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„Bin Pflegerin, keine Politikerin“

Mit Monika Reinthaler steht der Bezirksgemeinschaft Wipptal seit 2020 erstmals eine Frau als Präsidentin vor. Der Erker hat die langjährige Krankenpflegerin vor kurzem zu einem Interview getroffen. Ein Gespräch über ihren Sprung ins politische Leben, Mut zur Eigeninitiative und die große Kunst, Herausforderungen als Chance zu sehen.

Interview: Renate Breitenberger

Erker: Frau Reinthaler, als politische Quereinsteigerin sind Sie zügig in der Wipptaler Politik aufgestiegen. 2020 wurden Sie zum ersten Mal in den Gemeinderat Pfitsch gewählt, wenige Monate später waren Sie bereits Präsidentin der Bezirksgemeinschaft.

Monika Reinthaler: Das kam auch für mich überraschend. Meine Kandidatur für die Gemeinderatswahlen war eine Entscheidung, die ich aus dem Bauch heraus gefällt habe. Ich wollte gewisse Entwicklungen in der Gemeinde und vor allem im Bezirk verändern.

Gab es ein einschneidendes Erlebnis, das Sie zur Kandidatur bewogen hat?

Das gab es. Ich wohne in der Nähe der Biogasanlage in Wiesen. Eines Nachts war die Geruchsbelästigung so stark, dass ich mir geschworen habe, gleich am Mor- gen den Bürgermeister anzurufen und meinen Namen auf die Kandidatenliste setzen zu lassen.

Hat Sie Politik schon immer interessiert?

Ja, sehr. In meiner Familie waren alle in irgendeiner Weise politisch aktiv, ich am allerwenigsten. Mir ist klar geworden, dass ich im Leben nur zwei Optionen habe: entweder selbst aktiv zu werden und etwas zu verändern oder den Mund zu halten und eine Situation hinzunehmen. Da ich nicht still sein kann und will, blieb mir nur die Flucht nach vorne.

Sie waren mit 218 Stimmen drittstärkste SVP-Kandidatin. Weit schwieriger als der Einzug in die Ratsstube war der Weg zur Bezirkspräsidentin. Aufgrund der Stimmen, die ich erhalten habe, stand mir im Gemeinderat ein Assessorat zu. Da es andere Interessenten dafür gab und ich meinen Beruf gerne ausübe, habe ich dieses Amt ihnen überlassen. Bürgermeister Stefan Gufler hat mir dann die Vertretung der Gemeinde Pfitsch im Bezirksrat angeboten. Bezirksthemen waren mir schon immer ein Anliegen. So habe ich mich aktiv in die Diskussionen rund um die Erhaltung der peripheren Krankenhäuser eingebracht, Stellung zu gemeindeübergreifenden Bezirksthemen bezogen und das Gespräch mit zuständigen Stellen gesucht. Auch Umwelt, Verkehr und Soziales liegen mir sehr am Herzen.

Ursprünglich war der Plan der Bürgermeister zur Besetzung des Bezirksausschusses ein vollkommen anderer. Leider wurde ich in diese Diskussion vorab nicht miteinbezogen. Die geplante Konstellation kam für mich so nicht in Frage. Das war der Grund, Eigeninitiative zu ergreifen. In Benno Egger und Franz Kompatscher sah ich die idealen Partner an meiner Seite. Also haben wir uns als Team der Wahl gestellt.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit im Bezirksrat?

Ich muss zugeben, der Start war recht holprig und mit gar einigen Schwierigkeiten und Widerständen verbunden. Es hat eine Weile gedauert, aber jetzt ist die Zusammenarbeit im Bezirksrat professionell und konstruktiv. Darüber bin ich sehr froh, denn es ist mein Ziel, im Bezirk etwas zu bewegen. Mit der Wahl zur Bezirkspräsidentin habe ich einen klaren Auftrag erhalten, den ich sehr ernst nehme. Machtkämpfe interessieren mich überhaupt nicht!

Wie war die erste Zeit als Bezirkspräsidentin?

Sehr intensiv. Ich hatte keinerlei Erfahrung, musste mich erst einarbeiten und ein Netzwerk aufbauen. Gott sei Dank hatte und habe ich viele gute Leute um mich herum, die mich unterstützen. Wir im Ausschuss – Vize-Präsident Benno Egger, Franz Kompatscher und ich – sind ein eingespieltes Team und ergänzen uns vorzüglich. Jeder hat seine Stärken und wir ziehen gemeinsam an einem Strang. Auch Generalsekretärin Laura Lastri spielt in dieser Konstellation eine wichtige Rolle. Sie hat die Finanzen und das Rechtliche stets genauestens im Hinterkopf und schafft es deshalb, uns in unserem Ta- tendrang auf den Boden der Realität zurückzuholen (lacht)

Die Präsidenten der anderen Bezirke haben mich mit offenen Armen aufgenommen und stehen mir mit Rat und Tat zur Seite. Eine gute Zusammenarbeit gibt es zudem mit der Landesregierung. Es ist wichtig, Kontakte aufzubauen und zu halten, um möglichst viel für das Wipptal erreichen zu können.

Sie sind mit Leib und Seele Krankenpflegerin. Inwieweit ist Ihre Berufserfahrung bei der Ausübung Ihres Amtes dienlich?

Die enge Verbindung zu meinem Beruf ist mir sehr wichtig, um den Bezug zur Realität nicht zu verlieren. Ich sehe mich als berufene Pflegerin mit dem Bedürfnis, mitzureden und mitzugestalten, und nicht als Politikerin. Ich glaube, dieses Gefühl geht vielen Politikern mit der Zeit verloren. Meine Arbeit erfüllt mich mit großer Dankbarkeit und Genugtuung. Sie gibt mir Kraft und erinnert mich immer wieder an die wahren Werte im Leben.

Die Führungspositionen der Bezirksgemeinschaft sind vorwiegend weiblich besetzt. Stimmt! Aber das ist purer Zufall. Es spielt für mich keine Rolle, ob Mann oder Frau. Wichtig sind Kompetenz, Einsatzbereitschaft, Teamfähigkeit und vor allem die Begeisterung, die jemand für eine Aufgabe mitbringt. Nur wer mit voller Begeisterung an eine Sache herangeht, kann etwas bewegen.

Wird eine Frau in Führungsposition anders wahrgenommen als ein Mann?

Das würde ich nicht behaupten. Ich höre sehr oft, wie wertvoll weibliche Führungseigenschaften sind. Frau und Mann sind sehr unterschiedlich im Denken und Handeln. Wichtig sind der gegenseitige Respekt, Toleranz und

Aufgeschlossenheit. Eine gesunde Mischung macht es aus.

Unlängst hat der Bezirksrat den Haushaltsvoranschlag 2023 genehmigt. Steht in die sem Jahr mehr oder weniger Geld zur Verfügung als im Vor jahr?

Der Haushalt ist in diesem Jahr kleiner ausgefallen, weil 2022 bereits die Gelder für den Bau des Seniorenwohnheimes eingeplant wurden. Die noch nicht umgesetz ten Investitionen des Vorjahres werden 2023 fortgeführt. Was die laufenden Ausgaben betrifft, wurden heuer zusätzliche 2,7 Mil lionen Euro eingeplant, da sich die Kosten für Lieferungen, Gebühren und Energie sowie die Lohnkosten erhöht haben.

„Machtkämpfe interessieren mich überhaupt nicht.“

Lässt sich mit dem verfügbaren Budget gut arbeiten oder sind Einsparungen notwendig?

Natürlich müssen wir Geld einsparen und das ist auch gut so. In der Vergangenheit wurde mit öffentlichen Geldern teilweise großzügig umgegangen. Bauten sollen funktionell sein, aber wir brauchen keine vergoldeten Wasserhähne.

In den kommenden Jahren sind im Wipptal mehrere Großprojekte geplant.

Ja, allen voran der Bau des Seniorenwohnheimes. Nachdem der Abriss im Herbst abgeschlossen worden ist, starten wir im Frühjahr mit dem Bau der Tiefgarage. Zeitgleich beginnt die Produktion der Modulteile. Da das Seniorenwohnheim in Modulbauweise errichtet, wird, werden auf der Baustelle in den nächsten Monaten relativ wenig Baufortschritte sichtbar sein. Die Module werden in der Fabrik hergestellt und erst gegen Ende des Jahres vor Ort montiert. Man kann sich das wie fertige Legoteile

Edeltraud

Seit 1. Jänner führt Edeltraud Braunhofer das Seniorenwohnheim Wipptal. Zuvor hatte sie 22 Jahre lang das Sozialzentrum Wipptal „Fugger“ geleitet.

Menschen“, so Braunhofer. „Das Seniorenwohnheim bietet mir neue Themen, die mein Interesse geweckt haben und es mir ermöglichen, mich beruflich weiterzuentwickeln.“ vorstellen, die zusammengebaut werden. Den Gesamtauftrag für Projektierung, Produktion, Lieferung und Montage hat ein deutsches Unternehmen erhalten. Für Installationsarbeiten werden auch einheimische Firmen beauftragt. Weiters wurden uns im November 2021 von der Provinz unerwartet Gelder zugewiesen, mit der Auflage, diese innerhalb 2023 bzw. Anfang 2024 auszugeben. Jeder, der im öffentlichen Bereich arbeitet, weiß, wie schwierig es ist, große Projekte in so kurzer Zeit zu realisieren. Mit den zugewiesenen Geldern möchten wir zwei Projekte realisieren: Eine Wohngemeinschaft für psychisch Kranke – das Projekt dafür ist bereits ausgearbeitet – und eine Werkstatt für psychisch Kranke. Die bestehenden Strukturen hierfür wurden bisher angemietet, sind aber in schlechtem Zustand und wären vom Land auch nicht mehr akkreditiert worden. Für Menschen mit Beeinträchtigung haben wir Trainingswohnungen angekauft, sie sind in Kürze bezugsfähig. Groß ist allerdings die Herausforderung, alle Strukturen mit ausreichend Personal zu besetzen. Im Seniorenwohnheim werden uns ab Jahresende 90 Betten zur Ver-

Neue Leiterin im Sozialzentrum

Seit Jänner leitet Natascha Hofer das Sozialzentrum Wipptal „Fugger“. Sie folgt auf Edeltraud Braunhofer. Die gebürtige Maulserin ist verheiratet und lebt mit ihrer Familie in Gasteig. Als Sozialassistentin war sie seit 2018 im Sozialsprengel Sterzing in der Sozialpädagogischen fügung stehen. Ob wir genügend Personal finden, ist fraglich. lange wie möglich selbstständig zuhause leben können und von Sozial- und Gesundheitseinrichtungen bestmöglich begleitet und unterstützt werden.

Werden bereits Stellen ausgeschrieben?

Das ist nicht möglich. Wir suchen aber den Kontakt zu den Menschen, besuchen Schulen und Dörfer, gehen auf junge Menschen zu, um den Beruf und das neue Ausbildungssystem bekannt zu machen. Seit Sommer 2022 wird eine neue Ausbildung zum Pflegehelfer und Sozialbetreuer angeboten. Interessierte können – ähnlich dem Lehrlingswesen – in den Beruf einsteigen, den Großteil der Ausbildung in der Struktur absolvieren und erhalten einen Monatslohn. Mit dem engagierten Direktor des Verbandes der Seniorenheime, Oswald Mair, sind wir in engem Austausch. In einem gemeinsamen Netzwerk lässt sich sehr vieles bewegen.

Ist es gelungen, nicht geimpftes Personal wieder zurückzugewinnen, oder sind diese Arbeitskräfte gewissermaßen den Pandemiemaßnahmen zum Opfer gefallen?

Der Großteil des Personals ist zurückgekehrt. Einzelne haben die Strukturen verlassen, manche haben sich umschulen lassen, andere sind in den privaten Pflegesektor eingestiegen. Die Wiedereingliederung war eine Riesenherausforderung. Die Integration hat aber besser funktioniert als gedacht.

Wie groß ist der Bedarf an freiwilligen Helfern im Sozialbereich?

Vor der Coronapandemie waren viele Freiwillige in Seniorenwohnheimen tätig und haben Zeit mit den Bewohnern verbracht. Bis vor kurzem waren die Besuchszeiten jedoch sehr streng geregelt. Wir möchten den Freiwilligendienst wieder verstärkt aufnehmen. Wer Lust hat, sich in irgendeiner Form sozial und ehrenamtlich zu engagieren, kann sich gerne bei uns melden.

„In einem gemeinsamen Netzwerk lässt sich sehr vieles bewegen.“ die Möglichkeiten aller sehen und nutzen“, so Hofer, die einen Beitrag leisten möchte, um Menschen in der Verwirklichung ihrer Lebensprojekte zu fördern, zu begleiten und sie in der Gesellschaft als Persönlichkeiten mit ihren Fähigkeiten und Stärken sichtbarer zu machen. „Mir ist es ein großes Anliegen, dass wir das Haus gemeinsam gestalten und ein Miteinander stattfindet. Die Offenheit und Herzlichkeit der Menschen bewegt, motiviert und inspiriert mich. Ich bin am richtigen Ort“, so Hofer.

Wie schafft es die Bezirksgemeinschaft, die Bedürfnisse jeder Altersgruppe abzudecken?

Das hat sie. Beispielsweise wurde ich von den Mitarbeitern des Infopoint Caritas informiert, dass der Bedarf an Lebensmittelpaketen in letzter Zeit massiv angestiegen ist. Das ist erschreckend, denn es geht hier nicht um ein Luxusgut, das sich Menschen nicht mehr leisten können, sondern um Grundbedürfnisse.

Wie viel finanzielle Sozialhilfeempfänger gibt es derzeit im Wipptal und wie viel wurde 2022 ausbezahlt?

Derzeit gibt es im Wipptal rund 1.050 Sozialhilfeempfänger. Im Jahr 2022 wurde eine Summe von etwa drei Millionen Euro ausbezahlt. Die Ausgaben sind im Vergleich zu 2021 um rund zwei Prozent gestiegen.

Ist die Anlaufstelle für Flüchtlinge am Brenner nach wie vor aktiv?

Durch den demographischen Wandel wird unsere Gesellschaft immer älter. Werden neben dem Seniorenwohnheim weitere Wohn- und Lebensmodelle geschaffen?

Darauf werden wir in Zukunft vermehrt den Fokus legen müssen. Großes Potential sehe ich im Tagespflegeheim, aber auch in mobilen Ambulanzen, welche die Menschen zu Hause besuchen und sie vor Ort betreuen. Solche Angebote werden in den nächsten Jahren stärker ausgebaut werden müssen. Die Menschen sollen so

Dafür gibt es verschiedene Abteilungen, Projekte und Initiativen. Vor allem Kinder, Jugendliche und alte Menschen mussten in der Coronapandemie am meisten zurückstecken und haben sehr darunter gelitten. Dass die Zahl der Suizide, psychischen Probleme, Gewalt und Suchterkrankungen in der Bevölkerung zugenommen hat, gibt mir sehr zu denken. In diesem Bereich wird noch einiges auf uns zukommen. Derzeit arbeiten wir u. a. mit Streetworkern von „La Strada – Der Weg“ zusammen und stehen in engem Austausch mit dem Jugenddienst, um uns einander unterstützen und begleiten zu können. Ebenso wurde das Netzwerk „Gewalt gegen Frauen“ ins Leben gerufen, um betroffenen Frauen und ihren Kindern helfen zu können.

Die Bezirksgemeinschaft kümmert sich auch um die finanzielle Sozialhilfe und unterstützt Menschen in Notlagen. Hat die Armut im Bezirk zugenommen?

Ja. Die Zahl der Durchreisenden am Brenner variiert fast täglich. Die Flüchtlinge erhalten in der Anlaufstelle eine Erstversorgung und Erstberatung, sie können dort übernachten, bekommen eine warme Mahlzeit und die Möglichkeit, sich zu waschen.

Derzeit ist das Land Südtirol landesweit auf der Suche nach Unterkünften, in denen Asylbewerber untergebracht werden können, solange ihr Antrag auf Asyl bearbeitet wird. Einem Aufteilungsschlüssel zufolge muss im Wipptal eine CAS-Struktur für 30 Personen, ähnlich dem Haus „Lea“ in Wiesen, geschaffen werden, vorrangig für Familien, die aufgrund von Bürgerkrieg, Terror, Verfolgung, Hunger, Elend und Zerstörung auf der Flucht sind und Schutz suchen. Die Strukturen werden vom Staat gefördert. Zudem werden die Bewohner begleitet, indem sie Unterkunft, Nahrung, Kleidung und medizinische Versorgung sowie Hilfe beim Erstellen des Antrages auf Asyl erhalten. Zurzeit sind wir noch auf der Suche nach einer geeigneten Struktur dafür.

Die Flüchtlingsthematik wird uns in Zukunft also noch öfters beschäftigen.

Das wird sie. Die große Herausforderung kann aber auch eine Chance sein, wenn es uns gelingt, diese Menschen gut in die Gesellschaft zu integrieren. Wie in den Großstädten Europas wird sich die Gesellschaft auch bei uns irgendwann mehr und mehr vermischen. Wir haben Fachkräftemangel in allen Bereichen, der vor allem dem demografischen Wandel geschuldet ist. Wir brauchen junge Menschen, um dem entgegenzuwirken. Deshalb sehe ich in einer guten Migrationspolitik eine große Chance.

„Zu Beginn meiner Am tszeit habe ich noch gesagt: fünf Jahre, nicht länger. Mittlerweile schließe ich nich ts mehr aus.“

Wie konkret ist mittlerweile das Vorhaben, bezirksweit Video- und Kennzeichenerfassungskameras anzubringen?

Wir möchten an strategisch wichtigen Standorten im Wipptal Überwachungskameras montieren. Das Land, das bezirksübergreifende Projekte wie diese fördert, wollte schon im vergangenen Sommer den Ankauf von Kameras landesweit ausschreiben. Aber die Ausschreibung hat sich verzögert. Ende Jänner ist ein Lokalaugenschein im Unterland geplant, wo vor einigen Jahren ein Pilotprojekt durchgeführt worden ist. Im Wipptal wird Franz Kompatscher die Projektkoordination übernehmen. Natürlich würde die Videoüberwachung noch effizienter und flächendeckender funktionieren, wenn jede Gemeinde mitmachen würde. Sterzing hat derzeit kein Interesse. Ich gebe aber die Hoffnung nicht auf, dass sich die Gemeinde von der Sinnhaftigkeit des Projektes überzeugen lässt.

In Sachen Verkehr scheinen sich jedenfalls alle Gemeinden einig zu sein.

Der Verkehr ist eines der Hauptprobleme im Wipptal. Wir haben engen Kontakt zu Nordtirol, da durch die anstehende Sanierung der Luegbrücke große Verkehrsprobleme zu erwarten sind. Die Autobahn soll voraussichtlich für die Bauphase von zwei Jahren auf dieser Strecke nur einspurig befahrbar sein. Was das für die Bewohner des gesamten Wipptales bedeutet, können wir uns selbst ausmalen. Darum haben auf politischer Ebene in diesem Jahr bereits mehrere Aktionen stattgefunden. Mitte Jänner hat uns EU-Abgeordnete Barbara Thaler besucht, am 26. Jänner haben wir an der Raststätte „Wipptalerhof“ eine Pressekonferenz abgehalten. Mehr Verkehr auf die Schiene, mehr Züge im Halbstundentakt nach Bozen und Innsbruck, Einhausung der Autobahn, Vermeidung von Stau sind nur einige unserer Ziele. Wir wollen die Situation verbessern – nicht durch lauthalsen Protest, sondern im Rahmen von Verhandlungen, Austausch und hartnäckigem Dranbleiben.

Dranbleiben heißt es auch beim Thema Mülltrennung. Wie der Verkehr ein schwieriges Thema. Die Trennung von Biomüll will im Wipptal einfach nicht klappen. Sensibilisierungsaktionen hatten wenig Erfolg. Die wenigen schwarzen Schafe machen den Fleiß der Mehrheit immer wieder zunichte. Dabei haben wir uns sehr bemüht, den Bürgern die Mülltrennung so einfach und bequem wie möglich zu gestalten. Ob aus Unwissenheit, Gleichgültigkeit oder Bequemlichkeit – sehr oft landen Windeln, Joghurtbecher, Verpackungsmaterial und andere Stoffe im organischen Abfall. Aus der Abfalldeponie Schabs heißt es, so kann es nicht mehr weitergehen. Entweder die Situation ändert sich oder jeder einzelne wird gewaltig zur Kassa gebeten.

Im Gespräch war u. a. eine Sortiermaschine, die aus dem Biomüll herausfischt, was nicht hineingehört.

Eine solche Maschine kostet zwar viel Geld, wäre aber eine gute Lösung. Natürlich sollte die Bevölkerung weiterhin sensibilisiert werden, Müll sauber zu trennen. Parallel dazu könnte die Maschine dazu beitragen, dass der Biomüll wiederverwertet werden kann und nicht als Restmüll entsorgt werden muss. Für die Anschaffung gibt es leider noch keine Einigung mit einigen Gemeinden im Eisacktal.

Noch ein Blick über die Grenzen hinaus: Die Leader-Periode 2014 bis 2022 läuft aus, die neue – von 2023 bis 2027 – beginnt. Was steht in den nächsten Jahren an?

Wir werden alte Projekte abschließen und abrechnen, um mit neuen starten zu können. In Umsetzung befinden sich zurzeit mehrere Projekte, darunter „Atmen“, das Verkehrsstudien zusammenführt, und eine Bedarfserhebung zum Thema Barrierefreiheit. Egal ob Leader-, Interreg- oder PNRR-Gelder: Für das Wipptal ist es eine große Chance, EU-Gelder zu erhalten – trotz der Bürokratie, die nötig ist, um Projekte verwirklichen zu können. Zum Glück ist uns die engagierte GRW Eisacktal-Wipptal dabei eine große Hilfe.

Würde Sie eine zweite Amtsperiode reizen?

Ein Jahr braucht es, um sich einzuarbeiten und ein Netzwerk aufzubauen, ein zweites, um mit Projekten und Plänen zu starten. Erst dann können die ersten Früchte geerntet werden. Viele Projekte kann man in einer einzigen Amtszeit auch gar nicht umsetzen. Zu Beginn meiner Amtszeit habe ich noch gesagt: fünf Jahre, nicht länger. Mittlerweile schließe ich nichts mehr aus.

Schließen Sie auch nicht aus, bei den Landtagswahlen anzutreten?

Ich fühle mich meinem Amt als Bezirkspräsidentin sehr verpflichtet. Aber – und diese Erfahrung habe

Andrea Fleckinger steht Sozialsprengel vor

Seit dem 5. Jänner leitet Andrea Fleckinger aus Gossensaß den Sozialsprengel Wipptal. Sie gewalttraining für Männer mit auf. Zudem war sie im Zentrum für interdisziplinäre Geschlechterforschung an der Universität Trient als Forschungsassistentin tätig und veröffentlichte zahlreiche Beiträge in Büchern und Fachzeitschriften. Andrea Fleckinger ist Referentin für moderne Matriarchatsforschung und lehrt an Universitäten im In- und Ausland. Bevor sie sich für die Stelle als Sprengelleiterin bewarb, arbeitete sie als Sozialassistentin in der sozialpädagogischen Grundbetreuung im Minderjährigenbereich im Sozialsprengel Wipptal. „In meiner neuen Rolle als Sprengelleiterin ist es mir ein großes Anliegen, die Teilhabemöglichkeiten aller Personen zu fördern und Veränderungsprozesse mitzugestalten, die sich am Modell egalitärer Gesellschaften orientieren“, so Fleckinger. Andrea Fleckinger wohnt in Flains und ist Mutter von zwei Kindern. ich schon oft gemacht – im Leben kommt vieles anders, als man denkt. Ich hatte auch nie geplant, Bezirkspräsidentin zu werden. Deshalb habe ich gelernt: Sag niemals nie.

Wipptal

Bezirksrat genehmigt Haushaltsvoranschlag

Der Rat der Bezirksgemeinschaft Wipptal hat Ende Dezember den Haushalt für 2023 geschnürt. Insgesamt umfasst dieser 35,2 Millionen Euro. Davon entfallen rund

13,8 Millionen Euro auf die Sozialdienste, 6,7 Millionen Euro auf das Seniorenwohnheim Wipptal, 4,3 Millionen Euro auf Umwelt- und Technische Dienste und 4,6 Millionen Euro auf die Verwaltung.

Der größte Teil des Haushaltes geht an die Sozialdienste –den Bereich, in dem die Bürger die Arbeit der Bezirksgemeinschaft am unmittelbarsten wahrnehmen – wie etwa Familien und Einzelpersonen in Notlagen, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit psychischen Problemen oder ältere, kranke und pflegebedürftige Menschen.

Ein wesentlicher Teil des Haushaltes entfällt auf die laufenden Ausgaben, und zwar 26,6 Millionen Euro, wobei die Personalkosten mit 31 Prozent zu Buche schlagen.

Für Investitionen wurden 2,7 Millionen Euro vorgesehen, diese Gelder fließen zum Großteil in den Neubau des Seniorenwohnheims Wipptal.

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