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Jakub Hrůša
Der Tscheche gehört zu den international gefragtesten Dirigenten der jüngeren Generation – und bringt am Pult Genauigkeit und Leidenschaft zusammen
VON WALTER WEIDRINGER
Glück und Leid sind auch in der Musikwelt oft eng miteinander verbunden. Ende November 2019 mussten die Wiener Philharmoniker einen Einspringer für den erkrankten Mariss Jansons suchen – und fanden ihn in Jakub Hrůša, damals 38 Jahre alt. In Wien, im Konzerthaus zumal, war der gebürtige Brünner damals längst bekannt, weil er hier schon am Pult von Philharmonia Prag, der Wiener Symphoniker und auch der Bamberger Symphoniker gastiert hatte – mit jenem Klangkörper also, der historisch mit tschechischen Musikern und deren Spieltradition verbunden ist und dessen Chefdirigent Hrůša zwei Jahre zuvor geworden war.
Die gemeinsame Konzertserie mit den Philharmonikern war noch nicht zu Ende, als sich die erschütternde Nachricht von Jansons’ Tod verbreitete. So kamen sich das Orchester und der junge Dirigent näher. The rest is history, möchte man anfügen. Für die ersten regulär geplanten gemeinsamen Auftritte im Juni 2021 einigten sich Hrůša und die Philharmoniker auf Bedřich Smetanas »Má vlast« – und begeisterten damit auch im Konzerthaus Publikum wie Kritik.
Wenige Jahre später scheint Jakub Hrůšas internationale Karriere bereits exponentiell in die Höhe gewachsen zu sein: Die Zusammenarbeit mit den Philharmonikern hat er in Wien ebenso wie bei den Salzburger Festspielen fortgesetzt und intensiviert, etwa bei einer gefeierten Produktion von Leoš Janáčeks »Káťa Kabanová« im Sommer 2022. Mit den Bambergern hat er jüngst für die Einspielung von Hans Rotts E-DurSymphonie den ICMA Award 2023 bekommen – und mittlerweile steht er als Nachfolger von Sir Antonio Pappano im Amt des Musikdirektors des Royal Opera House Covent Garden fest.
Dass Jakub Hrůšas Talent in einer fundierten Ausbildung fußt, dass er so unterschiedliche Mentoren wie Jiří Bělohlávek und Myung-whun Chung hatte, die wiederum von ihren Lehrern Sergiu Celibidache und Carlo Maria Giulini erzählten, und dass er zu seinen Vorbildern so unprätentiöse, den Komponist:innen dienende Dirigenten wie Rafael Kubelík, Bernard Haitink und eben Mariss Jansons zählt, lässt ihn auf dem Boden bleiben.
Der Musik seiner Heimat möchte er weiterhin ebenso zu Recht verhelfen wie jener aus dem 20. Jahrhundert und der Gegenwart, zum Beispiel Janáčeks »Žárlivost (Eifersucht)«. Dieses Werk sei, so Hrůša jüngst im Gespräch mit der »Presse«, ein »ideales Anfangsstück, dramatisch, kurz, effektvoll und pointiert. Es war ursprünglich eine Ouverture zu ›Jenůfa‹, ein Werk, mit dem die Philharmoniker seit Jahrzehnten bestens vertraut sind. Wir wissen, dass Janáček in seinem Leben besonders vom slawischen Osten begeistert war. Mit Prokofjew und Schostakowitsch ergibt das eine fantastische Kombination.«
Ans Pult des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien wird Hrůša im Juni zurückkehren, zu jenem Klangkörper also, mit dem er einige seiner frühesten Erfolge in Wien hatte feiern können. In diesem Konzert ist nicht nur Alisa Weilerstein als Solistin in György Ligetis Cellokonzert zu erleben, sondern Hrůša bricht auch eine Lanze für Bohuslav Martinůs »Paraboly« und die zweite Symphonie von Miloslav Kabeláč: fantastische Musik für Neugierige.
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Mi, 10/05/23, 19.30 Uhr · Großer Saal
Wiener Philharmoniker · Jakub Hrůša, Dirigent
Leoš Janáček Žárlivost: »Eifersucht«. Ouverture; Sergej Prokofjew: Aus den Suiten aus »Romeo und Julia« op. 64 (Zusammenstellung: Jakub Hrůša); Dmitri Schostakowitsch: Symphonie Nr. 5 d-moll op. 47
Ticketbezug: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/60184
Fr, 16/06/23, 19.30 Uhr · Großer Saal
ORF Radio-Symphonieorchester Wien · Alisa Weilerstein, Violoncello · Jakub Hrůša, Dirigent
Bohuslav Martinů: Paraboly »Les Paraboles«; György Ligeti: Konzert für Violoncello und Orchester; Miloslav Kabeláč: Symphonie Nr. 2 C-Dur op. 15
Ticketbezug: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/60193