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30 Jahre Musicbanda Franui
Die Musicbanda Franui hat sich ihren Namen von einer Almwiese im Villgratental geborgt. Von den kulturellen Rändern des Landes arbeitete sie sich ins Zentrum vor. Jetzt wird die Formation dreißig: ein guter Grund, um noch lange nicht erwachsen zu werden
VON CHRISTIAN SEILER
Normalerweise beginnt man in Anbetracht des dreißigsten Geburtstags zu ahnen, dass selbst die eigene, unzerstörbare Jugend sich irgendwann in etwas Neues, vielleicht Beunruhigendes verwandeln könnte. Aber gilt das auch für die Musicbanda Franui – im Sommer 2023 dreißig Jahre alt –, die erst in ihren Zwanzigern angefangen hat, mit Puppen zu spielen?
Wahrscheinlich nicht. Den Osttiroler Musikant:innen rund um Andreas Schett und Markus Kraler ist es bekanntlich schon gelungen, Schubert mit dem Blech und seine Wehmut mit der leisen Schönheit des Hackbretts zu befreunden. Und sie arbeiten weiter an einer ausgeschlafenen Leichtigkeit des Seins.
Sie tun das nicht allein. Franui versichern sich einerseits der Unterstützung vorangegangener Giganten –Schubert sowieso, aber auch Mahler, Bartók, Brahms, im Ausnahmefall sogar Mozart (und in Bälde auch Johann Strauss). Ihre kenntnisreichen Bearbeitungen statten sie mit neuen Motoren aus und lassen sie ungläubig in die Gegenwart scheppern.
Andererseits finden Franui auch unter den Lebenden solche, die eindeutig zur Genialität begabt sind, und gemeinden sie ein. Florian Boesch, Nikolaus Habjan, Familie Flöz, Regina Fritsch, Sven-Eric Bechtolf – braucht es wirklich noch mehr Namedropping?
Längst hat sich die Musicbanda über ihre Vergangenheit als kunstsinnige Blasmusikgruppe erhoben. Sie ist zu einem Kompetenzzentrum intelligenter Verwandlungen geworden. Widmet sich Franui einem Thema, dann kann man davon ausgehen, dass sie es mit der erfinderischen Genauigkeit eines Gil Evans tun, der Melodien in Klang und Widerspruch, Erzählungen in Epen oder Abrissbirnen verwandeln konnte. Franui tun es ihm gleich, schaffen Voraussetzungen für künstlerisches Verständnis und neue Einsichten.
Auf ihrem langen Weg durch die Institutionen haben Franui im Wiener Konzerthaus eine verlässliche Heimat gefunden. Beim Festival »Gemischter Satz«, kuratiert von Andreas Schett, sitzen sie im Mittelpunkt eines kreativen Spinnennetzes und stellen Verbindungen her – zwischen Klassik und Pop, Jazz und Neuer Musik, alten Reimen und konkreter Poesie.
Abseits davon machen sie sich einen Spaß daraus, kulturelles Erbe entweder zu schreddern oder anzubeten, ganz genau weiß man das nie. Vom kulturellen Rand dieses Landes haben sie sich ins Zentrum vorgearbeitet, stets für eine Überraschung gut, verlässlich genau und hinreißend unterhaltend.
Mal sehen, wie der Eintritt ins Erwachsenenalter gelingt.
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KONZERTTIPP
21/10/23
Sa, 19.30 Uhr · Großer Saal Geburtstagskonzert
30 Jahre Musicbanda Franui & Friends
»Ständchen der Dinge (XXX)«
Sven-Eric Bechtolf Lesung
Regina Fritsch Lesung
Arthur Schnitzlers »Reigen« (Auszüge)
Familie Flöz Maskenspiel
Maskentheater »Himmelerde« (Auszüge)
maschek. Live-Synchronisation
Stummfilmprojekt »Frl. Else« (Auszüge)
Julian Prégardien Tenor
Lieder von Franz Schubert, Robert Schumann und Gustav Mahler
Ludwig Lusser Orgel
Markus Kraler, Andreas Schett
Kompassmesse (nach Franz Schubert Deutsche Messe D 872)
Werner Pirchner Kleine Messe um C für den lieben Gott PWV 12