Schutzlos ausgeliefert – Das Recht auf Gesundheit in der Corona-Krise

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»Ich bin nur die Botin« Zuhören, aufschreiben, handeln. Katja Riemann in einem Frauenhaus in Burkina Faso.

Die Schauspielerin Katja Riemann über Menschenrechte, humanitäre Arbeit, die Folgen der Corona-Pandemie und ihr neues Buch. Da schreiben Sie ein Reisebuch, und sein Erscheinen fällt in eine Zeit, in der Reisen stark eingeschränkt sind. Wie fühlt sich dieser fiese Schlag des Zufalls für Sie an? Diese Eingangsfrage trifft den Nerv. Ich fang mal von hinten an. Ich komme aus dem ehemaligen Westen der Republik, und seitdem die Grenzen geschlossen sind, die ich, wie aus meinem Buch hervorgeht, gern und häufig überquere, habe ich eine Ahnung, was das für meine Ostfreunde (und nicht nur sie) mal bedeutet hat. Ich komme schwer damit zurecht, denn diese Zeit, in der alles still steht, hätte ich, wäre es möglich gewesen, zum Reisen verwendet. Das Buch war, wenn ich das sagen darf, gerade auf dem Weg in die Sachbuch-Bestsellerliste und wurde durch eine Pandemie, die es nicht so oft gibt, aus der Bahn gekickt. Das ist betrüblich, aber noch mehr wundere ich mich über mich selbst, dass ich gar nicht so betrübt bin, wie ich es vermutet hätte. Ich glaube daran, dass ich den Faden wieder aufnehmen kann, ich glaube, dass mein Buch nicht verjährt. Immerhin erzählt es

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über einen Zeitraum von fast 20 Jahren, da machen ein paar Monate mehr auch nichts aus. Ich würde mir wünschen, dass es sich in den Schulunterricht spült. Das wäre fantastisch. Woher kommt Ihr Engagement in der humanitären Arbeit? Das werde ich häufiger gefragt, und ich sage dann meist, dass nicht die Frage sein kann, was mit mir ist, sondern was im Feld an humanitärer Arbeit geleistet wird. Ich bin nur die Botin, die Geschichtenerzählerin, die berichtet, die für eine kleine Weile vor Ort sein und Zeit verbringen durfte mit jenen, die humanitäre Arbeit leisten und jenen, an die sich diese Arbeit wendet. Eine andere Antwort könnte sein: Ich glaube, es ist nicht die Frage, ob und warum man beginnt oder wie oder wann. Das tatsächliche Engagement beginnt erst nach dem ersten Schritt. Es zeigt sich darin, dass man nicht mehr loslässt. Diese Haltung, dieses Nichtloslassen habe ich gelernt von jenen Menschen, die für mich Helden der Zeit sind: Dr. Denis Mukwege, Dr. Kasereka Lusi, Molly Melching, Marguerite Barankize, Johannes Wedenig … … Denis Mukwege und Kasereka Lusi sind auf Gewalt gegen Frauen spezialisierte Ärzte im Osten des Kongo, Molly Melching hat in Senegal die NGO Tostan gegründet, die sich gegen Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen wendet, Mar-

AMNESTY JOURNAL | 04/2020


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