#9
Pro Campus-Presse Award BESTES STUDIERENDENMAGAZIN VON UND FÜR ZAUBERNDE
Ein herz für HORST SEEHOFER Ach, Horst. Dass dein Name nicht selten auch als Beleidigung genutzt wird, nehmen wir zur Kenntnis, reproduzieren es aber nicht, weil wir damit sicherlich anderen Horsts Unrecht tun würden, die keine regionalistischen (denn so besonders ist Bayern nun auch nicht, du … Peter), rassistischen und konservativen Dummköpfe sind. Unser Herz kriegst du, weil du es Fliehenden aus der ganzen Welt verweigerst. Refugees: »Welcome, auch zum Oktoberfest in der Columbiahalle!!!«
Editorial
Thema: Spielen
But when I come back, boy: I ’m comin‘ straight out ZurQuelle Mit der #9, dem Waschbären, wird hier einiges anders. Aber das ist okay: Für die vielen tausend Erstemestlerinnen wird zurzeit auch alles anders. Daher fühlt euch, ihr vielen hübschen, klugen, kreativen Köpfe, die ihr aus euren Käffern in die große Stadt strömt und uns Langzeitstudierenden die Masterstudienplätze wegnehmt, hier bei uns herzlich willkommen. Lasst euch vom Neoliberalismus nichts erzählen, studiert so lang ihr möchtet und schaut auch mal bei unserer Redaktionssitzung vorbei. Schöner wird das Studieren nicht. Bei uns ist es vor allem die Tatsache, dass wir für die Gestaltung die studentische Agentur sehen und ernten der HTW mit ins Boot geholt haben, oder besser: dass sie bereit waren, in unser kleines wackeliges Boot zu steigen. Die Redaktion hingegen ist die alte und sie war kreativ wie immer: Bei einem Titelthema wie Spielen fürchtet man (zurecht) die abgedroschensten Themen. Aber weit gefehlt, ihr Weitfehlenden! Da beschreibt unser Autor wohlklingend und in wolkigen Worten, wie viel Seele in einem Wettbüro zu finden ist. Auch kommt eine Schweizerin vor, die eine Deutsche spielt, weil das Publikum sie so unsympathischer findet. Und was wäre Spielen ohne Kindergeburtstage und Fußball? Die Spiele auf dem einen tragen nicht selten eine tiefgreifende gesellschaft liche Unsicherheit in sich, die auch schon mal auf handfestem Rassismus basieren kann. Die des anderen erzeugen eine nationale Stimmung, die es uns ermöglicht, in Zeiten des Friedens den blinden Kriegstaumel zu genießen. In der Mitte findet ihr dann ganz platt (Brett) ein Spiel. Spielt es! Die größten Gewinnerinnen kriegen von uns ein beliebiges Essen in der Mensa ausgegeben (inklusive Getränk)! Spielend halten wir also die gewohnte Qualität und ihr werdet es lieben, so wie auch wir es tun! Liebe und Frieden und eine kleine Loona. Robert Hofmann
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zQ#9 Character Selection
选择角色
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Robert > Geschichte/Soziologie
Fidélité > Kulturwiss./Französisch
»Yo te vi andando en la playa de Cancun, I saw that you miraba, baile el waintaintain!« (Loona)
»Für 2,5l Brühe benötigen Sie etwa 250g Staudensellerie.« (Thidavadee Camsong)
Christopher > Komparatistik »I saw a human pyramid once. It was very unnecessary.« (Mitch Hedberg)
Sarah > Journalistik
Friedrich > Politik/Verwaltung/Orga. »Cyclists. Red and green. Learn the bloody difference!« (Top Gear)
Marten > Dig. Medien
»…« (Angela Merkel)
»Ja Dicker. Du die Reifen, ich das Radio.« (Du die Reifen)
Thomas > Sinologie
Rita > Jura
»Nothing ends. It’s just a continuation, not a goodbye. Rather than saying goodbye or goodnight … I’m just going to get a drink. And I’m sure I’ll see you guys before I leave.« (Jon Stewart)
»And yes, as you probably could have guessed by now, I have decided to run for President in 2020.« (Kanye West)
Stephan > Psychologie
Alex > Technischer Umweltschutz
»Aw, you gotta be fucking kidding me ... Are you fucking kidding me?« (Eminem)
»It‘s not whether you win or you lose, it‘s how you play the game.« (Hank Moody)
Patrick > Wirtschaftsinformatik
Yana > Germanistik/Linguistik
»Ok ramblers. Let’s get rambling.« (Seth Gecko)
»Be groovy or leave, man.« (Bob Dylan)
Ali > Kulturwissenschaften/Anglistik »Die Zeit heilt und alle wundern sich nach all den Jahren, dass nichts bleibt als ein paar Stunden und Narben, da wo Wunder waren.« (Wir Sind Helden)
Samuel > Germanistik/Geschichte »Ob Gamba oder Scampi, ich sach immer Hauptsache Frutti!« (Armin)
Sören > Eskalation auf Lehramt »Ich hoffte, dass sich irgendwas von selbst ergeben würde, etwas Großes und Besonderes, ohne dass ich deswegen selber handeln musste oder gezwungen war, Entscheidungen zu fällen, die ich dann den Rest meines Lebens zu bereuen hatte.« (Karen Duve)
Silvan > Geschichte/Germanistik »And I don’t like to work. I only like working when I’m working.« (Bill Murray)
Anne > Germanistik/Anglistik »Zuviel des Guten kann wundervoll sein.« (Mae West)
Dinah > Kulturwissenschaft »Sometimes I think the surest sign that intelligent life exists elsewhere in the universe is that none of it has tried to contact us.« (Calvin & Hobbes)
Peter > Kommunikationsdesign »If you don’t love yourself, how in the hell you gonna love somebody else?« (RuPaul)
Wenke > Kommunikationsdesign »Wie herrlich ist es, dass niemand auch nur eine Minute zu warten braucht, um damit zu beginnen, die Welt langsam zu verändern« (Anne Frank)
Vivien > Kommunikationsdesign »God is in the rain.« (V wie Vendetta)
#9 Spielen
Wer spielt, sündigt nicht, heißt es. Das ist natürlich Unsinn, denn höchstens wer schläft, sündigt nicht. Wer aber schläft, kann auch nicht spielen. Deshalb sollte man es lassen. Verurteile nicht die Spielerin, verurteile das Spiel: Life is just a Game – so Loona, als sie sich noch Carisma nannte. Das Spiel des Lebens spielen. Was eine Metapher. Spielen macht aber mindestens genauso viel Spaß, wenn es nicht unmittelbar mit dem Leben in Verbindung steht. »Spielt« man Russisch Roulette? Die Spieltheorie will herausfinden, wie Menschen sich in bestimmten Situationen entscheiden – das klingt nicht nach einem Spiel. Super Mario: Das war noch ein Spiel. Oder Fußball: tolle Spiele. Auch ein gutes Spiel ist The Game. Der Rapper. Gibt’s den noch? Egal. Gespielt wird immer werden. Deshalb lasst uns spielen.
009
Free
! l Pope
Wenn du zuhause vor dem Laptop sitzt,
vielleicht auch auf den Fußnägeln)? Jetzt
tust du Dinge, die du nicht in der Öffent-
könnten wir aufschreien: »Ich will meine
lichkeit tun würdest, einfach, weil du dich
Privatsphäre zurück, ich will wieder unbe-
unbeobachtet fühlst. Vielleicht machst du
obachtet popeln!« und unsere Webcams
es dir hie und da mal selbst, die allermeiste
zukleben. Aber warum eigentlich nicht den
Zeit sitzt du allerdings nur da, schreibst
Spieß umdrehen?
einen Artikel für ZurQuelle, surfst bei Facebook oder liest Artikel auf Wikipedia über
In der Schule hatte ich einen Mitschüler, der sich aus Nervosität und ohne es zu
Aleuritinsäure. Dabei spielst du vergnügt
merken während eines Vortrags durchgän-
an dir herum.
gig an den Eiern herumspielte. Das sorgte
Für eine geübte Hackerin sollte es
für Gelächter. Aber das ist heuchlerisch:
kein Problem sein, auf deine Webcam
Alle spielen an sich herum, ausnahms-
zuzugreifen. Und das kommt vor: Häufiger
los. Das liegt in unserer Natur und selbst
als man denkt und mit Sicherheit häufiger,
die Queen popelt. Die durch Sozialisation
als wir das mitbekommen. Hackerinnen
erworbene Scham, es nicht in der Öffent-
sind gewitzt. Im Grunde wissen wir, dass
lichkeit zu tun, ist heutzutage eigentlich
unsere Privatsphäre nur noch eine Illusion
überflüssig.
ist. Diesen Vertrauensbruch beziehen wir
Auf die Straße zu gehen und unge-
aber meistens nur auf private Nachrichten
hemmt seine privatesten Teile zu kraulen,
und interne Social-Media-Beiträge. Doch
ist vielleicht die einzige Möglichkeit, das
wir können davon ausgesehen: Wer dazu
Tabu zu brechen. Denn sich für etwas ganz
in der Lage ist, uns über unsere Webcams
Natürliches zu schämen, das kann nicht
auszuspionieren, der wird es auch tun.
gesund sein.
Dennoch popeln wir ganz vergnügt,
Frank fruchtig
zwirbeln unsere Haare oder kauen auf den Fingernägeln herum (und manch eine dessert
In der Sprechstunde
Birgit Elsner
dozentin f端r entwicklungspsychologie
Interview von Stephan Heiden
011
Schon länger läuft die Debatte darüber, ob die Uni Potsdam kaputtgespart wird. Wie stehen Sie dazu? Ich stimme zu, dass die Uni Potsdam nicht gut finanziert ist, was auch daran liegt, dass Brandenburg ein armes Bundesland ist. Aber der Uni Potsdam muss zugutegehalten werden, dass wir aus wenig viel machen. Wir sind extrem erfolgreich beim Einwerben von Forschungsmitteln. Daher würde ich sagen, dass das, was im Department Psychologie geleistet wird, sich nicht von anderen Unis unterscheidet. Aber es wäre natürlich wünschenswert, dass sich das Land Brandenburg mehr Finanzierung für die Unis leisten könnte. Sie sind eine der Leiterinnen des BabyLAB. Was ist das BabyLAB. Was wird dort untersucht? Das BabyLAB ist eine spezielle Forschungseinrichtung, die auf die Bedürfnisse von Kleinkindern in den ersten Lebensjahren zugeschnitten ist. Es gibt zwei Abteilungen: die psychologische Abteilung, in der die Entwicklung der geistigen Fähigkeiten untersucht wird und die linguistische Abteilung, in der Untersuchungen zur Sprachentwicklung gemacht werden. Ich beschäftige mich mit der sozialkognitiven Entwicklung. Was hat Sie dazu inspiriert, sich auf die Kleinkindforschung zu konzentrieren? Ich habe am Max-Planck-Institut für psycho logische Forschung in München meinen Doktor gemacht. Danach wurde dort eine
Säuglingsforschungseinheit gegründet und mir eine Stelle angeboten. Dass ich diese annahm, sehe ich als die beste Entscheidung meines Lebens, weil ich diese Forschung ungleich spannender finde als jene mit Erwachsenen. Sie haben an der PIER-Studie mitgewirkt. Worum handelt es sich dabei? Das ist mein zweites Standbein und es geht hier um die Altersgruppe Schulkinder bis junge Erwachsene. Die PIER-Studie ist ein Längsschnittprojekt mit der Frage, welche Faktoren dazu beitragen, dass Kinder sich unauffällig entwickeln oder aber Probleme in der Entwicklung zeigen. Dabei interessieren wir uns vor allem für Lese- und Rechtschreibprobleme, Aggressionen, Depressionen und für Ess- und Gewichtsstörungen. Welche Bedeutung hat Spielen für Menschen? Spielen dient der Erholung. Es gibt zwar einen kompetitiven Ansatz, dieser ist aber nicht so wichtig. Bei Kindern fördert Spielen zudem die sozialen Kompetenzen und die geistigen Fähigkeiten. Sind Sie eine gute oder schlechte Verliererin? Ich glaube, ich bin eine schlechte Verliererin: Ich ärgere mich, wenn ich verliere und ich freue mich, wenn ich gewinne; aber es gelingt mir sehr gut, das zu verbergen. Auf die Frage, was Professorin Elsner von Loona hält, ist sie uns noch eine Antwort schuldig.
Foto: Surreal Name Given | Flickr | CC BY 2.0
Erasmus in Kopenhagen. Klar. In Madrid. Natürlich. In Istanbul. Logo … nein, halt! So manch eine mag die Stadt am Bosporus
geübte Leserin erahnt es schon, aus dem ausgiebigen Konsum alkoho lischer Gaumenschmeichler und der Teilnahme an
012
Mit ihren dezent derangierten Mitbewohnerinnen, die zwischen Ehekrieg und multiplen Persönlichkeiten nahezu alle Fa-
text DINAH PFAU
erasmus in ISTANBUL
(a)rhythmischen Tänzen in den heiligen Stätten des Erasmus. Tagsüber werden dann – so ein Auslandssemester dient ja schließlich dem kulturellen Austausch – mit allen anderen Gläubigen die Zeugnisse der türkischen Kultur bestaunt. Die Organisatorinnen sind meist einheimische Studierende, die sich mit viel Begeisterung den Besucherinnen aus Europa widmen. Lisa selbst studiert eigentlich recht gerne und verzichtet in der Regel auf den ekstatischen Gruppentaumel. Stattdessen geht sie zu ihrer Uni, dessen Gebäude ursprünglich als Einkaufszentrum konzipiert war. Wirklich praktisch mit der Rolltreppe in den Seminarraum und in den Pausen ins Erdgeschoss zum Kaffeetrinken bei Starbucks zu fahren. Wenn sie gerade nicht studiert, führt sie den Hund ihrer Mitbewohnerin spazieren. Weil es aber in Anbetracht der wachsenden Erasmusindustrie gar nicht mehr so einfach ist, eine Wohnung zu finden, muss sich Lisa arrangieren. Mit dem Hund: kein Problem.
Studium
den nahezu endlosen Staus der Stadt als auch die einer wahren Erasmusindustrie. Wer mit dem Bus vorankommen will, muss zwischendurch aussteigen und am Stau vorbeigehen, um in den nächsten Bus weiter vorne zu steigen. Überholen à pied – wie die Osmanin zu sagen pflegt. Dieses Spiel könnte auch Sisyphos gefallen, scheint es bei diesen endlosen Staus ja nahezu kein Ankommen zu geben. Doch letztlich kommt man eben doch irgendwann an seinem Ziel an. Die Uni ist dies für die meisten nicht. Sagt jedenfalls – nennen wir sie Lisa – Lisa, die ein Semester in Istanbul verbrachte. Auch hier folgen die meisten Austauschstudierenden nämlich dem animalischen Ruf des Erasmus und beteiligen sich ausgiebig an den Praktiken und Riten, die eine Eingliederung in die türkische Erasmuskultur erfordert. Diese bestehen, die
Tanz, taumel, tollwut
nicht automatisch als eine Erasmusstadt geläufig sein. Doch brummen gerade hier die Motoren, sowohl die der Kraftwagen in
ZQZAUBERT.DE
tet. Neben einer Impfung gibt es dort noch einen ehrenvollen Eintrag in das Martyrologium der Tollwutgeimpften. Trotz Tanz, Taumel und Tollwut, sagt Lisa, war es eine wundervolle Zeit. Selten hat sich die nun also Austauscherfahrene so willkommen gefühlt wie in der Türkei!
»Zum Moabiter Kiezspiel mutiertes Kartenspiel für Zauberer oder wahlweise Ninjas in spe.«
Durak:
DINAH
LIEBLINGSSPIEL DER AUTORIN
cetten eines komplizierten Miteinanders aufzufahren wissen, ist es schon schwieriger. Eine Wohnung zu haben ist aber bekanntermaßen besser, als keine zu haben. In jedem Fall sind die Spaziergänge zwischen organisierten türkischen Gassigeherinnen und gut gepflegten Straßenhündinnen geradezu eine Erholung. Wird man von diesen übrigens gebissen und besteht Verdacht auf Tollwut, dann ist das kein Problem, denn die örtlichen Krankenhäusern haben sich auf solche Fälle gut eingerich-
Studienabbrecher der Ausgabe:
Bruce Willis »Yippie-Ya-Yeah, Schweinebacke!« Dies ist einer dieser Ausrufe, der die Ausrufende vor allem dann besonders cool dastehen lässt, wenn sie sich dabei nicht noch einmal zum Universitätsgebäude umdreht, um ihrem abgebro chenen Studium einen letzten Blick zuzuwerfen. Coole Typen sehen sich schließlich auch nie nach der Explosion hinter ihnen um. Außerdem zollen sie damit einem Mann Respekt, der gut und gerne als Vorbild durchgehen kann. Auch Bruce Willis ist ein Studienabbrecher. Den Grundstein für seine Coolness legte er bereits lange vor seiner Karriere als John McClane, nämlich als Sicherheitsbeamter in einem Atomkraftwerk und als Privatdetektiv. Seine Muse aber forderte ihn heraus: Er begann ein Schauspielstudium. In einem Interview würde er später sagen, dass ein Collegeabschluss für ihn eine ähnliche Bedeutung hätte wie ein Bowlingpokal. Bowlingpokale sind zwar hübsch anzuschauen, aber jenseits derhell erleuchteten Bowlingbahn wenig wert, weswegen er sein Studium nach dem zweiten Jahr abbrach, um nach New York zu ziehen, an Theatern zu spielen und sinnvollere Erfahrungen zu sammeln. Die Achtziger verbrachte er so als Barkeeper in New York und Los Angeles, wo er mit Punkfrisur und gammeligen studium
Armyklamotten ein Casting für die Rolle als sprücheklopfender Privatdetektiv rockte. Er hing also seinen Cocktailmixer an den Nagel und machte den alten Beruf im wahren Leben zum neuen Beruf auf der Leinwand. Der Übergang von einer coolen Sau zu einer coolen Sau auf der Leinwand war nahtlos. In den darauffolgenden Jahren wurde er zum Actionhelden der Stirb Langsam-Reihe, die ihn, im Gegensatz zu seinem Bluesalbum The Return Of Bruno, weltberühmt machte. Danach gab es kein Halten mehr, weder für ihn, noch für seine Faust. Ob in Pulp Fiction oder im Gorillaz-Musikvideo, wo er hinschlug, wuchs kein Gras mehr – auch das hatte er sicher nicht im Schauspielkurs an der Universität gelernt. Stattdessen benutzte er seine Lebenserfahrung, um die Rollen zu spielen, um die ihn viele (vielleicht sogar alle, wenn man mal von Schwarzenegger und Stallone absieht) beneideten. Ob man seinen Verzicht auf die akade mische Bildung sympathisch findet oder nicht: Bruce Willis ist ein gutes Beispiel dafür, dass man einen Charakter nicht mit einem Studienabschluss in die Hand gedrückt bekommt und man auch einfach vom Leben fürs Leben lernen kann. Friedrich Riemann
016
Auch Frauen schauen Schmuddelkram und die Idee, dass man den Menschen ihre selbstbestimmte Sexualit채t vorenthalten kann, grenzt an Zensur. Fick diese ScheiSSe!
017 Text Rita jordan
Ich schaue gerne Pornos. Besonders gerne mag ich Filme, in denen die Frau mehr zu tun hat, als nur ihre Körperöffnungen zur Verfügung zu stellen und nett zu schauen. Mir ist egal, ob es vaginal, anal oder brutal ist und ob die Frau mit einer Frau, einem Mann oder zwölf Männern Geschlechtsverkehr hat. Solange sie den Sex genießt, bin ich zufrieden und geil. Allerdings vergeht mir regelmäßig die Lust, wenn ich merke, wie schwer es ist, solche Pornos zu finden. Zwar ist das Internet voll mit einschlägigem Material, aber wer nach Kategorien zwischen Gay und Fisting schaut, der wird das Tag Female Pleasure vergeblich suchen. Und entsprechend unwichtig
ist meistens auch, was die weibliche Rolle von der Handlung hält. Solche Pornos sind unrealistisch und langweilig. In Grossbritannien nimmt man es genauer Mir ist klar, dass das Genre einen schlechten Ruf hat, dass es hauptsächlich von Männern und fast ausschließlich für Männer produziert wird, Jugendlichen angeblich unrealistische Bilder von Sex vermittelt und die meisten Menschen nicht gerne über ihren Pornokonsum sprechen. Allerdings hatten hierzulande im letzten Jahr 12,5 % aller
aufgerufenen Internetseiten pornographische Inhalte. Damit werden in Deutschland weltweit am meisten Pornos angeschaut, was dem Thema wiederum eine gewisse gesellschaftliche Relevanz verleiht. Außerdem wurde im Dezember 2014 in England ein Gesetz erlassen, das auf Empfehlung des British Board of Film Classification (BBFC) unter anderem das Zeigen von weiblichen Orgasmen in Pornofilmen verbietet.
018
Das BBFC ist das Äquivalent zur deutschen FSK, der unabhängigen Kontrolle der Filmindustrie, und reguliert Produktion und Konsum im Vereinigten Königreich. Das neue Gesetz verbietet, zusätzlich zur weiblichen Ejakulation: Auspeitschen, Penetration mit »Objekten, die gemeinhin mit Gewalt assoziiert werden«, Beleidigungen und körperliche Misshandlungen (unabhängig davon, ob einvernehmlich oder nicht), Urophilie, Würgen, Facesitting und Fisting. Angst vor weiblicher Dominanz? Diese Auswahl ist die moralische Wertung eines Kommitees, das offenbar große Probleme damit hat, dass Frauen in Pornos dominante Rollen übernehmen und sich einvernehmlich gegenseitig wehtun. Zwar wirkt sich das englische Gesetz nicht auf den deutschen Markt aus, trotzdem ist es ein deutliches Zeichen dafür, dass Porno noch misogynistischer und sexistischer zu werden droht, wenn solche Regulierungen zunehmen und das ihnen zugrunde liegende Werturteil an Boden gewinnt. Denn mal im Ernst: Was ist an Frauen, die einen Orgasmus kriegen, während sie jemanden auspeitschen, gefährlich für die Gesellschaft? Wieso soll die sexuelle Freiheit, die sich sowohl Frauen als auch Männer so mühsam erkämpft haben, im Pornoformat nicht dargestellt werden dürfen? In England sieht die Gesetzgeberin durch diese Praktiken anscheinend ein gesellschaftliches VerStudium
ständnis von Sex in Frage gestellt, das sie sich zu schützen beauftragt glaubt. Die phallokratische Pornoindustrie freut sich darüber. Wer leidet darunter? Erstens die Darstellerinnen, denen während des Shoots der Orgasmus verboten ist. Außerdem machen es die Regeln besonders Indie-Produzentinnen schwer, die weiblich dominierte oder BDSM/Femdom-Filme produzieren, da deren Fokus auf der Lust der Frau am Sex liegt. Aber nicht nur die unmittelbar Beteiligten sind von den Gesetzen betroffen – auch Konsumentinnen sollten auf mehr als ein eindimensionales cumshotdominiertes Pornosortiment zugreifen können. Vor der Zensur solcher Praktiken muss Aufklärung stehen: Besonders sexuell Unerfahrene sollen wissen, dass alles erlaubt ist, solange es einvernehmlich passiert und nicht ernsthaft gefährlich ist. LIEBLINGSSPIEL DER AUTORIN
RITA Twister: »Quasi eine Vorstufe zum Kamasutra, darum kann man nicht genug twistern.«
Es ist gut, dass es in Deutschland (noch) kein vergleichbares Gesetz gibt, denn jeder Porno, in dem zum Beispiel eine Frau kommt oder die Darstellerinnen es geil finden, sich gegenseitig wehzutun und anzupinkeln, ist ein guter Porno. Denn Sex ist freiwillig und soll Spaß machen. Im echten Leben wie im Film.
f o h n h a b Post
b u l c
Du bist frisch in Berlin angekommen, hast
heute werden nur noch schlechte Vibes
deine Erstsemestertüte schon komplett
des Gebäudes verwiesen. Denn gute Laune
ausgetrunken und weinst dich angesichts
und Offenheit gegenüber allen, die eben-
der universitären Bürokratie allabendlich
diese Eigenschaften besitzen, zeichnen
in den Schlaf? Dann tanz dir stattdessen
den Postbahnhof aus. Bestes Beispiel: Die
die Liebe in den Leib! Du magst es bunt und
CLUBNACHT. Sie fährt schweres Geschütz
wild, kannst mit dem steifen Darkroom-
auf: Trash-Pop, Classics und Charts. Wenn
Getue nichts anfangen und willst einfach
dir hier nicht Loona unterkommt, dann geh
dein Herz an Musik und Schnaps verlieren?
dich bei der DJane beschweren!
Egal, welchen musikalischen Back-
Und wenn dein Herzblatt sich dann
ground du hast, im Postbahnhof wirst du
doch nicht mit dem seichten Popzeug
ihn bedient finden: Hier kann alles, hier
abspeisen lassen will, sondern viel-
muss nix! Auf der Wegen Hip Hop-Party
mehr davon überzeugt ist, dass Berlin
tanzt du zu Songs von Snoop Dogg aus all
»Elektrooo!« bedeutet, dann nimm es
den Jahrzehnten, die du bereits durchlebt
mit auf die GEH TANZEN!-Party. Hier
hast. Die VERSTÄRKER-Party zeigt dir, wo
könnt ihr nämlich genau das bei be-
der schwere Metallhammer hängt. Schwarz
sagter Musik tun. Der Postbahnhof
wird bei ihr fast genauso gern gesehen wie
kann nämlich für alle, und zwar alles.
im Darkroom des Berghain – nur nicht so exklusiv. Die Türpolitik tut ihr Übriges: Hier kommt sogar dein heimatliches Herzblatt rein, das sich deinen Berliner Hedonismus mal ein Wochenende lang aus der Nähe anschauen will. Früher wurden hier Postsendungen aus der ganzen Welt umgeschlagen,
UPCOMING EVENTS Sa. 03.10. Wegen Hip Hop Sa. 10.10. Verstärker Fr. 16.10. Mediziner Party WiSe 15/16 Sa. 24.10. Geh Tanzen Studi-Spezial Sa. 31.10. PBHF Halloween Party Anzeige
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Von Bargeldlo Boykott und Dosenbiertauschgeschäften Text PATRICK Reuter
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os-
»So, liebe Leute, in Kürze erreichen wir ScheeSSel. Das Wetter? Geht so, aber wird schon noch. Viel SpaSS und sauft nicht so viel, ihr wollt doch gute Erinnerungen mit nach Hause nehmen!«
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Ja, Mama, denke ich im ersten Moment. Dann schalte ich auf Festival-Modus um: Was für eine geile Bahnansage war das denn bitte? Ich trinke den letzten Schluck lauwarmen Bieres (79 Cent) und freue mich, die vierstündige Fahrt (39,99 Euro) endlich hinter mich gebracht zu haben. Ich steige aus dem komplett überfüllten Zug aus und atme erst einmal tief durch. Dabei beobachte ich die Leute um mich herum. Eine Gruppe junger Mädchen sticht mit ihren Asti-Flaschen aus der Bier trinkenden Masse hervor. Ich proste ihnen zu und mache mich auf, um das Partypendant des Jakobswegs zurückzulegen (149,99 Euro). So fühlt es sich zumindest an. Keine zwei Stunden später sind alle Freundinnen gefunden, das Zelt (49,99 Euro) aufgebaut und die Kohle (3,99 Euro) auf dem Grill (7,99 Euro) glüht. Ich lehne mich in meinen Campingstuhl (14,99 Euro) zurück und beobachte Super Mario, einen Minion und ein wildes Pikachu dabei, wie sie drei meiner Freundinnen beim Flunkyball fertig machen. Krasse Gang. Das Spiel bekommt einen neuen Kick, als ein paar Mädels eine Slow-Motion-Area um das Spielfeld aufbauen. Gute Idee, entschleunigt den Spielfluss aber deutlich. Letztlich führt es zu einem Unentschieden und alle Teilnehmerinnen studium
liegen sich in den Armen, als hätten sie gerade gemeinsam den WM-Titel im Flunken gewonnen (unbezahlbar). Der weisse Chip: eine Ausgeburt der Hölle Als die Sonne langsam untergeht, leeren sich die Camps um uns herum. Die ersten Bands treten auf. Bereits am Horizont erkenne ich die lange Schlange vor dem Eingang zum Festivalgelände. Auf dem Weg zur Bühne schlendere ich auf dem Campingplatz an einer fantastischen Erfindung vorbei: Eine Gruppe von Studentinnen hat Looping Louie in Übergröße nachgebaut. Statt einem Flugzeug surrt ein Bobbycar durch die Luft und die Spielerinnen versuchen es mithilfe von kleinen Wippen über ihre tellergroßen Spielchips zu befördern. Mit einem Bestechungsbier (79 Cent) kaufe ich mich in das Spiel ein und verpasse die ersten Auftritte. Ich begutachte das grüne Bändchen an meinem Handgelenk. An diesem hängt ein riesiger, weißer Chip, der dem bargeldlosen Bezahlen dienen soll. Das ist neu. Es missfällt uns. Spontan bilden Viktor, der eben beim Looping Louie dabei war, und ich eine Protestbewegung. Aber wir sind nicht bloß gegen die Bargeldlos-Chips, sondern
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auch gegen Bargeld, sind gegen den Kapitalismus und seine Seelenlosigkeit. Wir schneiden uns die Fessel des RFID-Chips von den Bändchen und begeben uns in die totale Freiheit. Nun setze ich mit Viktor meinen Weg in Richtung Bühne fort. Bis auf ihn habe ich nämlich alle meine Freundinnen aus den Augen verloren, aber das macht nichts. um glücklich zu sein. Schon gar keinen BarAls wir vor einem weißen Essenszelt auf geldlos-Chip. Ich sehe einige Menschen in eine lange Schlange von Bargeldlos-Chip- blauen Westen, die Müll sammeln und eine Kapitalistinnen Frau, die heißen treffen, die dort Kaffee verkauft. LIEBLINGSSPIEL DES AUTORS gestresst ansteAls sie auch hen, müssen wir mir einen davon PATRICK laut lachen. Wie verkaufen möchsie alle darauf te, deute ich auf »Für manche sind es nur geworfene Klötze, doch warten, endlich mein grünes Fesfür mich die epische Schlacht zwischen Gut und Böse, ein Kampf auf Leben und Tod: Kubb eben.« ihr Geld ausgetivalbändchen ben zu dürfen! und winke ab: Wir hüpfen wei»Sorry, wir sind ter unserem Ziel die antikapitalisentgegen un d genießen sorglos die Musik, tische Zelle auf diesem Gelände. Wer braucht die uns von allen Seiten beschallt. schon diesen Chip?« Sie schmunzelt und sagt: »Klar, Geld wird völlig überbewertet. Erst wenn der letzte Und den Müllpfand braucht ihr ja auch nicht Baum gerodet, der letzte zurück. Aber tobt euch aus Leute, der SpielFluss vergiftet … dann platz gehört euch, solange das Bier nicht alle wirst du merken, dass ist!« Touché; Recht hat sie ja. Woodstock ist du Festivalbändchen vorbei. Festivals sind für viele Menschen kein nicht essen kannst! Spaß mehr, sie sind ein knallhartes und gut kalkuliertes Business. Viel zu früh wache ich am nächsten MorTrotzdem: Ein Ort ist immer das, was gen auf und krieche aus dem Zelt. Um die man daraus macht. In den nächsten Tagen Zeit totzuschlagen, bis der Zeltplatz erwacht, bleibt dieser Platz mein eigener Spielplatz beschmiere ich einen Pumpernickel (35 Cent) und kein Business. Noch habe ich schließlich mit Nutella (20 Cent). Mehr braucht es nicht, Bier (79 Cent) zum Tauschen. www.zqzaubert.de
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m de t i m l e i p das S
l e i p S
Es gibt nicht viel, was an einem Montag-
entstehen. Natürlich ist die Sache etwas
morgen unspektakulärer sein könnte als
komplexer als Bonbons zu versprechen und
französische Grammatik. Selbst einer über
Striche zu machen. In vereinfachter Form
alle Maßen frankophilen Dozentin bleibt nur
trifft es aber den Kern: Sammeln, Verglei-
ein letzter verzweifelter Versuch, um dem
chen und Konkurrieren sind hierbei offen-
kollektiven Desinteresse entgegenzuwirken: Für jede richtige Antwort gibt es jetzt
sichtlich wichtige Komponenten des Konzepts. Es muss aber noch krasser werden:
ein Bonbon. Imaginär, ist klar, aber wow,
Kaum werden Killer-And-Explorer-Elemente
geil, Bonbons! Die Reaktionsfähigkeit ex-
eingebaut, also echter kompetitiver Wett-
plodiert förmlich. Einige wählen die noch
kampf und die Möglichkeit, vermeintlich frei
exquisiteren Pralinen. Können sie haben
und selbstbestimmt Erkundungen anzustel-
– es bleiben doch nur Striche auf der Tafel.
len, und wir möchten nie wieder aufhören,
So schafft diese virtuelle Banalität unver-
unglaublich langweilige Aufgaben zu erledi-
hofft ungebändigten Eifer und 90 Minuten
gen. Welch ein Traum.
fiebriger Grammatiklust. Es scheint so stu-
Schwedinnen fahren dank dieses Kon-
pide und trotzdem sammeln doch alle gie-
zepts schon langsamer Auto. Andere Men-
rig, wollen besser sein, wollen mehr Bon-
schen treiben mehr Sport oder sparen so
bons als die anderen haben.
Strom. So könnte die Zukunft der Arbeit, der
Natürlich ist Spielen super. Aber so?
Bildung, der Welt aussehen. Zumindest dann,
Langweilige, dumme Aufgaben in der ech-
wenn ist nach der Gamificationindustrie
ten Welt durch positive Spielelemente auf-
ginge. An Manipulation ist nicht zu denken,
zuwerten, ja in etwas richtig Geiles zu ver-
denn Spielen macht schließlich immer Spaß.
wandeln, das ist Gamification. Durch die
Noemi Christ
Spannung und Begeisterung beim Spielen soll in realen Kontexten mehr Motivation dessert
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Walking on the Edge
Spielhallen bieten ihren Besucherinnen mehr als man auf den ersten Blick annehmen mรถchte und kรถnnen der eigenen Existenz durchaus einen tiefergehenden sinn geben.
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Text Silvan Pischnick
Es sind Orte, die das Glück zwar nicht versprechen, aber doch erahnen lassen. Es sind Orte voller Sehnsucht und Hoffnung auf das schnelle Geld. Es sind aber auch Orte, an denen täglich mitzuerleben ist, wie schmal der Grat des Schicksals ist, der Lichtund Schattenseite des Lebens voneinander trennt. Wir alle kennen sie und wenn man
eine verhältnismäßig belebte Hauptstraße in den Innenbezirken Berlins – die Kantstraße in Charlottenburg, die Turmstraße in Moabit, die Hermannstraße in Neukölln – durchstreift, so sind sie bei bewusstem Hinschauen nicht zu übersehen, obgleich sie, derart eingebettet in das natürliche Stadtbild, im gleichen Zuge nicht einmal mehr weiter auffallen.
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Was nicht glänzt, ist auch kein Gold Ganz unabhängig davon, ob man schon einmal selbst die Türschwelle eines solchen Etablissements passiert hat oder nicht, so wird der gesellschaftliche Diskurs, der sich um diese Kreuzungen öffentlichen Lebens gebildet hat, nicht gänzlich an einem vorübergegangen sein. Denn: Es wird über das Glücksspiel gesprochen, gerade aufgrund jener gefühlten Omnipräsenz in der Öffentlichkeit. So machen gesellschaftlich anerkannte Vertreter des Fußballs, welche in großen Teilen der Bevölkerung anerkannt sind (Oliver Kahn) oder zumindest einmal waren (Lothar Matthäus), in Funk und Fernsehen Reklame für diese Branchen. Dass die Akzeptanz eines solchen Wirtschaftszweigs, dessen Erfolg ausschließlich auf dem finanziellen Verlust anderer Menschen basiert, noch weiter gefördert wird, wirft bei vielen Leuten Fragen bezüglich der ethischen und moralischen Mitverantwortung von Institutionen und Personen der Öffentlichkeit auf. Aus diesem Grunde eines vorneweg: Glücksspiel kann süchtig und abhängig machen. Ebenso ist es kein Geheimnis, dass im Jahr 2013 berlinweit bei 93 Prozent dieser gesellschaft
Einrichtungen kriminelles Verhalten festgestellt wurde, unter anderem im Bereich des Jugendschutzgesetzes. Trotzdem erfüllen sie eine essenzielle gesellschaftliche Funktion, die im gemeinhin geläufigen Bild, welches sie als Tempel des ohnehin sündhaften Glücksspiels darstellt, die lediglich einen Nährboden für das kriminelle Milieu bilden, unterzugehen scheint.
Das unendlich zeitlose Interieur Betreten wir also gemeinsam einen solchen Ort. Der Boden: häufig terrakottafarben gefliest, zum Teil aber auch mit grauem Rauhfaserteppich bestückt. Das Mobiliar: ebenso funktionale wie preiswerte schwarz furnierte Tische aus Pressholz. Je Tisch vier dazu passende Stühle, in der Regel mit weinrotem Kunstleder aufgepolstert. Auf den Tischen: Kugelschreiberstiftboxen mit einem dicken Packen an Wettscheinen und gut gefüllte Aschenbecher. Die Wände sind übersät von Bildschirmen, welche die wechselnden Quoten anzeigen und die relevanten Live-Spiele übertragen. Darüber hinaus eine zunächst profan erscheinende Korkpinn-
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LIEBLINGSSPIEL DES AUTORS
Silvan Rage. »Zeigt den wahren Charakter deiner Mitspielerinnen. Spielende i. d. R. : Das hasserfüllt geworfene Kartenblatt. Emotionale Grenzerfahrung.«
wand. Doch die Eingeweihten wissen und bei näherem Hinsehen erkennen es alle: Es ist die Ruhmestafel. Sie zeugt von Glücks pilzen oder gewieften Zockerinnen, die der Fortuna aus einer Neuner-Kombi-Livewette mit zwei Euro Einsatz 1500 Euro abgerungen haben. Die zu diesen mythischen Geschichten hinzugehörenden Wettbelege sind, nun in leicht angegilbtem Zustand und von den Zeichen der Zeit mitgenommen, penibel angepinnt – quasireligiös aufgeladen, da sie die versammelte (Wett-)Gemeinde in ihrem Streben nach »Glück« bestärken und somit der Selbstvergewisserung der Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns dienen.
Der tiefe Sinn Eine zentrale Stellung – räumlich wie ideell – nimmt der Tresen der Tippabgabe ein. Dient er auf den ersten Blick nur einem einzigen Zweck, nämlich der Realisierung dessen, wofür man nun mal da ist – dem Spiel, der Herausforderung des eigenen Fatums – so wohnt ihm noch eine zweite, entscheidendere Funktion inne. Er fungiert als ein Ort der sozialen Begegnung
und interkulturellen Kommunikation. Die Menschen tauschen sich unter dem Deckmantel des Spiels auf der Metaebene über die persönlichen Probleme und Sorgen des eigenen Lebens, aber auch über Erfolge sowie Weltansichten aus. Die Monologe über einen Wettschein, der durch einen ohnehin unverdienten Ausgleich in der siebten Minute der Nachspielzeit verloren wurde, erwecken dabei jedoch häufig den Anschein, dass die Wette selbst – unabhängig ob Triumph oder Verlust – nur als Anlass herhält, um über das eigene Leben zu referieren und sich mit seinen Mitmenschen darüber auszutauschen. In diesem Zusammenhang werden die Wagnisse des Spiels ausdiskutiert und Möglichkeiten ausgelotet, die darauf abzielen, Erkenntnisse zu gewinnen, die man wiederum außerhalb des Wettbüros anwenden kann. Dass hierbei auch kulturell bedingte Mentalitätsunterschiede – die ethnische Vielfalt eines Wettbüros lässt sich wohl nur mit dem biblischen Jerusalem vergleichen – aufeinandertreffen, führt dazu, dass das Wettbüro auch zu einem gesellschaftlichen Begegnungsort wird, der auch eine integrative Funktion erfüllt. Durch Gespräche über das Wetten; durch Gespräche über das Leben. www.zqzaubert.de
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Projektarbeiten, Character und Environment Designs von Studierenden des Studiengangs Game Design an der HTW Berlin.
Sara Han: Environment Design - GIMME SHELTER
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Franz Kรถhler: Environment Design - GIMME SHELTER
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Daniel Wunderlich: Projekt CONCRETE MEMORY
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Viola Sponagel: Character Design – Dr. Cantor
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Maren Gutt: Character Design - Projekt SHAPESHIFTERS
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Ruben Brockhaus: Character Design - Projekt SHAPESHIFTERS
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Der Ring als B端hne, der Kampf als Schauspiel. Wie schottisches Frauenwrestling seinem groSSen amerikanischen Bruder nacheifert und wie LAYLA ROSE ZUR ULTIMATIVEN ENDGEGNERIN WURDE. Text robert hofmann Gesellschaft
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Abgeschminkt und frisch gewaschen steht Layla Rose in der Menge und trinkt ein Bier. Sie unterhält sich mit Sicherheitskräften, Organisatorinnen und Fans, die sie immer wieder um ein Autogramm bitten. Auch auf Deutsch, ihrer Muttersprache. Freundlich geht sie auf jeden Wunsch ein, lässt Fotos schießen und sich die Hand schütteln. Ein ganz anderes Bild zeigte sie vor einer knappen Stunde: Als Mitglied der Frauenwrestlingtruppe Fierce Females trat sie im Rahmen des Come & Say G’Day-Kampfabends gegen Viper an. Viper wiegt 95 Kilogramm auf 173 Zentimetern. Wenn sie etwas fitter wäre, könnte sie wohl bei ihren männlichen Kollegen mithalten. Doch sie ist es nicht. Wer Viper sieht, denkt nicht an Sportlichkeit; an ein blitzschnelles Tier, das seine Beute mit einem blitzschnellen Biss töten kann, noch viel weniger. Dennoch ist sie eine imposante Erscheinung. Ebenso wie Layla Rose: Auch sie ist kräftig und macht den Eindruck, als könne sie problemlos einige Kilos stemmen. Ihr glaubt man, dass sie an die ganze Veranstaltung auch einen athletischen Anspruch stellt. Die Glasgowerin mag es simpel Die Fierce Females steigen drei, vier Mal im Jahr in Glasgow in den Ring, der inmitten einer Sportsbar aufgebaut ist. Dabei sehen ihnen dann je um die hundert Fans zu, denen simple Genüsse, ja die simpelsten aller Genüsse, eine Herzensangelegenheit sind – wie Frauenwrestling eben. Die eindrucksvollste Erscheinung des heutigen Abends stellt wohl eine Zuschauerin dar. Ihre knallroten Haare strahlen im glei-
ßenden Scheinwerferlicht und reflektieren es. In der Kombination bildet sich so ein interessantes Zusammenspiel der Lichter, die auf die Kontrahentinnen im Ring fallen. Die Frau mit den roten Haaren ist dazu etwa so breit wie hoch. Das überrascht jedoch kaum angesichts der kulinarischen Genüsse, die Glasgow zu bieten hat: Viele Restaurants bestehen nur aus einer Vitrine, in der es allerlei Köstlichkeiten zu bestaunen gibt. Aus diesem mannigfaltigen Sortiment kann sich der Gast dann etwas heraussuchen, damit es paniert und in eine gigantische Fritteuse geworfen wird. Der Klassiker ist hierbei der frittierte Mars-Riegel. In Glasgow ist man stolz auf solche Vorlieben. Die Arbeiterinnenstadt ist berüchtigt für ihre Anwohnerinnen, deren schwerer Dialekt das Verständnis für Außenstehende nahezu unmöglich macht und sich über die Stadt legt wie schwerer Zigarrenrauch, der zwar angenehm duftet, aber die Sicht erschwert und die Augen tränen lässt. Als sich vor einigen Jahrzehnten die Wirtschaftsstruktur änderte, die Industrie nach und nach verschwand, wandelte sich damit auch die Sozialstruktur. Heute ist Glasgow eine arme Stadt und stolz darauf – ähnlich wie Schottland im Allgemeinen. Auf die englische High Society bildet man sich nichts ein, im Gegenteil: Am liebsten wären die Schottinnen unabhängig, zumindest knapp 50 Prozent von ihnen. In Glasgow liegt der Anteil höher; Engländerinnen auf ihren fancy Pferden, mit ihren Royals, ihren Steuern und ihrer arroganten Art braucht hier niemand. Kein Wunder, dass die Schottinnen tendenziell linker wählen als ihre südlichen Nachbarinnen und sich so manche vernünftige Engländerin fragt, www.zqzaubert.de
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was nur aus Großbritannien werden solle, wenn die Schottinnen ihre Unabhängigkeit bekämen. Denn dann würden die Stimmen der konservativ-neoliberalen Landsleute ungleich mehr ins Gewicht fallen. Und es gibt den Glasgow-Effekt: Menschen in Glasgow sterben früher. Früher als im Vereinigten Königreich und auch früher als in einem Großteil des restlichen Europas. Wissenschaftlerinnen können sich das zwar nach wie vor nicht erklären, doch die vielen Messerstechereien, die ungesunde Ernährung und der übermäßige Alkoholkonsum konnten als Ursachen bereits ausgeschlossen werden. Brutale Unterhaltung für die ganze Familie Die Frauen der Fierce Females lassen es sich nicht nehmen, ihren weitaus populäreren Kollegen männlichen Geschlechts nachzueifern. Sie sind nur ein kleines bisschen bekleideter, was allerdings auch damit zusammenhängt, dass sie ein paar sekundäre Geschlechtsorgane mehr in Form und unter Verschluss zu halten haben. Niemand will das Ansehen dieser brutalen Familienunterhaltung gefährden. Auch in Sachen der Gewaltdarstellung will man dem männlichen Pendant nämlich in nichts nachstehen. Layla Rose schlug Viper während des Kampfes zum Beispiel einen Klappstuhl ins Gesicht. Bei einem weiteren, weit aufregenderen Kampf, wurde eine Kontrahentin von der anderen mit dem Sodaschlauch hinterm Tresen gewürgt. Zuvor gesellschaft
hatten sich die beiden einen erbitterten Kampf durch den ganzen Barraum geliefert, wobei sie sowohl sorgam darauf achteten, jegliches Inventar einmal als Waffe genutzt zu haben, als auch nichts kaputt zu machen. Nachdem Viper den Stuhl kassiert hatte, ging der Kampf normal weiter. Mal ging die eine zu Boden, mal die andere. Am Ende siegte Viper. Sie hatte Layla auf die Schultern genommen und sich rücklings fallen gelassen. Danach stand Frau Rose nicht mehr auf und der Kampf war vorbei. LIEBLINGSSPIEL DES AUTORS
ROBERT Fang den Hut: »Ich habe den Hut nie gefangen aber ohne Aufgaben geht der Mensch kaputt. Deshalb versuche ich weiter, den Hut zu fangen. Loona«
Beim Rumble in the Jungle, der im selben Lokal stattfand wie der Come & Say G’Day, errang Viper schließlich den Titel der schottischen Meisterin. Dass man eine zukünftige nationale Meisterin beobachtet hatte, war aber nicht leicht zu erkennen. Ihre Bewegungen wirkten abgehackt, die akrobatischen Einlagen hölzern und nicht selten schien es, als müssten sich die beiden Gegnerinnen für
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besonders ausgefeilte Attacken gegenseitig buchstäblich unter die Arme greifen. Man war wirklich versucht zu glauben, Professionelles Wrestling sei nichts weiter als Entertainment und Schauspiel, als zeigten die Frauen im Ring eher eine Art Performance, die den Ring zur Bühne werden ließ. Die ultimative Endgegnerin Obwohl Layla Rose in deutschen Na tionalfarben antritt, ist sie keine Bundesbürgerin. Sie hat zwar ein paar Jahre in Berlin gelebt, doch eigentlich ist sie Schweizerin. Ihre Deutschkenntnisse dienen ihr dazu, ihre Rolle auszufüllen: Sie ist die Deutsche. Und zwar mitsamt aller brutalen Vorurteile, die in der Regel dazugehören: Sie beleidigt nicht nur die Kontrahentin, sondern auch den Schiedsrichter in harschem Befehlston. Als sie deutschsprachige Zuschauerinnen bemerkt, beschimpft sie auch die. Sie guckt stets grimmig und schert sich einen Dreck um die Sympathie des Publikums. Damit ist sie Teil einer alten Tradition im Pro-Wrestling: Als »heel« ist sie eine der Antagonistinnen, die die Protagonistin, das »face« oder »babyface«, gut aussehen lassen sollen. Sie kämpfen unfair, kratzen, beißen oder benutzen Waffen – Stühle etwa.
Ist Layla Rose an diesem Abend also nur eine Aufbaugegnerin für Viper, ein Mittel, um dieser den Weg zur Meisterschaft zu ebnen und ihr Profil zu schärfen? Es scheint fast so, denn ihr ganzes Auftreten mitsamt der schwarzen Strapse, dem roten Korsett und der schwarz-rot-blonden Haare lassen vermuten, dass hier eine eindrucksvolle Endgegnerin geformt wurde. Storytelling ist im Pro-Wrestling Teil des Konzepts. Charaktere werden über Jahre hin entwickelt, persönliche Beziehungen langsam entfaltet. Aus Feindschaften werden dabei Freundschaften und nicht selten entstehen echte Stars. Aus einer Hochphase des Pro-Wrestlings in den Achtzigern stammt etwa Hulk Hogan. Sein Auftritt als der Wrestler Thunderlips in Rocky III zeigte, wie weit es das seinerzeit schon fast abgeschriebene Pro-Wrestling dank Fernseh- und VHS-Kultur bringen konnte. Auch wenn der Hype abflaute, ganz verschwunden ist Wrestling nie. Dwayne Johnson braucht sich auch heute schon nur bei seinem Mittelnamen »The Rock« nennen, um die eigene Schauspielkunst zu vermarkten, der er sich damals in den Ringen der World Wrestling Federation bediente. Früher heel, heute face. Mitte der Nullerjahre nämlich begann die WWE damit, Filme zu produzieren. Die Storys der stumpfen Genrefilme sind ähnlich komplex wie die im Ring. Layla Rose hingegen weiß sehr genau, was Sache ist: »Das ist alles echt«, sagt sie mit ernstem Blick, »dass ich verloren habe, ärgert mich … wirklich« und nimmt darauf einen großen Schluck von ihrem Bier. www.zqzaubert.de
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Oh my, die gute deutsche Schadenfreude!
ist im Arbeits- und Unialltag eher selten,
So voller Spott und Häme, so höhnend;
wird dafür aber im Fernsehen bereits seit
Ausdruck einer der vielen dunklen Seiten
Jahren immer salonfähiger. Stichwort:
menschlicher Psyche. Und doch, so fanden
Castingshows. Hier wird offene Schaden-
japanische Wissenschaftlerinnen heraus,
freude gelebt. Allerdings grenzt die in
aktiviert Schadenfreude das Belohnungs-
diesem Fall bereits hart an Niedertracht.
zentrum im Gehirn. Die hämische Freude über das Unglück anderer ist also neu-
Zum Glück veraltet klassisches Fernsehen zusehends und steht Unterhaltung
rologisch betrachtet eine gute und wohl-
aus aller Welt auf großen Videoportalen
tuende Sache. Klar: Homo homini lupus
zur Verfügung. Wer sich also etwas Gutes
est, das wussten schon die Römerinnen.
tun möchte, der sei hier Japan angeraten.
Der Mensch steht in einem konstanten Konkurrenzkampf. Der durch ihn entste-
Nirgendwo wird das Sanus-Per-Schadenfreude-Segment origineller und dämlicher
hende Druck muss unbedingt rechtzeitig
bedient als mit Batsu-Games. Diese sind
abgelassen werden, denn niemand möch-
fester Bestandteil japanischer Fernseh-
te vor Neid gelb werden, sondern vorher
kultur. Es gibt dort zum Beispiel eine so-
lieber den spöttischen Finger der Scha-
genannte Chinko-Maschine. In diese sind
denfreude in den Hals stecken. Klar, das
mehrere männliche Kontrahenten einge-
allgemeine Gegeneinander ist heutzutage
spannt. Bei einer falschen Antwort auf
zwar nicht mehr immer augenfällig, doch
eine der Fragen, die ihnen gestellt werden,
Subtilität ist vielleicht gar das größere
schlägt ihnen die Maschine in das Chinko,
Gärmittel für Neid. In der Regel äußert
das Gemächt. Hahaha, ins Gemächt, haha!
sich dieser nämlich nicht öffentlich. Auch
Christopher Gripp
bei der Schadenfreude unterscheidet man zwischen heimlicher und offener. Letztere dessert
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Schlachtfeld Fussball: Der Ball als Spielzeugwaffe?
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Die Welt liebt FuSSball. F端r viele ist er die Welt. Aber muss der WM-Titel deshalb folgerichtig die Weltherrschaft sein? Was ist zu halten von den vielen Kriegsmetaphern im Sport und der psychologischen Kriegsf端hrung in der Presse? Text samuel waldorf
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Deutschland 2014: Mario Götze erzielt den Siegtreffer und rettet die Nation! Wir sind Weltmeisterin, wir sind endlich wieder wer! Genau einhundert Jahre nachdem Deutschland jubelnd in den ersten Weltkrieg marschierte und sich gleich danach im zweiten Versuch noch tiefer in die Scheiße ritt, hängen wieder massenhaft deutsche Fahnen aus den Fenstern. Dazu mussten wir nur Brasilien überrennen (das Wort Blitzkrieg fiel in der Presse etliche Male) und im Entscheidungsspiel die Granate über die schwache Flanke ins Ziel befördern. Miro Klose ward »der neue Bomber der Nation«, Neuer »der Torwart aus Stahl« und alle zusammen zeigten sie uns bei der Siegesfeier auf der Straße des 17. Juni wie die »Gauchos« gehen: Gebückt, sie gehen gebückt. Die Deutschen jedoch gehen erhobenen Hauptes und sind endlich, endlich wieder stolz auf ihr Land. Ein Sport und tausend Fettnäpfchen Selbst die Deutsche Nationalmannschaft ließ es sich im »Eifer des Gefechts« nicht nehmen, ihre Gegner zu verspotten. Das war ziemlich intolerant und peinlich. Die DFB-Elf waren aber nicht die einzigen, die sich zu fragwürdigen Äußerungen hinreißen ließen und jede, die nur 90 Minuten während der WM in einem Lokal mit Spielübertragung verbracht hat, ob nun Altberliner Eckkneipe oder hippe Bar in Neukölln, kann das bestätigen. Allerdings hört es vor der Kneipentür kultur
LIEBLINGSSPIEL DES AUTORS
SAMUEL Street Fighter Alpha 2 für die SNES: »Damit wurde in meiner Kindheit noch jede Meinungsverschiedenheit gelöst. Und ich hatte immer recht. Ryu wins!«
nicht auf, geschweige denn an der deutschen Landesgrenze: Die Bild präsentierte Frankreich vor dem Spiel auf der Titelseite als Brathähnchen, die englische Sun packt alle Jahre wieder den hässlichen Deutschen samt Pickelhaube aus, die Twitter- und Facebookbeiträge zum Spiel USA gegen Japan sollen hier nicht wiedergegeben werden. Wer aber auf Geschmacklosigkeit und Atombombenwitze steht, kann das Zeug gerne googlen. Warum aber wird für die Beschreibung von Sport diese Rhetorik verwendet? Die Verantwortung, möchte man annehmen, tragen einzelne Idiotinnen, Boulevardblätter und Onlinetrolle, die von Provokationen leben. Betrachtet man die für den Fußballbericht benutzte Sprache, wird schnell klar, dass die Verbindung zwischen Krieg und dem allerliebsten Ballsport der Welt schon immer bestand: Angriff, Verteidigung, Schuss, Flanke, Treffer, Gegner, Sieg, Niederlage. All das sind Kriegsmetaphern, die uns gar nicht mehr als solche auffallen. Als der Fußball zu Beginn des 20. Jahrhunderts rasant an Bekanntheit gewann, waren sie jedoch bewusst gewählt: Kriege und die Militärsprache stellten eine für alle Europäerinnen nachvollziehbare
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Größe dar, Übertragungen im Radio oder Berichte in der Zeitung waren so allgemein verständlich. Es lag aber auch an der Nähe beider Gegenstände: Sport war schon immer ein Kräftemessen von Konfliktparteien in Friedenszeiten: Ganz früher waren es im Clinch stehende Poleis, später verfeindete Ritter, dann Staaten und Nationen. Ob man nun die Meinung vertritt, dass die Sprache die Realität beeinflusse oder die Realität unsere Sprache: beides ist schon lange miteinander vernetzt und die Grenzen sind nicht leicht zu ziehen. Fast genauso alt wie die Kriegsmetaphern im Fußball sind auch viele der Ressentiments, die alle Jahre wieder salonfähig werden. Eben dann nämlich, wenn die »Erzfeinde« auf dem Spielfeld aufeinandertreffen. Sei es nun Holland, England oder Frankreich gegen – na klar: Deutschland. Nationalismus ist Nationalismus ist Nationalismus
Fahne zu vereinen, heißt auch immer, andere auszuschließen, sich gegen sie zu positionieren. Solange dies sportlich geschieht, mag vielleicht darüber hinweggesehen werden. Bei weitem nicht alle Fans schüren Hass und wärmen alte Vorurteile auf. Ein bisschen Gestichel, danach werden Hände gereicht: Man zeigt gegenseitigen Respekt und alles ist gut? Es wird ja angenommen, dass kriegerische Handlungen zum Wesen des Menschen gehören. Leider scheinen sich kriegerische Konflikte im weltweiten Blick in den letzten Jahren zu mehren und die Zukunft mag nicht zu optimistisch betrachtet werden. Ohne das Kicken sähen die Dinge aber vielleicht noch schlimmer aus. In jedem Fall: Da wir von beidem noch nicht die Finger lassen können, könnte das zynische Fazit lauten: Wenn schon Krieg, dann doch lieber mit Ball.
Bild links: Statue of Bobby Moore at Wembley Stadium | Wikimedia Commons Bild rechts: Bismarck statue | Martin Fisch | Flickr | CC BY-SA 2.0
Auf der anderen Seite steht die vielbeschworene integrative Wirkung des Fußballs. Fußballer und Fans feiern gemeinsame Erfolge, der Respekt voreinander wächst, Özil, Khedira oder Boateng sind gemeinsame Vorbilder. Das transportiert eine wichtige Botschaft: Wir sind ein Team, egal welcher Herkunft wir sind. Und die Welt sieht »unsere Jungs« und bewundert sie. Dennoch: Auch ein angepasster, salonfähiger Nationalismus bleibt Nationalismus. Sich unter einer www.zqzaubert.de
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Das bestespiel r te u p m Co der Welt Desert Bus aus dem Jahr 1995 hat sich den
ordentlich heizen? Nein. Schneller als 45
Ruf des schlechtesten Videospiels aller Zei-
Meilen pro Stunde geht’s nicht, und der Bus
ten erworben. Als Parodie auf hyperrealis-
schert kontinuierlich nach rechts aus, so
tische Simulationen und als Kommentar auf
dass man immer hübsch wachsam lenken
ein Medium, das oft an unsere niedrigsten
muss – keine Müdigkeit am Steuer! Driftet
Instinkte appelliert, ist es wahrscheinlich
man zu weit von der Straße ab, kommt der
das beste Computerspiel aller Zeiten.
Bus zum Stillstand, und du musst auf den
Konzipiert vom Zauberkünstlerduo Penn
Abschleppwagen warten, der dich nach
& Teller und ursprünglich bestimmt für die
Tucson, Arizona, zurückbringt. Eine demü-
Veröffentlichung auf der kurzlebigen Spiel-
tigende Niederlage, die sich wiederum in
konsole Sega Mega CD, hat Desert Bus nie
unendlich zäher Echtzeit entfaltet. Nur der
die Ladenregale erreicht. Aber das Kon-
Kontinentaldrift zuzugucken ist noch härter.
zept war von so erstaunlich luzider Klar-
Für den erfolgreichen Abschluss dieser be-
heit, dass irgendjemand es für richtig und
schwerlichen Reise erhält die Spielerin einen
wichtig hielt, das Spiel auf rechtlich nicht
Punkt. Dann tritt man die Rückfahrt an, wei-
ganz einwandfreie Weise in die Öffentlich-
tere acht Stunden für einen weiteren Punkt.
keit zu leaken.
Maximal möglicher High Score: 99 Punkte.
Ziel des Spiels ist es, einen Bus von
20 Jahre nach der gescheiterten Ver-
Tucson, Arizona, auf schnurgerader Stre-
öffentlichung kannst du Desert Bus für nur
cke durch ein Nichts von Wüstenlandschaft
neunundneunzig Eurocents auf dem Handy
nach Las Vegas, Nevada, zu fahren: eine
(iOS/Android) spielen. Das bedeutet, dass
achtstündige Fahrt. Natürlich in Echtzeit.
man den virtuellen Bus von Tucson nach Las
Gibt es andere Verkehrsteilnehmerinnen zu
Vegas fahren kann, während man im realen
beachten? Nein. Kann man das Spiel pau-
Bus von Tucson nach Las Vegas fährt. Geil.
sieren? Nein. Sind immerhin Passagierin-
Sören Maahs
nen an Bord? Nein. Kann man wenigstens dessert
Break it off Das ultimative StudienabbruchsspieL
Das Spiel funktioniert denkbar einfach, weswegen du kaum zu denken brauchst. Beginnen tust du mit der Immatrikulation, wie alle anderen das auch tun. Ziel des Spiels ist es, so lange wie möglich im Hamsterrad des Studiums umherzurennen, bis der rettende Studienabbruch dich endlich erlöst. Aber sei achtsam! Ab dem sechsten Semester baumelt das Damoklesschwert des Studienabschlusses gefährlich über dir. Gespielt wird der Reihe nach, von links nach rechts. Die Älteste beginnt. Es gibt zwei Möglichkeiten, die euch weiterziehen lassen:
Wertigkeit: Semester weiter Zauberkarten: 3 Semester weiter Streberkarten: 2 mester weiter STDI-Karten: 1 Se mester weiter Arschkarten: 3 Se
1. Die Zauberkarte Zu Beginn werden die Zauberkarten mittels Auslosung gleichmäßig unter den Spielerinnen verteilt. Tritt während des Spiels ein Ereignis ein, darf diejenige Spielerin, die dieses mit der zugehörigen Zauberkarte gezogen hat, weiterziehen, egal, ob sie an der Reihe ist oder nicht.
2. Die Activity-Karten: Streberkarten: Zu Beginn zieht die erste Spielerin eine Streberkarte mit einer Aufgabe. Diese muss die Spielerin erfüllen, um die angegebene Zahl an Semestern vorrücken zu dürfen.
Arschkarten & STD-Karten Nach erfolgreichem Abschluss der Regelstudienzeit werden statt der Streberkarten abwechselnd Arsch- (gerade Semester) und STD-Karten (ungerade Semester) gezogen. Wenn die Aufgabe der Arsch- und STD-Karten nicht erfüllt wird, muss die Spielerin entweder erst ihre Geschlechtskrankheit therapieren lassen und eine Runde warten bis ihr eine neue Aufgabe auferlegt wird (STD-Karte), oder ihr Studium zähneknirschend abschließen (Arschkarte).
Wer als erste ihr Studium abbricht, hat das Spiel gewonnen. Eine Spielerin kann sofort gewinnen, sollte sie direkt nach ihrer Immatrikulation die
Dümmste Karte der Welt ziehen. Führt sie die Aufgabe darauf erfolgreich aus, kann sie ihr Studium direkt abbrechen und wird von der zQ auf ein leckeres Mensaessen eingeladen (limitiert auf 10 Gewinnerinnen). 14
Um auf die Karten zugreifen zu können, gehe auf:
www.zqzaubert.de/BreakItOff Solltet ihr Ideen für weitere Spielkarten haben, dann hinterlasst diese einfach in Form eines Kommentars.
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off Break it ulatio n
13 12
Immatrik
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1 2
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D Ka üm rte ms de te rW elt
Break it off
Immatrikulation
1
Abbruch: Glückwunsch!
Du hast das Ziel erreicht.
2 Spielfiguren werden improvisiert.
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De in b Ein est Schn fa e V itt Hie ch w orau ist s r g eite sse cho ibt rm tzu n v ‘s n ach ng ers ich en en a aut ts wie lso , zu seh bish . en. er.
12 Studienabschluss:
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Pech gehabt
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8 Bier in der M Fick die Vo ensa? rlesung!
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What ever happened to my Kindergeburtstag? Waren Kinder in den 90ern etwa allesamt Rassistinnen? Und waren Geburtstage wirklich so schön, wie sie unsere Erinnerung nacherzählt? Text Yana Duckwitz
Wer seinem vierten Lebensjahrzehnt in rasantem Tempo entgegenstolpert und die eigenen Geburtstage zumeist nur als schwitzende Gastgeberin in der Küche verbringt, denkt beizeiten sicher an den Zauber, den diese Tage einst auf sie auswirkte. Nächtelange Schlaflosigkeit und dabei nichts als die bunten Geschenke, leckeren Kuchen und wilden Spiele im Sinn. Quiekende Kreischkrämpfe unkontrollierter Kinder Aus der sicheren Perspektive der postadoleszenten Wohlfühlzone heraus ist so ein Kindergeburtstag jedoch eine zwiespältig zu bewertende Veranstaltung und die Fotos von früher verfälschen die Erinnerung. Denn wer klebt schon Bilder von weinenden Kindern
in sein Album? Und klar ist: Geheult wurde immer. Und das Geburtstagskind, das an diesem Tag natürlich toller und besonderer war als alle anderen Kinder, war aufgrund der unerfüllbaren Erwartungen an diesen Tag geradezu prädestiniert für die wildesten Tränen- und Wutausbrüche. Zu den besonderen Geburtstagsprivilegien gehörte unter anderem das Eröffnen der Spiele. Und was da so gespielt wurde in den frühen Neunzigern! Wenn Mutti sich nicht die Nacht um die Ohren geschlagen hatte, um ausgefallene Stadtrallyes und Schnitzeljagden für zwanzig Kinder auf die Beine zu stellen, griff man auf die üblichen Standardspiele aus dem Kindergarten zurück. Allein beim Gedanken an die Titel höre ich den UN-Menschenrechtsrat an die Tür klopfen: Ein großer Renner war beispielsweise das »Negerkuss«-Wettessen ohne www.zqzaubert.de
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Zuhilfenahme der Arme, bei dem man sich unter dem Quieken und den Anfeuerungsrufen der Umstehenden vollständig mit Sahne beschmierte. Hatte man die Möglichkeit, die Spiele nach draußen zu verlagern, ließen wir uns bei »Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?« jagen. In der kleinsten Hütte hingegen war Platz für die »Reise nach Jerusalem«, bei der aus irgendeinem Grund immer einer nicht mitdurfte. NPD-Dorffest und Kinderparty: what’s the difference? Heutzutage klingt das alles sehr stark nach NPD-Dorffest und mittlerweile wurde der »schwarze Mann« immerhin durch weiße Haie oder Ähnliches ersetzt. Dabei KULTUR
ist der Spieltitel überaus passend, wenn man den Ursprung der Kinderschreckfigur bedenkt. Der Name ist zurückzuführen auf die Pest, den »schwarzen Tod«. Damals war der »schwarze Mann« eine schwarzgekleidete Person mit gruseliger Maske, die die Pest toten abholte. Folgerichtig sind die Spielregeln superklug: Jede, die angetippt, also von der Pest befallen wird, ist selbst Träger der Krankheit und am Ende bleibt nur eine gesunde Gewinnerin übrig. Ein prima Geschichtsspiel eigentlich. Trotzdem klar, dass das Spiel aufgrund seines Titels heute an Beliebtheit eingebüßt hat. Wissen wir doch, dass sich nicht nur Krankheiten, sondern auch Rassismus rasend schnell unter Dummköpfen ausbreiten kann. Bei der Reise nach Jerusalem gab es keine Namensänderung. Überhaupt ist die
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LIEBLINGSSPIEL DER AUTORIN
YANA »Als bekennende Gesellschaftsspiel-Hasserin und Bücherwürmin lockt man mich nur mit Knickgedichten und Harry-Potter-Quizfragen an den Tisch.«
Herkunft des Namens bei diesem Spiel nicht vollständig geklärt. Man munkelt, er könne sich auf die mittelalterlichen Kreuzzüge beziehen, oder auf das begrenzte Platzangebot auf Auswanderinnenschiffen zur Zeit des Zionismus. Kinderreime lassen Menschen sterben Auch musikalisch stößt man im Nachhinein auf viele befremdliche Textzeilen aus der Kindheit: Zehn kleine Negerlein war für uns damals ein super Song, bei dem man das Rückwärtszählen perfektionieren konnte. Zurück geht es auf das amerikanische Lied Ten Little Injuns von 1868, mit dem zunächst Indianerinnen diffamiert wurden. Schon ein Jahr später wur-
de es zu Ten little Niggers umgereimt und damit zum Standardrepertoire der US-amerikanischen Blackface-Minstrel-Shows. In ostdeutschen Kindergärten lernte man zudem noch ein Lied, das vor dem Kaffee als einem »Türken-Trank« warnte: »Sei doch kein Muselmann, der das nicht lassen kann«, wurde den Kindern da eingebläut, denn das Getränk mache sie »blass und krank«. Zu der Zeit, in der Carl Gottlieb Hering den Song komponierte, wurde das Osmanische Reich gern als »kranker Mann am Bosporus« verhöhnt und die Türkinnen als nervöse, kranke Koffeinsüchtige präsentiert. Heute hat sich das wohl ins Gegenteil verkehrt: Muslime sind in rechtsextremen Kreisen die stets gewaltbereiten hypermännlichen Feinde, gegen die montäglich protestiert werden muss; mit Caffè latte in den blassen Händen. Doch die Welt dreht sich eben weiter. Und auch die Kindergeburtstage sind nicht mehr das, was sie einst waren: zum Glück. Denn an Geburtstagen stehen heute Exkursionen ins Mitmach-Museum an, der Theaterfundus der Schauspieler-Oma wird geplündert, die Maskenbildnerin von Mutti schminkt die »Looks« der Stars nach. Gespielt werden viel lieber Spiele, bei denen niemand verlieren kann, nicht solche, bei denen ein »schwarzer Mann« sein Unwesen treibt. Vegetarisches Catering gewöhnt, beschwert sich heute kein Kind über die gräulichen Dinkelkekse und den Rohkostteller beim Geburtstagsessen. Das hätte damals kein Erwachsener gewagt, denn da bestimmte noch das Geburtstagskind, heute eher die Tim Mälzers und Sarah Wieners. www.zqzaubert.de
zwei aus zwanzigtausend Julia , L inguisti k
Welches Lied läuft bei deiner Beerdigung?
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Ist egal, ich lass das jetzt so!
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Doppelt so lange schlafen wie ich gefeiert habe.
Monster AG Welche Erfindung braucht die Welt?
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Wecker mit automatischer Snooze-Funktion.
Bob Ross Lieblingsserie deiner Kindheit In wen bist du heimlich verliebt?
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Sanji von One Piece. Krass unterschätzt… Welches Wort bringst du von Zuhause mit?
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Einmannfrei! Wer sollte mal ein Buch schreiben? Der dümmste Tipp deiner Eltern?
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Leg dich ins Bett, zieh die Decke über den Kopf und heule!
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So wirst du sterben
Muh!
Plötzlich und unerwartet
zwei aus zwanzigtausend tobias , Kultur w issens c h aft und A nglisti k
Welches Lied läuft bei deiner Beerdigung?
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Champagne Supernova von Oasis
Wochenende ist relativ.
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Zwei Bier, ein Wasser, zwei Schnaps, zwei Bier, ein Wasser, zwei Schnaps und so weiter.
Die Asterix-Filmreihe, selbst aufgenommen von Sat.1 Anfang der 1990er.
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Welche Erfindung braucht die Welt?
Mate
Perpetuum mobile
In wen bist du heimlich verliebt?
Lieblingsserie deiner Kindheit
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Alfred J. Kwak
Welches Wort bringst du von Zuhause mit?
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Feminismus
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Wer sollte mal ein Buch schreiben?
Wenn das Studium zu teuer wird, geh doch stattdessen arbeiten.
Ich Warum liegt hier eigentlich Stroh?
So wirst du sterben
Glücklich
Damit niemand durch Hasenkötel waten muss.
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Wofür wird die Redaktion gefürchtet? Stephan: Für die derbste Tightness ever. Silvan: Mutierte in der Schule beim Zombieball regelgerecht zur Bestie. Kein Spaß. Christopher: See Norman Bates (1960): »We all go a little mad sometimes! Havent you!?« Patrick R.: Für meine Beintunnler beim Fussball. Den Knoten kriegste nicht mehr raus. Ali: Große Klappe. »Lehrerschreck des Jahrgangs« – need I say more? Robert: Der linke Uppercut aus der Southpaw-Stellung. Knack (das war dein Kiefer)! Vivien: Meine Furchtlosigkeit. Thomas: Fifa-Rage. Rita: Für den lazer Body gepaart mit erbarmungslos undurchschaubaren Verstand. Samuel: Niemand muss Angst vor mir haben, doch ich fürchte mich selbst vor meiner Faulheit. Sie wird noch mein Untergang sein! Sören: Tja, puh, weiß auch nicht, aber wusstet ihr, dass man den Teenage Mutant Ninja Turtles Theme Song auf die Melodie von Freude schöner Götterfunke singen kann? Macht Fun, probiert’s aus. Anne: Für meine furchtbar guten Apfel-Zimt-Muffins! Yana: Sekundenschnelles Wegratzen im Sonnenschein. Patrick M.: Meine Eurodance-Playlist die bei jeder Gelegenheit ausgepackt wird! Friedrich: Für meine knallharten, messerscharfen und fesselnden Argumentationen. Fidélité: Ich bin der Kickpuncher! Marten: Meine herausragende Erklärungsversuche. Alex: Stille und tödliche Fürze.
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