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Jetzt mehr machen  Zvezdana Seeger

Internationale Konferenzen wie der Weltklimagipfel in Glasgow sind für viele Außenstehende schwer zu durchdringen. Stundenlang wird um ein Abschlussdokument gerungen, das es am Ende doch niemandem wirklich recht machen kann. Mich wundert daher nicht, dass vor allem viele junge Menschen mit den Ergebnissen der „COP26“ unzufrieden wa-

ren. Aus meiner Sicht ist der Unmut jedoch nicht berechtigt. Glasgow hat der Welt wichtige Impulse gegeben. Das Commitment zur Erreichung des 1,5°-Ziels wurde bekräftigt. Ebenso klar war das weltweite Bekenntnis, aus fossilen Energieträgern auszusteigen. Am Ende des Gipfels waren sich alle einig: Es muss mehr gemacht werden. Und zwar jetzt.

Das gilt auch für Deutschland, das seinen Kohleausstieg gerne beschleunigen möchte. Das ist möglich, allerdings wird in dieser Diskussion meist das Endergebnis beschlossen, der Weg dahin jedoch außer Acht gelassen. Wer schneller aus der Kohle heraus will, muss zu allererst schneller in erneuerbare Energien, Speicher und Wasserstoff rein. Und da gibt es in unserem Land noch viel Luft nach oben: bei der Beschleunigung des

Ausbaus von Windkraft- und Solaranlagen, bei der Errichtung von Stromnetzen oder dem Bau von wasserstofffähigen Gaskraftwerken als Backup-Kapazität.

Besonders sorgenvoll blickt die Industrie aktuell nach Brüssel. Dort plant die EU-Kommission offenbar, die Kriterien für die Wasserstoffproduktion in Elektrolyseuren so strikt auszulegen, dass an einen schnellen Hochlauf der Wasserstoffproduktion nicht zu denken ist. So soll zur Herstellung wohl nur Strom aus neu zu bauenden Windkraft- und Solaranlagen zugelassen werden. Bis diese ans Netz gehen, werden aber noch Jahre vergehen. Damit würde sich auch die Produktion und Verfügbarkeit von Wasserstoff erheblich verzögern.

Eine sinnvolle Alternative wäre, in der Zwischenzeit förderfreie Bestandsanlagen zuzulassen. Dann käme die Wasserstoffproduktion deutlich schneller in Fahrt.

Klimaschutz wird nur als gemeinsame Kraftanstrengung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft funktionieren. Dieses Jahrzehnt ist dafür entscheidend. Die Industrie steht

bereit und hat viele konkrete Vorschläge gemacht. Wir bei RWE haben zum Beispiel eine Investitions- und Wachstumsoffensive gestartet, mit der 50 Milliarden Euro brutto bis 2030 in die Energiewende investiert werden sollen. Zehn bis 15 Milliarden Euro davon sind allein für Deutschland vorgesehen. Wir haben ein klares Ziel: Wir wollen jedes Projekt machen, das möglich ist.

Die Ergebnisse der Weltklimakonferenz in Glasgow stimmen mich optimistisch, dass es klappen kann. Die Welt hat sich zum Umstieg auf erneuerbare Energien, Speicher und Wasserstoff bekannt. Jetzt sind alle gefordert, schnell nach pragmatischen Lösungen zu suchen. Dann bleibt der 1,5-Grad-Pfad erreichbar. Und das wird dann auch die jungen Menschen wieder überzeugen, dass internationale Klimadiplomatie zwar mühsam, am Ende aber doch erfolgreich ist. l

Foto: European Union, 2021

Jetzt mehr machen!

Die Klimakonferenz in Glasgow hat klare Signale gesendet.

Zvezdana Seeger

Mitglied des Vorstands der RWE AG

„Klimaschutz wird nur als gemeinsame Kraftanstrengung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft funktionieren.“

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