Credo Oktober 2022 www.zhkath.ch

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Oktober 2022 1 Das Magazin für Mitarbeitende der Katholischen Kirche im Kanton Zürich Das neue Haus für die Jugend Seite 4 Ein Muslim putzt die Kirche Seite 12 Stadtheilige und Knabenschiessen Seite 16 Sorge tragen zum Personal 20 Jahre Personalombudsstelle. Ab Seite 6

Personal Care

Als Getaufte sind wir berufen, unseren Glauben persönlich zu leben, zu bezeugen und in Wort und Tat zu verkünden. Als Mitarbeitende der Kirche in den verschiedenen Tätigkeitsfeldern des kirchlichen Lebens stehen wir alle in einer besonderen Verantwortung. Jedes Arbeitsfeld verlangt eigene Qualifizierungen und unterstützende Begleitung.

Tagtäglich bemühen wir uns im Sinne von «Personal Care», unser Personal zu begleiten. In unserem dualen System ist die Verantwortung für das kirchliche Personal seit über 50 Jahren auf allen Ebenen geteilt. Das Gesamt der dual einvernehmlich erlassenen Anstellungsordnung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich trägt viel zur professionellen Einführung, Begleitung und Förderung des kirchlichen Personals bei.

Seit vielen Jahren leistet die kirchliche Stelle für Gemeindeberatung und Supervision hervorragende Arbeit in der Begleitung von Mitarbeitenden der Katholischen Kirche im Kanton Zürich. Ebenso wichtig ist die Personalombudsstelle, welche in diesem November ihr 20-Jahr Jubiläum feiert.

Herzlichen Dank den Verantwortlichen und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich persönlich engagieren und in Dienst nehmen lassen, und allen, die unser Personal in den verschiedensten Bereichen begleiten. Einen besonderen Dank gilt den Personalverantwortlichen in der Stabstelle Personal, in den Kirchenpflegen, den kirchlichen Institutionen und im Synodalrat.

Luis Varandas, Generalvikar

3 Momentum Siegerfilm am ZFF

4 Aktuell

Neues Haus für die Jugend

5 Aktuell «Gipfeltreffen» in Guthirt

6-11 Fokus Dem Personal Sorge tragen

12 Engagiert

Ein Muslim putzt die Kirche

14 Perspektiven Ethik-Förderung vor Ort

15 Seelen-Nahrung The Preacher

16 Ausläuten

Von den Stadtheiligen zum Knabenschiessen Impressum credo credo erscheint vierteljährlich und Behördenmitglieder und Freiwillige der Katholischen Kirche im Kanton Zürich.

www.zhkath.ch/credo credo@zhkath.ch

Layout

Druck und Papier Zürich aus 100% Recyclingfasern und mit dem Umweltlabel «Blauer

Editorial
Luis Varandas Generalvikar Herausgeberin Katholische Kirche im Kanton Zürich Kommunikationsstelle Hirschengraben 66 8001 Zürich
Momentum «Mit
‹Foudre› möchte ich von Scham und Minderwertigkeitsgefühlen betroffene Frauen zur Suche nach einer wohlwollenden Sexualität ermutigen –einer Rückkehr zu sich und zur Transzendenz.» (Regisseurin Carmen Jaquier über ihren ersten Spielfilm «Foudre»)
Im
Rahmen des Zurich Film Festivals (ZFF) haben die katholische und die reformierte Kirche den Filmpreis der Zürcher Kirchen verliehen. Mit einem Preisgeld von 10'000 «Foudre» der Genfer Regisseurin Carmen ermutigt durch die Liebe ihrer Schwester, neue Räume für sinnliche und spirituelle Erfahrungen entdeckt. Die Geschichte einer jungen Bergdorf ist beklemmend, aber mit starken Bildern von ästhetischer Sinnlichkeit. Regisseurin Carmen Jaquier

«Religion kann Antworten geben»

Was sind die Aufgaben der Fachstelle Jugendseelsorge?

Wir heissen zwar Jugendseelsorge, machen aber kirchliche Jugendarbeit. In den Anfängen der Jugendseelsorge gab es niederschwellige Beratungsangebote. Vor etwa sechs Jahren ging das Angebot in Dienstleistungen für Jugendarbeitende vor Ort über. Unsere Zielgruppen sind also aktuell nicht die Jugendlichen direkt, sondern diejenigen, die mit ihnen in den Pfarreien zu tun haben.

Wieso braucht es ihre Fachstelle überhaupt?

Die Pfarreien werden von uns mit Aus- und Weiterbildungsangeboten bei der Firm-, Ministranten- und der offenen Jugendarbeit unterstützt. Jugendarbeitende im klassischen Sinne fehlen meist vor Ort. Pastoralassistentinnen, Katecheten, Religionspädagogen übernehmen Teilaufgaben der Jugendarbeit. Wir vernetzen sie untereinander, was sie bei ihrer Arbeit weiterbringt.

Wie soll sich die Fachstelle weiterentwickeln?

Wir möchten die Jugendarbeit im klassischen Sinn fördern und insbesondere auch die Freiwilligen vor Ort unterstützen. Der junge Mensch und seine Entwicklung sollen im Mittelpunkt stehen. Er soll in seiner Entfaltung für ein glückliches Leben begleitet werden. Die jungen Menschen haben existenzielle Fragen. Religion, die Kirche, kann darauf Antworten geben.

Was erhoffen Sie sich vom Umzug an die Birmensdorferstrasse?

Am neuen Standort sind wir näher bei den Leuten und werden hoffentlich auch mehr wahrgenommen. Die Angebote sollen dem Bedürfnis der Pfarreien entsprechen. Die Kombination mit dem Caritas-Laden im Erdgeschoss bringt mehr Betrieb. Im November geht dann auch unsere neue Webseite online.

Natascha Rüede Dienststellenleiterin der Jugendseelsorge. Sie war über 20 Jahre in der Pfarrei Hinwil als Seelsorgerin und Jugendpastorale tätig.

Aktuell
Die Jugendseelsorge ist im Oktober an den neuen Standort an der Birmensdorferstrasse 50 in Zürich umgezogen. Natascha Rüede, Leiterin der Jugendseelsorge, sieht das als Chance. Zahlen & Fakten 8 Jahre Planung dauerte es bis zum Umzug an die Birmensdorferstrasse. 11 Mitarbeitende mit 850 Stellenprozenten arbeiten bei der Jugendseelsorge mit 5 verschiedenen Berufsprofilen. 43 Jahre gabs die Jugendseelsorge, bis die erste Frau Dienststellenleiterin wurde. 30 Scharen sind in der Jungwacht/ Blauring (Jubla) im Kanton Zürich organisiert.
Natascha Rüede möchte vermehrt pastorale Aspekte in die Jugendseelsorge einbringen.

Zürich Guthirt

Alle 16 Minuten erkrankt jemand an Demenz in der Schweiz. An einigen Orten im Kanton Zürich bestehen für Demenzerkrankte und ihre Angehörigen bereits Angebote unter dem Titel «Gipfeltreffen». Hier finden sich Gleichgesinnte, essen miteinander und können –fachkundig begleitet – diskutieren, spielen, spazieren oder kreativ tätig sein.

In der Pfarrei Guthirt Zürich startet 2023 ein solches «Gipfeltreffen» in Zusammenarbeit mit der Alzheimervereinigung. Initiiert hat dieses Projekt Irene Bopp-Kistler. Sie ist pensionierte Ärztin und hat die bekannte Memory Clinic Stadtspital Waid aufgebaut und 25 Jahre lang geleitet.

Irene Bopp-Kistler: «Demenzbetroffene brauchen kurze und vertraute Wege, um sich wohl und sicher zu fühlen. Deshalb ist es wichtig, dass Pfarreien in der Stadt Zürich ‹demenzsensibel› werden. Dies ist eine besondere Form der Inklusion.»

Unter der Leitung des pensionierten Organisten von Guthirt, Peter Baumann, soll auch ein Demenzchor aufgebaut werden. Eine Kick-off-Veranstaltung zum Projekt «Gipfeltreffen» mit einem Vortrag von Irene Bopp-Kistler ist für den 18. Januar 2023 geplant.

www.guthirt.ch

Kontaktperson: Sibylle Schellenbauer, Sozialarbeiterin FH, Kath. Pfarramt Guthirt, Guthirtstrasse 3 -7, 8037 Zürich, Telefon 044 279 10 55 oder Mail sibylle.schellenbauer@zh.kath.ch

Wir begrüssen

Jürgen Kaesler leitet ab 1. Juli die katholische Seelsorge im Kantonsspital Winterthur.

Gertrud Schuster leitet seit 1. August die Fachstelle Religionspädagogik.

Stefan Isenecker ist seit tragter des Generalvikars für die Seelsorge Gesundheitswesen und Inklusion tätig.

Igor Boyarskyy übernimmt als neuer Missionar die Leitung der Unità Pastorale Zimmerberg.

Katrin Blome leitet als Nachfolgerin von Rita Inderbitzin neu die katholische Seelsorge in der ökumenischen Bahnhofkirche. Rita Inderbitzin geht Ende Oktober in Pension.

Anna Wörsdörfer verlässt Behindertenseelsorge. Audrey Kaelin arbeitet seit 2008 als Spitalseelsorgerin pensioniert. beit der Katholischen Kirche im Kanton Zürich. Ende November geht er in Pension.

wirkt noch bis Ende Jahr in der Spiauch er pensioniert wird.

Wir gratulieren

Andreas Hubli leitet seit 20 Jahren die Personalverwaltung der Körperschaft.

Wir trauern

Wir verabschieden Michael Zingg Juli die Jugendseelsorge verlassen.

Eva Kopp wirkte von 1998 fängnisseelsorgerin und ist nun pensioniert.

Hugo Gehring verabschiedete sich mit 70 Jahren und nach 22 Jahren als Pfarrer in Winterthur Ende September in den Ruhestand.

Am 14. Juli verstarb der langjährige Synodale Niklaus Julier in seinem 77. Lebensjahr. Julier war auf vielen Ebenen im kirchlichen Leben Zürichs engagiert.

Am 24. August verstarb Tünde Kvacskay nach langer Krankheit.

«credo» braucht Ihre Mithilfe!

Eine Bitte an die Kirchenpflegen und Pfarreiverantwortlichen: Senden Sie uns bitte die Adressen Ihrer Mitarbeitenden, aber auch jener wichtigen Freiwilligen in der Pfarrei, die an «credo» interessiert sind.

Kontaktadresse:

Aktuell

Sorge tragen zum Personal

Das Personal ist das grösste Kapital der Kirchen. Zum Jubiläum ein Interview mit den Ombudsleuten über Förderung und Herausforderung. Ein Einblick in den Alltag des kirchlichen Coaches. Und die anspruchsvolle Suche nach Menschen, die in der Kirche arbeiten möchten.

Helmut Steindl (67) wurde 2007 von der Synode zum Personalombudsmann gewählt. Er hat in Freiburg i.Ue. Theologie studiert und mit dem Doktorat abgeschlossen. Er ist zudem selbständiger Mediator in verschiedenen KonBundesverwaltungsgerichts.

Barbara Umbricht Lukas (55) ist seit 2011 Personalombudsfrau der Römisch-katholischen Körperschaft des Kantons Zürich. Zu den bevorzugten Tätigkeitsgebieten der Rechtsanwältin und Mediatorin zählen die verschiedenen Bereiche von Partnerschaft und Familie sowie die Beratung im ArbeitsLehraufträge zur Ausbildung von Mediatorinnen und Mediatoren.

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Interview mit den Ombudspersonen

Barbara Umbricht Lukas und Helmut Steindl

In der Kirche gehen doch alle anständig miteinander um. Warum braucht es überhaupt eine Ombudsstelle?

Barbara Umbricht Lukas: Da klaffen Anspruch und Realität manchmal auseinander. Auch in der Kirche arbeiten Menschen mit unterschiedlichen Wahrnehmungen und Interessen. Das führt zu Konflikten, die gelöst werden wollen.

Helmut Steindl: Wir dürfen nicht vergessen: Es geht um Anstellungsverhältnisse und um Teams. Wie überall gelten arbeitsrechtliche Regeln, auch für Menschen in der Kirche. Hinzu kommt das duale System im Kanton Zürich. Die Abstimmung innerkirchlicher Interessen mit staatlichen Vorgaben ist nicht immer einfach. Die Ombudsstelle will dazu beitragen, dass das duale System zu einem lernenden System wird.

Vor 20 Jahren wurde die Personalombudsstelle eingerichtet, seit gut zehn Jahren wirkt ihr als Tandem. Was treibt euch aktuell um?

Barbara Umbricht Lukas: Ich nehme in den letzten Monaten wahr, dass die Polarisierung zugenommen hat und die Auseinandersetzungen härter geworden sind. Im Fokus steht vor allem «Wer hat Recht?», «Wer hat die Entscheidungsgewalt?». Ich wünsche mir wieder mehr integrative Lösungen, dass auch die Sicht der anderen Seite berücksichtigt wird. Dazu braucht es aber einen Haltungswechsel. Dieses Thema wird uns die nächsten Jahre beschäftigen.

Helmut Steindl: Das ist auch meine Erfahrung. Die Tendenz zur Polarisierung bei Schwierigkeiten hat es immer gegeben, sie tritt aber heute deutlicher zutage. Wir versuchen pragmatisch, diese Polarisierung mit dem Aufzeigen von noch nicht angedachten Ansatzmöglichkeiten einzudämmen. Dies gelingt uns nicht immer, ist doch die Akzeptanz der Ombudsstelle weniger selbstverständlich als früher.

Inwiefern weniger selbstverständlich?

Barbara Umbricht Lukas: Dass es uns gibt, ist mittlerweile sehr gut verankert. Aber ich nehme wahr, dass man uns zu Beginn eines Konflikts eher nicht im Boot haben möchte. Man möchte sich nicht dreinreden lassen und Konflikte gerne nach der eigenen Vorstellung bereinigen. Vielfach wird auch unsere neutrale Position in Frage gestellt. Wir werden gerade darum als unbequem wahrgenommen, weil wir beide Seiten als Teil des Problems bzw. der Lösung sehen.

«Einvernehmlichkeit ist das Zauberwort, eine gute Haltung der Schlüssel für integrative Lösungen.»

Was waren eure Ziele zu Beginn als Ombudsfrau, als Ombudsmann?

Helmut Steindl: Ich war damals sehr überrascht, dass es bei der Kirche eine Personalombudsstelle gab. Als engagierter Katholik mit verschiedenen Tätigkeitsfeldern ging es mir immer darum, im Kleinen mitzuhelfen, dass die Kirche gut dasteht und die Aufgaben bestmöglich erfüllt werden.

Barbara Umbricht Lukas: Ein wichtiger Faktor für mich war, einen Beitrag an die Gesamtkirche zu leisten, damit diese gut aufgestellt ist.

Habt ihr eure Ziele erreicht?

Barbara Umbricht Lukas: Die Rückmeldungen deuten darauf hin, dass der überwiegende Teil der Mitarbeitenden und Behördenmitglieder die

Personalombudsstelle als Unterstützung erfährt. Selbstverständlich gibt es auch andere Stimmen.

Helmut Steindl: Ich erlebe unsere Arbeit als einen positiven Beitrag für die Kirche. Gerade heute Morgen habe ich eine Karte gelesen: «Ohne Sie hätte ich das nicht geschafft!» Es zeigt sich, dass wir in schwierigen Situationen Lösungen anbieten können, die für alle stimmen.

Ihr seid die Personalombudsstelle der katholischen Körperschaft. Eine Ombudsstelle wie in anderen Institutionen auch?

Barbara Umbricht Lukas: Es ist zu unterscheiden zwischen einer parlamentarischen und einer verbandsinternen Ombudsstelle. Wir gehören zu den parlamentarischen Ombudsstellen, da wir von der Synode gewählt sind. Bei uns sollen alle Leute einen Zugang haben, die der Anstellungsordnung der Körperschaft unterstehen. Damit wird der Personenkreis mit Angestellten, Behördenmitgliedern und Freiwilligen definiert.

Helmut Steindl: Als Vergleich: Die Ombudsstelle der Stadt Zürich steht allen Bürgerinnen und Bürgern offen. An uns können sich nicht einfach alle katholischen Mitglieder wenden. Unsere Arbeitsweise hingegen unterscheidet sich aber nicht von anderen Ombudsstellen.

Wie seht ihr die katholische Kirche und steht persönlich zu ihr?

Helmut Steindl: Ich persönlich bin mit der Kirche verbunden, auch wenn ich mir einige Dinge anders vorstelle und auch nach Antworten suche, die heutigen Gegebenheiten besser entsprechen. Vieles ist im Umbruch. Wir sind in einer Phase von grossen Herausforderungen, die auch die Ombudsarbeit betrifft. Nicht nur in der Gesamtgesellschaft, sondern auch bei den kirchlich Engagierten ist im Verhältnis zur Kirche ein Wandel spürbar. Ich nehme eine stärkere Verunsicherung wahr, die sich auch im Umgang mit Konflikten niederschlägt.

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Barbara Umbricht Lukas: Mich treibt die grosse Frage nach Heimat und Kirche um. Generell ist die Beheimatung geschwunden. Die Kirche muss aufpassen, dass sie nicht zu einer gut geführten Hülle wird, in der Strukturen perfektioniert werden, das Heimatgefühl aber schwindet und die Menschen davonlaufen. Was mir sehr zu denken gab, war eine Begegnung mit einem guten Seelsorger beim Apéro nach der Abdankungsfeier von Domherr Franz Stampfli. Er sagte zu mir: «Ich habe gemerkt, dass mich das, was da drinnen in der Kirche passiert, nicht mehr berührt.» Da läuft etwas schief. Ich denke, bei allem Engagement für eine starke und gut strukturierte Kirche, müssen wir den Fokus auf den Menschen legen, auf ihre Suche nach Sinn, auf ihre Freuden und Sorgen. Die Kirche muss die Menschen wieder viel stärker berühren und damit zur Heimat werden.

Was ist geblieben, was ist heute anders als zu Beginn eures Engagements?

Barbara Umbricht Lukas: Beim Rumstöbern in der Historie der Ombudsstelle hat mich der allererste Jahresbericht wachgerüttelt. Rund die Hälfte der Anfragenden gab damals an, dass sie Angst habe, den Gang zur Stelle offenzulegen. Und diese Angst ist bis heute bei vielen geblieben. Zu Beginn der Arbeit lag der Fokus auf der Personalführung. Dazu wurde festgestellt, dass hier die Sorgfalt verbessert werden könne, insbesondere bezüglich der Kommunikation. Auch das ist bis heute geblieben. Ein bisschen sorgfältiger in eine Situation einsteigen, ein bisschen besser kommunizieren und vieles könnte entschärft werden. Denn oft stehen am Anfang eines Konflikts gestörte Kommunikationsmuster.

Helmut Steindl: Die meisten Veränderungen gehen von gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen aus und finden dann ihren Niederschlag in Anstellungsfragen. Wenn also der Wind in der Arbeitswelt rauher wird, wenn Arbeitgebende und Mitarbeitende we-

niger verständnisvoll aufeinander reagieren, dann spürt man das auch im kirchlichen Bereich. Wir stellen fest, dass diese Veränderungen einen noch sorgfältigeren Dialog zwischen allen Beteiligten verlangen.

der anderen Seite das Gespräch zu suchen und selber nach einer gemeinsamen Lösung des Konflikts zu suchen. Auf diese Weise bleibt es in einem Viertel der Fälle bei einer Beratung, die zu einer einvernehmlichen Lösung und zu keiner weiteren Intervention unsererseits führt. Hier konzentrieren wir uns auf das Zuhören, das Fördern eines Perspektivenwechsels und das Stärken vorhandener Ressourcen.

Barbara Umbricht Lukas: Mit gesellschaftlichen Umwälzungen drängen auch neue Themen in die Konflikte: Themen wie Datenschutz, Digitalisierung, Mobbing, Homeoffice oder Vaterschaftsurlaub. Insgesamt haben hocheskalierende Konflikte zugenommen.

Barbara Umbricht Lukas: Gerade der Perspektivenwechsel ist entscheidend für eine differenziertere Wahrnehmung, insbesondere auch bei hocheskalierten Konflikten, die immerhin fast einen Drittel aller Fälle ausmachen. Meist sind verschiedene Beteiligte involviert, weshalb viel Zeit und Geduld erforderlich sind. Geht es beispielsweise um die Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses, was oft am Ende eines Konflikts passiert, muss die Energie in eine gütliche Trennung investiert werden. Geht es aber um Personen, die eingesetzt oder gewählt sind, kann niemand aus dem Spiel genommen werden. Der Fokus liegt dann bei der Stabilisierung des Systems. Dies geschieht über das Fördern einer Koexistenz als Minimallösung, besser noch über das Aufzeigen von Kooperationsmöglichkeiten.

Mit welchen Anliegen oder Problemen bin ich bei euch richtig?

Helmut Steindl: Immer dann, wenn ein Anliegen seinen Ursprung in einem Arbeitsverhältnis hat, ist man bei uns richtig. Oft geht es um die gestörte Zusammenarbeit Mitarbeitender untereinander oder mit Vorgesetzten und Anstellungsbehörden.

Barbara Umbricht Lukas: Die Kirchenpflegen wenden sich meistens als Anstellungsbehörde an uns, wenn es Probleme mit Mitarbeitenden gibt. Der Konflikt kann aber auch mit Differenzen und Spannungen innerhalb der Kirchenpflege zu tun haben. Oder es kommt eine Gemeindeleiterin oder ein Pfarrer zu uns, weil die Zusammenarbeit mit der Kirchenpflege schwierig ist.

Was könnt ihr an Hilfestellungen anbieten?

Helmut Steindl: Als neutrale Institution motivieren wir die Ratsuchenden in einem ersten Schritt, mit

Konflikte in den Kirchgemeinden und Pfarreien nehmen zu. Woran liegt das?

Barbara Umbricht Lukas: Da ist einmal die Kirchenpflege, die ihre überaus anspruchsvolle Aufgabe ehrenamtlich im Milizsystem erledigt. Hut ab, was die leistet! Sie hat als Anstellungsbehörde die volle Personalverantwortung. Die meisten Mitglieder der Kirchenpflegen haben einen Beruf, wirken ehrenamtlich, müssen eine hohe Präsenz und viel Know-how mitbringen. Viele Mitarbeitende vergessen dies.

Helmut Steindl: Das Milizsystem ist anspruchsvoll und fordernd, ebenso der Seelsorgebereich. Geeignete Behördenmitglieder wie auch gute pastorale Mitarbeitende zu finden ist nicht einfach. Zudem kennt das duale System viele Schnittstellen mit grossen Reibungsflächen gerade in Kompetenzfragen. Einvernehmlichkeit ist das Zauberwort, eine gute Haltung der Schlüssel für integrative Lösungen.

Was beinhaltet eine gute Haltung?

Barbara Umbricht Lukas: Zu einer guten Haltung zählt das Akzeptieren anderer Wahrnehmungen. Es gibt keine richtigen oder falschen Wahrnehmungen. Es gilt im Gespräch zu bleiben.

Helmut Steindl: Schliesslich gehört auch die Offenheit für den Beizug einer Hilfe von aussen zu einer guten Haltung.

Wie geht ihr persönlich damit um, dass ihr ob all der Konflikte nicht in eine Negativspirale rutscht?

Barbara Umbricht Lukas: Es ist mir glücklicherweise noch nie passiert, dass ich die Nase voll hatte. Wichtig für mich ist: sich selber gut Sorge tragen, Strategien für das eigene Regenerieren entwickeln und sich untereinander auszutauschen.

Helmut Steindl: Gut tun natürlich auch wertschätzende Rückmeldungen von anderen Menschen zu unserer Arbeit.

Wie geht es mit euch und der Ombudsstelle weiter?

Helmut Steindl: Unsere Aufgabe ist nicht einfach ein Job. Gerade mit dem Jubiläum wollen wir nach vorne schauen. Von daher freue ich mich auf eine würdige Feier. Ebenso auf Impulse von verschiedenen Seiten, die der kirchlichen Realität und den Mitarbeitenden bestmöglich gerecht werden.

Das können und wollen wir nicht alleine machen. Die Ombudsstelle bleibt eine gemeinsame Herausforderung.

20 Jahre

Personalombudsstelle der katholischen Körperschaft

Wo holt ihr für eure Arbeit Energie und Kraft?

Helmut Steindl: Wichtig ist mir, Distanz zu halten. So paradox es klingen mag: Je mehr Distanz ich habe und bezüglich nächster Schritte im Konflikt unwissend werde, umso mehr führt es mich zu Lösungen. Solche kreativen Momente passieren mir oft nachts. Ich bin der Kirche positiv verbunden, bin als Theologe lesend unterwegs und lass mich gerne vom Sonntagsgottesdienst inspirieren. Auftanken kann ich auch gut in den Bergen.

Barbara Umbricht Lukas: Wichtig ist, sich immer wieder Auszeiten vom Alltag zu nehmen. Ich persönlich entspanne mich vor allem beim Joggen. Ich bin ein spiritueller Mensch und schöpfe Zuversicht aus dem Glauben, beispielsweise auch durch Meditieren.

Barbara Umbricht Lukas: Konkret reflektieren wir aktuell in einer Arbeitsgruppe unser Selbstverständnis und unsere Rahmenbedingungen, nachdem wir heute fast drei Mal mehr Fälle bearbeiten als zu Beginn. Die wichtigste Frage bleibt für mich aber: Wo können wir im Gesamtorganismus Kirche den Fokus setzen, um in Konflikten zu gemeinsam Lösungen zu kommen.

Steht ihr für eine weitere Amtsperiode zur Verfügung?

Barbara Umbricht Lukas: Ich stelle mich gerne für eine nächste Amtsperiode zur Verfügung. Gewählt wird Mitte kommenden Jahres. Um als Ombudsperson professionell handeln zu können, braucht es einen gewissen Erfahrungsschatz.

Helmut Steindl: Auch ich stelle meine Erfahrung gerne eine weitere Amtsperiode in den Dienst der Personalombudsstelle. Barbara und ich sind ein hervorragendes Team.

Die Personalombudsstelle ist eine Einrichtung der kantonalen Körperschaft und steht allen haupt-, neben-, ehrenamtlich und freiwillig Mitarbeitenden der Katholischen Kirche im Kanton Zürich zur Verfügung. Sie wirkt als unabhängige und niederschwellige Beratungs- und Vermittlungsinstanz bei Problemen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, mit Vorgesetzten, Mitarbeitenden oder anderen Beteiligten. Die Personalombudsleute werden von den Synodalen des Kirchenparlaments (Legislative) auf gemeinsamen Vorschlag von Synodalrat und Generalvikar gewählt. Die Ombudsfunktion wird in der laufenden Amtsperiode (2019-2023) von Barbara Umbricht Lukas und Helmut Steindl bekleidet.

Personalombudsstelle der Römisch-katholischen Körperschaft des Kantons Zürich, Kuttelgasse 8, 8001 Zürich Telefon: 044 266 12 50 E-Mail:

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«Die Kirche muss aufpassen, dass sie nicht zur Hülle wird.»

Ein Tag im Leben von Andreas Beerli

Gemeindeberatung, Coaching und Supervision

seit anfangs 2018 die kirchliche Stelle und Supervision. Das Angebot gilt für kirchliche Mitarbeitende und Gremien in den Kantonen Zürich und Glarus.

Stabsstelle ist dem Generalvikariat zu-

Gemeindeberatung Bederstrasse 76 8002 Zürich

8.15 Uhr, es klingelt. Vor der Tür steht eine Pastoralassistentin, die erst seit einigen Wochen im kirchlichen Dienst steht. Im Rahmen des begleitenden Coachings im Pastoraljahr kann sie zwei Einzelsupervisionen besuchen. Ziel dieser Begleitung und Beratung ist die Reflexion ihrer Arbeit. Es sprudelt aus ihr heraus: Der Einstieg war steil, vieles ungewohnt, die Anforderungen beträchtlich, die zeitliche Belastung enorm. Aber die Arbeit mit den Menschen fasziniert sie, der Austausch im Team ist bereichernd, auch das Predigen bereitet Freude. Ich frage nach, ob sie einem bestimmten Thema besondere Aufmerksamkeit schenken möchte.

Sie beschreibt es mit den Worten: «Es sind die zahlreichen Erwartungen, die an mich herangetragen werden. Ich möchte, aber ich kann nicht alle erfüllen.» Hier geht es um das Rollenverständnis, aber auch um Abgrenzung, zwei typische Themen bei Berufseinsteigenden. Ich versuche, den bestmöglichen Support zu gewährleisten, damit der Start in diesen wunderbaren Beruf gelingt.

10.15 Uhr: Am Tisch sitzt ein Pfarrer, der endlich die passenden Mitarbeitenden gefunden hat. Sein Anliegen geht in Richtung «Teamentwicklung». Nachdem er seine Erwartungen formuliert hat, erläutere ich ihm mögliche Zugänge. Er entscheidet sich für drei Vormittage mit seinem Pfarreiteam. Eine Begegnung, die mich freut, denn oft nehmen sich Teams diese Zeit nicht und wundern sich dann, dass die Zusammenarbeit nicht funktioniert.

15.00 Uhr: Eine Kirchenpflegepräsidentin und ein Pfarreibeauftragter treten ein. Sie suchen meine Stelle auf, weil ihre Zusammenarbeit nicht mehr funktioniert. Es geht um das duale System, um Verantwortlichkeiten und unzureichende Kommunikation. «Auf seine Weise genial» formulierte damals Weihbischof Peter Henrici. Genial, aber auch herausfordernd. Miteinander suchen wir nach dem Verbindenden: Wie war es, als es noch gut war, was führte zum Zerwürfnis und welche versöhnenden Wege wären vorstellbar? Sie entschliessen sich, mit mir in einen Mediationsprozess einzusteigen.

Ein anspruchsvoller Tag, anstrengend, aber auch erfüllend.

Andreas Beerli ist Theologe und

Wie die Kirche

Lisa Christ, Slampoetin und Satirikerin im Gespräch mit Pfarrer Jöel Eschmann. Kirchenberufe

Auszüge der Gespräche werben ab Oktober als Kurz-Videos auf Social Media für die Vielseitigkeit und Sinnhaftigkeit der kirchlichen Berufe. Auffallend: Die Seelsorgerinnen und Seelsorger sprechen Klartext, auch über Licht- und Schattenseiten des Berufs –und über das zum Teil schlechte Image von kirchlichen Berufen. Ein längeres Video für den kirchlichen und den

schulischen Unterricht vermittelt jungen Menschen ein ehrliches Bild über das Arbeiten in der Kirche. Zusätzlich informiert die Website www.chance-kirchenberufe.ch kurz und einfach über verschiedenste Berufe in der katholischen Kirche. Porträtiert werden etwa eine Kirchenmusikerin, ein Priester, eine Sozialarbeiterin, ein Jugendseelsorger, eine Pfarreisekretärin, eine Katechetin oder ein Sakristan.

Initiatorin der Kampagne ist der Verein Information für kirchliche Berufe (IKB) mit seiner Fachstelle in Luzern. Die IKB ist eine Gründung der Ordensgemeinschaften und Deutschschweizer Bistümer.

«Dringend gesucht sind Frauen und Männer für alle Bereiche des kirchlichen Lebens, welche in ihrer Aufgabe die Freude des Evangeliums

allen, die sich persönlich für die Förderung von kirchlichen Berufungen

«Kirche will helfen, trösten und Freude bringen: Das geht nur mit allen Männern und Frauen, die jeden Tag beitende bringen. Ihnen müssen wir Sorge tragen.»

verantwortlicher Personal

Eine Mehrheit der Deutschschweizer Landeskirchen und andere kirchliche Institutionen unterstützen die Kampagne Chance Kirchenberufe ideell und finanziell. So auch die Katholische Kirche im Kanton Zürich.

Sie unterstützt «Chance Kirchenberufe» seit Jahren jährlich mit 50'000 Franken. Pfarreien und Kirchgemeinden sind gebeten, die Kampagne auch über ihre eigenen Kanäle zu verbreiten.

leiter Personal im Generalvikariat

www.chance-kirchenberufe.ch www.facebook.com/kirchenberufe www.instagram.com/kirchenberufe «Kirchenberufe» eingeben.

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Die digitale Kampagne von «Chance Kirchenberufe» ist mit neuen «Klartext»Videos in die zweite Runde gegangen. In einem symbolischen Beichtstuhl fühlen die Slampoetin Lisa Christ und Comedian Renato Kaiser Seelsorgerinnen und Seelsorgern auf den Zahn.

«Wir müssen alle Menschen und Religionen respektieren.»

Mohamad Hourou

Meine Ausbildung als Fachmann Betriebsunterhalt habe ich vor zwei Monaten begonnen. Zu verdanken habe ich die Stelle dem Berufslehr-Verbund Zürich (bvz), der mir verschiedene Möglichkeiten angeboten hat. Dass ich als Moslem hier in Zürich-Witikon bei der katholischen Pfarrei Maria Krönung arbeite, ist für mich und bei meinen Kollegen kein Thema. Gotteshaus ist Gotteshaus, egal welcher Religion. Ich finde es wichtig, dass wir alle Religionen und Menschen respektieren.

Die Ausbildung ist neu für mich, ich musste mich an die körperliche Arbeit und das Aufstehen gewöhnen. Sie ist sehr abwechslungsreich: Ich reinige Fenster, die Küche und WC-Anlagen, manchmal auch die Kirche. Draussen gibt es ebenfalls einiges zu tun mit Rasenmähen, Wege wischen und Unkraut

jäten. Ab und zu begleite ich im Auftrag des Lehrmeisters Serviceleute auf dem Pfarreigelände.

Was ich gemerkt habe: Motivation ist das Wichtigste, gerade wenn ich mal müde bin oder wenig Lust habe, dann läufts trotzdem irgendwie. Dazu trägt mein Lehrmeister bei, der mir klar sagt, was zu tun ist und mir sehr wertschätzend begegnet.

Ich träume gerne von verschiedenen Dingen, spreche aber nicht über meine Träume. Was ich mir wünsche ist, dass die ganze Familie gesund bleibt. Dann ist mir natürlich auch der Lehrabschluss wichtig. Schliesslich möchte ich gerne eine Familie gründen und beruflich so selbständig wie möglich durchs Leben gehen. Aufgewachsen bin ich in der Hauptstadt Syriens, in Damaskus.

Mit meiner Familie, - ich habe zwei Schwestern und einen Bruder, - lebe ich seit sieben Jahren in Zürich. In der Freizeit mache ich Krafttraining und spiele gerne Fussball, habe früher mal beim FC Wollishofen mitgemacht. Im Fernsehen sehe ich gerne meinen Lieblingsverein Barcelona spielen.

Die Kirchgemeinde ZürichMaria Krönung beschäftigt, wie die Körperschaft und andere Kirchgemeinden im Kanton auch, Lehrlinge über den Berufslehr-Verbund Zürich (bvz).

https://maria-kroenung.ch

Engagiert
Mohamad Hourou an der Arbeit mit dem Laubbläser.

Entdeckungstipp Woche der Religionen

Vom 5. bis 13. November lädt das Zürcher Forum der Religionen (ZFR) ein, Einblicke in die Weltanschauungen und Glaubensformen unterschiedlicher religiöser Traditionen zu gewinnen. Den Abschluss bildet die Veranstaltung «Mosaik der Religionen» als Rückblick auf die letzten 25 Jahre des ZFR.

www.forum-der-religionen.ch/project/woche-der-religionen-2022/

Ausflugstipp Nacht der Lichter Mitten im November machen sich Nebel und Kälte breit. Die Taizé-Gemeinschaft lädt ein in einen grossen Raum voller Kerzenlicht, Klang und Begegnung: zur «Nacht der Lichter» am Samstag, 19. November, um 18.30 Uhr, im Grossmünster Zürich. In der Tradition der Spiritualität von Taizé wird gesungen und gebetet. Feuerschalen und warmer Punsch ermöglichen danach Begegnungen. An diesem Abend wirken Menschen verschiedener christlicher Kirchen zusammen. Am Freitag, 18. November, ab 19.00 Uhr, findet in Winterthur in der Kirche St. Ulrich ebenfalls eine «Nacht der Lichter» statt.

www.taizezueri.ch/nacht-der-lichter

Mein Hobby

Kirchenpflege-Präsident war gestern. Markus Zeier hat künftig mehr Zeit für den Wein.

«Mit 15 Jahren verdiente ich mein erstes Taschengeld in einer Weinkellerei in Dübendorf. So richtig in die Weinwelt eingeführt hat mich dann der Schwiegervater mit seinem edlen Weinkeller. Ich lese viel über Rebensäfte, anerkenne die Arbeit im Weinberg und leide mit, wenn Frost droht.

Ich pflege vor allem direkten Kontakt zu Weinbauern in der Schweiz. Speziell schätze ich die Produkte der Künstlerin und Winzerin Simone Monstein in Teufen/ZH. In meinem klimatisierten Keller liegen über 1000 Flaschen, auch eine Flasche Churer Bischofswein Amadée mit Original-Unterschrift.

Zum Bündner-Plättli würde ich meinem Gast einen Lagrein aus dem Kloster Muri-Gries im Südtirol, oder aber einen Heida aus Visperterminen servieren, dem ich seit 45 Jahren treu bin.»

Pflegen auch Sie ein spezielles Hobby oder kennen Sie eine Kollegin, einen Kollegen, der davon erzählen möchte? Schreiben Sie uns auf

Unsere Kirche
Markus Zeier, 24 Jahre in der davon 16 Jahre als Präsident.

Fördergelder für Bildungsprojekte in Pfarreien und Kirchgemeinden

ETHIK BEGINNT MIT DENKEN

Wir fördern Bildungsprojekte, die sich mit Fragen zur Ethik beschäftigen. Und nach nachhaltigen Antworten im ganz alltäglichen Leben suchen.

Informieren Sie sich über unser Förderprogramm und stellen Sie Ihren Antrag. www.zhkath.ch/ethikfoerderung

Ethik berührt sämtliche Bereiche des Lebens und dessen Gestaltung. Dabei stellen uns gesellschaftliche Veränderungen aller Art vor neue ethische Herausforderungen. Die Grundfrage «Was soll ich tun?» bedarf einer kritischen Auseinandersetzung mit moralischen Werten und Prinzipien. Was ist von mir als Bürger, Christin, Mitmensch moralisch gefordert?

Als Kirche wollen wir Fragen nach Werten und Prinzipien stellen und im Austausch mit anderen fördern. Aus diesem Grund besteht auch für Kirchgemeinden und Pfarreien die Möglichkeit, Fördergelder für Bildungsprojekte zu beantragen.

Das können z.B. Ethikcafés, Workshops und grössere Veranstaltungen sein, die in der Vorbereitung und Durchführung aufwendiger sind als gängige pfarreiliche Bildungsveranstaltungen. Unterstützt wird auch, wer bezüglich der Entwicklung von Projektideen oder der Vermittlung geeigneter Fachpersonen auf externe Begleitung angewiesen ist.

Dem aktuellen Legislaturschwerpunkt des Synodalrates folgend, werden insbesondere Bildungsprojekte zum Thema «Nachhaltigkeit» gefördert. Nachhaltigkeit wird dabei als ein weites Konzept verstanden, das ökologische, soziale, ökonomische, spirituelle und weitere Dimensionen umfasst.

Ethikförderung der Körperschaft

Neben der Unterstützung von Bildungsprojekten, bei denen ein regionaler Bezug zum Kanton Zürich oder der Schweiz wünschenswert ist, verleiht die Synode jährlich einen Ethikpreis für Abschlussarbeiten von Studierenden, die einen Praxisbezug aufweisen.

Für Fragen und Anliegen sowie schriftliche Beitragsgesuche für ein Bildungsprojekt kontaktieren Sie bitte Susanne Brauer, Bereichsleiterin Soziales und Bildung:

Perspektiven
Susanne Brauer, Bereichsleiterin Soziales und Bildung

The Preacher

Einige Menschen sitzen schon in der hellen Stube. «Könnten Sie mir helfen, das Tischtuch schön hinzulegen?» frage ich, und Frau Michel steht auf. Eifrig arrangiert sie das gelbe Tuch, dann die Kerze, dann die Blumen. Einen Moment hält sie das kleine Kreuz in der Hand, das sie aus meinem Korb gefischt hat: «Ohhhh! Ohhhh!» ruft sie aus, und nimmt es ganz nahe an ihr Gesicht. «Je, Je, Je…!» «Jesus», ergänze ich langsam, und sie strahlt. Einen dicken Kuss drückt sie auf das Kruzifix und legt es sorgsam auf den Tisch… Der Raum füllt sich.

«Predigt heute der Pfarrer Kurt?» – «Nein, heute bin ich dran, Frau Räss, ist das in Ordnung?» «Oh, das ist ja wunderbar! Do müemer eifach über de Haag gumpe und säge: Hey, was bruuchsch denn Du zum Seiferle!» – «Genau, das machen wir!» antworte ich, und wir lachen.

Herr Betz zündet die Kerze an. Er tut es gewissenhaft, wenn wir uns zum Gebet treffen. Festliche Stimmung stellt sich ein. Wir singen und beten im Chor: «Vater Unser…» Dann nehme ich feierlich das grosse Buch: «Kommt alle zu mir, die ihr Euch müht und schwere Lasten tragt…» Geschlossene Augen, gefaltete Hände. Nur Mister Childs ist angespannt. Da packt er plötzlich seinen Stuhl und stellt ihn neben meinen. «The Bible, the Bible?» fragt er. Ich reiche sie ihm mit grosser Geste – er drückt sie fest an seine Brust.

Eifer erfasst Mister Childs: «Ermutigen…. Jesus, unser Leben… Hoffnung auf Ewigkeit… gemeinsam… Sein Wort ist Leben und Wahrheit!» Die Gemeinde lauscht bewegt. «Das gibt Hoffnung?» frage ich, und rundherum ist Nicken. «Ja, da isch öppe wahr», bestätigt Frau Müller gewichtig. «Glaube gibt Kraft!» – das erste Mal, dass ich Herrn Singer einen Satz sagen höre.

Mister Childs‘ Predigt geht weiter: «Ermutigen, Jesus… Heaven! Heaven!» Nun rinnen Tränen über sein Gesicht. Seine Bewegung erfasst die Gruppe. Frau Fischer greift nach einem Taschentuch und schneuzt geräuschvoll. Herr Prager, der sich bisher zurückgehalten hat, schaut nachdenklich auf Mister Childs und stellt fest: «Jaja, er ist halt ein Realist!» Wir stimmen zu.

«Danke, Mister Childs, für Ihre bewegenden Worte. Sie haben uns sehr ermutigt!» Mister Childs scheint von innen zu leuchten. «Guter Gott, bleib bei uns. Hilf uns und schütze uns! Amen.» «Amen!», klingt es laut. Aus dem Lautsprecher klingt das Schlusslied: «Grosser Gott, wir loben Dich!» der kleine Chor stimmt ein, trifft jedes Wort und jeden Ton.

Seelen-Nahrung
Susanne Altoè ist Seelsorgerin im Gesundheitszentrum Dielsdorf und im PalliativCare-Team des Spitals

Knabenschiessen

Ein halbes Menschenalter vor der Reformation hat Hans Leu der Äl tere das Martyrium der Stadtpatrone um 1500 als Altarbild gestaltet. In der Erfassung der menschlichen Figuren und in der Wiedergabe der zeitgenös sischen Landschaft erkennen wir, dass inzwischen die weltfreudige Renaissance über die Alpen gekommen war, während die Leidensgeschichte der Glaubenszeugen einer langen münd lichen Überlieferung und dem Bericht des Mönches Florencius um 780 folgte. Dieser Verfasser der Passion erzählte, wie weitere 500 Jahre früher im Alpenraum Felix und Regula einem militärischen Massaker entkamen und über das Urserental und das Glarnerland den Glauben an Jesus Christus aus dem Mittelmeerraum nach Zürich gebracht hätten.

Berührend strahlen die Opfer ihre gelassene Sicherheit im Glauben aus, sie überstehen die Tortur, ja sogar den Tod werden sie um vierzig Schritt überwinden, wenn sie am Schluss ihre Häupter an den Ort des späteren Grossmünsters tragen.

Als die Reformatoren den Heiligenkult beendeten, schleppte ein verbannter Urner dessen Reliquien in seine Heimat hinauf, wo sie in der Ortskirche von Andermatt erneut zu Ehren kamen. In den Glaubenskämpfen setzten sich die Neugläubigen in unseren Städten und im Mittelland durch, dem alten Glauben verblieben weitgehend die Voralpen und Alpen.

Wiederum 400 Jahre nach der konfessionellen Fehde brauchte die Industrie rund um Zürich Arbeitskräfte aus der Innerschweiz; sie kamen

und brachten ihren Gottesdienst in die Stadt zurück. In der Hard konnten sie zwischen ihren Arbeits- und Wohnorten – mit Hilfe ihrer Glaubensbrüder in der Urschweiz – ihre eigene Kirche bauen, die sie Felix und Regula weihten.

Im Mittelgrund des Bildes unterhalb des Lindenhofes hat Leu einen Scheibenstand und ein Seilbähnchen zum Rücktransport der Pfeile eingetragen: Die ursprüngliche Kirchweih am 11. September war ein Volksfest mit Wettschiessen. Wenn er auch die Patroziniumsmesse abschaffte, mochte Zwingli den Zürchern das Fest nicht nehmen!

Heute steht die zweite Kirche der Stadtheiligen erneut Immigranten von weit her offen: Sie kommen aus Portugal.

Ausläuten
Text: André Füglister, ehemaliger Synodalrat

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