Helmut Meier · Patricia & Marcus Meier
Stifter ab der Saison 2014/15
Czerwenka Privatstiftung · Burkhard & Gabriela Gantenbein · Martin Gerhardus
George Wm. Hamilton · Silvia & Dan Hirsch · Günther & Irmi Kloimüller
Familie Kniescheck · Christoph & Bernadette Kraus · Patricia & Marcus Meier
Regina & Peter Oswald · Georg Schmetterer Leopold Schmidt · Gerhard Schneeweiss
Hans Schönherr · Josip Šušnjara · Christa-Maria Schuster · Stefan & Elisabeth Weber
Unser Dank gilt auch allen weiteren Stifterinnen und Stiftern.
Firmenmäzene
EMAKINA · BDO · Kartenbüro Jirsa · Mitterbauer Privatstiftung
PM Factory Consulting GmbH · Vienna Classic Online Ticket Office
Wiener Porzellanmanufaktur Augarten
Subventionsgeber
Impressum
Herausgeber: Wiener Konzerthausgesellschaft · Matthias Naske, Intendant
Redaktion: Barbara Alhuter
Fotos/Illustrationen (sofern bezeichnet): Marco Borggreve (Prohaska), Alexandra Muraveva (Kopatchinskaja)
Druck: Walla & Co Druckerei GmbH, Neutorgasse 9, 1010 Wien
Preis des Programmes € 4,30
call +43 1 242 002 write ticket@konzerthaus.at
konzerthaus.at
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