2 minute read
„Hungerlöhne und Ausbeutung“
from ERKER 02 2023
by Der Erker
Mit der Pandemie ist der schon lange bestehende Personalmangel in den Sozialeinrichtungen und im Gesundheitswesen richtig offensichtlich geworden. Vorher wurde darüber hinweggetröstet. Sparen im öffentlichen Interesse war angesagt. Aber nur im Sozialen! Das war auch vielen recht so, solange, bis sie die Auswirkungen dieses Sparens bei sich selbst bemerkten.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie unsere Wirtschaft immer wieder gefordert hat, dass die Ausgaben für den öffentlichen Dienst und für das Sozialwesen eingeschränkt werden müssten. Dieses Ziel hat dann der damalige Ministerpräsident Mario Monti erreicht, indem er in den Krisenjahren 2011/12 alle Kollektivvertragserneuerungen im öffentlichen Dienst gestoppt hat, ganz so, als ob die öffentlich Bediensteten aller Sektoren die Hauptschuldigen an allen Miseren Italiens wären. Neuaufnahmen waren lange Zeit auch keine mehr gestattet.
Die Pandemie hat den Personalmangel noch einmal verschärft und verdeutlicht. Heute fehlt es an allen Ecken und Enden. Inzwischen kündigten sogar Mitarbeiter, weil sie den Stress nicht mehr aushalten. Dazu kommen noch Personalführungen, die Kündigungen einfach nur zur Kenntnis nehmen, ohne sich nach den Gründen zu erkundigen oder den Schritt zu bedauern oder sich für die bisherige Mitarbeit zu bedanken.
Seit der Gott sei Dank nur kurzen Amtszeit von Mario Monti werden die Kollektivverträge im Sozialwesen und im öffentlichen Dienst nicht mehr nach gewohnten Abläufen erneuert. Kollektivvertragserneuerungen müssen oftmals angemahnt werden. Damit ist man mit den Gehältern in einen hoffnungslosen Rückstand geraten, der mit keiner Erneuerung aufgeholt wird. Außerdem gibt es keine ordentlichen Kollektiv- verträge im wirtschaftlichen Sinn mehr. Kollektivvertragserneuerung würde eigentlich bedeuten, einen Inflationsausgleich auf die letzte Periode zu gewähren und eine Reallohnerhöhung zu vereinbaren. Heute bietet man Prämien an. Gehälter und Löhne von 1.100 oder 1.300 Euro im Monat sind nichts anderes als Hungerlöhne und Ausbeutung. Auch im Gesundheitswesen sind die Gehälter weder angemessen und schon gar nicht mehr wettbewerbsfähig. Damit wurde erreicht, dass außer einem außerordentlichen Maß an Berufungsempfinden kaum ein Motiv mehr besteht, im Sozialwesen oder im bereitsteht, dann kann man sich nur ärgern. Nicht mit den Beamten des Landes oder mit den Sozialdiensten, sondern mit der Landespolitik, die es in der Hand hat, verhältnismäßig schnell zumindest einige Voraussetzungen zu schaffen, dass es wieder Bewerber für Sozial- und Pflegeberufe gibt, die eigentlich als Zukunftsberufe gelten. Dazu gehören ein guter Ruf des Arbeitgebers und damit verbunden in jeder Hinsicht reizvolle Arbeitsplätze. Das demografische Problem ist sicher schwerer zu handhaben. Aber beginnen wir endlich mit den machbaren Lösungen. Am Geld kann es nicht scheitern, eil es für andere, manchmal sehr zweifelhafte Initiativen und Unterstützungen immer genug Geld gibt! motivierte und gut gelaunte Pflegekräfte – und die gibt es, wenn diese mit ihrem Arbeitsumfeld und mit dem Einkommen zufrieden sind. Für unsere Kinder und Enkelkinder, für unsere Eltern und Großeltern wollen wir doch alle das Beste. Dazu gehören die besten Pflegekräfte und Sozialarbeiter sowie die besten Betreuerinnen in den Kitas, die etwas kosten dürfen. Von allen erwarten wir uns für unsere Lieben, dass sie gute, kompetente, verlässliche und einfühlsame Betreuer sind. Die Gegenleistung muss entsprechend sein! Und wettbewerbsfähig!
Wenn wir heute von Landesämtern und Sozialeinrichtungen hören, dass für gewisse Dienste (Pflegeeinstufungen, Pflege, Werkstätten, Wohnheime) zu wenig Personal
Die Landespolitik muss beginnen, dem Sozialen eine neue Priorität einzuräumen. Es stimmt schon, dass im Landeshaushalt für das Soziale ein verhältnismäßig großer Brocken bereitsteht. Er reicht halt nicht! Abgesehen davon, dass der Sozialbereich auch ein großer Wirtschaftsfaktor ist, hat er eine große gesellschaftliche Bedeutung. Er ist der Kitt der Gesellschaft. In einem reichen Land wie Südtitrol muss die Landespolitik alles tun, damit der gemeinsam produzierte Reichtum gerecht verteilt wird, dass niemand zurückbleibt, dass alle ein würdiges Leben führen können. Dann wird sich vieles wieder einpendeln!