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Surf & Turf
from GRILLZEIT 2/2021
by GRILLZEIT
Turf Surf ‘n‘
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Wer sich nicht zwischen Porterhouse und Hummer entscheiden kann, wählt gerne den Steakhouse-Klassiker „Surf and Turf“. Aber darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, Fleisch, Fisch und Seafood zu außergewöhnlichen Gerichten zu kombinieren. Oft sind es da gerade die sogenannten unedlen Teilstücke, die mit dem richtigen Partner aus dem Wasser zur Hochform auflaufen.
Die erste verbürgte schriftliche Erwähnung des Begriffs „Surf and Turf“ erfolgte 1967 in einer Anzeige des Restaurants „Michael’s House of Steaks“ in Buffalo auf den Gelben Seiten des örtlichen Telefonbuchs. Beworben wurde damit ein Steak mit Langustenschwanz. Aber schon während der Weltausstellung 1962 soll im SkyCity-Restaurant der „Space Needle“ in Seattle auch ein Gericht dieses Namens serviert worden sein. Und als „Steak and Tail“ war derlei bei der US-amerikanischen Restaurantkette „Steak and Ale“ damals auch schon auf der Karte, in Australien ist diese Kombination an der Ostküste schon lange als „Reef and beef“ oder „Reef meets beef“ mit den unterschiedlichsten Meeresfrüchten als Beilage populär.
Trifft ein Seemann eine Landratte ...
Der Begriff „Surf ‘n‘ Turf“ setzt sich namentlich jedenfalls aus der Brandung (surf) sowie der Grassode (turf) zusammen und steht kulinarisch daher für jedwede Kombination von Fleisch und Fisch bzw. Meeresfrüchten am selben Teller. Diese Gepflogenheit erfreute sich in Amerika und andernorts bereits großer Beliebtheit, als der Westen noch lange nicht wild war. Clam Chowder etwa – eine traditionelle Kombination aus Schweinefleisch und Muscheln – ist vom „Carne de porco à alentejana“ der frühen portugiesischen Einwanderer inspiriert, das „Labskaus“ ist hanseatisches Kulturerbe. Die spanische Paella ist ein Klassiker des „Foodpairing“ von Fleisch und Meeresfrüchten, und auch in Asien sowie sämtlichen Chinatowns des Globus ist diese Kombination von Fisch und Fleisch seit jeher äußerst beliebt. Und in Europa ist „Vitello tonnato“ ja ebenso Kulturerbe wie das „Wiener Schnitzel“, das im Original immer mit Sardellenfilets serviert wurde. Bei Puristen hingegen war „Surf ‘n‘ Turf“ lange umstritten. In Sterns „Encyclopedia of Bad Taste“ wird es als neureiche Effekthascherei bezeichnet, bei der es nur darum geht, die beiden teuersten Gerichte auf der Karte zur vulgären Selbstdarstellung zu kombinieren – in den USA also meist Steak und Lobster. Das war vielleicht sogar wirklich oft das Hauptmotiv früherer Tage, auch wenn ich dem Gericht auch kulinarisch einiges abgewinnen kann. Doch heute passt das Thema der Kombinationen verschiedener Lebensmittel, Aromen, Texturen und Zubereitungsarten haargenau in den aktuellen Foodpairing-Megatrend. In der zeitgemäßen katalanischen Spitzenküche finden sich beispielsweise interessante Neuinterpretationen des „mar y monte“ wie Kaisergranat mit Schweinsohr und grünem Spargel oder geschmortes Schwänzchen vom Iberico-Schwein mit sautiertem Kaisergranat.
Foodpairing
„The Fat Duck“ heißt das mit drei Michelinsternen ausgezeichnete Restaurant des britischen Molekularkochs und Avantgardisten Heston Blumenthal im englischen Bray. Hier entstanden legendäre Gerichte wie Leberpastete mit Jasminblüten, Schokomuffins mit Blauschimmelkäse und weiße Schokolade mit Kaviar. Und Blumenthal war es auch, der gemeinsam mit dem französischen Parfumeur François Benzi schon in den Neunzigern des vergangenen Jahrhunderts begann, die wissenschaftlichen Grundlagen für die oft verblüffenden Geschmacksallianzen des Foodpairing zu erforschen. Heute kennt man über 10.000 sogenannter Schlüsselaromen, die inzwischen in ganzen Wäldern aus sogenannten „Foodpairing Trees“ im Internet zu finden sind – nahezu jedes Lebensmittel hat da schon seinen eigenen. Dort erfährt man dann etwa schwarz auf weiß, dass Austern – zumindest theoretisch – ganz hervorragend zu Gin und zu grünen Äpfeln passen. Und nicht zu Ketchup, wie manchereiner meint. Grundsätzlich gilt geschmackstechnisch: Je verwandter zwei Aromen sensorisch miteinander sind, desto besser harmonieren sie miteinander. Das stimmt interessanterweise auch für die Kombination von Schokolade mit Blumenkohl, von Kaffee mit Lachs oder Karotte mit Cornflakes – auch wenn man diese Dinge früher kaum miteinander in Verbindung gebracht hätte. Ziel des Foodpairing ist es aber doch, unseren Geschmackshorizont zu erweitern. Inzwischen hat sich das Thema aber noch wesentlich weiterentwickelt. Stand zu Beginn die Paarung der unterschiedlichen Aromen im Mittelpunkt, sind nun auch die Kombinationen verschiedener Konsistenzen und Texturen immer relevanter. Und die Kombination von Fleisch mit Fisch und Meeresfrüchten bietet sich hier natürlich an, um besonders spannende und zugleich harmonische Geschmackserlebnisse mit echtem Festtagspotential zu kreieren.
Ritterschläge
Noch herausfordernder, spannender und lohnender, als einfach ein Filet mit einem anderen Edelteil zu kombinieren, ist beim Foodpairing unter dem Motto „Surf and Turf“, besonders charakterstarke Teilstücke mit ebenso typischem Seafood oder Süßwasserfischen zu paaren. Auf diese Weise können verblüffende Aha-Effekte entstehen, günstige Fleischqualitäten werden durch die richtige Zubereitung und die Anwesenheit eines hochwertigen Partners aus dem Wasser am Teller zu einem komplexen Festtagsgericht veredelt. Deshalb finden Sie bei unseren Rezeptvorschlägen auf den nächsten Seiten, die wir zum Thema entwickelt, ausprobiert und fotografiert haben, auch etliche solcher „Second Cuts“, die es uns kulinarisch besonders angetan haben. Und da wir den Surf-andTurf-Klassiker Steak mit Hummer bzw. Garnele auch schon öfter vorgestellt haben, lassen wir das diesmal bleiben und haben neben Rind auch Schwein und Wild auf dem Menüplan. Sowie natürlich jede Menge Seafood und Seefood.
Die Gerätschaft
Die höchste Kunst bei der gelungenen Paarung verschiedener Lebensmittel auf Grill und Teller ist deren gartechnische Punktlandung. Beim Thema Surf and Turf muss man ja nicht nur sämtliche Beilagen mit auf dem Schirm haben, sondern hat auch mindestens zwei Hauptdarsteller mit meist recht unterschiedlichen Ansprüchen an die Zubereitungsmethode und vor allem an die Garzeiten. Meist ist es also ratsam, hier parallel gleich auf zwei unterschiedlichen Geräten zu arbeiten und diesen Umstand auch gleich für eine kulinarisch spannende Differenzierung der Gartechniken zu nutzen. Das erfordert nicht zwingend die Investition in einen erweiterten Gerätepark, denn auch die Küche ist dem ambitionierten Feuerkoch in der Regel nicht fremd. Schon gar nicht im Winter. Wir haben uns bei den Rezepten auf den folgenden Seiten in der Hauptsache jedenfalls folgender Geräte aus unserem Favoriten-Portfolio bedient:
SmokeFire EX4 GBS von Weber
Als Smoker kam der praktische SmokeFire EX4 GBS von Weber zum Einsatz, ein Holzpelletgrill mit einem extrem großen Temperaturbereich und einer sehr präzisen Steuerung. Er verfügt nicht nur über einen großen Grillrost (6.370 cm²) mit optional unterschiedlichen Temperaturzonen, sondern auch über eine zweite Ebene, die nur wenig kleiner und außerdem in der Tiefe verstellbar ist. Das ist extrem hilfreich bei Pinseln und Moppen. Und mit der neuen SmokeBoost-Funktion lassen sich mit diesem Gerät auch bei sehr kurzen Garzeiten schöne Rauchnoten erzielen.
Für perfekte Grillmarkierungen hatten wir wieder einmal unseren Weber Pulse im Einsatz. Zwar kann auch der SmokeFire bekanntlich heiß (bis zu 315°C!), aber wenns ums Fotografieren geht, brutzeln wir unsere Steaks gerne auf diesem Elektrogrill der Sonderklasse. Denn die Temperaturen sind hier hochpräzise zu steuern und der massive Gussrost des Pulse sorgt für ein gleichmäßiges Branding wie aus dem Bilderbuch.
Plancha „Rainbow“ von Simogas
Als Plancha haben wir unsere famose „Rainbow“ von Simogas mit 70cm Breite eingesetzt, deren dicke Platte aus gewalztem Kohlenstoffstahl für eine sehr gute Wärmeleitung und -verteilung sorgt. Zusammen mit der Gaspower von zwei getrennt regelbaren Brennern und zwei handlichen Spachteln ermöglicht das die Produktion von schönen Röstaromen mit nur wenig Fett sowie das Einrichten unterschiedlicher Temperaturzonen auf der Platte.
Elektro-O.F.B. von Otto Wilde
Der Elektro-O.F.B. von Otto Wilde ist unser Spezialist für die Oberhitze und Gratins. Er ist nicht nur sehr wertig verarbeitet, sondern bietet auch mehr Raum als die meisten anderen Steakmaschinen. Und der Rost ist ebenso wie die Temperatur sehr einfach und unfummelig von außen mit einem handlichen Hebel höhenverstellbar. Der Elektro-O.F.B. wird 650°C heiß, mit dem Power Boost kann man eine Strahlergruppe sogar auf bis zu 800°C pushen.
Dazu kamen natürlich auch noch der Küchenherd für die Rastphasen sowie eine unserer elektrischen Sous-videWannen. Statt dieser kann man natürlich auch einen Wassertopf ins Backrohr stellen, wenn sich dieses entsprechend regulieren lässt.