Foto: Aggelos Barai / AP / pa
Von der EU mit der Covid-19-Bedrohung alleingelassen. Selbstversorgung im Flüchtlingslager Moria, Griechenland, im März 2020.
Menschenrechte bleiben auf der Strecke Von Tampere über die Corona-Abschottung zum neuen Migrationspakt der EU-Kommission: Droht ein Abschied von der gemeinsamen europäischen Asylpolitik? Ein Kommentar von Franziska Vilmar.
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enn es um die Flüchtlingspolitik in der EU geht, kreist alles um den Begriff des gemeinsamen europäischen Asylsystems. Gibt oder gab es dieses gemeinsame System tatsächlich? Steht es nur auf dem Papier oder nicht einmal mehr das? Die fortschreitende Harmonisierung verschiedener Politikbereiche in der EU machte Ende der neunziger Jahre auch vor dem Asylrecht nicht Halt. Im Jahr 1999 beschlossen die europäischen Staats- und Regierungschefs im finnischen Tampere, sich auf den Weg zu einem einheitlichen Asylrecht in der EU zu ma-
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chen. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass gerade ein Krieg in Europa Hunderttausende von Menschen aus Ex-Jugoslawien zu Flüchtlingen gemacht hatte. Die anschließend von der EU-Kommission vorgeschlagenen Mindestnormen für ein gemeinsames Asylverfahren, einen einheitlichen Flüchtlingsstatus und angemessene Aufnahmebedingungen wurden 2004 verabschiedet. Ob Schutzsuchende in Schweden oder in Griechenland Asyl beantragten, sollte fortan keinen Unterschied mehr machen. Diese Entwicklung war ein Meilenstein, um den Flüchtlingsschutz innerhalb Europas zu
AMNESTY JOURNAL | 04/2020