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Emmanuel Tjeknavorian im Porträt

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Blickpunkt Brahms

Blickpunkt Brahms

Einen der führenden jungen Geiger zieht es mehr und mehr ans Dirigentenpult: Als Porträtkünstler des Wiener Konzerthauses macht Emmanuel Tjeknavorian allerdings ein paar exklusive Ausnahmen.

VON DÁVID GAJDOS

Emmanuel Tjeknavorian war selbst überrascht, als er beim Sibelius- Wettbewerb 2015 den zweiten Preis und eine Sonderauszeichnung bekam. Eigentlich arbeitete er seit zwei Jahren primär an seiner Zukunft als Dirigent, seinem Traumberuf. Er nahm an internationalen Meisterkursen teil und studierte intensiv mit seinem Vater, dem Dirigenten und Komponisten Loris Tjeknavorian. Sein Triumph in Helsinki führte aber zunächst zu einer bemerkenswerten Karriere als Solist. Tjeknavorian war schon jung »Great Talent« des Wiener Konzerthauses, war »Rising Star« von ECHO und stand immer wieder direkt neben dem heißbegehrten Dirigentenpult der Filarmonica della Scala, des Budapest Festival Orchestra, des London Symphony Orchestra und vieler weiterer Klangkörper.

Er blieb seinem Traum, auch als Dirigent die Podien der Welt zu betreten, treu. Der gebürtige Wiener nutzte die Chance, als Solist in direkter Nähe von großarten Dirigenten wie etwa Riccardo Chailly, Iván Fischer oder Semyon Bychkov zu arbeiten – und von ihnen zu lernen.

Er dirigierte in der letzten Saison unter anderem die Grazer Philharmoniker, das Brucknerorchester Linz und das Tonkünstler-Orchester. Sein Dirigierdebüt mit den Wiener Symphonikern am 26. September ist somit eine logische Fortsetzung seiner zweiten Karriere als Dirigent. Als Solist kennt ihn das Orchester schon, auch an diesem Abend wird er seine Geige dabeihaben: In Joseph Haydns Sinfonia concertante für Oboe, Fagott, Violine und Violoncello übernimmt Tjeknavorian einen der Soloparts. Davor wird er sich unter anderem den Haydn-Variationen von Brahms widmen. Ein heiterer Schluss darf bei diesem Konzert aus dem Zyklus »Cuvée« nicht fehlen – es erklingt der Walzer »Wein, Weib und Gesang« von Johann Strauß (Sohn).

Dass sich Emmanuel Tjeknavorian als Porträtkünstler des Wiener Konzerthauses auch als Geiger zeigt, mag selbstverständlich klingen, ist es aber nicht. Ab dieser Saison konzentriert sich Tjeknavorian aufs Dirigieren. Zu den wenigen Ausnahmen gehören die vier Konzerte, die er im Wiener Konzerthaus spielen wird.

In diesem Licht umweht sein Konzert mit Daniel Müller-Schott und Anna Vinnitskaya am 7. Oktober einen Hauch von Abschied, die bewegenden Klaviertrios von Debussy, Schubert und Brahms werden dieser Stimmung zweifelsohne gerecht. Am 10. Dezember moderiert Philipp Blom ein Konzert mit Tjeknavorian an der Geige. Er wird mit zwei langjährigen Kammermusikpartnern – Benedict Mitterbauer, Solobratschist des Brucknerorchesters, und Jeremias Fliedl, letzter Schüler von Heinrich Schiff – Mozarts Divertimento K 563 spielen und besprechen. Wenn dann dasselbe Trio im Februar die Konzerte im Kinderzyklus »Allez hop« musikalisch untermalt, wird das der vorläufig letzte Auftritt Tjeknavorians als Geiger im Wiener Konzerthaus sein.

Als Dirigent wird man ihn dafür häufiger erleben, am Pult des Wiener Kammerorchesters wird er seine letzten Porträtkonzerte geben. Am 14. Mai kombiniert er in einer Sonntagsmatinee Werke von Berg und Webern mit Werken von Haydn und Mozart. Der krönende Abschluss folgt dann im Juni mit Beethovens C-Dur-Messe und seiner Fünften: Auf diese Zusammenarbeit mit einer hervorragenden Solist:innenriege und der Wiener Singakademie darf sich das Publikum besonders freuen.

Emmanuel Tjeknavorian

© Lukas Beck

Die Geige ist mein Instrument und wird das immer bleiben. Aber nach zwei Jahren als Solist hat die Natur einfach in mir geschrien: Ich muss dirigieren.

WUSSTEN SIE, DASS …

… Emmanuel Tjeknavorian an jedem dritten Samstagmorgen im Monat auf radio klassik Stephansdom seine eigene Sendung moderiert? Im »Klassik-Tjek« spricht er mit interessanten Persönlichkeiten.

… Emmanuel Tjeknavorian als kleiner Junge von seinem armenischen Großvater mit dem Fußballvirus infiziert wurde und seit seinem Besuch im Bernabéu-Stadion nun bei jedem Konzert Real-Madrid-Manschettenknöpfe trägt?

… Emmanuel Tjeknavorians Vater in Armenien eine bekannte Persönlichkeit ist? Loris Tjeknavorian gab Ende der 1980er-Jahre seine internationale Dirigentenkarriere auf, um das armenische Kulturleben unter anderem als Chefdirigent des Armenian Philharmonic Orchestra zu befördern.

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26/09/22, Mo, 19.30 Uhr · Großer Saal

Wiener Symphoniker · Tjeknavorian

Ines Galler-Guggenberger: Oboe, Patrick de Ritis: Fagott, Christoph Stradner: Violoncello, Emmanuel Tjeknavorian: Violine, Dirigent

Johannes Brahms: Tragische Ouverture d-moll op. 81 · Variationen über ein Thema von Joseph Haydn op. 56a; Joseph Haydn: Sinfonia concertante B-Dur Hob. I/105; Josef Strauß: Die Libelle. Polka mazurka op. 204; Johann Strauß (Sohn): Wein, Weib und Gesang. Walzer op. 333

Karten: konzerthaus.at/konzert/eventid/59747

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07/10/22, Fr, 19.30 Uhr · Mozart-Saal

Tjeknavorian · Müller-Schott · Vinnitskaya

Emmanuel Tjeknavorian: Violine, Daniel Müller-Schott: Violoncello, Anna Vinnitskaya: Klavier

Claude Debussy: Klaviertrio G-Dur; Johannes Brahms: Klaviertrio Nr. 3 c-moll op. 101, Franz Schubert: Klaviertrio B-Dur D 898

Karten: konzerthaus.at/konzert/eventid/59763

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Nähere Informationen zur Porträtreihe unter konzerthaus.at/2223/Tjeknavorian

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