Prolog März 2020 | Wiener Staatsoper

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Golda Schultz

WIE EIN BAUM IM WALD I

m Jahr 2018 debütierte die südafrikanische Sopranistin Golda Schultz als Gräfin Almaviva an der Wiener Staatsoper, international pendelt sie zwischen der Mailänder Scala, der New Yorker Met, der Münchner Staatsoper und dem Royal Opera House Covent Garden. Als Liù kehrt die Sängerin nun ins Haus am Ring zurück. Sie haben an der Universität von Kapstadt und an der Juilliard School in New York studiert und wa­ ren lange Zeit in München im Ensemble. Unter­ schiedliche Welten? In ihrer Annäherung an die klassische Musik? An die Oper? Golda Schultz: Die kurze Antwort lautet: ja. In Südafrika, weil es so fern von den Quellen der klassischen Musik liegt, haben wir im Vergleich

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zu Zentraleuropa weniger Zugang zu einer entsprechend großen Anzahl an bekannten Lehrern. Aber gerade weil wir so weit entfernt sind, macht es uns oftmals kreativer in der Frage, einen Anschluss an das entsprechende Musikleben zu finden. Aber ganz allgemein gesagt: Letzten Endes versuchen wir Musiker doch immer, unsere beschränkten Lebenserfahrungen auf das Allgemeine zu extrapolieren, sodass das Publikum ein wenig mit dem Göttlichen in Kontakt kommt. Nachdem ich nun der Heimat der klassischen Musik näher gerückt bin, habe ich etwas erkannt: Und zwar, dass die Lektion, die ich in Afrika gelernt hatte, nämlich die Fragen und Probleme nicht immer direkt anzusteuern, sondern sie gewissermaßen zu umrunden, mich oftmals


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