PORTRÄT
Ausgezeichneter Zeichner In einem Bilker Hinterhof entstehen die wohltuend aufgeräumten Comics und Illustrationen von Ulf Keyenburg alias ulf k. // Text: Pia Arras-Pretzler, Foto: Andreas Endermann
Ich bin gar nicht sonderlich belesen – deshalb sind mir die Kafka- und Brecht-Referenzen von k. erst nicht bewusst gewesen. Ich höre gerne Hörspiele.
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Wer von euch noch alte Libelle-Ausgaben aufbewahrt hat, kann im Jahrgang 2019 seine Erinnerung an die Comicserie „Jedertag“ auffrischen. Das waren Bildergeschichten in einer cleanen, reduzierten Bildsprache von … von wem eigentlich? Stand nämlich nirgends. Der Cartoonist und Illustrator Ulf Keyenburg ist keiner, der sich aufdrängt. Er macht sich klein und unterschreibt Mails mit ulf, seine Cartoons signiert er mit k. Dass er damit durchgekommen ist, liegt vermutlich daran, dass er immer schon wusste, was er will – gar nicht so viel –, und dass er ziemlich bald den kleinen Herrn Paul für Martin Baltscheit illustrierte, der wie er in Essen Kommunikationsdesign studierte. Damit hatte ulf k. einen Fuß in der Kinderbuchbranche. Weil er auch weiß, dass Klinkenputzen nicht so seins ist, arbeitete er zudem von Anfang an mit Agent*innen, die für ihn Jobs an Land ziehen. Außerdem hat es nicht geschadet, dass der „Poet der deutschen Comicszene“ wirklich gut ist, mehr noch: ausgezeichnet – 2004 mit dem Max-und-Moritz-Preis als bester deutschsprachiger Comiczeichner. Den Großteil seines Lebens hat k. in Oberhausen verbracht. Anfang der 2000er zog er nach Düsseldorf, und das war’s auch schon mit der Reiselust und Entdeckerfreude. „Mein Auslandssemester in Paris musste ich wegen akutem Heimweh abbrechen. Darf man ja keinem erzählen, aber mir war das alles zu groß und zu unübersichtlich.“ Den Parisern hingegen war sein Name eine unüberwindliche Hürde: „Ich habe nie kapiert, dass ich gemeint war. Deshalb war ich ab da ulf k.“ Noch heute reichen ihm die Reisen, die sein Job mit sich bringt. Urlaub macht er trotzdem – den fordert seine Familie ein. Frau und Söhne (17 und 12) kümmern sich um die Planung. „Ist nicht immer einfach mit mir – meine Kinder beklagen sich schon mal, dass ich wenig zu Hause bin, dass ich
genervt und angespannt bin, wenn ich viel zu tun habe. Aber zu Hause zu zeichnen klappt halt nicht so richtig.“ Deshalb hat er schon lange nur wenige Häuser weiter ein Atelier in einem Hinterhof. „Dass ich auch in einer strengen Lockdown-Situation wie in Frankreich dort hin hätte können, fand ich beruhigend. Notfalls über die Dächer.“ Spiderman-Qualitäten schreibt er sich aber nicht zu – ulf k. könnte sich eher vorstellen, ein Schwamm zu sein. So einen hat er einmal bei einem Live-Literatur-Event gezeichnet und dachte sich, dass das eine durchaus interessante Lebensform sei. „Die wechseln immer wieder mal das Geschlecht, die kleben irgendwo fest und schauen zu, was rund um sie abgeht.“ Klingt entspannt. Entspannt und ganz im Moment wirkt auch ulf k. bei unserem Gespräch im großen Nachbaratelier, das eigentlich einem Fotografen gehört. Unaufgeregt und fokussiert sitzt er mir gegenüber, trinkt seinen grünen Tee. Reagiert offen und zugewandt auf meine Fragen: Hat sich sein Zeichenstil im Lauf der Jahre verändert? „Nicht sehr. Manchmal entdecke ich etwas Interessantes und experimentiere damit, aber irgendwie bin ich das dann doch nie … und zeichne wieder wie ich.“ Und zwar mehr und mehr auf dem iPad. „Das hat sich so eingeschlichen. Vieles geht einfacher und schneller dadurch – Größen zu verändern zum Beispiel –, aber unterm Strich spare ich damit keine Zeit, weil es eben auch einfacher ist, Sachen auszuprobieren.“ Hat er Vorsätze fürs neue Jahr? „Immer die gleichen. Kollegen und ich würden gern Zeitmanagement und Arbeitsstruktur besser in Griff bekommen. Hat aber noch nie wirklich funktioniert.“ Außerdem kann er mit hoch gehängten Ereignissen wie Geburtstagen, Hochzeiten, Weihnachten und eben Neujahr eher wenig anfangen: „Veränderungen passieren ja langsam, nicht an einem Tag.“ LIBELLE | Januar/Februar 2022