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MOBILITY
REFLEKTIERTE
REDUKTION
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Funktion und Technik sind der vorgegebene Rahmen, Form und Gestaltung der variable Spielraum: Automobile Ikonen entstehen aus der Balance von Zugabe exklusiver Details und der Kunst des Weglassens plakativen Ornats.
TEXT: BEATRIX KECKEIS-HILLER
Bentley Flying Spur: Nach dem Auslaufen des Mulsanne ist er das neue LimousinenFlaggschiff, jetzt auch mit Plug-inHybrid-Antrieb.
Mehr als bloß ein wenig Human Touch steckt in jedem Bentley: Die InterieurEinrichtung wird manuell, nach Art einer Manufaktur gefertigt, mit traditioneller handwerklicher Expertise.
Ein Gedicht“, sagt man, wenn etwas rundum gelungen, in der Gesamtheit stimmig ist. Selbst wenn es sich um einen Edel-Wagen in Himmelblau, Purpur, Giftgrün, Roségold handelt. Solche Kolorierungen mögen für exklusive Gefährte reichlich ausgefallen erscheinen. Doch liefern sie genau jenen Kontrast, der ein automobiles Statement erst richtig zur Geltung bringt.
Die Projektionsfläche ungewöhnlicher Färbungen sind die Silhouette, die Konturen. Die dann Eindruck machen, wenn sie wie aus einem Guss wirken, wenn die Proportionen stimmen und die Details – nicht zu viele, nicht zu wenige, wie die Worte eines Gedichts – das Gesamtbild akzentuieren. Das ist bei Bentley reduziert, präzise, glattflächig. Mit Konnex zur Historie: Im aktuellen Continental GT reflektiert sich der Type R Continental aus den 1950er-Jahren, auch im neuen Flying Spur ist er identifizierbar.
Hinter dem Begriff Design – Gestaltung, Formgebung – eröffnet sich eine grenzenlos variable Welt an Kreation und Komposition, Optik und Haptik, Licht und Schattierung, Sound und Akustik, Kalkül und Gefühl, Duft und Aroma. In klar umgrenztem Rahmen: Funktion und Technik. Was Freiraum lässt für unzählige Interpretationen. Daraus sind automobile Ikonen entstanden. Wie die Continentals, ob mit Fest- oder Textil-Dach, ob als Racer oder Gran Turismo.
Die Strahlkraft resultiert nicht alleine aus charakterstarker Statur, sportlicher bis supersportlicher Leistung plus exklusiver Handverlesenheit, gepaart mit Interieur-Raffinesse. Das Fundament ist die Tradition. Die bei Bentley aus dem Ziel entstanden ist, das beste Auto der Welt zu bauen, wie es Markengründer Walter Owen Bentley vor mehr als hundert Jahren formuliert hat. Damals hatten Autos noch kaum Karosserieaufbauten, man saß bei Wind und Wetter im Freien. Was bedingte, dass die Interieurs mit strapazierfähigen Materialien eingerichtet sein mussten.
Und das hat sich nicht geändert. Ebenso wenig wie der überwiegende Anteil an manueller Arbeit: Schon im Lenkrad steckt humane Energie. Das Leder wird von Hand auf die Volant-Kränze genäht. Maßgeber für die Stichabstände ist eine simple Gabel. Das ist eines der Highlights im Rahmen der Werkstouren, die in Crewe, dem Stammsitz von Bentley, offeriert werden. Ent-
BMW iX: imposantes elektrisches Edel-SUV mit raffinierten technischen Details und markengerechter Leistung – bis zu 619 PS.
weder dann, wenn man ein Gefährt bestellt hat und einen Abschnitt des Entstehungsprozesses live erleben möchte, oder wenn man extra eingeladen ist.
Es ist wie eine Zeitreise: Während in Volumenmodell-Produktionen nur noch Roboterarme durch die Hallen wirbeln, hat man hier vor allem mit Menschen zu tun. Klar, auch hier ist etliches längst digitalisiert. Doch werden Leder und Holz auch mit freiem Auge überprüft, werden Metalle manuell feinpoliert, es wird genäht, gehämmert, gebohrt, geschraubt und geschliffen. Roboter assistieren, sie übernehmen nur an den kraftaufwendigen Arbeitsschritten das von Menschen diktierte Kommando. Wie beim Zusammenfügen von Antrieb und Chassis.
Ein Bentley wird nicht einfach zusammengesteckt. Er wächst. In individuellen Varianten. Je nach Vorliebe und Geschmack. Für noch mehr Exklusivität fährt man ein noch exklusiveres Programm, in Kooperation mit Mulliner, einem Unternehmen, das aus dem Kutschenbau stammt. Die Bandbreite reicht bis zur Laderaumeinrichtung eines Bentayga. Das kann eine Werkstatteinrichtung sein oder eine Picknickausrüstung samt Fächern und Laden für Geschirr, Gläser, Speisen und Getränke.
Bei aller Humanität fehlt es nicht an zukunftsträchtiger Modernität. Um die Themen elektronische Assistenztechnik und Digitalisierung kommt auch die exklusivste Automarke nicht herum. Das bedeutet, dass Bildschirme in die vertäfelten Interieurs eingezogen sind, mit permanenter Präsenz. Wofür sich Bentley etwas überlegt hat: ein rotierendes Display. Auf Tastendruck wechselt der Touchscreen gegen die traditionelle Uhrenleiste oder, im nächsten Drehschritt, auf ein nahtlos eingepasstes Paneel. bevor. Der erste Elektrifizierungsschritt erfolgte im Bentayga mit einer Plug-in-Hybrid-Version. Jetzt folgte der Flying Spur nach. Nächstes Jahr soll es für den Continental so weit sein. 2025 steht der erste reine Batterie-Stromer auf dem Fahrplan, ab 2030 sollen alle neu produzierten Bentleys vollelektrisch sein. Einen Ausblick lieferte die Marke im Jubiläumsjahr 2019: das vollelektrisch und allradgetriebene Concept Car EXP 100 GT mit Frontgrill aus Kristallglas.
TRADITION UND ZUKUNFT
Alle Marken gestalten unter gleichen oder ähnlich gelagerten Prämissen ihre exklusiven Meisterstücke. Wobei aktuell eine der größten Herausforderungen im Zusammenhang mit der Elektrifizierung der Antriebsstränge die Unterbringung der voluminösen Speicherbatterien ist. Tradition aber bleibt für alle ein Kernfaktor, das Auto soll nicht neu erfunden werden, siehe das Basis-Layout der Proportionen und der CockpitErgonomie. Es findet sich immer ein Rückbezug
aufs Erbe, seien es Stilzitate oder die Weiterführung spezifischer Charakterdetails – die auf neue Art interpretiert sein können.
BMW polarisiert,mit dem aktuellen FrontgrillDesign, böse Zungen sprechen von Quetschniere. Das nun hochgestellte Marken- und Erkennungszeichen charakterisiert den iX, jenen mächtigen Batteriestrom-SUV, mit dem die Bayern jetzt den nächsten Elektrifizierungsschritt setzen. Es fehlt das bisher gewohnte Grollen aus potenten Antrieben. Dafür wurde, zur fast unterkühlten Interieur-Einrichtung, beim Sound nachgelegt, in Kooperation mit dem englischen High End-Label Bowers & Wilkins, das bedeutet Musikgenuss à la Konzerthalle.
Land Rover hatte den Range Rover 1970 als Meister des komfortablen Geländegangs platziert. Beim Wechsel in die fünfte Generation hat er an Imposanz zugelegt. Unkenntlich geworden ist er nicht. Die Urform seiner Silhouette hat er behalten, doch das Außen- und Innen-Design sind nochmals reduziert, nahezu ultraminimalistisch. Das resultiert in üppiger Geräumigkeit, die Langversion kann großfamiliär sein, mit erstmaliger Siebensitz-Option. Der Wohnraum ist geschütztes Terrain: Zur aktiven Geräuschdämmung addierten die Engländer ein ausgeklügeltes InnenraumLuftreinigungssystem.
FAMILIENZUWACHS BEI PORSCHE
„Sag niemals Kombi zu ihm!“ Das hatte sich Porsche angesichts verlängerter Rückenlinie mit erweitertem Ladeabteil bereits beim Panamera Sport Turismo striktest ausgebeten. Erst recht tun das die Zuffenhausener beim neuesten Mitglied der Taycan-Baureihe: dem Sport Turismo. Der erbte die fließende, sich haut-
Porsche Taycan Sport Turismo: das neueste Derivat des Strom-Supersportlers aus Zuffenhausen, heck- oder allradgetrieben.
Range Rover, Generation fünf: neu und dennoch unverkennbar, stilistisch reduziert, technisch maximiert, nach wie vor ein Meister des Unwegsamen.
eng an die Basiskarosserie schmiegende Silhouette des Cross Turismo, ohne dessen Robust-Trim, tiefer sitzend, damit noch sportlicher wirkend. Auch die Zuffenhausener spielen mit schrägen Farben, denn außer klassischem Porsche-Rot kann man den Sport Turismo in Apfelgrün, Flieder oder Babyblau ordern. ∏