Auf den Punkt gebracht. Abstand halten an einer Busstation, Quito, Ecuador, am 3. Juni 2020.
Wenn es nur das Virus wäre Lateinamerika ist ein Epizentrum der Corona-Pandemie. Die Zahl der Toten ist hoch, Armut und Repression nehmen zu. Strukturelle Probleme treten offen zutage und verschärfen sich noch. Von Wolf-Dieter Vogel
E
s ist nur ein kurzer Satz, ein paar Worte, die alle verstehen können: »Quédate en casa.« – »Bleib zu Hause.« Ständig bittet der mexikanische Epidemiologe Hugo López-Gatell seine Mitmenschen, das Haus nur zu verlassen, wenn es unbedingt nötig ist. López-Gatell ist der Regierungsbeauftragte für die Covid-19-Pandemie. Doch auch er weiß,
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dass sein Appell in vielen Ohren wohlfeil klingt. Denn für die Hälfte der Bevölkerung gilt: Wer heute nicht fremde Wohnungen putzt, auf dem Markt T-Shirts verkauft, für einen Tagelohn Tomaten erntet oder auf einem Parkplatz Autos einweist, hat morgen nichts zu essen. Ähnlich sieht es in den meisten lateinamerikanischen Staaten aus: Ob in El Salvador, Venezuela, Peru
AMNESTY JOURNAL | 04/2020