ZurQuelle #02

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EIN HERZ FÜR

Boris Becker Völlig selbstlos wirft sich Boris Becker für andere vors Auto. Er ist der Grund, weshalb Til Schweiger nicht der größte Trottel der Republik ist. Ältere Generationen meinen, er wäre ein erfolgreicher Basketballspieler gewesen, doch für uns ist er nur der rothaarige Alkoholiker, der Twitter in Deutschland etabliert hat. #Danke, #Boris!


Hier sind wieder. Hier seid ihr wieder. Geben und nehmen. Quid pro Quo und eine Hand wäscht die andere. Wer wen wäscht lassen wir außen vor, doch die Hände greifen wir auf. Eure zauberhaften Hände haben, wie von Zauberhand, den Griff in den Zeitschriftenständer gewagt und siehe da: Sie wählten die Quelle. Doch was auch sonst? Dieses Mal müssen wir euch allerdings zuerst einmal enttäuschen. Loona wird keinen großen Auftritt haben, doch wir hoffen, euch mit David Hasselhoff und Ozzy Osbourne besänftigen zu können, ihr vor Wut nur so dahinzitternden Stiere. Und für den Kopf haben wir dieses Mal auch so einiges: Uns wird erklärt, warum es fremdes Leben im All geben muss. Hierbei wird vor allem Wert auf Wissenschaftlichkeit gelegt, und wem Wissenschaftlichkeit zu viel ist, der soll den Kopf doch einfach zu machen. Was es bedeutet, Feministin zu sein, erfahren wir genauso wie die Antwort auf die Frage, was wir an unseren Heimatstädten eigentlich so geil finden. Warum Touristinnen häufig fast provokant ignorant wirken, können wir nur mutmaßen, doch die Überheblichkeit, die wir ihnen gegenüber zum Glück noch an den Tag legen können, lässt uns die Komik in ihrer aggressiven Unwissenheit erkennen. Als Studentinnen lieben wir Interviews mit Dozentinnen und so haben wir auch dieses Mal wieder eines mit Dr. Jürgen Heiß für euch parat, was euch Anlass für allerlei Googelei geben wird. Was wir als Studentinnen auch lieben, ist das Studieren. Warum es manchmal trotzdem schmerzen kann, wenn man das Gefühl hat, zu lange zu studieren wird deshalb herzerweichend dargelegt.

EDITORIAL

Was wir genauso lieben wie das Studieren, ist es, gnadenlos den Spiegel vorgehalten zu bekommen, der eine jede verstopfte Pore, jeden Mitesser und jede Schuppe im kalten Neonlicht in den Mittelpunkt der Wahrnehmung drückt. (Auch wenn das ein freudscher Vertipper war, sollte der Pickel trotzdem weg) Dieser Spiegel ist unser Psychotest, der euch tief in die Seele blicken und das daraus hervorzaubern wird, was ihr so gerne unter den Teppich zu zaubern pflegt. Dann natürlich die Kultur. U la la, die Kultur. Buchrezensionen, Straßenkünstler und Musiker. Mittendrin dann auch noch Che Guevara als schillernde Ikone des kapitalisierten Kommunismus. Ihr werdet Augen und Ohren nicht trauen! Nachdenklich und idealerweise ein wenig melancholisch werden wir, wenn unsere Autorin dazu anregt, die Selbstverständlichkeit unseres postkolonialistischen Welt- und Selbstbildes zu reflektieren, indem sie unseren Blick auf einen Menschen im Flüchtlingscamp auf dem Oranienplatz lenkt . Nicht nur intellektuell einiges zu kauen. Alles in Allem ist die zweite Ausgabe von Zur Quelle aber wieder äußerst unterhaltsam und ihr Geld mehr als wert. Wir wünschen euch viel Freude. Vergesst nicht, dass ihr jederzeit herzlichst eingeladen seid, bei uns mitzumachen – wir sind sehr nett und auch optisch äußerst ansprechend. Und wenn ihr nicht gerade in der Mensa, auf dem Klo oder in der Vorlesung sitzt: Kommt gut heim!

ROBERT HOFMANN


DIE REDAKTION VON LINKS NACH RECHTS

CHRISTOPH GESCHICHTE UND LER, "DAS HÄTTE AUCH BEI 10KM/H PASSIEREN KÖNNEN." (SABINE KEHM) LEYLA POLITIK UND PHILOSOPHIE, „ICH SAGE EUCH: MAN MUSS NOCH CHAOS IN SICH HABEN, UM EINEN TANZENDEN STERN GEBÄREN ZU KÖNNEN. ICH SAGE EUCH: IHR HABT NOCH CHAOS IN EUCH.“ (FRIEDRICH NIETZSCHE) ALEX TECHNISCHER UMWELTSCHUTZ, "[...] BE, [...] BE" WILLIAM SHAKESPEARE JAKOB POLITIKWISSENSCHAFT UND GESCHICHTE, "DAS STÖRT KEINEN GROSSEN GEIST" (KARLSON VOM DACH) RONJA GERMANISTIK UND POLITISCHE BILDUNG, "ÜBERZEUGUNGEN SIND KRANKHEITEN, DIE DURCH BEGEISTERUNG ÜBERTRAGEN WERDEN." (SIEGFRIED LENZ) JAN DEUTSCHE PHILOLOGIE UND ALLGEMEINE & VERGLEICHENDE LITERATURWISSENSCHAFTEN, "WENN MAN ALLE GESETZE STUDIEREN WOLLTE, SO HÄTTE MAN GAR KEINE ZEIT, SIE ZU ÜBERTRETEN." (JOHANN WOLFGANG VON GOETHE) CARO GERMANISTIK UND PHILOSOPHIE, "ER LIEBT SIE. SIE LIEBT EINEN ANDEREN. DOCH DER LIEBT EINE DRITTE. UND DIE WIEDERUM IHN. ER JEDOCH WEISS NICHTS DAVON." (AKOS DOMA - DER MÜSSIGGÄNGER) DAVID GERMANISTIK UND POLITIK, "THERE’S CLASS WARFARE, ALL RIGHT, […] BUT IT’S MY CLASS, THE RICH CLASS, THAT’S MAKING WAR, AND WE’RE WINNING." (WARREN BUFFETT) MATTI ANGLISTIK/AMERIKANISTIK UND GESCHICHTE, „KRAWEHL, KRAWEHL! TAUBTRÜBER GINST AM MUSENHAIN TRÜBTAUBER HAIN AM MUSENGINST KRAWEHL, KRAWEHL!" (LORIOT) ROBERT GESCHICHTE UND SOZIOLOGIE, "THE POOR DOPE. HE ALWAYS WANTED A POOL. WELL, IN THE END, HE GOT HIMSELF A POOL." (JOE GILLIS, SUNSET BOULEVARD) CANAN PHILOSOPHIE UND GERMANISTIK, "I HATE WRITING, I LOVE HAVING WRITTEN." (DOROTHY PARKER) ALIA KULTURWISSENSCHAFTEN UND ANGLISTIK AMERIKANISTIK, "IF YOU ELIMINATED THE IMPOSSIBLE, WHATEVER REMAINS MUST BE THE TRUTH." (SHERLOCK HOLMES) OLGA SOZIOLOGIE UND POLITIK, "AND MAKE SURE THAT IN EVERY "NO" THAT YOU LEAVE BEHIND ECHOES A STRANGE KIND OF "YES", "YES", "YES" (JA, PANIK)



ZUGEGEBEN IST DIE ZAHL 69 EINE WIRKLICHE LUSTIGE ZAHL. NICHT ZULETZT, WEIL MAN EINFACH DIE 6 UMDREHEN MUSS, UM EINE 9 ZU BEKOMMEN! HIER WIRD EIN WEITERES MAL DIE AUSGEPFEILTE PERFEKTION UNSERER NATUR DEUTLICH! AUSSERDEM BEENDEN 69% DER STUDIERENDEN IN POTSDAM IHREN BACHELOR NICHT IN REGELSTUDIENZEIT. NANU, WIE KOMMT ES DENN DAZU?

TADA: UNSER COVER-TIER DER AUSGABE IST ULRIKE! WENN ULRIKE EINEN GUTEN TAG HAT, KANN SIE IHRE BIS ZU DREI TONNEN GEWICHT GERNE MAL MIT 50 SACHEN DURCH DIE LANDSCHAFT JAGEN. DAS SIEHT BESONDERS IM ZEITLUPEN-MODUS UNFASSBAR WITZIG AUS! VOR EINEM AUSFLUG INS UNBEKANNTE REVIER JEDOCH HAT SIE RESPEKT, WESHALB FREMDE GEBIETE NUR MIT DEM BESTEN KUMPEL ERFORSCHT WERDEN. DOCH DAS NICHT OHNE GRUND! DENN UNSER NASHORN IST BLIND WIE EIN MAULWURF UND WENN ES MAL STRESS GIBT, BLEIBT ULRIKE IM KAMPF KURZ VOR DEM AUFPRALL STEHEN, UM SICH ZU VERGEWISSERN, OB AUCH DER RICHTIGE FEIND VOR IHR STEHT! DAS ABRUPTE ABBREMSEN ERWEIST SICH BESONDERS BEIM SKIFAHREN ALS LEBENSVERSICHERUNG ALLER NASHÖRNER. GANZ EHRLICH? WIE COOL KANN MAN BITTE SEIN? NIEMALS SO COOL, WIE RENATE!

SONG DES JAHRES BLA, BLA, BLA, BLA! JEDE VERDAMMTE ZEITSCHRIFT KÜRT “GET LUCKY” VON PHARELL MIT DER VÖLLIG ÜBERFLÜSSIGEN ROBOTERBEGLEITBAND AUS FRANKREICH ZUM SONG DES JAHRES. GÄÄHN! DEN WAHREN SCHMAUSS FÜR UNSERE OHREN LIEFERTE IM LETZTEN JAHR DER PRINCE MIT "VIP". "SEX-APPEAL, DEIN STIL, ADRIANA LIMA// BABY, LANGSAM! DU UNTERSCHÄTZT DEN TEQUILLA!" SINGT ER DA, DER PRINCE, UNSER LIEBLINGS-DSDS-JUROR. 2014, HALT DIE OHREN STEIF! DER BUSHIDO QUATSCHT NUR!

SCHON WIEDER CHAMPAGNER! VRONI Z. IST UNSERE 100. FACEBOOK-FREUNDIN. INDIANER-EHRENWORT: FÜR IMMER! ALS SIEGEL DIESES BUNDES HAT SIE UNS IHREN LIEBLINGSWITZ VERRATEN: "TÖNNES UND SCHÄL LAUFEN ÜBER DIESE STRASSE. DA SAGT DER TÖNNES ZUM SCHÄL: LASS MICH MAL IN DIE MITTE"

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m a r g a s n Me IM FOYER DES SECHSTEN HAUS IN GRIEBNITZSEE LÄUFT JEDEN TAG DIE GLEICHE ABGESTUMPFTE TECHNOMUSIK AUS DEN 90ERN, DIE SO KLINGT, ALS WÜRDE JEMAND ABWECHSELND SEINE FLA-

BI N EG RR I EGB NHI TAZ SI ENE DIE SCHULTERKLOPFER ALS WÜRDEN WIR NICHT SCHON IM EIGENLOB ERTRINKEN, STIMMEN NUN AUCH NOCH ANDERE EIN. STARK! DER UNIPRÄSIDENT BETRACHTET DIE ERSTE AUSGABE ALS HOCHWERTIG, PROF.HAFNER GRATULIERT ZUR SPRITZIGKEIT, CHRISTOPHS OMA FINDERT, WIR SÄHEN ULKIG AUS UND DIE MENSAFRAUEN LEGEN DIE ARBEIT NIEDER, UM ZURQUELLE ZU LESEN. WEITER SO, DA DRAUSSEN!

CHE HANDFLÄCHE GEGEN DIE WAND HAUEN UND IM NÄCHSTEN AUGENBLICK EINE GLASFLASCHE AUS DEM FENSTER WERFEN. DIE GRAUEN BETONWÄNDE DES GEBÄUDES, ALS AUSDRUCK DER ACHSO MODERNEN ARCHITEKTUR WECKEN DANN EINEN KURZEN AUGENBLICK DIE ERINNERUNGEN VOM LETZTEN WOCHENENDE IM BERGHAIN. DOCH DIE BOHNE IN HAUS 6 IST NICHT DAS BERGHAIN, SONDERN IN ERSTER INSTANZ HOCHPEINLICH. DIE GANZE ATMOSPHÄRE ERINNERT NÄMLICH VIELMEHR AN SZENEN IN DER CAFETERIA AUS DEM ALBERT-EINSTEIN-GYMNASIUM VOM KINDERKINDERKANAL, DIE MIT RUDIMENTÄREN TECHNOMUSIK UNTERLEGT WURDEN, UM MÖGLICHST VIEL FRESHNESS ZU VERLEIHEN. #NOBERGHAIN #NIEWIEDERLOVEPARADE

WISSENSCHAFTLICHES PERSONAL FRAUEN: 1732 MÄNNER: 1958

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%

DER POTSDAMER STUDENTEN WOHNEN IN BERLIN, NUR 35% BLEIBEN IN POTSDAM.

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VERTEILUNG DER PROFESSUREN FRAUEN: 68 MÄNNER: 257 (STAND 2012)


THE NINE SE

Eine selbstgerechte Rechtfertigung dafür, dass ich 10 töse auf die Bürokratie und das System

Lebensentscheidungen sind meistens die schwersten und eigentlich solltest du sie nicht in den Momenten treffen, in denen du sie triffst - und immer treffen wirst. Mitten in der Nacht schreckst du schweißgebadet von einem Albtraum auf, die Bilder des Traums sind verschwunden, die Atmosphäre und Stimmung sitzen dir aber noch in den feuchten, nun langsam eiskalt werdenden Knochen. Irgendetwas stimmt nicht. Was es ist, ist schwer zu sagen, doch der Schlaf kommt nicht zurück und so onanierst du eben. Mit klarem Kopf setzt du daraufhin an, zu denken, zu reflektieren und die einstige Leichtigkeit fängt langsam an zu krusten. Die nächste Hausarbeit muss in anderthalb Wochen fertig sein. Weder warst du in der Bibliothek noch weißt du, worüber du überhaupt schreiben willst. Außerdem liegen zwischen dem klebrig muffigen Jetzt und dem „Absenden“-Button noch drei Tage im weit entfernten Potsdam. Zusätzlich noch zwei Tage Arbeit und unzählige kleine Dinge, ohne die das Leben nun mal nicht funktioniert – Studierendenzeitschriften erst recht nicht. Und so kommt das bittere Eingeständnis: Das wird nichts mehr. Und damit nicht genug, denn der Rattenschwanz, sehnig und unbehaart, auf irrationale Art eklig, der daran hängt, glänzt im fahlen Mondlicht aufdringlich pink und fleischig, sehr lebensnah und bedrohlich. Das wird nichts mit dem Studienabschluss dieses Semester. Nun also doch zehn Semester. Das hattest du doch eigentlich vermeiden wollen. Wie konnte es soweit kommen? Eigentlich ist die Antwort viel deprimierend einfacher, als es dir lieb sein kann. Du hast dein Studium von Anfang an falsch aufgezogen, nicht mit vollem Elan deine Pflichten erfüllt, deine Hausarbeiten, sobald es möglich war, auf den Sankt Nimmerlein Tag verschoben und sowieso warst du faul und unfähig und hässlich. Da war das ersten Semester. Da warst du noch so motiviert, warst bis acht Uhr abends in der Uni, bist nicht eine Viertelstunde vor Ende der Veranstaltung heimlich aus dem Seminar geschlichen, um pünktlich am Zug nach Berlin zu sein und warst

ROBERT H

auch jedes Mal anwesend, weil jede Fehlzeit, die 30% überschritt, dich dein Studium hätte kosten können. Und dann kam das ewige zweite Semester. War es das S-Bahnchaos? Auf jeden Fall der kalte Winter. Wer sich da raus traute, musste ohnehin verrückt sein. Ständige Verspätungen, Glatteis auf den Straßen und die konstante Erkältung. Da konnte man schwerlich von dir erwarten, weiterhin die Motivation aufrechtzuerhalten, mit der du einmal gestartet warst. Und das Sommersemester danach. Ständig blühten die Blumen, überall wurde gegrillt und Bier getrunken und die Mädchen trugen kurze geblümte Kleidchen wo man hinsah. Wer setzt sich da in einen unklimatisierten Vorlesungssaal? Und wer weigert sich in einem stickigen, prall gefüllten Vorlesungssaal die Fenster zu öffnen und verlangt dann eine unbefleckte Anwesenheitsliste? Und dann das Jahr im Ausland, wer könnte es dir verdenken? Der Berliner Winter ist ja wohl mehr als Grund genug, nicht in Deutschland sein zu wollen. 8


ZUM STUDIUM

EMESTER ICH

0 Semester studiere und gleichzeitig ein Schimpfgem, das mich 10 Semester brauchen lässt.

erste letzte Semester. Plötzlich wird die Studienordnung interessant, von der du gerade zum ersten Mal gehört hast. Und schnell wird dir bewusst, dass da einiges nicht so klar und deutlich ist, wie du es dir aus dem Gehörtsagten so in deine eigene kleine akademische Welt hinein konstruiert hast. Da Fehlen Modulprüfungen, Schlüsselqualifikationen, ein sechswöchiges Praktikum und natürlich eine Bachelorarbeit, die mit Thema versehen, angemeldet und dann noch geschrieben werden muss. Und das alles in einem Semester? Deshalb eben zwei, das nimmt die Brisanz aus den akademischen Ansprüchen, mit denen du deine kleine erdachte Welt vor eine ernsthafte Zerreißprobe gestellt hast. Nun stehst du also an dem Punkt, an dem das zweite letzte Semester das erste wirklich letzte werden soll. Vor dir liegt das Praktikum, eine erste grobe Idee für die Bachelorarbeit existiert, du hast zwei Modulprüfungen von vieren hinter dir und ein relativ geregeltes Einkommen. Alles fügt sich perfekt ineinander – bis ein Zahnrad stehenbleibt und der Apparat stillsteht. Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will, universitärer Bürokratieapparat. Die Modulprüfung soll Ende des Jahres abgegeben werden. Ein dreiviertel Monat, der von sich aus bereits nur ein halber Monat ist, weil er Dezember mit all seinen bürgerlichen Genüssen und Ausschweifungen ist. Alea iacta est. Die Entscheidung ist getroffen. Vielleicht nicht im rationalsten aller Momente, aber doch gefallen. Und mit dem Fall ist der Studienabschluss in diesem Semester auf dem Boden zerschellt wie ein Elephant, der aus wirklich hoher Höhe auf einen Porzellanladen kracht. Das ist natürlich wirklich ärgerlich, zumal die ewige Faust der elterlichen Finanzierung seit längerer Zeit nun bereits schmerzhaften Druck auf deinen akademischen Nacken ausübt. Aber wo du nicht drin steckst, steckst du nicht drin. Du hast mit Sicherheit nicht von Anfang an dein Bestes gegeben, aber du hast gegeben. Und solange du noch anderthalb Seiten (hier natürlich länge des Artikels in der Zeitschrift) zusammenbekommst, auf denen du andere Dinge als dich selbst für dein Versagen verantwortlich machen kannst, ist der letzte Zug nicht abgefahren, das letzte Wort nicht gesprochen und deine bürgerlich akademische Arroganz nicht angekratzt.

HOFMANN

Außerdem, was ist denn mit dem vielbeschworenen Lebenslauf, den es zu gestalten gilt? Und dass du auf Spanisch nur schwer irgendwelche wissenschaftlichen Texte lesen kannst, sollte nun auch klar sein. „Buenos Dias, quiero estudiar, por favor“ „Si si, senor estudiante erasmus, por favor, dame una cerveza con muchos perros en la playa, si si!“ Das Engagement für die Belange Studierender als AStA-Referent folgte, auch der Anspruch, ein wenig Geld zu verdienen. Erasmus erzeugt nämlich aus der einjährigen strukturellen absoluten Verantwortungslosigkeit gegenüber sich selbst eine Motivation, das Leben in die Hand zu nehmen, es umzukrempeln und endlich etwas daraus zu machen. Wer aber erwartet von einer AStA-Referentenin, dass sie ihr Studium in gleichem Umfang verfolgt wie eine Nicht-AStA-Referentin? Höchstens die Eltern, alle anderen lassen sich mit einem „Sehr geehrte ..., aufgrund wichtiger AStA-Verpflichtungen kann ich heute leider, muss ich leider, wird leider ... mfG RH-Referent für...“ abspeisen. Und plötzlich dann das letzte Semester. Zumindest das 9


Sprechstunde IN DER

VON

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ZUM STUDIUM

DR. JÜRGEN HEISS Dozent für amerikanische Literatur und Kultur ROBERT HOFMANN

und Anna McGarrigle.Als Autor habe ich Kurt Vonnegut entdeckt und sein ‚So it Goes‘ hat mir des Öfteren in meinem Leben geholfen. Als Film war es wohl ‚Blutige Erdbeeren‘ (The Strawberry Statement).

Wie kamen Sie zur Uni Potsdam, gab es dafür einen bestimmten Grund? Nachdem ich 1962/63 einen Artikel mit der Überschrift ‚Die Pilzköpfe kommen‘ in der Wochenpost gelesen hatte und glaubte, dieser hätte mit Atomsprengköpfen und nicht etwas mit den Beatles zu tun, war ich der Beatmusik , dem Rock und englischer und amerikanischer Folkmusik verfallen. Im September 1972 stand ich vor der Tür der damaligen PH und habe mein Studium als Lehrer für Englisch und Russisch begonnen.

Was bemängeln Sie an der Uni Potsdam? Das Reingerede von außen, die damit verbundene Uniformierung der Lehre, die Tatsache, dass, um ein Studienprogramm zu beschreiben, man inzwischen eine Rahmenordnung, eine Studienordnung, ein dreißigseitiges Modulhandbuch und eine vierzigseitige Kommentierung ausgewählter Fragestellungen dieser Ordnung benötigt. Absurd. Die Tatsache, dass zumindest in meinem Bereich gegen den Willen der Studenten und der Lehrkräfte die Bedingungen für die Lehre und für Prüfungen verschlimmbessert wurden.

Welcher Unterschied fällt Ihnen auf im Vergleich zu ihrer Studienzeit und der heutiger Studierender bzw. war früher alles besser? ‚Besser und schlechter‘ greifen hier zu kurz. ‚Anders‘ wäre wohl das richtige Wort. Den Studierenden heute stehen weitaus größere Möglichkeiten offen. Ich wünschte mir allerdings, dass mehr Studenten diese Chancen auch nutzen würden. Ich sehe zu viel Genügsamkeit. Studenten, die in meinem Fach beginnen, kennen heute weniger Texte der englischen und amerikanischen Literatur, wenn sie mit dem Studium beginnen. Historisches Wissen ist oft nur rudimentär vorhanden. Die immer noch vorhandenen Bemühungen, einen noch höheren Prozentsatz an Schulabgängern an die Universitäten zu bringen, sind in sich kein Qualitätsnachweis und erschweren es den guten Studenten, zu Höchstleistungen zu kommen. In meiner Studienzeit waren viele Studenten gut und wenige erreichten Spitzenleistungen. Heute gibt es mehr Studenten mit herausragenden Leistungen, dafür aber ein weitaus größeres Feld an befriedigenden und genügenden Leistungen.

Haben Sie schon mal nach Sympathie benotet? Ich müsste lügen, wenn ich nein sagen würde, aber vielleicht ist ‚Sympathie‘ nur das Endresultat davon, mit Studenten zu reden, auch mal ihren Blickwinkel einzunehmen, ihre Probleme zu kennen und manchmal auch ganz einfach zu sagen, dass es schon genug Bürokraten gibt, die einem das Leben versauern können. Abgedroschen, aber geben Sie den Studierenden von heute doch noch einen Rat mit auf den Weg. Think of something to do that is good for you to do and that will give you a lot of self-esteem but that you really don’t want to do. Then continue to not do it. Remind yourself every day that you are a procrastinating loser who never gets anything done. Die with regrets. Or just do the thing maybe and see what else happens. Or not! Do whatever you want. I certainly have no business telling you what to do. Stop asking me! Wait, don’t go, I need you. Fine. Leave. I’m OK on my own. These must be in order, BTW. (Jibz Cameron aka Dynasty Handbag)

Welchen Song verbinden Sie mit ihrer Studienzeit? Welches Buch und welchen Film? Die Musik kommt ganz am Schluss meines Studiums 1976, und den Song habe ich zum ersten Mal bei Alan Bangs in ‚Night Flight‘ auf BFBS morgens um halb zwei gehört. ‚Heart Like A Wheel‘ von Kate 11


ZUM STUDIUM

STAR TREK IN ECHT?

Kaum jemand scheint sich abseits von Unterhaltungsfilmen für den Weltraum zu interessieren, dabei birgt dieser so viele spannende Fragen. Zum Beispiel: Gibt es Aliens? Wahrscheinlich, ja. ALEX HILCKMANN

Der Weltraum, unendliche Weiten. So weit, so gut (oder: So weit, so weit). Die Geschichten um die Star Trek und Star Wars Universen sind weitläufig bekannt, doch kaum jemand beschäftigt sich zum Spaß mit unserem Universum, also möchte ich dazu ein wenig erzählen. Unser Universum ist geschätzt 13,4 Milliarden Jahre alt. Damals, so die Theorie, gab es den Urknall, der alle Masse und Energie von einem kleinen Punkt in alle Richtungen verbreitete. Was war davor? Gab es überhaupt ein davor? Man weiß es nicht, Zeit ist ja auch relativ. Wer im Weltraum chillt, wird aus Sicht eines Erdlings langsamer alt, die Zeit vergeht dort oben einfach langsamer. Der Unterschied zwischen Erdoberfläche und Weltraum ist aber nur minimal. Wer hingegen ein schwarzes Loch besucht, kann "in die Zukunft reisen", da dort die Zeit massiv verlangsamt wird bzw. einfach anders voranschreitet. Die Sache hat aber zwei Nachteile: Man kann nicht zurückreisen, achja und man überlebt es nicht, man würde von der gravitation zerquetscht. Und was ist mit Aliens? Gibt es sie? Waren sie hier? Sind sie im Moment hier oder stammen wir sogar von ihnen ab? Alles dumme Fragen oder? Nein, die Verrückten, die behaupten, von Aliens entführt worden zu sein und eine Rektaluntersuchung von ihnen bekommen zu haben, irren sich womöglich, aber dass es Aliens gibt, da kann man sich fast sicher sein. Die Wahrscheinlichkeit für außerirdisches Leben wird mit der, zugegebenermaßen, umstrittenen Drake-Gleichung berechnet. Dort werden unter anderem die Anzahl Sonnensysteme mit Planeten und die Anzahl der Planeten in der Ökosphäre berücksichtigt, das heißt, diese Planeten müssen sich in einer passenden Entfernung zu ihrer Sonne befinden, sodass es dort nicht zu heiß oder kalt ist, um Leben entstehen zu lassen. Nun, da allein innerhalb unserer Galaxie, der Milchstraße, 200-400 Milliarden Sterne, mit oder ohne Planeten, existieren, und es mindestens 100 Milli-

arden Galaxien gibt, gibt es sicherlich viele Planeten, die theoretisch Leben enthalten könnten. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass Leben entstehen kann, ob dieses Leben zwangsweise wie wir auf Kohlenstoff basieren muss und ob sich jedes Mal, wenn Leben entsteht, eine intelligente Spezies entwickelt, ist jedoch umstritten. Die Dinosaurier zum Beispiel lebten in verschiedensten Formen und Entwicklungen innerhalb der letzten paar hundert Millionen Jahren, bis sie vor etwa 65 Millionen Jahren ausstarben. Ob es die Dinos zum Mond geschafft haben, ist ungewiss, ich behaupte, es ist fast unwahrscheinlich. Der Homo Sapiens hingegen hat es in 100.000 Jahren geschafft. Wenn man jetzt noch berücksichtigt, dass unsere Erde etwa 4,6 Milliarden Jahre alt ist und Leben vor etwa 3,5 Milliarden Jahren entstanden ist, kommt man zu dem Schluss, dass Zeit kaum eine Rolle spielt. Was, wenn sich vor vielen Millionen Jahren in der Evolution statt den Echsen direkt die Säugetiere durchgesetzt hätten, vielleicht wäre der Mensch vor 200 Millionen Jahren entstanden und auch vor 200 Millionen Jahren +/- 100.000 Jahre auf dem Mond gelandet? Würden wir dann heute die gesamte Galaxie, vielleicht sogar das ganze Universum erkunden, besuchen oder sogar beherrschen? Selbst wenn wir es nicht schaffen, einen Antrieb zu erfinden, der uns wie in Star Trek der Warp Antrieb schneller als das Licht an entfernte Orte bringt, sollte es möglich sein, wenn keine Pause eingelegt wird, unsere Galaxie in 10 Millionen Jahren zu durchqueren – ein Katzensprung. Wenn sich die Leserin nun erinnert, dass es eine schier unendliche Zahl an Planeten gibt, was die Wahrscheinlichkeit für Leben in die Höhe treibt, kann sie sich noch einmal zurecht fragen: Gibt es Aliens? Waren sie hier? Sind sie im Moment hier oder stammen wir sogar von ihnen ab?

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ZUR KULTUR

BESTIALISCHE NÜCHTERNHEIT

Was wird aus Familien, aus Kindern und ihrer Menschlichkeit, wenn die ganze Welt um sie zerfällt und nicht mehr, als eine grausame Einsamkeit übrig lässt? Agota Kristof verdeutlicht in ihrem Roman Das große Heft, wie beängstigend die Sprache, Psyche und der Mensch selbst ist, wenn man ihm die Gemeinschaft nimmt. JAN RUSSEZKI

Was wird aus Familien, aus Kindern und ihrer Menschlichkeit, wenn die ganze Welt um sie zerfällt und nicht mehr, als eine grausame Einsamkeit übrig lässt? Agota Kristof verdeutlicht in ihrem Roman Das große Heft, wie beängstigend der Mensch in seiner Psyche und Sprache ist, wenn man ihm die Gemeinschaft nimmt. Zwei neunjährige Jungen werden im Zweiten Weltkrieg von ihrer Mutter aus der bombardierten Stadt in die vermeintliche Sicherheit eines Dorfes gebracht. Die Zwillinge werden zu ihrer verwahrlosten Großmutter gegeben, die nur als Hexe bezeichnet und am Mord ihres Mannes beschuldigt wird. Sie nimmt ihre Enkel, die sie Hundesöhne schimpft nur widerwillig auf. Sie lässt sie spüren, wie unerwünscht sie sind, indem sie sich ihre Barmherzigkeit mit schwerer Arbeit bezahlt lässt. Vernachlässigt werden sie trotzdem, was zu einer fragwürdigen Eigenständigkeit führt. Die beiden Protagonisten werden zu Autodidakten, die ihre Erlebnisse sachlich und nach der Prämisse der Wahrheit in Aufsätzen schreiben. Circa fünfzig Aufsätze die kurz, hart und vor allem emotionslos sind und das große Heft bilden. Ihr Alltag ist von Übungen zur Abhärtung des Körpers und des Geistes geprägt, um die aggressive, perverse und lebensfeindliche Umwelt ertragen zu können. Dabei gewinnen sie eine Unempfindlichkeit, welche sie ihre Ziele in der Erwachsenenwelt durchsetzen lässt. Sie gewinnen, mit Hilfe und trotz einer Bibel, eine eigene Moral und verlieren doch das Wesentliche: Die Menschlichkeit. Denn sie beginnen sich an ihren persönlichen Werten zu entwickeln und leben diese aus. Sie beginnen anderen zu helfen, aber bestrafen auch mit Erpressung, Gewalt und schließlich dem Tod. Agota Kristof zeichnet durch die Augen und besonders durch die Sprache ihrer Protagonisten ein Szenario, dass sich vorzustellen kaum möglich ist. Wenn Figuren, wie die Nachbarin Hasenscharte

Anerkennung durch Sexualität suchen oder sich ein masochistischer Adjutant den Brüdern nähert, bleiben die Momente doch bruchstückhaft. Diese konturierte Distanz, diese emotionslose Beteiligung an der Geschichte, macht die abstoßende Grausamkeit so stark und präsent. Jeder Moment scheint bedrückend und beängstigend zugleich, da wir nur wenig mit den Brüdern leiden oder gar nicht und eben deswegen davor erschrecken. Auch die Teilnahmslosigkeit der Protagonisten selbst verstärkt das verspätete Verständnis der verstörenden Momente. Die Autorin fordert bei der Auseinandersetzung mit dem Roman starke Nerven, doch schenkt dafür ein beeindruckend umgesetztes Konzept, eine interessante Perspektive auf Kriege und Menschen, und insbesondere eine bleibende Erinnerung. Zu Recht wurde Das große Heft ausgezeichnet und in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt. Wer beim Lesen Emotionen vermisst, findet sie in der gleichnamigen Verfilmung. Der Film setzt im Grunde darauf, was der Roman bewusst auslässt. Das Mitleiden wird jedoch durch das Medium selbst leicht gemacht. Nicht mehr die eigene Phantasie, sondern ganz und gar nicht bruchstückhafte Bilder wirken ergreifend und atemberaubend. Auf jede grausame und hoffnungslose Szene folgt eine Steigerung, und wieder eine Steigerung, und schlussendlich fällt es schwer das Mitgefühl aufrecht zu erhalten. Obwohl viele Szenen entschärft oder nur angedeutet werden, häufen sich zum Ende die Emotionen so sehr, dass wir sie verlieren. Es scheint, als wären wir selbst in eine der Abhärtungsübungen geraten. Auch im Kino sind Nerven gefragt. Die Bilder unter der Regie von János Szász dringen tiefer, als nur in den Augenblick seines Publikums. Das und die schauspielerische Leistung der Zwillinge Gyémánt lassen eine erstarrende Atmosphäre entstehen, die es lohnenswert macht ein Teil davon zu sein.

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„So, do you live in Berlin?” – Würde ich jedes Mal, wenn mir diese Frage gestellt wird, einen Cent bekommen: ich wäre ein reicher Mann. Denn so berechtigt diese Frage auch klingen mag, sie wird mir täglich immer und immer wieder gestellt. Ich bin Stadtführer. Und als solcher eigentlich gewohnt, auf abstruse Fragen Antworten zu finden. Doch ist die häufigste Frage tatsächlich die nach meinem Wohnsitz. Als erwarte man, dass ich tagtäglich aus München, Köln oder gar Amerika nach Berlin pilgere, um dort für ein paar Stunden Touristinnen zu bespaßen, und am Abend wieder zurück zu fahren. Den Job als Tourguide mache ich bereits seit knapp sechs Jahren und kann ihn wärmstens empfehlen. Man trifft Leute aus aller Welt und erzählt ihnen die faszinierende Geschichte Berlins. Nun möchte ich euch allerdings nicht mit meiner Biografie langweilen, sondern den Typ Berlin-Touristin nahebringen, die gerade zumeist von Amerika oder Australien kommend, wochen- oder monatelang Europa durchreist, ohne am Ende genau zu wissen, in welcher Stadt sie sich gerade aufhält. Schließlich entschließt sie sich verkatert und müde, eine Führung mitzumachen. Ihr Gehirn ist ihr jedoch irgendwo zwischen Prag und Amsterdam abhanden gekommen. Denn es ist diese Art Touristin, die einem die schönsten Fragen stellt. Von "Was ist Portugal?" bis "Leben die Hunde Friedrichs des Großen noch?", es gibt keine Frage, die von ihr nicht unterboten werden kann. Für Verwirrung sorgt zunächst die fremde Sprache. "Die"… "Die"… Wieso wünschen sich Deutsche überall den Tod? Die Touristin ist sich natürlich bewusst, dass Deutsch eine Fremdsprache ist, doch scheint ihr das beim Wörtchen ‚die‘ immer wieder zu entfallen. Asiatische Touristinnen haben dieses Problem nicht, doch ist ihnen oftmals unbegreiflich, wieso wir auf der Museumsinsel ein Pokémon-Museum haben, dessen Besuch sich so lohnen soll. Man kann sich ansonsten vorstellen, dass gerade der Nationalsozialismus für viel Verwirrung sorgt. Der History Channel sendet täglich Halbwissen über Adolf Hitler, sodass die Touristin bei der Konfrontation mit der wahren Geschichte oftmals überfordert ist. Ob ich wüsste, dass Hitler eigentlich eine Frau war, wurde ich kürzlich gefragt. Musste ich verneinen. Ob man häufig Hitlers Geist auf dem Parkplatz über seinem Bunker sichtet? Muss ich auch immer wieder verneinen. Ob die pinken Rohre in der Stadt Überbleibsel der Gaskammern wären? Ob die Ein-

"Gab Leipzig eine Be Mau

Fragen an einen B MATTI


ZUR KULTUR

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Berliner Tourguide. GEYER

schusslöcher dort in der Wand von Fäusten stammen? Ob das Dritte Reich heute geöffnet ist? Und wie kommt man am besten dorthin? Einfach immer nach rechts, würde ich sagen. Regelmäßig möchte die interessierte Touristin auch wissen, ob auf dem Bebelplatz noch immer Bücher verbrannt werden. Überhaupt ist das so eine Sache mit den Reenactments. In den USA wird ja gerne mal der Bürgerkrieg nachgestellt, insofern sollte es meine Kollegin nicht groß überrascht haben, als diese nach Reenactments in Sachsenhausen gefragt wurde. Ich muss gestehen, ich gebe keine Führungen durch die Gedenkstätte Sachsenhausen. Und doch werde auch ich immer und immer wieder mit der einen Frage konfrontiert, die sich die organisierte Touristin stellt, während sie ihren Aufenthalt in Europa plant: Welches, ja welches, ist denn nun das beste KZ? Lohnt sich der Besuch von Sachsenhausen? Macht es Spaß? Oftmals macht mir die Touristin dabei nicht klar, wie sie ihre KZs gerne bewertet hätte und ohne jegliche Kriterien fällt es mir dann doch immer wieder schwer, eine Top Ten der besten KZs aufzulisten. Ich habe jedoch viele Kolleginnen, die Rundgänge durch die Gedenkstätte anbieten und weiß, dass das Niveau der Fragen noch viel tiefer sinken kann. „Auschwitz – ist das, wo der Holocaust ist? Werden wir heute einen sehen?“ Und kürzlich wollte eine Touristin aus Fernost wissen, ob sie in Sachsenhausen noch Juden in Gefangenschaft sehen könne. Natürlich kann auch die Geschichte mit der Mauer recht kompliziert sein. Die verwirrte Touristin, die sich trotzdem sicher ist, alle Zusammenhänge endlich verstanden zu haben, möchte zurecht wissen, warum Hitler seine Kanzlei im Osten baute, wo er doch den Kommunismus nicht leiden konnte. Als erfahrener Stadtführer weiß ich inzwischen, dass die Sichtung jeglicher Mauern in Berlin unweigerlich die Frage aufkommen lässt, ob es sich hierbei um DIE Mauer handelt, auch wenn wir in Wahrheit vor einem Gartenzaun stehen. Dies würde freilich nicht passieren, hätte damals die Touristin das Sagen gehabt, die anstatt einer Mauer lieber einen Wassergraben voll Krokodile angelegt hätte. Doch zum Glück gibt es auch immer wieder gewiefte Touristinnen, die ihre ganz eigenen Lösungen für den Ost-West-Konflikt parat haben. Denn warum sind denn die Leute nicht einfach um die Mauer rumgegangen? Warum sind denn nicht alle Westdeutschen einfach in den Osten gezogen? Wären wir nur damals auch darauf gekommen!



ZUR KULTUR

CHE GUEVARA SUPERSTAR

Ein kleiner Denkanstoß darüber, wie aus Kommunismus Kommerz wurde und wie man eine Idee zum Wohle ihrer Verbreitung ins Gegenteil verkehrt. ALIA LÜBBEN

Vor mir in der Mensa in der Reihe für Menü vier steht ein Mädchen mit blonden Rasta-Locken und bunten Ringelsöckchen, von dem Button an ihrer Fahrradumhängetasche aus recycletem Segelstoff starrt mich grimmig Ches Gesicht an. Während ich auf mein Soja-Filet mit Grünkern-Bolognese auf gedünstetem Buchweizen und gemischtem Beilagensalat warte, male ich mir aus, wie sie reagieren würde, käme die Frage, welche Aussage sie damit zu unterstützen meint. Davon, dass sie den Button aus rein modischen Zwecken trägt, gehe ich nicht aus. In meiner Vorstellung sieht sie mich ungläubig an und sucht nach Worten. Was soll man denn darauf auch antworten? Als stolze Studierende der Kulturwissenschaften frage ich mich selbstverständlich, was der Künstler wohl damit auszusagen beabsichtigte. Eine Frage bei der Verwendung von Bildern als Ausdruck einer politischen Grundhaltung, die man sich wirklich einmal gestellt haben sollte. Jedoch kommt das den meisten Menschen leider nicht in den Sinn. Dass Andy Warhol als Künstler dieses Abbildes gilt, das wissen wohl die Meisten. Dessen politische Einstellung und seine Affinität gegenüber der Konsumgesellschaft sind auch nichts Neues. Wieso also sollte dieser Mensch eines der bedeutendsten Symbole für Kommunismus schaffen? Ein Symbol ist ein Zeichen, das von den Mitgliedern einer Gesellschaft allgemein verstanden wird. Um ein Bild zu einem solchen zu machen bedarf es seiner Omnipräsenz, bei dem Che-Motiv kommt diese durch eine Sache zu stande: Kommerzialisierung. Che-Tassen, Che-Buttons, Che-Aufnäher, Che-Motive an jeder Ecke. Allen voran das T-Shirt. Konsum-Explosion mit unvorstellbaren Umsätzen. Insofern hätte Warhol damit genau das erreicht, was er bezweckt hat:

vollkommenen Kommerz und dabei eine Bloßstellung der kommunistischen Idee an sich. Schade bloß, dass kaum jemand diesen Witz versteht. Dass Warhol selbst weder das Bild, noch die Vorlage dazu geschaffen hat, treibt das Ganze auf die Spitze. Als das Originalfoto geschossen wird, interessiert es erst niemanden. Bis es einige Jahre später wieder auftaucht, in Zeitschriften abgedruckt und dann weiter vervielfältigt wird, alles ohne Copyright, denn es geschieht, um die Idee Ches zu propagieren und ihn zu interstützen; die Akteure sind allesamt Freunde der Revolution. Irgendwann schafft einer von ihnen das Bild, das wir heute kennen- ebenfalls als Propaganda. Ein beeindruckendes Motiv, stark vereinfacht, in den Farben der Revolution. War es also doch nicht Warhol, der davon profitierte? In gewissem Sinne schon, denn dieses Motiv wird aufgegriffen von einem ehemaligen Mitglied der "Factory", wobei er es kopiert und Warhols Techniken zur Bearbeitung nutzt, wofür ihn dieser verklagt. Wegen der Techniken. Da jedoch auf das Bild selbst niemand ein richtiges Copyright hat, verdient Warhol anschließend an der Vervielfältigung des Bildes. Woraufhin jede denkt, es sei von ihm. Und so wird eine kommunistische Propaganda-Aktion zum großen Coup des wohl größten Verherrlichers der Konsum-Gesellschaft. Was wohl die Rasta-Blondine mit ihren Rehaugen sagen würde, wenn ich sie damit konfrontierte, dass sie selbst zu dieser Kommerzialisierung beiträgt? Meine Mutter meinte einmal, für die Revolution müsse man Opfer bringen. Die kommunistische Idee zum Zwecke ihrer Verfestigung in der Gesellschaft zu kommerzialisieren, das hat sie wohl nicht gemeint. 17



BERLIN, SCHÖNEWEIDE


VON CARO GRIES

NO ONE CAN TELL US WE'RE WRONG

WENN DIE AUTORIN IN DIE REGIONALBAHN EINSTEIGT, UM ZUR UNI POTSDAM ZU FAHREN, STEHEN IHR VIELE MÖGLICHKEITEN DER BESCHÄFTIGUNG ZUR VERFÜGUNG. ZIG SEMINARTEXTE LESEN, HEKTISCH EINE POWERPOINT FÜR DAS KOMMENDE REFERAT KREIEREN, DIE AUFMERKSAMKEIT DES GEGENÜBERS MIT HILFE BRÜNSTIGER BLICKE FÜR SICH GEWINNEN. MEISTENS HAUT SIE ABER TASCHE, BRÖTCHEN, KAFFEE UND CO AUF EINEN FENSTERPLATZ UND BLICKT DIE KNAPPE STUNDE AUS DEM FENSTER UND DABEI GILT ES VIEL ZU ENTDECKEN. VON FRIEDRICHSHAIN ÜBER MITTE ZUM ZOO BIS NACH WANNSEE HABEN GUTE MENSCHEN DIE STADT UND DAS AUS DER SIE ZUSAMMENGESETZT IST MIT GRAFFITI BESCHMÜCKT. UND WEIL DIE AUTORIN DAS MAG UND DENKT WISSEN DARÜBER SOLLTE ZUM KOLLEKTIVEN REPERTOIRE GEHÖREN, TRAF SIE SICH MIT EINEM DIESER MENSCHEN UND ERFÄHRT SO, WAS ALLES UM DAS SICHTBARE BILD HERUM NOCH PASSIERT…

für die nächste Action. Später folgten dann Hausdurchsuchungen, Verhaftungen und letztendlich bekam ich dann nicht die deutsche Staatsbürgerschaft im Gegensatz zum Rest meiner Familie.

Wer bist du? Ich bin Fose von der BKS Crew. Wie bist du zum Sprühen gekommen? Ein Klassenkamerad hat wie besessen ständig Graffiti gezeichnet, dann habe ich es selbst probiert und bis heute nicht damit aufgehört. Graffiti und das ganze Drumherum wurde zum Lebensinhalt. Anfangs habe ich vieles dadurch vernachlässigt, vor allem Schule und Familie. Daraus resultierte manches Mal auch Stress mit der Polizei und der Justiz.

Wie bist du in deine erste Crew gekommen? Indem ich mit Freunden zusammen getan habe, die anfangs die gleiche Leidenschaft wie ich teilten. Mit der persönlichen, sowie künstlerischen Entwicklung wechselte ich allerdings die Crews. Und heute bin ich mit meinen besten Kumpels in einer Crew.

Spielte die Szene in New York für dich eine Rolle? Nein, der Ursprung ist zwar in New York angesiedelt, aber Graffiti in Berlin hat sich in den Jahren zu einer riesigen Szene entwickelt, die mir in den 2000er Jahren als Inspiration vollkommen reichte.

Was hat dir das damals bedeutet? So ziemlich alles, zum Beispiel Freundschaft und Zusammenhalt. Habt ihr mit den anderen Crews rivalisiert und koexistiert? Ja da kommt man nicht dran vorbei, vor allem durchs Crossen anderer Bilder. Ärger gibt’s immer von verschiedenen Seiten.

Wann hast du angefangen die Bilder auf die Wand zu übertragen? Als mir das Malen auf Papier nicht mehr reichte, begannen wir bei McPaper Weihnachtssprühdosen zu klauen und damit die ersten Taggs zu setzten. Ab diesem Moment wurde das Sprühen für mich wie eine Sucht. Crewbombings, Taggs, Scratchen wurden zum Alltag. Um das teure Hobby in den jungen Jahren zu finanzieren, begannen wir unter anderem zu klauen und husselten so irgendwie unser Geld zusammen

Wofür steht diese Abkürzung BKS? Das kommt immer auf die Stimmung an. Mir gefällt am besten Burnin‘ Kids. Wofür steht die Crew? Für eine jahrelange Freundschaft, Zusammenhalt, Qualität und Erfahrung. 20


ZUR KULTUR

Wo bist du aktiv? Hauptsächlich in Berlin. Wenn ich im Urlaub bin, versuche ich auch, wenn möglich, ein Piece zu hinterlassen. Nutzt du Graffiti als Form des politischen Ausdrucks? Nein, Graffiti mache ich nur für mich und für die Leute, die sich für Styles interessieren. Das Stylegraffiti unterscheidet sich von politisch motivierten Schriftzügen. Wir haben auch schon mal neben ein Bild „We are young, no one can tell us we’re wrong.” geschrieben, aber das hat für uns wenig mit Politik zu tun. Wann gehst du malen? Das passiert eher spontan, wenn ich in der Stimmung dafür bin. Mal hab ich Lust mit `nem Bier Hall malen zu gehen. Mal zu Hause auf Papier oder eben irgendwo in der Stadt. Womit malst du am liebsten... Zurzeit mit Montana. Die haben saftige knallende und gut deckende Farben. Entwickelst du dich styltechnisch kontinuierlich? Klar verändert man seinen Style über die Jahre, schließlich mache ich das seitdem ich 13 bin. Dabei wirken verschiedene Faktoren, ebenso, wie sich auch die Persönlichkeit weiter entwickelt Am Anfang war die Entwicklung natürlich noch größer als heute. Wichtig ist, dass man nicht auf einem Level stehen bleibt, sondern immer wieder was Neues ausprobiert. Immer dasselbe zu malen, wird sonst langweilig. Gibt es Dinge, die wiederholt in deinen Bildern zu finden sind? Bestimmt, das ist meine eigene Handschrift, da gibt es bestimmt einige Elemente die erkennbar sind. Was war einer der schönsten Aktionen? Es gibt viele schöne Aktionen. Mal ´n geiler Spot oder auch ´ne riskante Aktion. Welchen Platz nimmt das alles heute in deinem Leben ein? Es ist eine Leidenschaft, ein Hobby, ein Teil von mir. Siehst du Graffiti als eine Form von Streetart? Nein, Streetart ist vielmehr eine Nebenfunktion von Graffiti, die ich aber auch weit davon distanzieren würde. Graffiti ist für mich das Originale aus New York, indem es um Styles geht Du malst ja auch privat Bilder. Ist es das dasselbe? Nein, das fühlt sich für mich eher wie Arbeit an. Ab und zu mach ich auch auf Auftrag sowas, aber das gibt mir nicht dasselbe Gefühl. Wie hältst du deine Bilder in Erinnerung? Mit den Fotos, die ewig bleiben, ausgedruckt werden. An jedem Bild hängt eine kleine Geschichte. Das ist mit das Wichtigste für mich, vielleicht so, wie für andere Tattoos Wo willst du noch gern sprühen? Das ist mir nicht wichtig. Wird alles nach Lust und Laune entschieden. Ein letztes Wort? Ich grüße : Afais, Kimck, Ameks und Retry und alle anderen Freunde 21


THE GODFATHER OF FUCKING COMEBACK

„Fucking Ocean! Going back to fucking Alaska!“ – so kennen wir ihn: wirr, verpeilt und leicht psychopathisch: Ozzy Osbourne. Dass er jedoch mehr kann als den etwas seltsam anmutende Rock-Opa aus „The Osbournes“ zu mimen, ist wohl nur einer Minderheit bewusst - und vielleicht unseren Vätern. Zeit um ein wenig Licht in diese Finsternis zu bringen und zu klären warum dieser Typ auch „Godfather of Metal“ genannt wird. DAVID BÄUERLE

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ZUR KULTUR

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zzy Osbourne? Den sah man doch auf MTV mit seiner verrückten Familie?! – absolut schräg der Typ!“ Dies könnte eine der Antworten sein, wenn gefragt wird, ob Ozzy Osbourne unter jungen Menschen ein Begriff sei. ieses Portrait um den einstigen und wieder aktuellen Frontman des Heavy-Metal Schlachtschiffes Black Sabbath, soll einen etwas runderen, deutlicheren und vor allem ehrlicheren Blick auf den „Skandalsänger“ werfen, der nun wieder einmal eine Überraschung hingelegt hat: Ein neues Album mit seinen einstigen Weggefährten, ein auf CD gepresster Anachronismus. ein erster Job war der eines Autohupen-Testers in einer englischen Fabrik, nahe der dreckigen Industriestadt Birmingham, in der er 1948 geboren wurde. Somit muss seine Schwerhörigkeit nicht unbedingt von seinen lautstarken Auftritten herrühren. Auch sein meist gebückter und motorisch nicht gerade als vorbildlich zu bezeichnender Gang, ist nicht ausschließlich seinem massiven Drogenmissbrauch geschuldet. Ozzy (bürgerlich: John Michael) leidet seit seiner Geburt an einer seltenen, vererbbaren Nervenkrankheit, dem sog. „Parkin-Syndrom“. Darauf aufbauend taten natürlich seine Drogensucht und diverse alkoholbedingte Rückfälle ihr Übriges. Doch zurück zu den Anfängen. Ozzy brach wie jeder ordentliche Rockstar die Schule ab und arbeitete hier und dort als Schlachter, Klempner und in einem Bestattungsunternehmen. Darauf folgend kam selbstredend der erste Gefängnisaufenthalt, ebenfalls Grundvoraussetzung für den echten Rockstar Lifestyle. Im Knast, eingebuchtet wegen Diebstahls, tätowierte sich der spätere Prince of Darkness die vier Buchstaben seines Spitznamens „Ozzy“ auf die Fingerrücken. Später lernte er Geezer Butler, Tony Iommi und Bill Ward kennen – kurzum: Black Sabbath. Dass es danach karrieretechnisch aufwärts ging, ist Popgeschichte und gilt als allgemeines Kulturgut: Mitbegründer des Metals, Wegbereiter für Bands wie Metallica und Iron Maiden und was man sich sonst so bei Wikipedia anlesen kann. Doch ging es auch nach gut zehn Jahren Erfolg genauso wieder abwärts - allerdings nur für Ozzy. Die Band schmiss ihn, nach dem obligatorischen Streit, aus der Gruppe. Er machte anschließend dem Begriff „Drogenmissbrauch“ alle Ehre und verkam, in einem Hotelzimmer in L.A., zu einem vorbildlichen Wrack – like a rockstar eben.

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och wie kommt so einer wie Ozzy wieder hoch? Ok, er konnte ein wenig singen, hatte jedoch wenig Talent für erfolgreiches Songwriting und spielte darüber hinaus kein einziges Instrument. An einem solchen Tiefpunkt angelangt, bringt man sich als Rockstar entweder um oder wird von einem Engel gerettet. Der Engel erschien in Form von Sharon Arden, Tochter des ehemaligen Black Sabbath Managers und Ozzys spätere Ehefrau. Sie päppelte ihn auf, wurde seine Managerin und holte ihn nicht nur einmal zurück ins Rampenlicht. Ozzys von nun an beginnende Solo-Karriere bescherte dem Fürst der Finsternis nicht nur kommerziellen Erfolg, sondern brachte ihm auch zunehmend Kultstatus innerhalb der Heavy-Metal Szene ein. Denn nur Ozzy vollbrachte es, sorgfältig geplante Promoaktionen komplett zu zerstören. Auf den Vorschlag seiner Frau, auf einer Pressekonferenz zwei weiße Friedenstauben freizulassen und damit dem Bitten um einen Plattenvertrag bei CBS Nachdruck zu verleihen, reagierte Ozzy gewohnt cool: Wie es sich für einen Profi gehört, biss er volltrunken und völlig überraschend einer der beiden Tauben den Kopf ab. Das erstaunliche Ergebnis: Der Plattenvertrag kam zustande und sein Image als „Madman“ wurde zum Erfolgskonzept. Die Stadien waren voll und Sharon trat nicht von seiner Seite, obwohl Ozzy in den 80iger Jahren wohl nur recht selten einen nüchternen Blick für sie hatte. ie Reality-Soap „The Osbournes“ sorgte 2001 schließlich dafür, dass Ozzy auch bei der Generation MTV bekannt wurde. Begleitet wurde dieses Comeback durch erneute, alkoholbedingte Abstürze, auch über die Sendung hinaus. Zwar brachte er nach seiner zweifelhaften TV-Bekanntheit noch einige starke Platten heraus, doch glaubte wohl niemand mehr an den ganz großen Knall. Und jetzt das: Mit dem im Juni letzten Jahres erschienenen Album „13“ hat sich nicht nur Black Sabbath wiedervereinigt und überraschendes Kritikerlob eingefahren, auch hat Ozzy damit wieder einmal ein nicht für möglich gehaltenes Comeback hingelegt. Ohne Sharon wohl kaum vorstellbar, und trotzdem zeigt dies, wie Ozzy, trotz aller Abstürze immer wieder zurück nach oben findet und das tut, was er nun mal kann: Konzerte spielen und das Publikum anheizen wie nur Ozzy es vollbringt: wahnsinnig, schrill und eben laut. So wie Heavy-Metal sein sollte und wie er ihn selbst vor über 40 Jahren mitdefiniert hat. Und mal ehrlich: Das ist nicht ganz wenig.

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KULTURNACHRUF AUF DAS, WAS DAVID HASSELHOFF EINMAL WAR UND DAS, WAS ER HEUTE NICHT MEHR IST. David Hasselhoff war ein Held. David Hasselhoff ist ein Held. Aber der Held, der David Hasselhoff einmal war, ist David Hasselhoff heute nicht mehr. Das hat er sich verspielt. ROBERT HOFMANN

Als die Achtziger Jahre sich ihrem wohlverdienten Ende entgegenneigten und die Neunziger langsam Einzug in die kulturelle Neon-Farbenfreude der Gesellschaft nahmen, erlebte David Hasselhoffs Ruhm seinen Höhepunkt. Getragen vom Erfolg seiner Serie 'Knight Rider' hatte er im Anschluss daran bereits seine zweite Serie, 'Baywatch' laufen, die zur erfolgreichsten aller Zeiten werden und diesen Erfolg nur zwei Dingen verdanken sollte: Der leichten Bekleidung der Darstellerinnen und David Hasselhoff selber. Damals begann David Hasselhoff auch mit seiner Musik Beachtung zu finden. „Looking for Freedom“ wurde zu einem der größten Hits aller Zeiten und vor allem im deutschsprachigen Raum gefeiert. 1990 performte er den simplen Gassenhauer an der Mauer, die nunmehr nun wirklich nur noch pro forma Westberlin einschloss. Trotzdem ließ er sich Jahre später, als das mittlerweile lange wiedervereinte Berlin ein Museum zum Mauerfall eröffnete, zu der beleidigten Bemerkung hinreißen, dass er sich um seinen historisch erworbenen Platz in diesem betrogen fühle. Letztlich sei die Mauer auch wegen ihm gefallen. Nicht alle Menschen lachten. Spätestens seit dem ikonischen Auftritt mit Vokuhila und Glühbirnen-Lederjacke an der Berliner Mauer war David Hasselhoff untrennbar mit dem Schicksal des deutschen Volkes verbunden. Bald begann er, Lieder auf Deutsch zu singen und damit seinen Status im deutschsprachigen Raum zu zementieren. Unerreicht ist bis heute seine Coverversion von Peter Maffays „Du“, das er fast perfekt imitierte, wäre da nicht der unüberhörbare amerikanische Akzent gewesen, der darauf hindeutete, dass David Hasselhoff eigentlich kein Wort Deutsch sprach. Oder „Wir zwei


allein“, ein Lied, das er mit einem dreizehnjährigen Mädchen aufnahm, indem die beiden den Tod der Mutter beklagten: „Wir zwei allein heut' Nacht/Ob ein Engel auch mal Unsinn macht/ Gibt's da gold'nes Gras/ Und macht Fliegen Spaß?“. Kein Wunder, dass David Hasselhoff nicht nur Dank seines hervorragenden Aussehens die Herzen aller deutschen Damen sprengte. Er verdiente sich sein Ansehen durch jede einzelne Entscheidung, die er traf – und er traf immer ins Schwarze. Dieses Ansehen verlieh ihm dann auch die Flügel, mit denen er gen Himmel stieg, wo er sich auf den goldenen Wolken des Ruhms ausruhte und begann, zu trinken was das Zeug hielt. Das Zeug hielt nicht so viel und auch nur ein paar Jahre und so landete David Hasselhoff schon bald unsanft auf dem Boden der harten Realität, die einen abgehalfterten Alkoholiker nur selten mit Erfolg bedenkt. Doch David Hasselhoff wusste, wie er sich im Gedächtnis der popkulturinteressierten Menschen dies- und jenseits des Atlantiks würde halten können: Durch noch mehr Alkoholeskapaden und eine Hinwendung seines musikalischen Schwerpunkts auf das Publikum in der Heimat, schien er sich als moderner Frank Sinatra positionieren zu wollen. So nahm er 2004 auch das Album „David Hasselhoff sings America“ auf, das ausschließlich aus Coverversionen der ganz großen Klassiker der amerikanischen Musikgeschichte besteht. Unter anderem „Amazing Grace“ und „New York, New York“. Einher ging diese musikalische Phase Davids, wie ihn seine wahren Fans zu nennen pflegen, mit ersten Gehversuchen in der Selbstironie, die an sich noch vertretbar waren, weil sie wie die letzten kläglichen Versuche des Aufbäumens eines sterbenden Rehkitzes wirkten. Unvergessen, wie Spongebob am Ende seiner Odyssee anmerkt, „I even rode the Hoff“. 2007 kam dann der große Coup. Youtube zeigte ein Video Davids, auf dem er, von seiner Tochter gefilmt, daran scheitert, in besoffenem Kopp einen Burger vom Boden zu essen. Auf die liebevollen und besorgten Nachfragen der Tochter reagiert er mit Beleidigungen. "Fuck you, you've ruined my life!" Boulvardmedien aller Länder sattelten die Skandalpferdchen, schwangen sich auf diese und ritten sie, bis auch die letzte RTL-Zuschauerin die Nase voll hatte. Es folgten ein paar weitere Netzfünde des einst so populären Mannes, in denen er sich herablassend, eingebildet und vor allem stockbesoffen präsentierte, doch das Schlimmste sollte noch kommen. Zugunsten seiner Karriere ließ er alle Selbstachtung fallen, wie früher Frauen die Kleidung bei seinem Anblick und erfand sich als alberner, stumpfsinniger Hofnarr neu. Plötzlich galt David Hasselhoff als geläutert und trocken. Er gewann sogar den Sorgerechtsstreit gegen seine kokainabhängige Ex-Frau. Von da an ging es bergab. David legte keinen Wert mehr auf seriöses Auftreten, hinter dem eine jede den nächsten Ausbruch erwartete. Er sang keine Klassiker mehr und relativierte seine Mauerfallthese. Stattdessen suchte er, seiner Karriere durch stupide Albernheit neuen Anschub zu geben. In den Videos zu seinen neuen Songs tanzte er in Baywatchmontur zu 80er Jahre Tunes, saß in Tittenfilmchen über Killerfische auf dem Bademeisterhochsitz und kokettierte mit der Liebe, die ihm Deutschland Zeit seines populären Lebens entgegengebracht hatte. Überhaupt kokettierte David Hasselhoff mit all dem, was ihn einmal ausgemacht hatte. Und das tut David Hasselhoff bis heute. Deshalb ist dieser Nachruf einer Ikone der Achtziger und Neunziger gewidmet, die sich erst durch eine Alkoholkrankheit ins Wanken versetzt und schließlich zu Fall gebracht hat. So trauern wir dem Künstler David Hasselhoff hinterher und verabscheuen das, was heute aus ihm geworden ist: Ein neongreller, hässlicher und verzerrter Schatten seiner selbst.


INHALT NUMMER ZWEI : ZWANZIG 14 ZUR QUELLE

STUDIUM 8

The Nine Semester Ich

Rechtfertigung für das Überziehen der Regelstudienzeit um 4 Semester 10

In der Sprechstunde von Dr. Jürgen Heiß 12

Star Trek in echt Gibt es Aliens?

KULTUR 13

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Bestialische Nüchternheit Buchrezension: Agotha Christoph - Das große Heft

No One Can Tell Us We're Wrong Interview mit einem Grafittikünstler

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Gab es auch eine Berliner Mauer in Leipzig? Wir lassen einen Touristenführer berichten

The Godfather of fucking Comeback Das Stehaufmännchen des Metals: Ozzy Osbourne

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Che Guevara Superstar Kommunismus, der große Sale

Kulturnachruf Der Niedergang des David Hasselhoffs

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INTERAKTIV WIR GENDERN IM GENERISCHEN FEMININUM.

POLITIK UND GESELLSCHAFT 28

Fotoreihe: Linfen

Auf der Spuren der Leere in der Nähe Pekings 34

Alles andere kann man nachlesen Eine Begegnung auf dem Oranienplatz 38

Das zu alte Lied 2014. Und immer noch Antisemitismus 40

Früher war alles besser...? War es nicht. 41

Die ewige Verherrlichung der Stadt Wer liebt sie nicht, seine Stadt? 42

Du bist Feminist Mit Alice Schwarzer Maske zum Ausschneiden 44

Das ewige Rudern Was würde wohl Adorno sagen?

WEITERES 46 PSYCHOTEST 48 ZWEI AUS ZWANZIGTAUSEND 50 IMPRESSUM • BILDVERWEISE • KONTAKT • AUFRUF 51 WAS LIEST DIE REDAKTION?

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LINFEN, CHINA


FOTOGRAFIERT VON AMELIE KAHN-ACKERMANN


AMEIKAHN@GOOGLEMAIL.COM

EINST GEHÖRTE DIE INDUSTRIESTADT LINFEN ZU DEN ZEHN MEIST VERSCHMUTZTEN ORTEN DER WELT. MITTLERWEILE WURDEN MEHR ALS 600 FABRIKEN AUSSER KRAFT GESETZT. DIE BILDER ZEIGEN VOM MENSCHEN GESCHAFFENE ODER GEPRÄGTE LANDSCHAFTEN, DIE VON IHM VERLASSEN UND NUN LEERSTEHEND JEGLICHEN NUTZEN UND AUCH SINN VERLOREN ZU HABEN SCHEINEN. MEINE BILDER KÖNNEN EINERSEITS ALS MAHNUNG AUFGEFASST WERDEN UND ANDERERSEITS ALS BEWEIS DAFÜR, DASS SCHÖNHEIT SICH ÜBERALL MANIFESTIERT – AUCH WENN ES AUF DEN ERSTEN BLICK GANZ ANDERS WIRKT."

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AMELIE IST SCHÜLERIN DER OSTKREUZSCHULE FÜR FOTOGRAFIE

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ALLES ANDER NACHLESEN.

Eine Gratwanderung zwischen sentimentaler Darstellung eine die Perspektive eines Aktivisten im Refugee-Camp darstellt, u einbinden muss, die direkt betroffen sind. Die Autorin bitte wiegenden Thema als echten Diskurs-Killer überwinden w OLGA KEDENBURG

Zahlen und Fakten über den Anstieg Asylsuchender in ganz Europa und Positionen aller politischen Lager zum Thema finden sich nahezu täglich in den Fernsehnachrichten und großen Blättern. Auch die prekäre Lage im Land Berlin, die Überforderung der Verwaltung und den Stand der Verhandlungen zwischen Unterstützerinnen der Proteste und dem Senator kann man in der Tagespresse mitverfolgen. Was oft fehlt, ist die Perspektive der direkt Beteiligten: Einerseits weil sie in den meisten Fällen Probleme des täglichen Überlebens zu bewältigen haben, die sie davon abhalten, sich an Diskussionen in den Sonntagstalkshows der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender zu beteiligen oder in ähnlicher Form an die Öffentlichkeit zu treten. In vielen

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ZUR POLITIK UND GESESELLSSCHAFT

RE KANN MAN EINE BEGEGNUNG.

es Einzelschicksals und unzulässiger Verallgemeinerung politischer Positionen: Ein Artikel, der um daran zu erinnern, dass die Debatte um Flüchtlingspolitik stärker die Sichtweise derer et um Nachsicht bei diesem Versuch, da sie die Scheu vor der Positionierung zu diesem schwerwill. Darstellungen scheint jedoch auch die Sichtweise der politisch Verantwortlichen in ihrer Wichtigkeit höher bewertet zu werden, sodass der Diskurs immer mehr von den Betroffenen abzurücken und zur Debatte derer zu werden droht, die sich dank ihrer Positionen mediale Aufmerksamkeit verschaffen können und berufen fühlen, die Lage stellvertretend für die eigentlichen Akteurinnen zu bewerten. Hier soll dieser Tendenz entgegen eine Stimme des Protests, die Sichtweise eines Aktivisten vom Berliner Oranienplatz vorgestellt werden, um daran zu erinnern, dass die Debatte um Asylfragen die Perspektive auf globale Zusammenhänge und (partei-) politische Konstellationen im Inland mit den eigenen Forderungen der Betroffenen zusammenführen muss. Ein Besuch beim Refugee-Camp auf dem Kreuzberger Oranienplatz war längst überfällig. Zu den Demonstrationen gegen die deutsche und europäische Asylpolitik ist man gegangen, liest Artikel in Zeitungen und auf Blogs und diskutiert, prangert an, fordert Änderungen. Tatsächlich in das Camp zu gehen, mit den Aktivistinnen dort zu sprechen und ihnen Unterstützung anzubieten, dazu hat es bisher nicht gereicht. Dieses Versäumnis ist nicht der einzige Grund für das unbehagliche Gefühl, nun

auch zu Recherchezwecken in das Refugee Camp zu kommen. Welchen Beitrag zur Debatte will der Artikel überhaupt leisten, wie kann eine Studentin ohne tieferen Bezug zur Bewegung über den Protest schreiben, ohne nur das eigene Mitgefühl und die Deutung aus der privilegierten Perspektive der Europäerin auszudrücken? Die Beschäftigung mit der Frage der Flüchtlingspolitik hat unter politisch Interessierten seit längerer Zeit Konjunktur, es fällt jedoch auf, dass man hierzu mehr Forderungen und Standpunkte aus verschiedensten Positionen der deutschen Linken hört als die der Flüchtlinge selbst. Der Aktivist aus dem Niger, der an diesem Adventssonntag im Infozelt vorn am Eingang des Camps sitzt, hat mit der fremden Deutung seiner Bewegung Erfahrungen gesammelt und reagiert zunächst eher abweisend auf diese Studentinnen, die hier mit ihm das Gespräch suchen und über den Protest berichten wollen: Keine Fotos, keine Tonaufnahmen, keine Namen. Zu häufig mussten die Flüchtlinge vom Oranienplatz verleumdende Meldungen, irreführende Bilder und aus dem Zusammenhang gerissene Zitate über den Protest in der Presse sehen. Trotzdem ist er zu einem Gespräch bereit und erzählt die Geschichte seiner Flucht. Geboren und

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aufgewachsen im Niger ging er zunächst als junger Mann nach Libyen, um der Armut und dem Hunger in seiner Heimat zu entkommen. Dort arbeitete er zwölf Jahre lang auf Baustellen, bis der Bürgerkrieg und schließlich die militärischen Interventionen internationaler Truppen das Leben und Arbeiten im Land unmöglich machten. Unter Gaddafi sei es den Menschen in Libyen gut gegangen erzählt er, es habe viel Arbeit im Ausbau der Infrastruktur gegeben. Zwar räumt er ein, dass einige der dort geltenden Gesetze seine Freiheiten eingeschränkt hätten, feiern und trinken zum Beispiel habe er nicht gekonnt. Im Niger dagegen sei es ein drängenderes Bedürfnis gewesen, die Versorgung mit sauberem Trinkwasser zu sichern und in Deutschland schlafe er auf der Straße. Für ihn macht es keinen Unterschied, ob sich die Beschränkung seiner Freiheit in solchen materiellen Verhältnissen realisiert oder per Gesetz verwehrt ist. Solange man in Libyen die klaren Regeln befolgte, habe es für jede Arbeit, eine Wohnung und zu essen gegeben. Aus seiner Sicht geht es beim militärischen Eingreifen des Westens allein um Interessen, um Rohstoffe, letztlich „wie immer ums Geld“. Den Kampf für Menschenrechte kann er keiner der Konfliktparteien abnehmen: Er fragt, wo die Waffen im libyschen Bürgerkrieg herkämen, inwiefern sich die Lage dort für die Bevölkerung bessere und wo er in Europa diese Menschenrechte gelebt finden solle. Fremdenfeindlichkeit und Rassismus sei ihm hier das erste Mal begegnet, als er in Italien ankam und durch Frankreich und die Schweiz schließlich in Deutschland landete. In Libyen habe gezählt, dass man zusammen arbeite, ob Schwarz oder weiß habe keine Rolle gespielt. Natürlich dürfen auch die Sichtweisen der direkt Beteiligten in der Debatte nicht verabsolutiert werden, niemand kann beurteilen welche ideologischen Darstellungen der Konflikte die Einzelnen verinnerlicht haben und wessen Interessen hier vielleicht unbewusst weitergetragen werden. Zumindest aber müssen sie diskursiv stärker eingebunden und die

eigenen Maßstäbe zur Beurteilung der Situation in fernen Ländern reflektiert werden. Die Werte der 'westlichen Welt' – sofern diese überhaupt auf einen Nenner gebracht werden können – dürfen anderen Kulturen nicht übergestülpt werden, und ist man noch so überzeugt von der Richtigkeit der eigenen Forderungen an eine erstrebenswerte Gesellschaftsordnung. Hinzu kommt die Scheinheiligkeit der Rechtfertigungen für kriegerisches Eingreifen, die Behauptung, Befreiung und Menschenrechte für die Unterdrückten der Welt erreichen zu wollen, die schon in unzähligen Fällen durch die gleichzeitige wirtschaftliche Ausbeutung und politische Vereinnahmung offenbar geworden ist. Doch wären die Motive auch noch so edel, im Selbstverständnis, die 'richtige' Weltanschauung gefunden zu haben und diese nun über den Globus verteilen zu dürfen, offenbart sich die Verkümmerung von Aufklärung und Humanismus zur starren Ideologie. Irgendwo kann man das versierter argumentiert nachlesen, ohne hier das Schlagwort der 'Dialektik' bemühen zu wollen. Die Diskrepanz zwischen okzidentaler Selbsteinschätzung und Fremdwahrnehmung wird im Gespräch auf dem Oranienplatz erkennbar: Der Flüchtling aus dem Niger hat nie nach Deutschland kommen wollen und ist keineswegs ein Bewunderer der westlichen Zivilisation. Er hat hier und an den vorherigen Stationen seiner Flucht durch Europa Diskriminierungen, menschenunwürdige Behandlung und Ausgrenzung erfahren und ist auch vom Bild des europäischen Lebens eher befremdet. So beschreibt er seine Eindrücke mit dem klaren Blick des Außenstehenden: Menschen im hektisch getakteten Lebensrhythmus, vereinzelt aneinander vorbei lebend ohne Momente des Innehaltens oder ein spontanes Gespräch mit Unbekannten. In Europa scheinen ihm die Menschen zu sehr auf das geschriebene Wort zu vertrauen, auf die Bilder und Schriften aus der Presse. Wir sollten lieber selbst nach Libyen fahren, in den Niger und all die andern

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IN DEUTSCHLAND WERDEN JEDES JAHR DIE MEISTEN ASYLANTRÄGE EINGEREICHT, AUF DIE EINWOHNERZAHL GERECHNET IST DAS ABER IMMER NOCH NUR EIN WINZIGER BRUCHTEIL DER ANTRÄGE AN BEISPIELSWEISE SCHWEDEN ODER MALTA, DIE SO GESEHEN MEHR ALS SECHS MAL SO VIELE ANTRÄGE ERHALTEN, DASS ÜBER 70% DER ANTRÄGE ABGELEHNT WERDEN, KANN AUCH NUR FRANKREICH TOPPEN. VERGLICHEN MIT ANDEREN EUROPÄISCHEN STAATEN BEHERBERGT DEUTSCHLAND DIE MEISTEN FLÜCHTLINGE, GLOBAL GESEHEN ABER HAT ZUM BEISPIEL PAKISTAN FAST DREI MAL SO VIELE AUFGENOMMEN.

vorbei lebend ohne Momente des Innehaltens oder ein spontanes Gespräch mit Unbekannten. In Europa scheinen ihm die Menschen zu sehr auf das geschriebene Wort zu vertrauen, auf die Bilder und Schriften aus der Presse. Wir sollten lieber selbst nach Libyen fahren, in den Niger und all die andern Länder, über die wir in den Zeitungen lesen. Sprecht mit den Menschen, fragt sie nach ihrer Meinung und schaut Euch an, wie das Leben woanders ist, rät er uns. Die Erfahrung selbst, jeder eigene Eindruck sei das Leben, in Europa schienen die Menschen dies vergessen zu haben und ständig auf dem Weg zu einem fernen, vielleicht unerreichbarem Ziel zu sein. Sein Wunsch für die Zukunft ist es, solange einen Aufenthaltstitel für Deutschland bewilligt zu bekommen, bis es die Verhältnisse in Libyen wieder zulassen, dorthin zurückzukehren, um zu arbeiten und endlich nicht mehr als Illegaler zu leben: Ausgegrenzt, stigmatisiert, bestenfalls noch ignoriert von der Mehrheitsgesellschaft. Das Camp ist das 'Außen' innerhalb des Landes, ein Fremdkörper inmitten des szenig aufgewerteten Kreuzberg 36. Ein Obdachloser thront auf der kleinen Holzbühne zwischen den provisorisch winterfest gemachten Zelten wie die Personifizierung der zwischenmenschlichen Kälte in der Schilderung des Campaktivisten. Notdürftig errichtet wirkt der vermüllte Platz besonders jetzt in der kalten Jahreszeit trostlos und bedrückend: Ein Ort, den man schnellstmöglich hinter sich lassen und – wenn man ehrlich ist – am liebsten wieder verdrängen würde. Obwohl unser Gesprächspartner einen Platz in der neuen Flüchtlingsunterbringung im Wedding bekommen hatte, steht es für ihn außer Frage, das Camp freiwillig zu verlassen, bevor nicht für alle zweihundert Aktivistinnen eine Unterkunft zur Verfügung steht: „Das ist keine Lösung: Wenn ich gehe, bleibt mein Bruder hier. Wir kämpfen solidarisch für die Anerkennung unserer Rechte.“ Er nimmt sich noch eine Zigarette. Sie werden bleiben, wollen Präsenz zeigen, bis die Polizei kommt und das Camp endgültig räumt: Angekündigt ist der 18. Januar, er rechnet in jedem Moment damit.

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Das Judentum gehört länger zu Deutschland als die Kartoffel. Trotzdem spüren viele Jüdinnen noch oftmals Feindschaft in ihrer Umgebung. Eine neue EU-Studie gibt Auskunft über die aktuelle Situation in acht verschiedenen europäischen Staaten. JAKOB MÜHLE

Es mag grotesk anmuten, aber Antisemitismus ist auch im 21. Jahrhundert noch kein Phänomen der Vergangenheit. In manchen Fällen treten Hass und Vorurteile gegen Jüdinnen offensiv an die Oberfläche und ziehen den Fokus des öffentlichen Interesses auf sich. Wie etwa im Januar 2001, als plötzlich das Tor des jüdischen Friedhofs in Potsdam brannte und das Bekennerschreiben einer selbsternannten „Nationalen Bewegung“ den nazistischen Hintergrund der Tätergruppe offenbarte. Oder im August 2012, als der Schöneberger Rabbiner Daniel Alter auf offener Straße von vier Jugendlichen beleidigt, bedroht und zusammengeschlagen wurde. Die Bejahung der Frage „Bist du Jude?“ reichte in diesem Fall aus, um ihn als Opfer attraktiv zu machen. Solch prominente Beispiele bilden aber die Ausnahme, denn viel zu oft trauen sich Leidtragende antisemitischer Übergriffe nicht, ihre Fälle in die Öffentlichkeit zu tragen. Gründe sind oftmals Scham, Angst oder mangelndes Vertrauen in die politischen Institutionen. Und so bleibt nur ein diffuses Gefühl über die Existenz eines teils expliziten und teils latenten Antisemitismus, welches sich aus wenigen

konkreten und vergleichbaren Informationen über die Situation in Deutschland und anderen europäischen Staaten speist. Denn nur 13 der insgesamt 28 EU-Mitgliedsstaaten sammeln überhaupt Daten über antisemitische Übergriffe. Um diesem Zustand Abhilfe zu schaffen, fasst eine neue Publikation der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) nun die Ergebnisse einer Umfrage unter 6000 Jüdinnen aus acht EU-Mitgliedsstaaten zusammen. Im Kontext eines größeren Forschungsprojekts der FRA zur Lebenswirklichkeit von ethnischen, religiösen und gesellschaftlichen Minderheiten in Europa sollten die Probandinnen Auskunft über ihre subjektiven Erfahrungen mit Antisemitismus geben. Erfragt wurden zum einen individuelle und kollektive Wahrnehmungen von persönlicher Situation, Erfahrungen im Bekanntenkreis, Übergriffe gegen Eigentum jüdischer Gemeinden sowie die Existenz antisemitischer Stereotype in Politik und Medien. Zum anderen aber auch veränderte Verhaltensweisen in Erwartung von Diskriminierung oder Gewalt. Die Ergebnisse sind ernüchternd bis erschütternd.

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Zwei Drittel der Befragten nehmen Antisemitismus in ihren Heimatländern als Problem wahr, sogar drei Viertel sehen eine Verschlechterung der Lage innerhalb der letzten fünf Jahre. Das schockiert. Knapp 80% fühlen sich in der Öffentlichkeit nicht vor physischen oder verbalen Attacken geschützt und in der Gegenwart jeder Zweiten wurde schon einmal die Shoa verharmlost oder geleugnet. Die höchsten Werte aus der Untersuchungsgruppe erzielen Frankreich, Ungarn und Belgien. Ein etwas besseres Klima scheint in Lettland und Großbritannien zu herrschen. Deutschland besetzt mit Schweden und Italien das Mittelfeld, zumindest wenn es um die allgemeine Wahrnehmung des Vorhandenseins von Antisemitismus geht. „Interessant“ ist die Untersuchung, welche Personengruppen sich aus welchen Motiven zu antisemitischen Äußerungen hinreißen lassen. In Deutschland scheint sich dabei ein Wechsel anzubahnen. Denn antisemitische Anfeindungen kommen relativ gesehen häufiger aus dem Spektrum radikalislamischer und linksextremer Personenkreise, während rechtsextreme Tätergruppen „nur“ den dritten Platz einnehmen. Analog zu

diesem Trend entwickelt sich auch die Art und Weise der geäußerten Vorurteile. Das klassisch nazistische Motiv der Jüdin als natürliches Feindbild wird ergänzt durch starken antizionistischen Antisemitismus und anti-israelische Vorurteile. In Deutschland sieht sich ca. jede zweite Befragte einem permanenten Rechtfertigungsdruck für das Verhalten der israelischen Politik im Nahost-Konflikt ausgesetzt. Eine absurde Vorstellung. Dass eine Gruppe gut entwickelter europäischer Kernstaaten ein derart starkes Antisemitismusproblem hat, ist ein beunruhigender Befund. Auch wenn es in diesem Zusammenhang fast schon müßig erscheint zu betonen, dass die Qualität einer libertären Gesellschaft auch immer davon abhängt, ob sie in der Lage ist, die Sicherheit ihrer Minderheiten zu gewährleisten, so geben die Ergebnisse doch Anlass zu der Annahme, dass selbst derart naheliegende Schlüsse nicht oft genug wiederholt werden können.

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R E R H S R E Ü A LE SS ...? R F W AL BE

Der Autor blickt zurück und stellt sich die Frage, war damals wirklich alles besser, wie so viele immer sagen? ALEX HILCKMANN

Früher, da waren Kinder noch viel draußen, denn da hatte noch nicht jedes der verwöhnten Bälger ein Smartphone, einen eigenen Computer und Fernseher. Apropos Fernseher, damals gab es noch richtige Musiksender, MTV und Viva haben tatsächlich Musikvideos ausgestrahlt. Viva gibt es nicht mehr, und als ich das letzte mal MTV geschaut habe, hat ein Punkrocker seine Luxusvilla vorgestellt. Punkrock ist auch nicht mehr das, was es mal war. Aber, wenn es jetzt Musiksender gäbe, die Musikvideos spielten, würden wir diese dann tatsächlich auch schauen? Ich für meinen Teil würde lieber im Internet surfen und entweder nebenbei Musik hören oder wenn ich tatsächlich ein spezielles Musikvideo sehen will, dieses bei Youtube schauen. Ach nein, das geht ja nicht mehr, das verbietet die GEMA, das ging früher, irgendwann zwischen echten Musiksendern und heute. Verdammte Jetztzeit. Warum haben so viele Menschen, manchmal auch man selber, den Eindruck, dass früher alles oder zumindest etwas besser war? Nun ja, in 26 Lebensjahren habe ich Veränderungen erlebt und Zeiten, in denen bestimmte Dinge anders waren. Aber wer erinnert sich schon gern an die schlechten Dinge? Es bleiben vor allem die schönen Erinnerungen hängen. Von der letzten Trennungsphase sind die langen Partynächte nicht mehr verzweifelt und rastlos, sondern wild und aufregend in Erinnerung geblieben. Als noch keine ein Smartphone hatte, haben nicht alle ständig auf ihr Handy gestarrt und Snake I war sowieso besser als Angry Birds. Das Früher-war-alles-besser-Syndrom ist verbreiteter, je älter der betrachtete Menschenkreis ist, denn

desto mehr schöne Erinnerungen und ausgeblendete schlechte Erinnerungen es gibt, um so blumiger ist der Blick zurück. Doch mal ehrlich, dieses Gejammer kann doch keine ernstnehmen. Technologische Weiterentwicklungen vereinfachen den Alltag massiv, zudem sinkt mit steigendem Wohlstand die Kindersterblichkeit, gleichzeitig steigt die Lebenserwartung, sie war nie höher. Die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ist zwar nicht erreicht, doch waren wir ihr nie näher. Rassismus gibt es nur noch unterschwellig und wer sich als Rassist outet, bekommt kräftig den Hintern versohlt, wie kürzlich beim Justine Sacco Shitstorm. Die Medien tragen sicher auch ihren Teil dazu bei, dass wir Menschen schon sehr lange Zeit so ein schlechtes Bild der Gegenwart haben und stets nostalgisch zurückblicken, schließlich wird es die größte Katastrophe stets auf Seite 1 der Tageszeitung schaffen, denn von den tausend Toten jeden Tag zu erfahren ist in der Regel wichtiger, als gute Nachrichten und Laune zu verbreiten. Tatsache ist, wir haben in Deutschland eine ungewöhnlich lange Zeit in andauerndem Frieden verbracht und wir können besonnen und zuversichtlich in die Zukunft blicken. Wenn auch nur, um dann in Nostalgie zurückzudenken, denn, wie Peter Ustinov sagte: „Jetzt sind die guten alten Zeiten, nach denen wir uns in zehn Jahren zurücksehnen.“ Also, war denn nun früher alles besser? Das ein oder andere vielleicht, eines war jedoch damals mit Sicherheit sau gut: die Zukunft.

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ZUR POLITIK UND GESESELLSSCHAFT

EWIG LOCKT DIE STADT

„Wenn irgendetwas uns verflucht hat, dann ist es doch die Großstadt gewesen, nirgends geht die Einzelpersönlichkeit mehr zugrunde als in diesen Stätten der Massensuggestion.“ – Gustav Stresemann? RONJA C. KOLLS

Es hat sie immer gegeben. Mehr noch als vaterländliche Gefühle, hat immer schon der Lokalpatriotismus den Menschen beflügelt. Es gibt in der Geschichte viele große Städte, deren Ruhm teils ihre Mauern oder ihre Gegenwart überlebt haben: Konstantinopel, Athen, Troja. Später oder weitab des Eurpäischen Kontinents: Shanghai, Tenochtitlán, New York. Wirre Aufzählung, schon klar, aber Städte folgen in der Regel keiner Ordnung. Davon kann jeder Stadtplaner eine Ballade singen. Sie sind chaotisch und laut – und schmutzig. Vom obligatorischen Hundehaufen auf den Straßen Berlins zur gesundheitsgefährdenden Smogbelastung Pekings. Sie sind beinahe lebensfeindlich und üben doch eine große Faszination auf die einfache Landbevölkerung aus. Und die Stadtbevölkerung beweihräuchert sich selbst. Dabei ist sie doch objektiv auch nicht besser. Dennoch leben seit 2007 genau so viele Menschen in Städten wie auf dem Land. Die Tendenz geht klar zur Urbanisierung. Jeder wird es nun dämmern, worauf ich hinaus will: Auch Berlin ist eine solche Stadt. Dabei stellt sich mir die Frage. Was macht eine Berlinerin zu einer Berlinerin? Und warum muss man überhaupt eine sein? Wo wird hier die Grenze gezogen; bei der Adresse auf dem Personalausweis oder im Stammbaum von Fünf-Generationen-Berlinerinnen? Beinah scheint es so, als sei das einzig Erstrebenswerte für eine Zugezogene, endlich das langersehnte Bürgerrecht einer waschechten Berlinerin zu erlangen. Fast so wie damals im alten Athen, dessen politischen Philosophen Aristoteles nebenbei jenes Athener Bürgerrecht nie zugesprochen wurde. Aber was ist eigentlich so toll daran, eine „echte Berlinerin“ zu sein. Eine Städterin, Nutznießerin der Freiheit und Individualität fernab von der mittelalterlich anmutenden Dorfstruktur. Schon Rousseau sagte, alle Hauptstädte seien im Grunde

gleich, weil sich dort alle Völker vermischten. Beinah scheint dies ein Hauptmerkmal der Stadt zu sein: die ganz besondere urbane Zusammensetzung, die zustande kommt durch alle ihre mehr oder weniger individuellen Bewohnerinnen. Soziologe Heinz Bude beschreibt das in einem Zeit-Artikel so: „Die unvollständige Integration ist das Wesen der Stadt.“ Woher kommt also die Arroganz des Städters? Ist der Stolz berechtigt- auf eine Stadt, ihre „Errungenschaften“ und Einwohnerinnen (aber nur bestimmte), seien es imaginäre oder reale, aktuelle oder historische? Berechtigt es eine Städterin dazu, sich als etwas Besseres zu fühlen, weil sie eben in einer Stadt geboren ist. Stolz zu empfinden für etwas, wozu man nie selbst beigetragen hat, außer eben dort aufgewachsen zu sein, wo nunmal auch die Eltern lebten. Sei es Berlin, Paris, London oder eben Wanne-Eickel, Donauwörth, Buxtehude (ja, diese Stadt gibt es wirklich!). Jedenfalls braucht es mehr Mut, allein woanders hinzugehen. Allein von Buxtehude nach Berlin zu ziehen, weil man als „Paradiesvogel“ dort einfach zu sehr auffällt. Weil die große Stadt, die diese Paradisvögel nunmal anzieht, attraktiver scheint und vor allem aufnahmefähiger ist für den eigenen individuellen Lebensweg. Weil man untertauchen kann, wenn man es mal will. Es aber nicht muss. Weil man auffallen kann, wenn man es will. Es aber nicht muss. Stadtluft macht eben frei, das wusste man schon im Mittelalter. Sie macht eine Stadtbewohnerin aber nicht zu einem besseren Menschen. Auch nicht, wenn sie von Berlin nach Buxtehude geht oder anders herum. Ob Shanghai, Kairo oder Alexandria, ein englisches Sprichwort besagt: es sind die Menschen, die eine Stadt ausmachen, und nicht ihre Häuser. Dazu gehören auch Zugezogene und der nie versiegende Touristinnenstrom.

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DU BIST FEMINIST! Ein Plädoyer fürs gemeinsame Tanzen. CANAN DENLI

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chon als kleines Kind war ich immer fasziniert von außergewöhnlichen Frauenfiguren: Frauen der Literatur, Kunst, Kultur. Angefangen hat es bei Ronja Räubertochter. Es ging dabei nicht nur um Bewunderung, sondern um Orientierung, um Suche. In der Kleinstadt, in der ich meine Jugend verbracht habe, war meine Mutter die einzige, die Vollzeit arbeiten ging und so etwas wie eine Karriere hatte. Ich hörte nicht selten, besonders von pubertierenden Jungs, dass ich eine Feministin sei. Damals fühlte ich mich eher unsicher mit dieser Bezeichnung. Heute bin ich mir sicher: Ich bin Feministin! icht jede würde das ohne Vorbehalte von sich behaupten. Ich höre oft so etwas wie „Nee Feministin bin ich nicht, aber natürlich bin ich für Gleichberechtigung.“ Ich finde so eine Aussage sehr verwirrend und widersprüchlich. Ist Feministin und für Gleichberechtigung zu sein nicht dieselbe Sache? Es scheint große Unsicherheiten zu geben, was diesen Begriff angeht. Und das, obwohl frau an jeder Straßenecke oder mindestens in jedem Seminar eine Genderdiskussion führen kann. Okay, es ist viel kompliziertes Zeug: Frauenbewegung, Feminismus, Sexismus, Wahlrecht, Antibabypille, BHs verbrennen, Achselhaare. Etwas in Frage zu stellen ist komplex und unbequem und anstrengend. Im Bett liegen und The Big Bang Theory gucken ist wirklich gemütlicher (übrigens eine echt sexistische Serie und das für beide Geschlechter). edauerlicherweise denken viele bei der Bezeichnung Feministin immer noch an Alice Schwarzer. Richtig blöde Sache! Ist sie das doch gerade nicht. Feminismus bedeutet nicht Männerfeindlichkeit. Doch bei so gut wie jeder Freiheitsbewegung schwingt eine gewisse Radikalität auf dem Weg mit. Sozusagen das Weg-Bier zwischen Vortrinken und Party. Eigentlich zu viel, aber frau kann sich daran festhalten. Wenn frau erst fünfzehn ist, ist es vielleicht auch Weg-Wodka, von der Party kriegt frau dann allerdings wenig mit. Also wollen wir groß-

zügig und klug sein und sehen die Extreme dem Entwicklungsprozess nach. Alice hat bis heute noch keine Party gefeiert. enn wir schon mal versuchen großzügig und klug zu sein, muss erwähnt werden, dass ich natürlich hin und wieder auch höre: „Klar bin ich Feministin!“ So eindeutig kommt das allerdings selten von Männern. Warum das so ist, verstehe ich nie. Es scheint, als seien Männer häufig etwas zu vorsichtig mit diesem Thema, wollen nichts Falsches sagen, es geht ja schließlich um die Ungleichbehandlung von Frauen. Aber wenn frau eine Sache denkt, muss frau da nicht auch ihr „Gegenteil“ denken oder so ähnlich? Okay, lassen wir die Philosophie beiseite und werden praktischer: Wenn es ein starres, in Schema X gepresstes Frauenbild gibt, so gibt es ein ebenso starres Männerbild. Auch Männer sind Opfer von Sexismus. Ungleichbehandlung des einen wirkt sich immer zugleich auf den anderen aus. Sexismus, Rassismus, Kapitalismus und – wenn man so weit gehen möchte – Speziesismus, sind die nicht alle Nachbarn? Teenager-Mädchen werden angefeuert, wenn sie mit einem anderen Mädchen rumknutschen. Jungs hingegen werden mehr Steine in den Weg gelegt, wenn es darum geht, sich dahingehend auszuprobieren. An dieser Stelle sei dann auch gleich mal gesagt, dass es Schwachsinn ist, dass die klugen Jungs, die den Eiweißshake durch ein Buch ersetzen, kein Sozial- und Liebesleben hätten (wahrscheinlich werden die einfallslosen Autoren von The Big Bang Theory das hier nicht lesen). s erscheint mir also völlig logisch, dass auch Männer Feministen sein sollten. Jede sollte Feministin sein. Doch der Begriff Feminismus ist offensichtlich nicht ausreichend, steckt darin doch explizit das Wort Frau und wenn überhaupt eher implizit Mann. Ein anderer Begriff ist da offener: Sexismus. Ließe sich dann sagen „Ich bin Antisexistin“? Logisch. Auf einer Party kann man tanzen wie man will, solange alle zusammen tanzen.

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AUS SICHERHEISGRÜNDEN IN DER NÄHE VON JÖRG KACHELMANN BITTE ABNEHMEN!


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Rudern Warum EWIGES IM

Über eine Odyssee durch philosophische Gefilde. Sturm und Unwetter inklusive. LEYLA SOPHIE GLEISSNER

Im Rahmen der Konferenz zur Kritischen Theorie, die vom 29.11 bis zum 1.12.2013 in den heiligen Hallen der Humboldt-Universität stattfand, wurde ich auf eine Veranstaltung mit dem Namen „Wo aber Mythos ist, wächst die Aufklärung auch. Performance einer Irrfahrt“ aufmerksam. Angepriesen wurde diese mit den Worten, es würde sich bei dem Schaffen der Künstlerin um „ratio-poetische Experimente“ handeln, die durch „selbstentfremdete Mikroerzählungen“ vorgetragen werden. So wiederum entstünden „konstellative Bilder mittels einer kafkaesk auf Geste reduzierten Sprache und eine Dialektik der Phonetik“, die hier einer alternativen Erfahrbarkeit der Dialektik der Aufklärung dienlich sein würden. Und weiter: „Das vergängliche und nicht ausreichende Ergebnis“ hätte ein „kritisch-erotisches Fest im Ästhetischen als Reich der Wahrheit“ zum Ziel. Aha. Bereits unmittelbar nach dem Lesen dieser Werkeinführung bemannte mich Skepsis. Eine Verbindung des (eigenen) Schaffens zu dem Franz Kafkas herzustellen, das ist narzisstisch und ziemt sich nicht, dachte ich mir. Mein Wille mich überzeugen zu lassen war aber groß und dafür gibt es viele Gründe: Zunächst einmal bin ich der Auffassung, dass philosophische Grundthemen an und für sich jeden einzelnen Menschen betreffen und es deshalb mit zur Aufgabe der„Philosophenköniginnen“ gehört, die jeweiligen

Inhalte möglichst vielen Individuen zugänglich zu machen. Hierfür stellt sich in direkter Konsequenz die Frage nach der Darstellung. Es muss Wege geben, Philosophie semi-akademisch verständlich zu machen, ohne sich den Bestsellermechanismen eines Richard David Prechts zu bedienen. Eine Herangehensweise, die mich in diesem Kontext reizt, die ich für gleichermaßen packend und vermittelnd, erklärend und einbindend halte, ist die ästhetisch-künstlerische -in verschiedenen Formen und Farben. An deutschen Universitäten scheint die philosophische Ästhetik zu weiten Teilen ignoriert zu werden, die Auseinandersetzung mit literarischen Werken in einem philosophischen Zusammenhang ist wenig anerkannt bis verpönt. „Literatur ist kein Mittel, um ein geschlossenes System zu entwickeln“ heißt es dann. Mich interessiert aber genau das. Das Fragmentarische, das einzelne Losgelöste, die Momenthaftigkeit- als sowohl intelligible als auch emotionale Annäherung an etwas, das man als „Allgemeingültigkeit“ bezeichnen kann. Statt sich einer kategorialen Trennung von fremden Gebieten mit „Nichteinmischungsgebot“ interdisziplinären Ansätzen zu bedienen, darf als ein Verdienst der Kritischen Theorie angesehen werden. Psychoanalyse, Kulturwissenschaft, Empirische Sozialwissenschaft und vieles anderes mehr sind als Ansätze und Ausgangspunkte für die frühe „Frankfurter Schule“ 44


ZUR POLITIK UND GESESELLSSCHAFT

SO

GEHT

ALSO

KUNST?

Adornos und Horkheimers zu nennen. Um Theorien zu entwickeln, die nicht losgelöst von praktischen (politischen) Umständen existieren, ist der einende, vermittelnde Gedanke ein wichtiger. Spätestens hier landen wir bei etwas, was man salopp als „Ästhetik“ bezeichnet. Vor allem Adorno beschäftigte sich ausgiebig mit dem (Emanzipations-)Potential der Kunst. Sie vermag es, im Gegensatz zur Philosophie, das auszudrücken, was der Welt der Begrifflichkeiten entrückt ist. Im Gegensatz zur Kulturindustrie als pervertierte Ideologie, die den aktuellen Zustand der Versklavung der Menschen zu erhalten versucht und die Reichweichte kreativen Handelns zu dämmen gewillt ist, bietet Kunst die Möglichkeit Differenz zu leben und mit Gewesenem zu brechen. Sie ist ein wichtiger Weg kritisch zu denken, anti-konform zu handeln und auf „Verblendungszusammenhänge“ aufmerksam zu machen. So viel zur Theorie. Aber wie das so ist mit der Dialektik gibt es da auch das Entgegengesetzte. Was geschah also in der Praxis? Die Erweiterung meines Horizontes sollte mauschelig in typischer Neuköllner Baratmosphäre stattfinden: klein, blau, intim. Was folgte lässt sich nur schwer nicht-sartirisch in Worte fassen. Die Künstlerin ruderte, in Anspielung auf das berühmte Odyssee-Kapitel der Dialektik der Aufklärung, wild mit den Armen. In wirren Sequenzen schrie und stöhnte

sie das Wort „Warum“ und schien dabei den Vorgang einer Geburt auf der Bühne nachzustellen. Ich würde an dieser Stelle dreist vermuten, dass diese Buchstabenfolge in fast jedem anderen deutschsprachigen Werk auch existiert, zu meist gefolgt von einem denkerisch-anregenden Fragezeichen. Die Gesichter der anderen zeigten 1. großes Unverständnis und 2. den Willen, sich dieses n. anmerken zu lassen. Hier lassen sich einige Fragen stellen: Verpflichtet die adornsche Herangehensweise die gestöhnte Umsetzung als avantgardistisch zu begrüßen, weil es eine Alternative zu getrennt-disziplinär-akademischen Ansätzen bietet? Führt die Entfremdung wirklich zu einer Verdichtung der Theorie? Ich erkenne meine eigene Toleranzgrenze. Bin ich zu behaftet von Bestehendem, Erwiesenem? Vielleicht nicht. Der Mut, der zu einer solchen Performance zweifelsohne gehört, ist kein Indikator für Qualität. Und das Übliche „Du hast es einfach nicht verstanden!“ ist hier ein Irrweg. Schließlich soll es doch genau darum gehen: Das Potential der ästhetischen Umsetzung als Öffnung, Verbreitung, zwischenmenschliche Dynamik, Vermittlung. Während ich hier so sitze und im Warum herumrudere, fällt mir ( gleich der so häufig vorkommenden Adorno-Anbeterinnen) ein Gedanke ein, der die Widersprüche vielleicht aufzulösen vermag: Leiden ist Bedingung für Wahrheit. Vielleicht ja darum. 45


AM MORGEN VOR DER KLAUSUR… ...BACHBLÜTEN-DRAGEE-ÜBERDOSIS UND KARTEIKARTENÜBERSCHRIFTEN NACHZIEHEN ...WIKIPEDIA-ARTIKEL IN DER S-BAHN ...KELLOGS, COLA UND NOCH 15 MINUTEN WOW ...VERKATERTES WACHWERDEN IN WERDER NACH DER FU, HU UND TU IST DIE UP DIE VIERTE UNIVERSITÄT VON BERLIN. UND WO WOHNST DU? BEI MEINEN GROSSELTERN IN BRANDENBURG WOHNKOLLEKTIV UND WAGENBURG "HASTE MAL NEN FLYER?" EIGENTUMSWOHNUNG IN CITY-WEST, LEIDER OHNE TIEFGARAGE IRGENDWO IM RING. AM LIEBSTEN IM ALTBAU AUF DEINEM KONTO ZEICHNET SICH DER ENDENDE MONAT AB. WELCHES BUSINESS HILFT DIR AUS DER ZWANGSLAGE? PUCK ALS FAHRKARTE VERTICKEN HILFT ALLES NICHTS, WIEDER ZWEI WOCHEN FASTEN SCHNELL DIE AKTIEN VON PAPI VERKAUFEN MEXIKANISCHE GIROKONTEN ONLINE HACKEN EIN ZWEITER URKNALL UND JEDE WAR ZEUGIN; DIE ERSTE AUSGABE ZURQUELLE IST ERSCHIENEN. DEINE REAKTION? DIREKT DAS SZ UND DERFREITAG ABO GEKÜNDIGT ICH ERZÄHLE ALLEN, DASS MEINE STUDIENGELDER DAS HOCHGLANZMAGAZIN MITFINANZIERT HABEN DEN LINKEN ZEIGEFINGER AUF DIE NASE LEGEN UND "SPRITZIG!" SAGEN MEINE JURA-KOMMILITONINNEN EINSCHALTEN, WEIL IN DER ERSTEN AUSGABE DIE BILDVERWEISE FEHLEN EIN TRAUM WIRD WAHR! GOLM WIRD ÜBERBETONIERT. WAS SOLL HINTER POTSDAM NEUES ENTSTEHEN? ASTA-VERWALTUNGSWOLKENKRATZER MIT FLYERKANONE? ABER SICHER KEINE GARNISONSKIRCHE! DIE NEUE FORMEL 1- STRECKE NE' PIPE EIN GANZJÄHRIGES MITTELALTER-FESTIVAL UNANGENEHM, ABER WAHR: "ICH WAR SCHON ÖFTER SONNTAGS AM PALAIS. ICH DACHTE ES WÄRE MONTAG" "ICH HABE CYBER-SEX MIT KOMMILITONINNEN" "MEINE SCHUHE SIND AUS KUNSTLEDER" "ICH WAR SCHONMAL BEI H&M!" DIE UNIVERSITÄT IN POTSDAM HIN ODER HER, IRGENDETWAS MUSS IN POTSDAM DOCH OKAY SEIN! MAISON DE CHOCOLAT IM HOLLÄNDISCHEN VIERTEL WOLFGANG JOOP BUNDESWEHRSTÜTZPUNKT DIE UNIVERSITÄT #MÖÖÖP

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MORGEN IST DER INTERNATIONALE FLASHMOB-TAG. WAS ÜBERLEGST DU DIR MIT DEINEN FREUNDINNEN F. POTSDAM? DRESSCODE: SCHWARZ & WEISS. ALLE KOMMEN IN DER ABENDGARDROBE! IM REGIO IMMER KURZ VOR DEN HALTESTELLEN DIE NOTBREMSE ZIEHEN DEN ERLKÖNIG IN DER MENSA REZITIEREN MIT DER ANNONYMUS-MASKE ZUM CAMPUS KOMMEN 16H. FEIERABENDBIERCHEN. WO? AUSSCHLIESSLICH UNIVERSITÄR SUBVENTIONIERT IM "KUZE" ODER KELLERLOCH "NIL" AUF DEM BATTLEFIELD BEI DER LAN-PARTY IN DER QUELLE, MOABIT BIERCHEN? CHAMPAGNER, DASS ES NUR SO SPRUDELT! DAS STUDIUM BEDEUTET FÜR MICH… DREI TAGE, DIE MEIN WOCHENENDE UNTERBRECHEN OMG, ICH LIEBE DIESEN JOB! SCHRITT EINS IM KARRIERE DREI-PUNKTE-PLAN ICH WAR IMMER GUT IN MATHE GGG? GOLDEN GATE & GLITZER GENDERN, GENDERN, GENDERN GARRIERE GEGINNT IN GRIEBNITZSEE GEOMETRIE, GIGABYTE, GOLM <3 SCHOCKSTARRE ODER POOLPARTY? WAS HÄLTST DU VON DEN NSA-LEAKS? MEINE WEBCAM DES LAPTOPS IST EH SCHON ABGEKLEBT ICH SPRECHE ABSICHTLICH IN TELEFONATEN ÜBER TERRORANSCHLÄGE, UM DIE AMERIKANERINNEN ZU VERWIRREN. SICHERHEIT! SICHERHEIT! SICHERHEIT! ICH BESUCHE NUR NOCH POOLPARTYS OHNE FACEBOOK-EVENT. HALT! WELCHER POOL? WELCHE PARTYS? WELCHES OUTFIT ÜBERLEGST DU DIR MORGENS UNTER DER DUSCHE FÜR DEN UNI-TAG? BATMANOUTFIT MIT FJÄLLRAVEN RUCKSACK BOSS-ORANGE LINE. ICH MAG ES SPORTLICH, BABY! DER SELBSTGESTRICKTER PULLOVER SOLL ES SEIN. LÜFTEN STATT WASCHEN SCHONT AUCH DIE UMWELT NA, WAS MAMA GEKAUFT & RAUSGELEGT HAT!


P SYC H OT E ST

BIST DU BEREIT, DEN SPIEGEL DEINER SEELE VORZUHALTEN? DANN ZÄHLE, WELCHES ANTWORT-SYMBOL DU AM MEISTEN GEWÄHLT HAST UND FINDE HIER DIE WAHRHEIT: DU KECKES DING WENN DIE MENSA SCHLIESST, STEHST DU AUF UND WUNDERST DICH ÜBER DIE VERSENDETEN NACHRICHTEN VON GESTERN NACHT. UND WARUM EIN STRASSENSCHILD IN DEINEM BETT LIEGT. UND WER DEIN FENSTER ZU BETONIERT HAT. UND WIESO TRÄGST DU EINE POLIZEI-UNIFORM? SEIT DEM ERSTEN SEMESTER FRAGST DU DICH, OB BERLIN ODER DIE UNIVERSTITÄT DICH VOM STUDIUM ABHÄLT. DOCH WIR MÖCHTEN DICH TRÖSTEN, DENN DU SETZT DEINE PRIORITÄTEN ABSOLUT RICHTIG. SOMIT KLAPPT ES ZWAR NICHT MIT DER REGELSTUDIENZEIT, DOCH GEHÖRST DU ZU DEN GUTEN! SCHNÖSELBRÖSEL DU FÜHRST EIN LEBEN IM JACUZZI, UNTERSTÜTZT VON PAPIS FESTGELDKONTO. UND WEIL ER SEIT MINDESTENS 23 JAHREN NICHT FÜR DICH DA IST, DARFST DU AUCH SEINE SPORTKLASSE FAHREN. DEINE DATES FINDEST DU AUF ELITE-PARTNER.DE UND TRIFFST SIE ZU EINEM ROMANTISCHEN CANDLELIGHT-DINNER AUF DEM BERLINER FERNSEHTURM. "TOLLE AUSSICHT,ODER?" DEINE STIMME BEI DER LETZTEN WAHL WAR ÜBERFLÜSSIG, DENN DIE GEWÄHLTE PARTEI SITZT NICHT MEHR IM BUNDESTAG. DAFÜR BESTEHT WEITERHIN DEIN XING-PROFIL- UPDATED DAILY! GOLMI "IN DER SCHULZEIT WURDEST DU GARANTIERT GEMOBBT. DAS WAR NICHT FAIR, ABER ZUM GLÜCK IST DIESE ZEIT JETZT VORBEI. ES GIBT ALSO AUCH GUTE GRÜNDE, VERGESSEN ZU WERDEN. UND GOLM IST GENAU DER RICHTIGE ORT DAFÜR! WIR SIND STOLZ AUF DEINE GUTEN NOTEN UND VERLIEREN JEDE RUNDE BEI CALL OF DUTY GEGEN DICH. DEINE INTERNET-WITZE VERSTEHEN WIR HINGEGEN AUCH NICHT. ROFL!^^ LOOOOL. DU BIST SO EINE RICHTIGE GOLMI! DIE ANDEREN MACHEN WIR UNS NICHTS VOR; DU BIST EIN HARTER KERN MINDERHEIT. DENN DU BIST GERNE IN POTSDAM, DAS STUPA IST SUPER WICHTIG UND AUCH DER WINTER HAT SEINE VORTEILE. DANK DIR LÄUFT DER LADEN, OHNE DICH WÜRDE DIE HEIZUNG ZUFRIEREN, AUCH DIE LETZTE DOZIERENDE VON DER UNI-LEITUNG WEGRATIONALISIERT UND GOLM IM SUMPF VERSINKEN. JA, JA.. BLA, BLA, BLA...! WIR SIND UNS NICHT ABSOLUT SICHER, OB DU VON DIESEM PLANETEN STAMMST, ABER HEY, UDO LINDENBERG HATTE RECHT; "MACH DEIN DING, GANZ EGAL, WAS DIE ANDEREN SAGEN!

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ZWEI AUS ZWANZIGTAUSEND

MEIN NÄCHSTES REISEZIEL:

WARUM WEINST DU?

AUF MEINEM MP3-PLAYER LIEF ALS LETZTES;

WAS NERVT DICH?

AUF MEINEM NACHTTISCH LIEGT:

WAS FEHLT DIR?

DIE BESTE BAR DER STADT?

DEINE SCHLIMMSTE JUGENDSÜNDE:

WO SIEHST DU DICH IN 10 JAHREN?

DURCH DIE NACHT MIT...

UND WENN ALLE STRICKE REISSEN...

DEIN LIEBLINGSZITAT:


ZWEI AUS ZWANZIGTAUSEND

MEIN NÄCHSTES REISEZIEL:

WARUM WEINST DU?

AUF MEINEM MP3-PLAYER LIEF ALS LETZTES;

WAS NERVT DICH?

AUF MEINEM NACHTTISCH LIEGT:

WAS FEHLT DIR?

DIE BESTE BAR DER STADT?

DEINE SCHLIMMSTE JUGENDSÜNDE:

WO SIEHST DU DICH IN 10 JAHREN?

DURCH DIE NACHT MIT...

UND WENN ALLE STRICKE REISSEN...

DEIN LIEBLINGSZITAT:


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! SCHÖN, DASS EUCH ZUR QUELLE GEFALLEN HAT. UNS NÄMLICH AUCH.

NUN MÜSSEN UND WOLLEN WIR EINE JEDE STUDIERENDE ABER NOCH EINMAL GANZ OFFIZIELL EINLADEN, BEI UNS MITZUMACHEN. HABT IHR SCHÖNE PHOTOS, DIE IHR EUCH BEI UNS VEREWIGT VORSTELLEN KÖNNT? HABT IHR SCHÖNE TEXTE, DIE IHR BEI UNS VERÖFFENTLICHT WISSEN WOLLT? HABT IHR DIE UNBÄNDIGE LUST, MENSCHEN KENNENZULERNEN, DIE NICHT NUR SEHR NETT, SONDERN AUCH KLUG UND SEHR SCHÖN SIND? HABT IHR QUELLEN-BIER-DURST? WOMIT IHR UNS NOCH BEREICHERN KÖNNT SIND HÜBSCHE PHOTOS EURES HÄSSLICHEN MENSA-ESSENS, BESONDERE HANDOUTS, POWERPOINT PRÄSENTATIONS-FOLIEN, UNI FUN FACTS, FEEDBACK UND UND UND ZURQUELLEMAGAZIN@YAHOO.DE AUF FACEBOOK SIND WIR HIER: HTTPS://WWW.FACEBOOK.COM/ZURQUELLEISTGUT UND UNSERE HOMEPAGE FINDET IHR HIER: WWW.ZURQUELLEZAUBERT.DE ANSONSTEN TREFFEN WIR UNS ZWEIWÖCHENTLICH UND IHR SEID HERZLICH DAZU EINGELADEN, DEM ZAUBERN BEIZUWOHNEN. HEX, HEX.

BILDVERWEISE S.1 GUALTIERO BOFFI/ SHUTTERSTOCK.COM, S.14 BUNDESARCHIV BILD 183-R1220-401, S.24 JAGUAR PS/ SHUTTERSTOCK.COM, S.34 GWOEII/ SHUTTERSTOCK.COM, S.43 360B/ SHUTTERSTOCK.COM IMPRESSUM VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT NACH § 55 ABS. 2 RSTV: ROBERT HOFMANN CHEFREDAKTION DAVID BÄUERLE, ROBERT HOFMANN, RONJA KOLLS REDAKTION CANAN DENLI, MATTI GEYER, LEYLA SOPHIE GLEISSNER, CAROLIN GRIES, CHRISTOPH GROSS, ALEX HILCKMANN, OLGA KEDENBURG, ALIA LÜBBEN JAKOB MÜHLE, JAN RUSSEZKI, LAYOUT UND BILDER CHRISTOPH GROSS ADRESSE ROBERT HOFMANN, EMDENER STRASSE 56, 10551 BLN, 0160/94789088, ZURQUELLEMAGAZIN@YAHOO.COM FÜR DIE FINANZ. WIE INHALTL. UNTERSTÜTZUNG BEDANKEN WIR UNS HERZLICH BEIM STUWE POTSDAM UND DEM ASTA.


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ROBERT • ERNEST HEMINGWAY: FOR WHOM THE BELL TOLLS MASCHINENGEWEHRKNATTERN, SCHNAPS, DIE GROSSE LIEBE UND DER TRAGISCHE TOD DES PROTAGONISTEN VOR DER KULISSE SPANIENS IM BÜRGERKRIEG. EIN GANZ NORMALER HEMINGWAY EBEN. DAVID • JOACHIM LOTTMANN: DER GELDKOMPLEX PLEITE, NATÜRLICH IRONISCH UND DAUERGAST BEI KALTEN BUFFETS: DAS ALLES IST DER ALTERSLOSE MITVIERZIGER UND HIPSTERVERSTEHER LOHMANN. TOTAL IRONISCH UND VERDAMMT HIP. OLGA • KLAUS MANN: TREFFPUNKT IM UNENDLICHEN EIN MITREISSENDES BILD DER BOHÈME IM BERLIN DER ZWANZIGER IN IHREN GRUNDMOTIVEN ZWISCHEN SEHNSUCHT NACH ERFAHRUNG UND DER ÜBERFORDERUNG MIT EINER KRISENHAFTEN REALITÄT. LEYLA • PETER WEISS: ABSCHIED VON DEN ELTERN SCHMERZHAFT UND WEISE. ALI • SVEN REGENER: HERR LEHMANN VERPLANTER BERLINER BREMER, DER UNGERNE DARAN ERINNERT WIRD, DASS ER DOCH EIGENTLICH AUS DER NEUEN VAHR SÜD KOMMT. IM FILM VOM ULMEN GESPIELT. PASST. CANAN • PATTI SMITH: JUST KIDS ZWEI KINDER, DIE KÜNSTLER WERDEN. ZWEI FREUNDE, DIE SICH LIEBEN. ZWEI MENSCHEN, DIE LEBEN. DANACH SCHREIBZEUG & MALZEUG ENTSTAUBEN UND DIE MUSIK VOLL AUFDREHEN. JAN • OLGA GJRASNOWA: DER RUSSE IST EINER, DER BIRKEN LIEBT DIE PROTAGONISTIN REPRÄSENTIERT EINE EMIGRIERTE GENERATION, DIE SICH IRGENDWO ZWISCHEN ERINNERUNG UND SEIN, GRENZ-, ABER AUCH HEIMATLOSIGKEIT VERLIERT. MATTI • HANS FALLADA: JEDER STIRBT FÜR SICH ALLEIN AUF EINER WAHREN GESCHICHTE BERUHEND, WIRD DAS BEWEGENDE SCHICKSAL EINES EHEPAARES, DAS NACH DEM TOD IHRES SOHNES DEN LEISEN WIDERSTAND GEGEN DIE NAZIS WAGT, GESCHILDERT. ALEX • WOLFGANG LEONHARD: DIE REVOLUTION ENTLÄSST IHRE KINDER EINST WAR ICH KOMMUNIST, DANN LAS ICH DIESES BUCH. CARO • MAY AYIM: WEITERGEHEN DER LYRIKBAND VEREINT DIE GEDICHTE DER AKTIVISTIN MAY AYIM, DIE BIOGRAPHISCHES UND POLITISCHES MIT FEINFÜHLIGKEIT WIEDERGEBEN UND STEREOTYPISIERENDE DENKWEISEN AUFDECKEN. RONJA • LEONARDO PADURA: DAS HAVANNA-QUARTETT (VIERTEILIG) NOSTALGISCH UND MELANCHOLISCH: SO SIND HAVANNA UND PROTAGONIST MARIO CONDE. DER AUTOR ANALYSIERT IN KRIMIFORM DIE LEIDEN DER KUBANISCHEN GESELLSCHAFT. JAKOB • ALBERT CAMUS: DER FREMDE EIN BUCH ÜBER DIE WUNDERBARE ABSURDITÄT DES LEBENS UND DIE "ZÄRTLICHE GLEICHGÜLTIGKEIT DER WELT" AUF DER ES SICH BEWEGT.


D I S K U T I E R E O N L I N E M I T : W W W. Z U R Q U E L L E Z A U B E R T. D E


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