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Pflersch: Abbaupläne versenkt

Pflersch

Dienststellenkonferenz versenkt Abbaupläne

Wie in der Mai-Ausgabe des Erker ausführlich berichtet, gibt es Bestrebungen, in der Schottergrube „Loche“ in Pflersch wieder Schotter abzubauen. Die Dienststellenkonferenz für den Umweltbereich hat nun allerdings ein negatives Gutachten ausgestellt.

Die Schottergrube liegt auf einer Fläche von 7,5 ha im Weiler Anichen offen im Hang. Im Verlauf von zehn Jahren soll, vom oberen Rand der Grube ausgehend, in Streifen abgebaut werden, die jeweils nach einem Jahr renaturiert werden sollen. Insgesamt würden auf einer Länge von rund 300 m und auf 100 Höhenmetern bis hinauf zum Bergfuß 280.000 Kubikmeter Schotter abgebaut, die mit LKW nach Gasteig zur Weiterverarbeitung transportiert werden sollen. Das Volumen entspricht rund 1.600 LKW-Ladungen pro Jahr bzw. eine LKW-Fahrt pro Stunde. Nach zehn Jahren soll die Grube endgültig geschlossen werden. Das Unternehmen „Wipptaler Bau AG“ hat im Vorjahr ein entsprechendes Projekt eingereicht. „Der Hang, der gefährliche Neigungen aufweist, wird durch

FUGGERROPPE

den Abbau auf einen Neigungswinkel von 33 Grad angeebnet, da er sonst nicht renaturierbar wäre“, so Bürgermeister Martin Alber, der dem Projekt positiv gegenübersteht. Unerwünschte Nebeneffekte wie Staub, Lärm und LKW-Verkehr seien nicht zu vermeiden und deshalb auch intensiv diskutiert worden. Aus diesem Grund soll der Abbau ausschließlich von Oktober bis April, also außerhalb der Vegetationszeit, erfolgen, die LKW müssen mit Planen abgedeckt werden. Auch die Waldinteressentschaft Pflersch hat sich als Grundbesitzerin für eine Reaktivierung der Schottergrube ausgesprochen und sich dabei auf einen Vollversammlungsbeschluss aus dem Jahr 2015 gestützt.

„Wurden nicht informiert“

Der Gemeinderat der Gemeinde Brenner wurde am 6. April über die Abbaupläne in Kenntnis gesetzt, tags darauf sollte die Dienststellenkonferenz für den Umweltbereich in Bozen ihr Gutachten abgeben. Sie tat es aber nicht. Eine Woche zuvor hatten nämlich die Anrainer der Schottergrube „Loche“, die Bewohner der Weiler Anichen, Raut und Nopenau, eine Eingabe bei der Dienststellenkonferenz gemacht, da sie sich übergangen fühlen. „Es ist schon erstaunlich, dass die direkt betroffenen Anrainer von den Plänen, in der Loche wieder Schotter abzubauen, nicht informiert worden sind“, ärgerte sich damals Bernhard Auckenthaler vom „Botenhof“ in Anichen, der am Fuße der Schottergrube seit 14 Jahren Kräuter anbaut und gemeinsam mit dem „Steirerhof“ in Wiesen die „Kräutergärten Wipptal“ betreibt. „Bereits am 22. Dezember 2020 wurde der Gemeinde vom Amt für Gruben das Projekt übermittelt, diese hat es allerdings nicht für notwendig erachtet, die Talbevölkerung, die Tourismustreibenden und vor allem die Bewohner von Anichen davon in Kenntnis zu setzen. Dieses Vorgehen ist für uns völlig inakzeptabel. Noch dazu hat die Baukommission am 9. Februar mehrheitlich ein positives Gutachten abgegeben, ebenfalls ohne mit den unmittelbar Betroffenen vorab zu sprechen oder sich bei einem Lokalaugenschein ein Bild von der Situation zu machen.“ Die Anrainer haben daraufhin alle Hebel in Bewegung gesetzt und das Gespräch mit allen Beteiligten

gesucht. Es kam zu mehreren Aussprachen, aber nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung, auch die Volksanwaltschaft wurde eingeschaltet.

Negatives Gutachten

Am 25. Mai führte die Dienststellenkonferenz in Anichen einen Lokalaugenschein durch, dessen Ergebnis mehrere Wochen auf sich warten ließ. Am 7. Juli ist schließlich die Entscheidung gefallen: Das Gutachten fiel negativ aus. Gründe für die Ablehnung werden gleich mehrere angeführt. Das Abbaugebiet umfasse sowohl die Uferbereiche als auch die Schutzstreifen der betroffenen Gewässer, die jedoch – wie ihre Vegetation – unter Schutz gestellt seien. In den Bereichen von Fließgewässern und deren Ufern seien ausschließlich Tätigkeiten und Maßnahmen erlaubt, die für die hydraulische Sicherheit des Fließgewässers, für die Entnahme und Rückgabe von Wasser und für Umweltverbesserungen erforderlich sind. In den Schutzstreifen entlang der Fließgewässer sei das Öffnen von Gruben verboten. Auwälder, wie sie im unteren Bereich der Grube vorkommen, seien unter Schutz gestellt; der Objektschutzwald im oberen Bereich habe hingegen eine relevante Schutzwirkung auf darunterliegende Infrastrukturen. „Die Verbindungsstraße über den Graben, um auf die orografisch rechte Seite zu gelangen, ist kaum realisierbar bzw. nur sehr kostspielig und unter Einsatz von hangstabilisierenden Maßnahmen (z. B. Spritzbeton oder ähnliches)“, heißt es im Gutachten weiter. Zudem wirke sich der Abbau negativ auf das Landschaftsbild und die weitere touristische Entwicklung des Tales aus. Ein weiterer Grund für das negative Gutachten ist das Vorkommen von Arten und Lebensräumen, die durch die FFH-Richtlinie geschützt sind. Eine dieser geschützten Arten ist der Schwarzfleckige Ameisenbläuling (Maculinea arion), eine Schmetterlingsart, die wie einige andere seltene Schmetterlinge den Hang der Schottergrube bewohnen. „Die Aufnahme der Abbautätigkeit wäre in diesem Fall gesetzeswidrig“, so auch Johanna Propstmeier vom Umweltbüro Cerny in Innsbruck, das in Pflersch unabhängige Erhebungen durchgeführt hat und im Juni auf den Schwarzfleckigen Ameisenbläuling gestoßen ist – gut möglich, dass dort auch weitere geschützte Arten, wie etwa der Apollofalter (Parnassius apollo), vorkommen, wozu eingehendere Untersuchungen der Projektfläche notwendig wären.

Politik entscheidet

Die Entscheidung der Dienststellenkonferenz ist am 7. Juli gefallen, zwei Wochen später wurde das Gutachten an die verschiedenen Ämter sowie an die Gemeinde Brenner und das Unternehmen „Wipptaler Bau AG“ weitergeleitet. Dieses hat nun die Möglichkeit, innerhalb von 45 Tagen bei der Landesregierung Rekurs gegen das Gutachten einzulegen. Am Ende entscheidet die Politik, ob das Vorhaben genehmigt wird.

Barbara Felizetti Sorg

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