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LGBTI+, binationale Paare, Orte der Nähe für Obdachlose
Liebe ist ein Menschenrecht…
Doch die Liebe leben zu können, ist immer noch keine Selbstverständlichkeit: Das zeigen gesellschaftliche Missstände in Westeuropa im Jahr 2022. Von den Journal-Redaktionen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich
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Begehren dürfen, wen man will – das ist in Deutschland für LGBTI+ nicht selbstverständlich. Trotz gesetzlicher Gleichstellung und gesellschaftlicher Akzeptanz nehmen Hassverbrechen gegen queere Menschen zu.
3. Juli: Mehr als eine Million Menschen haben in Köln Europas größten Christopher Street Day (CSD) gefeiert und für Toleranz und Vielfalt demonstriert – so viele wie noch nie. 27. August: Der Transmann Malte C. ist auf dem CSD in Münster niedergeschlagen worden – er hatte sich zuvor lesbenfeindliche Beleidigungen mehrerer Frauen durch den Täter verbeten. Wenige Tage später erlag Malte C. seinen schweren Verletzungen.
Diese beiden Ereignisse des Sommers 2022 markieren die Pole, zwischen denen queeren Menschen im Grundgesetz und eine queersensible Ausbildung von Pädagog*innen vor. Zudem sollen Gewaltschutzprojekte sowie Opferbetreuungen gefördert und Hassverbrechen separat erfasst werden. Das Bundesinnenministerium hat ein Expertengremium mit der »Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt« beauftragt.
QueerAmnesty begrüßt die Vorhaben. »Wenn sie umgesetzt würden, wäre das ein großer Schritt für die Rechte von queeren Menschen in Deutschland. Bleibt nur zu hoffen, dass die Durchführung zügig und unbürokratisch erfolgt.« Queere Menschen hätten in der Vergangenheit oft genug unter der Verzögerung von Projekten gelitten, etwa bei der Entschädigung von nach Paragraf 175 verurteilten Schwulen in Nachkriegsdeutschland. ◆
sich die lesbische, schwule, bisexuelle, trans-, intergeschlechtliche und queere (LGBTI+) Community in Deutschland bewegt: auf der einen Seite große öffentliche Akzeptanz, auf der anderen Seite unverhohlener Hass auf queere Menschen. »Gewalt und Intoleranz gegenüber LGBTI+ waren immer da, haben aber in jüngster Zeit in großem Ausmaß zugenommen«, sagt Rupert Haag, Sprecher von Queer Amnesty. Im Jahr 2021 erfasste das Bundeskriminalamt 870 Straftaten wegen »sexueller Orientierung« und 340 Delikte im Bereich »Geschlecht/sexuelle Identität«. Das entspricht einem Anstieg um 50 bzw. 66 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die tatsächliche Lage ist dramatischer, das Bundesinnenministerium geht von einer hohen Dunkelziffer aus. Das korrespondiert mit einer Umfrage der European Union Agency for Fundamental Rights aus dem Jahr 2020. Damals gab knapp die Hälfte der befragten LGBTI+ an, diskriminiert zu werden. Zehn Prozent hatten körperliche Angriffe erlitten, bei den Transpersonen waren es gar 20 Prozent. Doch nur 14 Prozent der Befragten hatten sich an die Polizei gewandt.
Der Queerbeauftragte der Bundesregierung – den Posten gibt es erst seit 2022 – hat Ende August den Entwurf eines »Nationalen Aktionsplans für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt« vorgelegt. Dieser sieht unter anderem ein Diskriminierungsverbot von Heiraten dürfen, wen man will – das ist in der Schweiz nicht für alle binationalen Paare möglich. Kann die oder der ausländische Partner*in nicht den legalen Aufenthaltsstatus nachweisen, droht statt der Hochzeit gar die Abschiebung.
Liebe über die Grenzen hinweg – in der Schweiz ist das nicht immer einfach. Tatsächlich gibt es für eine Heirat von binationalen Paaren auch heute noch einiges an Hindernissen. Zwar sind es nicht mehr so viele wie früher – vorausgesetzt es gelingt den Heiratswilligen, die vom Standesamt verlangten Dokumente im Herkunftsland zu beschaffen und die Ehe absicht glaubhaft darzulegen.
Es ist noch nicht lange her, dass die Heirat mit einem Ausländer für Schweize-
rinnen den Verlust ihrer Schweizer Staatsbürgerschaft bedeutete. »Erst 1953 hat das Land hier die Stellung der Frau als Staatsbürgerin verbessert«, sagt Heidi Kolly, Therapeutin der Schweizer Organisation Frabina, die Beratungen für binationale Paare anbietet. Ab 1953 durfte eine Schweizerin, die einen Ausländer heiratete, den Schweizer Pass behalten – sofern sie dies beantragte. Erst seit 1992 behalten Schweizerinnen ihre Staatsbürgerschaft »trotz« Heirat mit einem Ausländer antragslos. Damals wurde auch die automatische Einbürgerung von ausländischen Frauen, die mit einem Schweizer verheiratet waren, abgeschafft. Seitdem müssen ausländische Frauen ebenso wie Ehemänner von Schweizerinnen drei Jahren verheiratet sein und fünf Jahre im Land gelebt haben, bevor sie erleichtert eingebürgert werden können. Die Kinder von Schweizerinnen, die mit einem Ausländer verheiratet sind, erhalten die Staatsbürgerschaft erst seit 1978 automatisch.
Während der Schweizer Staat bei den Einbürgerungen Erleichterungen geschaffen hat, hat er andererseits das Eherecht mit Einwanderungsbestimmungen verknüpft und stellt binationale Paare –insbesondere, wenn es sich um nicht-europäische Partner*innen handelt – nicht selten unter einen Generalverdacht. Das Zivilgesetzbuch sieht ausdrücklich vor, dass Standesbeamt*innen einem Eheschließungsgesuch nicht stattgeben, wenn der Verdacht besteht, das Paar könne sich durch die Heirat eine Niederlassung erschleichen wollen. Das Paar muss dann irgendwie das Gegenteil beweisen.
Ein weiteres Hindernis stellen die von der ausländischen Person vorzulegenden sich Frauen oft erst durch diesen Austausch trauen, weitere Angebote der Wohnungslosenhilfe anzunehmen.
Wie wichtig Zusammenhalt und Verständnis untereinander sein können, bestätigt auch Anita, die selbst Erfahrung in einer Wohnungslosenhilfeeinrichtung hat: »Dort hatte man immer jemanden zum Reden.« Trotz der schwierigen Zeit hat es »auch das Miteinander und Füreinander gegeben«.
Neben dem Austausch untereinander kommt den Beziehungen zu Sozialarbeiter*innen in der Wohnungslosenhilfe besondere Bedeutung zu. »Es gibt Frauen, die wir seit 15 Jahren kennen. In diesen Fällen sind Bezugspersonen besonders wichtig, weil sie die Verläufe kennen.« Dabei ist laut Elvira Loibl »der Aufbau von Vertrauen zueinander« ein zentraler Aspekt. Dieser sei »kein Prozess«, der innerhalb eines Monats entstehe, sondern es gehe darum, »Krisen zu durchlaufen«.
Welche Form eine zwischenmenschliche Beziehung auch annehmen mag, Vertrauen und ein gegenseitiges Wohlwollen sowie Respekt sind zentrale Bausteine. Elvira Loibl betont: »Es ist wichtig, dass wir uns Zeit miteinander geben, im Zuhören, im Hinschauen und Wertschätzen« Orte, die solches erlauben, sind dabei besonders wichtig. Das FrauenWohnZentrum, eine Wohnungslosenhilfeeinrichtung für Frauen, zeigt die Notwendigkeit gruppenspezifischer Einrichtungen. Doch diese sind in Österreich nicht ausreichend vorhanden. Daher fordert Amnesty International u. a. vielfältige und gruppenspezifische Angebote in der Wohnungslosenhilfe. ◆
Dokumente dar, die oft schwer zu beschaffen und zu übersetzen sind – für Geflüchtete oft ein unmögliches und sogar gefährliches Unterfangen. Der Versuch, »missbräuchliche Ehen« zu verhindern, geht so weit, dass die Standesämter seit 2011 auf die Daten der Migrationsbehörden zugreifen dürfen – um so »illegal Anwesenden« die Heirat zu verwehren. Die Zivilstandsämter sind sogar verpflichtet, Paare, die ihren legalen Aufenthaltsstatus nicht nachweisen können, den zuständigen Behörden zu melden. ◆
Das Bedürfnis nach emotionaler Nähe wird wohnungs- und obdach losen Menschen oft abgesprochen. In Österreich braucht es dafür ein vielfältigeres Angebot an Begegnungsorten.
Alle Menschen brauchen Bezugspersonen, eine sichere Umgebung, einen Rückzugsort. Menschen, die Wohnungs- und Obdachlosigkeit erfahren, werden diese und andere grundlegende Bedürfnisse jedoch häufig abgesprochen. Dabei gewinnen zwischenmenschliche Beziehungen gerade in schwierigen Lebensphasen für uns alle an Bedeutung. »Wir leben über sozialen Austausch, nicht über Ratschläge, sondern darüber, einander wohlgesonnen zu sein«, sagt Elvira Loibl, Leiterin des FrauenWohnZentrums der Caritas.
Für Menschen, die wohnungs- oder obdachlos sind, stellen Tageszentren und andere Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe »Orte der Begegnung« dar, wo
Beziehungen entstehen und Kontakte geknüpft werden. »Dort können sich
Frauen austauschen und einander Tipps geben. Bei manchen Frauen entstehen sogar langjährige Freundschaften«, erklärt Elvira Loibl und betont, dass
Zeichnungen: Lea Berndorfer
Unterschreibe die Petition: amnesty.at/petition-wohnen