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Erker Jahrgang 24 - Dezember 2012

Monatszeitschrift für das südliche Wipptal - Mensile per l’Alta Val d’Isarco

Italienische Post AG – Versand im Postabonnement Einzelnummer 0,75 Euro G.D. 353/2003 (abgeändert in Ges. 27/02/2004 Nr. 46) Art. 1,1 - Fil. Bozen - Postgebühr bar bezahlt - I.P.

Extra I Weihnachten & Neujahr

Windstille

Beschluss der Landesregierung widerrufen

GESCHICHTE GESUNDHEIT FRANZENSFESTE

Eine Gemeinde schafft sich ab

Countdown für Neuroreha

Simon Gschnell ein Mörder ohne Reue


Frohe Festtage! Buone Feste!

Wir w端nschen Ihnen frohe Weihnachten und freuen uns auf gemeinsame Erfolge im Jahr 2013! Vi auguriamo un felice Natale e un 2013 ricco di soddisfazioni!


inhalt

editorial

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Foto: Peter Thaler

titelgeschichte _ 28

Windstille Windparkgegner haben ihr Ziel erreicht: Das Verwaltungsgericht hat den Beschluss der Landesregierung zur Genehmigung von 19 Windrädern am Brennergrenzkamm aufgehoben: wegen Verletzung und falscher Anwendung von Gesetzen, Verfahrensfehlern, widersprüchlichen Verwaltungsakten, Befugnisüberschreitung und unzureichender Begründung. Ein bittererer Schlag für die Projektbetreiber.

18 _ TOPONOMASTIK

Ball geht an Bezirke

26 _ FRANZENSFESTE

Eine Gemeinde schafft sich ab

32 _ STERZING

Countdown für Reha

36 _ UMWELT

Schwindende Gletscher

52 _ GESCHICHTE

Simon Gschnell - ein Mörder ohne Reue

parte italiana 72 _ Brennero: Il TAR boccia il parco eolico 72 _ Vipiteno: Neuroriabilitazione si farà 73 _ Toponomastica: No del governo alla legge provinciale 77 _ Alta Val d’Isarco: Musica e cultura a fine d’anno 93-101 _ erker-extra

weihnachten & neujahr

rubriken 62 _ 102 _ 102 _ 104 _ 104 _ 105 _ 106 _

Woher stammt der Name ...? Frageecke Aus der Seelsorgeeinheit Erkoku Leute Rezept Jahrestage

111 _ 112 _ 114 _ 115 _ 116 _ 117 _ 118 _ 118 _

Gemeinden Veranstaltungen Kleinazeiger

Pfiffikus Sumserin Rätsel Impressum Vor 100 Jahren

Nächster Redaktionsschluss: 14.12.12 Redaktion Erker, Neustadt 20 A, 39049 Sterzing, Tel. 0472 766876, Fax 0472 760394, info@dererker.it, www.dererker.it erker dezember 12

Liebe Leserin, lieber Leser, die Landesregierung will uns nicht mehr aus dem Kopf gehen. Und ja, wir machen uns ernsthaft Sorgen um sie. Was mag in den Landesräten und ihrem Hauptmann nur vorgegangen sein, als sie vor einem Jahr den Windpark am Sattelberg genehmigten? Übersahen sie doch glatt, dass der Standort eigentlich unter Landschaftsschutz steht, ignorierten sämtliche negative Gutachten, widersprachen eigenen Verordnungen. Waren die Regierungsmitglieder an jenem Tag müde, schwirrten zu viele andere Aufgaben im Kopf herum, die sie noch zu erledigen hatten? Waren sie mit den vielen zu berücksichtigenden Gesetzen überfordert? Sie, die eingefleischten Polit-Dinosaurier? Fakt ist: Sie haben gegen sämtliche Richtlinien und Gesetze verstoßen. So konnte das Verwaltungsgericht wohl gar nicht anders, als ihren Genehmigungsbeschluss in den Wind zu schießen. Mag sein, auch eine Landesregierung wird älter. In Südtirol sitzen seit Jahrzehnten dieselben Gesichter an der Spitze. Zusehends besorgniserregend ist aber ihre Vergesslichkeit. Sogar ihre Sehkraft hat stark nachgelassen. So merkte bei der Vergabe der Wasserkonzessionen keiner, dass ihr die landeseigene Energiegesellschaft SEL „geschönte“ Daten unterschob, um den Wettbewerb zu gewinnen. Keiner ahnte, dass unter vier Augen geheime Wettbewerbsunterlagen der Konkurrenten gelüftet wurden, außer Landesrat Michl Laimer – inzwischen „Ex“ – selbst. Aber mit solchen Geheimnissen geht man ja nicht hausieren. Und der Landeshauptmann scheint ihm den Zwischenfall auch längst verziehen zu haben. Solche Vorkommnisse machen aber zwangsläufig skeptisch. Was wir noch gelernt haben: Vorsicht, wenn Beschlüsse „der Umwelt zuliebe“ gemacht werden. Denn oft kommt’s danach ganz dicke. Wie beim Eisack, den die Landesregierung im Sommer 2009 – wie Landeshauptmann Durnwalder betonte – „sehr ungern“ unter Schutz gestellt hat. Nicht so Michl Laimer. Dieser rief uns damals sogar persönlich in der Redaktion an, um uns mitzuteilen: „Der Eisack steht unter Schutz!“ Seine Stimme klang fröhlich, beinahe aufgeregt, als würde er es selbst kaum glauben. Erst viele Monate später sollten wir erfahren, dass genau wegen dieser Unterschutzstellung mehr als eine Handvoll Projekte für ein Wasserkraftwerk am Eisack abgeschossen wurde und dem Kauf des Kraftwerks Stein an Stein in Mittewald Tür und Tor geöffnet werden konnten. Resolute Töne schlug die Landesregierung auch an, als es um die Windenergie ging. So verkündete sie erst, dass Südtirol kein idealer Standort für Windparks sei, „weil landschaftlich nicht tragbar“. Wow, dachten wir uns, eine Regierung, ein Wort. Aber es blieb beim Wort. Die Verordnung wurde „verfeinert“, die „Ausnahme Brenner“ geschaffen, Windstärke und Meereshöhe geändert, damit am Ende doch noch Windräder drehen dürfen. Warum nicht gleich Klartext reden? Was uns am allermeisten ärgert: erst groß versprechen und dann zurechtbiegen. Energie ist ein dubioses Geschäft, Politik auch. Es ist viel passiert in diesem Jahr. Lassen wir es erst einmal ruhig ausklingen, das Geschehene absitzen. Kraft schöpfen für ein neues. Wir wünschen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, geschätzte Werbekunden und Abonnenten ein freudiges und erholsames Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Jahr 2013. Die Redaktion 3


leserbriefe

Mobilfunkmast in Stange Erker 11/12 Von den Gegnern der Mobilfunkmasten werden verschiedene mögliche negative Auswirkungen vorgebracht und als wissenschaftlich belegt dargestellt. Auf den ersten Blick mögen viele der vorgebrachten Argumente stichhaltig scheinen, sie halten jedoch einer korrekten wissenschaftlichen Betrachtung nicht stand, wurden bereits widerlegt oder sind gar keine. So wird mit dem Verweis auf Schwächere – „Kann denn niemand hier (auch nur einmal) an die armen Kinder denken?“ –, eine Linie verfolgt, um Gegner präventiv zu diffamieren. Logisch, wer etwas gegen Kinder hat, ist gewiss ein schlechter Mensch, dem man keinen Glauben schenken darf. Anstatt neutraler Begriffe werden im Bewusstsein der Bevölkerung negativ verankerte Begriffe wie Handystrahlung und Elektrosmog verwendet. Dabei handelt es sich aber immer um elektromagnetische Felder, zu denen u. a. auch das Sonnenlicht gezählt wird. Als einziger namentlich genannter Gegner spricht F-Landtagsabgeordneter Thomas Egger das wahrscheinlich größte Problem an, nämlich die psychische Komponente. Mit auf völlig haltlosen Verständnismodellen basierendem Halbwissen und Hörensagen wird seit Jahren Demagogie betrieben und gutgläubigen Menschen die Meinung

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vorgegeben. Natürlich ist es da eine Zumutung, sich plötzlich einer solchen Bedrohung wie Mobilfunkmasten gegenüber zu sehen. Bösartige Strahlen erfordern nun mal weniger Denkarbeit und sind damit leichter zugänglich als komplizierte physikalische Vorgänge. Damit ist inzwischen jede vernünftige Diskussion auf Basis von wissenschaftlichen Modellen schwer bis unmöglich geworden. Da man nicht mehr auf wissenschaftliche Modelle hört, sprießen (auch von der Landesregierung propagierte) sowie alternativmedizinische Einrichtungen aus dem Boden. Wohin der Verzicht auf Anwendung wissenschaftlicher Methoden in Gesundheitsbelangen führen kann, wurde erst kürzlich in der Wochenzeitung „Die Neue Südtiroler Tageszeitung“ (Ausgaben vom 17.10. und 19.10.2012) thematisiert und sollte allen eine Warnung sein. Christian Trenkwalder, Wiesen

Krebs-OP in geübte Hände Lieb Vaterland, kannst ruhig sein! Was Monti nicht gelingt, das schafft Theiner mit seinen Technikern in einer Hau-Ruck-Aktion spielend, nämlich die Demontage unseres bisher als vorbildlich geltenden kapillaren sanitären Versorgungssystems. Nachdem bislang meines Wissens sich noch keiner

unserer lokalen und auch übergemeindlichen politischen Mandatare zum „Techniker-Vorschlag“ negativ geäußert hat, ist anzunehmen, dass sie sich der Ungeheuerlichkeit des „Vorschlages“ entweder nicht bewusst sind oder sich schon in Resignation üben. Denn was uns da von Theiner und Co. als Schritt nach vorne und ohne Bezug auf Sparmaßnahmen untergejubelt wird, kann und muss nach auch nur oberflächlicher Analyse Punkt für Punkt abgelehnt werden. Was die Sparmaßnahmen betrifft, muss gesagt werden, dass durch diese Maßnahme noch mehr Geld verplempert wird, aber das ist dem Theiner ja egal, wenn etwa zig Tumor-Patienten aus dem Wipptal statt nach Sterzing dann nach Bozen fahren müssten. Dazu kommt, dass es sich dabei zumeist um ältere oder alte Patienten handelt, die auf Angehörige angewiesen sind, die sie zu den oft langwierigen Krankenhausaufenthalten transportieren müssten, vorausgesetzt, dass diese sich die Zeit nehmen können, von der Arbeit fern zu bleiben, denn die Wartezeiten in Bozen sind erfahrungsgemäß eher länger als in den peripheren Strukturen. Dazu kommen die sehr viel längeren Anreisen für Besuche in der Folgezeit, die sich bei solchen Eingriffen auch auf längere Zeit erstrecken können. Wie Dr. Oswald Mayr richtig anführt, wird die Liberalisierung des Gesundheitsmarktes innerhalb der EU ab 2013 zu einer Abwanderung

ins Ausland führen, begleitet mit Mehrkosten für unsere Sanitätskassen. Durch diese Maßnahme wird die Abwanderung noch forciert. Ich werde, falls ich die Wahl haben sollte, Innsbruck wählen. Bozen kommt für mich erst alternativ in Frage, wenn Sterzing der von oben gewollten Entmündigung zum Opfer fiele. Der weiteren Aussage von Mayr, dass die Qualität der Operationen mit der Häufigkeit der Eingriffe pro Arzt steigt, kann ich nur mit großen Vorbehalten zustimmen. Denn Massenabfertigung unter Zeitdruck ist für die Qualität der Arbeit sicher nicht dienlich. Und außerdem ist es eine Frechheit, den bewährten exzellenten Chirurgen der kleinen Strukturen die Fähigkeit zu guten Eingriffen dadurch abzuerkennen. Und nun das ganz Fiese an der ganzen Geschichte: Ich werde den Eindruck nicht los, dass man mit dieser Aktion die ganzen Lippenbekenntnisse der vergangenen Jahre Lügen straft, wo immer beruhigend in Sonntags- und anderen Reden behauptet wurde, dass die kleinen Krankenhäuser unantastbar sind und nie und nimmer geschlossen werden. Der Meinung bin ich auch. Sie werden nicht geschlossen. Das tut sich von alleine. Sagen Sie mir, Herr Theiner, mit welcher Motivation soll ein angehender Chirurg eine Stelle in Sterzing antreten, wenn er von vorneherein weiß, dass seine Karriere sich auf Gipshaxn und Blindarmoperationen reduzieren wird? Er

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leserbriefe

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wird sich an größeren Strukturen bewerben. Bozen, vielleicht auch Brixen werden dann wieder aus allen Nähten platzen und es muss neu- und dazugebaut werden. Einige Milliönchen wird das auch wieder kosten. Und abschließend noch eine Antwort auf Dr. Alfred Königsrainer, der behauptet, dass der Patient für die beste Behandlung nicht nur 50, sondern 500 km Anfahrt in Kauf nimmt: Es gibt immer mehr Patienten, die nach 80 km sterben würden, weil das Geld für die Fahrkarte nicht mehr reicht.

Kinderler, und iatz nicht mer. Jo es hot khoassn, i bin zi wianig tirolerisch und pass net ins weihnachtstiroler Konzept (a schians Wort); weil in Sterzing wert olls traditionell südtirolerisch gemocht und es wert olls lei tirolerchinesisches Zuig verkaft. Am End pass i niamer zi de chinesischen Spezialtirolerweihnochtsapparatetianer, sell werts sein. Dechter a schians Weihnachtn – so long ... Der Weihnachtsmonn von Welko Unterthiner, Sterzing

Einen herzlichen Dank dem KVWBezirksausschuss Wipptal für die wertvolle Unterstützung in unserer Notsituation.

Pfiat Enk!

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Wir möchten uns herzlich für den unermüdlichen Einsatz und die große Hilfsbereitschaft nach den Unwetterschäden in der Nacht vom 4. auf den 5. August in Burgum bedanken. Ein besonderer Dank gebührt der Freiwilligen Feuerwehr Kematen, den Feuerwehren des Bezirkes Wipptal, dem Zivilschutz, dem Militär, der Wildbachverbauung, der Gemeindeverwaltung und allen freiwilligen Helfern. Familie Richard Messner

Norbert Plattner, Wiesen

Hou, Hou, Hou! Hi – I am your … Na, muas i schun tirolerisch redn. Iatz bin i schun a poor Johr do in Schterzing und iberhaup di Kinder hobm mi recht guat ungenummen. For a poor Toge hon i mitn Bursche, ba den i ollm four der Tire schtian derf (eigntlich a takter Hegl), girett und nor hotter mir gsogg, dass huire nicht isch. Jo wia, hon i gimuant, a wia a Werbung hon i a gimocht und di Hinterschredner sein ungschtondn, Foto zi mochn mit mir und imen

Vergelt’s Gott!

Schreiben Sie uns! Erker-Leserbriefredaktion Neustadt 20 A, 39049 Sterzing Fax 0472 760394, info@dererker.it

Familie Markus Graus, Afens

Das Jahr mit der größten Unwetterkatastrophe seit Jahrhunderten geht nun dem Ende entgegen. Die gigantischen Ausmaße der Zerstörung durch die Geröll- und Schlammmassen in und um die Gebäude, auf Wiesen und Fluren, die beschädigten Straßen und Brücken sind großteils nur mehr auf Fotodokumentationen zu sehen.

Es ist wieder grün geworden um uns herum und das alles im Zeitraum von nur drei Monaten. Dies alles verdanken wir einer beispiellosen Hilfsbereitschaft der Mitbürger des gesamtes Wipptales, den Nachbarn, dem Einsatz aller Freiwilligen Feuerwehren des Bezirkes, der großzügigen Unterstützung der Gemeinde Pfitsch und der Wildbachverbauung sowie dem Landwirtschaftsinspektorat. Ein herzliches Vergelts‘s Gott an alle Familie Weissteiner, Tulfer

Vergangenheit ist Geschichte, Zukunft ist Geheimnis, aber jeder Augenblick ist ein Geschenk. Wir möchten uns am Jahresende noch einmal bei all unseren Helfern herzlich bedanken. Wir danken allen, die an uns gedacht haben und uns Mut und Zuversicht gegeben haben, allen Gönnern und Spendern und allen, die an uns glauben. Wir wünschen allen ein gesegnetes und ruhiges Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr. Familie Thomas und Sandra Parschalk mit Andreas und Michael

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aktuell

Sterzing

10 WobiWohnungen Die Landesregierung hat im November dem Ankauf von 59 Wohnungen durch das Wohnbauinstitut zugestimmt. Zehn davon werden in Sterzing angekauft.

„Rollende Zeitbomben“ Die Bilanz ist besorgniserregend: 13 Prozent der LKW mussten bei Kontrollen der mobilen LKW-Kontrollstationen in der Sadobre Sterzing und Laas und bei Kontrollen der Straßenpolizei bereits wegen schwerer Mängel aus dem Verkehr gezogen werden. Bei 710 Kontrollen waren 91 LKW mangelhaft, vor allem Fahrgestell, Bremsanlage und Räder. Die Grünen kommen zum Schluss: Mindestens 200.000 der zwei Millionen Transit-LKW sind auf der Brennerautobahn mit Defekten unterwegs. „Es braucht eine Kontrollstelle nach Tiroler Vorbild“, fordern sie in einer Landtagsanfrage, die demnächst diskutiert wird. Als Standort schlagen sie das Sadobre-Gelände vor. Südtirol habe Nachholbedarf. In Nordtirol nehmen die fixen LKW-Kontrollstellen bei Kundl und Radfeld auf der Inntalautobahn an zwei bis drei Tagen so viele Kontrollen vor wie in Südtirol in einem Jahr.

Post: „Leider geschlossen“

Sterzing

Wo bleibt der „Waldpark“? Die Postverwaltung hatte beabsichtigt, 13 periphere Postämter in Südtirol zu schließen und in elf weiteren die Öffnungszeiten einzuschränken. „Durch Verhandlungen ist es gelungen, die meisten Schließungen, zumindest provisorisch, abzuwenden“, heißt es in einer Aussendung der Postgewerkschaft im SGB/ CISL. Weitere Verhandlungen wird es somit auch in Bezug auf die Reduzierung der Öffnungszeiten in Ridnaun geben.

Vor über zwei Jahren – im September 2010 – hat der Gemeinderat von Sterzing einstimmig beschlossen, im Nordpark eine neue Naherholungszone zu schaffen. Für den „Waldpark“ sollten die Gelder durch den Verkauf einer Grundparzelle im Nordpark verwendet werden. Auf der Ratssitzung Ende Oktober fragte die Freiheitliche Fraktion nun nach, warum die Gelder nicht wie vorgesehen entsprechend verbucht wur-

In seiner Replik erläuterte Bürgermeister Fritz Karl Messner, dass die Naherholungszone in Zusammen-

arbeit mir dem Forstinspektorat errichtet werden soll und das Projekt erst Gegenstand des LeaderProjektes 2014 sei. Die Erlöse aus dem Grundverkauf seien zur Bezahlung der damit beauftragten Techniker und für andere Grünanlagen verwendet worden. „Die Gestaltung der orographisch rechten Seite des Fallerbaches macht auf jeden Fall erst dann einen Sinn, wenn die Bauarbeiten für das Hotel ‚Steindl’ abgeschlossen sind“, so der Bürgermeister.

fuggerroppe

ted - umfrage

Ergebnis Umfrage November

Weil mir in an Rechtsstot leben, zwingt‘ s mi, zwoa Schritte zur Mitte zi tian.

Glauben Sie, dass der Landeshauptmann wirklich nichts von den Machenschaften in der SEL gewusst hat?

ja

17 %

nein

76 %

weiß nicht

den und bisher auch kein Gesuch um entsprechende EU-Fördergelder eingereicht worden sei.

7%

Die Dezember-Frage

Ist Sterzing der geeignete Standort für das Reha-Landeszentrum?

Stimmen Sie ab auf www.dererker.it! 8

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Wirtschaft

Sterzing zahlt gut

In Franzensfeste und Sterzing kann man gut verdienen. Die 2.588 im Wipptaler Hauptort beschäftigten Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft verdienten 2010 mit 30.041 Euro brutto nämlich landesweit nach Franzensfeste am meisten. In ganz Südtirol lag die durchschnittliche Jahresbruttoentlohnung bei 25.958 Euro. Damit ist die Kaufkraft der in der Privatwirtschaft beschäftigten Südtiroler in den vergangenen fünf Jahren leicht gestiegen. Dies geht aus einer Erhebung des Landesinstituts für Statistik ASTAT hervor. Die 5.387 in der Privatwirtschaft beschäftigten Arbeitnehmer im Wipptal verdienten durchschnittlich 27.049 Euro und damit etwa 1.000 Euro mehr als im Landesdurchschnitt. Die höchsten Entlohnungen gibt es in der Finanzbranche (43.936 Euro), die geringsten im Gastge-

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werbe (23.334 Euro). Landesweit haben die Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft zwischen 2005 und 2010 um 9,2 Prozent auf 163.823 zugenommen. Doch die Schere zwischen den ärmsten zehn Prozent und den Topverdienern klafft immer weiter auseinander: Die Topverdiener bezogen mit durchschnittlich 68.186 Euro brutto rund fünfmal soviel wie Geringverdiener, die mit rund 14.000 Euro jährlich über die Runden kommen mussten. Jahresbruttoentlohnung Franzensfeste Sterzing Brenner Freienfeld Pfitsch Ratschings Wipptal

30.732 30.041 26.743 25.854 24.092 23.136 27.049

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aktuell

Franzensfeste

Brenner

350 Millionen für BBT-Arbeiten

Grenzenlose Öffnungszeiten

Der Bau des BBT generiert eine Wertschöpfung von 15 Milliarden Euro. Dies geht aus einer Studie

Ende Oktober hat die Landesregierung die Richtlinien zu den Ladenöffnungszeiten erlassen. Demnach soll die Sonntagsöffnung entgegen der von der Regierung Monti beabsichtigten völligen Liberalisierung eingeschränkt werden. Nun, so Landesrat Thomas Widmann, sei zu hoffen, dass Rom die Südtiroler Regelung akzeptiere. Grundsätzlich können die Geschäfte in Südtirol künftig an Werktagen von 6.00 bis 23.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 6.00 bis 21.00 Uhr öffnen. In Tourismusgemeinden müssen die Geschäfte an mindestens 22 Sonntagen sowie am ersten Weihnachtsfeiertag, am Osterund Pfingstsonntag geschlossen

hervor, die kürzlich auf der Präsidentenkonferenz der Aktionsgemeinschaft Brennerbahn (AGB) in der Handelskammer vorgestellt wurde. Pro Jahr arbeiten 500 Menschen auf den Baustellen. Laut BBT-Chef Konrad Bergmeister verbleiben 45 bis 50 Prozent der Wertschöpfung im Bundesland Ti-

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rol, in Südtirol und im Trentino. In Südtirol macht dies 1,9 Milliarden Euro aus. Im Jänner können 350 Millionen Euro für die BBT-Baustelle bei Franzensfeste ausgeschrieben werden, 180 Millionen Euro für jene bei Steinach. Laut Pat Cox, EU-Koordinator für die TEN-1Achse, zu dem auch der Brennerbasistunnel zählt, gehöre der Ausbau der Brennerachse nach wie vor zu den prioritären Projekten der EU. Der EU-Anteil an der Finanzierung könnte von derzeit 27 auf 40 Prozent für den Zeitraum 2014 bis 2020 angehoben werden, gab sich Landeshauptmann Luis Durnwalder nach einem Treffen mit Cox optimistisch.

halten. Zu den Tourismusgemeinden zählen jene 17 Gemeinden, die auf jeweils mehr als 300.000 Nächtigungen kommen, darunter als einzige Wipptaler Gemeinde auch Ratschings. Eine Sonderregelung gibt es auch für Grenzgemeinden. So können in der Gemeinde Brenner die Geschäfte ab nun an allen Tagen im Jahr offen halten, um gegen die Konkurrenz im Nachbarland bestehen zu können. In allen anderen Gemeinden müssen die Geschäfte an mindestens 35 Sonntagen geschlossen bleiben. Die Gemeinden können nun innerhalb von drei Monaten jene Sonntage bestimmen, an denen offen gehalten werden darf.

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aktuell

Wipptal

Arbeitslosenquote bei 3,2 Prozent

2012 hat die Wirtschaftskrise erstmals auch Spuren auf dem Südtiroler Arbeitsmarkt hinterlassen. Dies geht aus dem unlängst vorgestellten Arbeitsmarktbericht hervor. Demnach liegt die Arbeitslosenquote in Südtirol derzeit bei 3,7 Prozent und damit um knapp zehn Prozent höher als noch im Vorjahr. Im europäischen Vergleich ist sie aber weiterhin überaus niedrig. Angestiegen ist allerdings die Jugendarbeitslosigkeit der 15- bis 29-Jährigen; sie lag letzthin in Südtirol bei sieben Prozent. Schwierig sei die Situation auch für Personen über 50 Jahre. Besonders im Bau- und Transportsektor sowie bei Banken und Versicherungen gingen letzthin viele Arbeitsplätze verloren. Im Wipptal ist die Arbeitslosenquote etwas niedriger als landesweit: Sie liegt zurzeit bei 3,2 Prozent. Auf kommunaler Ebene war sie in Franzensfeste zuletzt mit 5,6 Prozent am höchsten, in Freienfeld mit 2,2 Prozent am niedrigsten.

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Dennoch: Die Arbeitslosigkeit im Wipptal war schon höher. 1998 betrug sie 5,3 Prozent. In den Folgejahren sank sie jährlich bis 2003 auf 2,4 Prozent. 2008 lag sie sogar auf 2,1 Prozent. Seither steigt sie wieder leicht an. Arbeitslosenquote 2012 (bis Oktober) Brenner 3,4 Franzensfeste 5,6 Freienfeld 2,2 Pfitsch 2,8 Ratschings 3,1 Sterzing 3,6 Wipptal 3,2 Angaben in Prozent

Arbeitslosenquote im Wipptal 1998 5,3 2000 4,1 2003 2,4 2008 2,1 2011 2,9 2012 3,2 Angaben in Prozent

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Zukunft von LEADER 2014 – 2020 Vertreter der Südtiroler LEADER-Gebiete Martell, Ulten-Deutschnonsberg, Wipptal und Sarntal haben

kürzlich am LEADER-Forum Österreich der Vernetzungsstelle „Netzwerk Land“ in der Steiermark teilgenommen. Neben einem Erfahrungsaustausch mit anderen LEADER-Gebieten stand vor allem die Vorbereitung der nächsten Förderperiode zur Entwicklung des ländlichen Raumes im Vordergrund. Die EU wird strukturschwache Gebiete eine weitere Periode über das LEADER-Programm fördern. Pedro Brosei von der Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der Europäischen Kommission sowie Ignaz Knöbl

vom zuständigen Bundesministerium stellten Neuerungen in diesem Bereich vor. Schwerpunkt der Regionalentwicklung 2014 – 2020 werden Themen wie Chancengleichheit, Beteiligung von Jugendlichen sowie der demografische Wandel bzw. die Zu- und Abwanderung sein. Auch das LEADER-Gebiet Wipptal bereitet sich auf den nächsten Programmzeitraum vor und macht sich Gedanken über mögliche Themen und Projekte, die in den kommenden zwei Jahren weiter ausgearbeitet werden. „Wir hoffen, erneut in die Förderperiode aufgenommen zu werden, zumal wir in der abgelaufenen Periode gute Arbeit geleistet haben“, so Bezirksgemeinschaftspräsident Armin Holzer. Ob die EU das Wipptal weiterhin fördern wird, entscheidet sich voraussichtlich 2014.

SEL-Untersuchungskommission

„Zahnloses Gremium?“ In einer Aussendung erklärt sich der Freiheitliche Landtagsabgeordnete Thomas Egger keineswegs verwundert darüber, dass die Volkspartei den PdL-Abgeordneten Maurizio Vezzali zum Vorsitzenden und Elmar Pichler Rolle (SVP) zu dessen Stellvertreter der Landtags-Untersuchungskommission zum Thema Energie gewählt hat. „Von den drei vorgeschlagenen Kandidaten Egger, Dello Sbarba und Vezzali waren die beiden Erstgenannten der Volkspartei wohl nicht ‚gut‘ genug. Egger und Dello Sbarba, also genau jene, die sich bisher im Energiebereich besonders engagiert haben, wären der vielgepriesenen Aufklärung wohl vielleicht doch zu viel gewesen. Ein Vezzali hingegen, der sich bisher um die Energiepolitik kaum gekümmert hat, soll jetzt die Kommission leiten, wobei ihm Pichler Rol12

le als Vizepräsident ‚zur Seite‘ steht. Der von der SVP immer wieder angekündigten bestmöglichen Aufklärung im Energie-Sumpf sind halt offenbar doch gewisse (parteipolitische) Grenzen gesetzt“, stellt Egger mit Bedauern fest. „Es bleibt zu hoffen, dass die Untersuchungskommission nicht zu einem völlig zahnlosen und ruhiggestellten Gremium verkommt. Dies wäre schade, da sich die Kommission nicht nur mit den gerichtsanhängigen Fakten (Vergabe von Konzessionen, Treuhandgesellschaften im Energiebereich) zu beschäftigen, sondern auch die Energiepolitik im Allgemeinen zu überprüfen und zu bewerten hat. Die Neuausrichtung der Energiepolitik auf Landesebene ist Sache des Südtiroler Landtages und die Untersuchungskommission könnte in diesem Sinne wertvolle Vorarbeit leisten“, so Egger. erker dezember 12


Interreg

„Ideen willkommen“ Noch bis Ende 2014 steht dem Interreg-Rat ein so genannter Kleinprojektefonds zur Verfügung. Über diesen können kleinere grenzüberschreitende Initiativen und Projekte rasch und unkompliziert unterstützt werden. Der Interreg-Rat wurde 2008 gegründet, um die Grenzregion rund um den Brenner aufzuwerten. Der Erfolg der umgesetzten Projekte gibt ihnen Recht. Dem Ziel, „ein Wipptal ohne Grenzen“ zu schaffen, sind Nordtirol und das Wipptal einen großen Schritt näher gekommen.

In Steinach haben sich die InterregRäte vor kurzem über die aktuelle und zukünftige grenzüberschreitenden Zusammenarbeit unterhalten. So wird derzeit u. a. mit kulturellen Angeboten, historischen Highlights und Geschichten über das Reisen Gästen und Einheimischen die alte Brennerstraße attraktiv gemacht. Klettersteig, Wanderwege und Broschüren sollen grenzüberschreitende Touren um die Gschnitzer, Obern-

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berger und Pflerscher Tribulaune schmackhaft machen. 2013 werden die beiden Forstbehörden von Sterzing und Steinach gesicherte und waldschonende Skitourenrouten in Pflersch und Ellbögen schaffen. Geplant sind im Brennergebiet Aufforstungs- und Waldbewirtschaftungsmaßnahmen. Für die nächsten Jahre gibt es weitere Ideen, die, wie Leopold Siller, Vorsitzender des Interreg-Rates Wipptal, sagt, „nur darauf warten, umgesetzt zu werden“. So wird an eine Wipptaler Musik- und Literaturwoche in Zusammenarbeit mit Vereinen und Gemeinden gedacht, an die Vermarktung der BrennerRadroute, an ein Schüleraustauschprogramm mit gemeinsamem Singen und Musizieren, an einen Kurs für Sänger, an Sommeraktivitäten mit dem Verein Sternschnuppe und dem VKE Sterzing, an eine Wipptaler Innovationsbörse in Zusammenarbeit mit lokaler Wirtschaft und Oberschulen, an eine Datenbank mit Imagebildern zum Downloaden sowie Wirtschaftsgespräche am Brenner. Wer weitere grenzüberschreitende Ideen hat, kann sich an die InterregKoordinatoren Hugo Seyr oder Carmen Turin wenden. Sie begleiten Projekte und helfen bei der Abwicklung des Kleinprojektefonds.

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aktuell

Auf dem Jaufen soll ein rund 64.000 Kubikmeter umfassender Resort-Palast entstehen. Die Bauarbeiten für das Klimahotel Jaufenhaus, für das die Sporthotel Kalcherhof KG des Pircher Bernhard & Co. als Bauherr verantwortlich zeichnet, sollen bereits im kommenden Jahr aufgenommen werden. Auf eine Landtagsanfrage der Grünen ist vor kurzem die Antwort von Tourismuslandesrat Hans Berger eingelangt. In ihrer Anfrage kritisierten Hans Heiss und Riccardo Dello Sbarba von den Grünen vor allem das „halbierte Traditionsbewusstsein populistischer Part-time-Heimatschützer“, das „stets auf einem Auge blind“ bleibe und Großprojekte wie das Klimahotel Jaufenhaus ignoriere. Dieses habe laut Sebastian Helfer, Bürgermeister der Gemeinde Ratschings, alle Instanzen von Gemeinde und Landesverwaltung anstandslos passiert; auch die Landschaftsschutzkommission habe keinen Einwand deponiert (der Erker hat in seiner August-Ausgabe davon berichtet) – sozusagen ein Vorzeigeprojekt, das allseits auf Gegenliebe stößt. Wie Tourismuslandesrat Hans Ber-

© Lunz Zöschg & Partner Architekten

„Recht schönes“ Jaufenhotel

ger, nach dem Ausscheiden von Michl Laimer nun auch für Natur, Landschaft und Raumentwicklung zuständig, in seiner Beantwortung der Anfrage mitteilt, sei das Projekt bei der Raumordnung nicht vorgelegt, sondern mit Baukonzession in der Gemeinde genehmigt worden. Auch sei eine Umwidmung von „Alpinem Grün“ in „Zone für touristische Einrichtungen“ nicht erfolgt, weil diese nicht notwendig sei. Laut „Verordnung über die Erweiterung gastgewerblicher Betriebe und die Ausweisung von Zonen für touristische Einrichtungen“ dürften in strukturschwachen Gebieten wie der Gemeinde Ratschings neue Be-

in den mund gelegt I Lehrer Lämpel (arbeitet 20 Stunden in der Woche) bei LH Durnwalder (arbeitet bis zu 24 Stunden am Tag)

I tu Meh a, wos i r isch konn nit d ! rinn !

inn? it dr oate n h isc zw den n ehr de ? M a lei je 24 Stu a i W hlof it i g. I sc t, dam erbrin h t Noc un

triebe mittels Ausweisung einer Zone für touristische Einrichtungen im Rahmen eines Gesamtkonzeptes errichtet werden. Zudem könnten dort bestehende Betriebe auch ohne Änderung des Bauleitplanes quantitativ erweitert werden; Voraussetzung dafür sei die Festlegung eines Erweiterungsindex, der laut Gemeinderatsbeschluss mit 135 quantifiziert und auf die bestehenden 49 Betten angewandt worden sei. Während der Landesbeirat für Baukultur nicht einbezogen worden sei, habe die Landschaftsschutzkommission die Sachlage besprochen. Das Hotel sei demnach „recht schön eingebettet“, das Projekt brauche „so einen Körper, der sich zeigt und aus dem Gelände wächst“, weshalb das Projekt mehrheitlich – wenn auch mit Auflagen – befürwortet worden

sei. Für die Außengestaltung müsse ein entsprechendes Detailprojekt mit Lageplan vorgelegt werden, auch bezüglich der Ablagerung des anfallenden Aushubmaterials seien in Absprache mit der Forstbehörde geeignete Standorte zu suchen; diesbezügliche Projekte müssten ebenfalls zur Begutachtung vorgelegt werden. Der Mutterboden sei nach Beendigung der Arbeiten wieder aufzutragen, standortgerechtes Saatgut müsse unverzüglich ausgebracht werden. Es sei ausschließlich die Verwendung von unbehandeltem Holz zulässig. „Als Sicherstellung für die Einhaltung der angeführten Ausführungsvorschriften ist eine Kaution in Höhe von 25.000 Euro beim Amt für Landschaftsschutz zu hinterlegen“, betont Berger in seiner Replik. bar

! n e z t u n ll o v n n i En e rg i e s .. Wir wunschen frohe Weihnachten und ein BRIXEN • VAHRN • STERZING gutes neues Jahr. 39040 Vahrn - Vahrner-See-Weg 17 - Tel. 0472 83 15 03 Fax 0472 83 21 17 - E-mail: info@herman-heiztechnik.it

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aktuell

Zankapfel Handymasten Spätestens seit in Stange der Aufstand geprobt wurde, werden Handymasten auch im Wipptal wieder argwöhnischer beäugt. Zu den bereits bestehenden 58 Anlagen im Bezirk sollen im kommenden Jahr sieben neue dazukommen. Eines gleich vorweg: Verhindert werden können sie nicht. Die Katze scheint sich in den Schwanz zu beißen: Ein Leben ohne Handy ist kaum mehr vorstellbar, immer und überall erreichbar sein ein Muss, ein Leben im Funkloch ein Horror. Was wäre die Welt, wenn ich nicht jederzeit meine momentane Befindlichkeit posten könnte? Tagtäglich setzen wir uns – oft freiwillig, noch öfter völlig unbewusst – immensen Strahlenbelas-

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tungen aus. Doch erst wenn – wie letzthin in Stange – ein neuer Sendemast errichtet werden soll, werden wir aus unserem unbekümmerten Dornröschenschlaf geweckt. Plötzlich twittern – pardon zwitschern – es schon die Vögel von den Dächern: Die Strahlenbelastung nimmt ständig zu, doch kaum jemand weiß, mit welchen gesundheitlichen Folgen wir in Zukunft rechnen müssen. Die Errichtung neuer Sendeanlagen geht inzwischen munter wei-

ter. In Südtirol gibt es zurzeit 782 Umsetzer für Mobilfunk (Stand: Ende September 2012). Seit 2008 sind also 211 Anlagen entstanden, 105 davon allein im vergange-

nen Jahr. Es gibt sogar ganze acht mastenlose Gemeinden – was aber nicht heißt, dass sie auch strahlungsfrei sind, macht Elektrosmog vor Gemeindegrenzen schließlich

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aktuell

Handymasten im Wipptal

nicht Halt. Im Wipptal werden wir derzeit von 58 Anlagen versorgt. Die Gemeinden Brenner (14 Anlagen) und Ratschings (12 Anlagen) sind die absoluten Spitzenreiter. Bei einem Treffen der Wipptaler Bürgermeister mit Luca Verdi, Amtsdirektor des Landeslabors für physikalische Chemie, wurde Mitte November die Jahresplanung der Mobilfunkbetreiber für 2013 präsentiert. Sieben neue Anlagen sollen demnach im kommenden Jahr im Wipptal entstehen. Während Sterzing und Franzensfeste sozusagen leer ausgehen, ist in Freienfeld und Brenner je ein neuer Umsetzer geplant. In Freienfeld möchte Vodafone einen Umsetzer auf einem bereits bestehenden Sendemasten bei der Autobahnraststätte errichten. „Wir werden Kontakt mit den Zuständigen von Vodafone aufnehmen, um eventuelle Unklarheiten aus dem Weg zu räumen“, so Bürgermeister Armin Holzer. In Pflersch soll ein Umsetzer der

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RAS errichtet werden, wo sich auch private Anbieter einklinken können. „Dadurch kann verhindert werden, dass im Tal gleich mehrere Masten errichtet werden“, so Bürgermeister Franz Kompatscher. Der Eigentümer des Grundstückes, die Interessentschaft Pflersch, habe seine Zustimmung bereits gegeben. In der Gemeinde Pfitsch liegen zwei Ansuchen vor. Vodafone möchte für das Zentrum von Wiesen einen neuen Umsetzer errichten, in Afens ist Wind auf der Suche nach einem geeigneten Standort. Doch Bürgermeister Johann Frei gibt sich kämpferisch: „Wir sind dagegen. Wir wollen keine neuen Masten.“ Moderatere Töne schlägt Sebastian Helfer, Bürgermeister der Gemeinde Ratschings, an: In Stange werde gerade ein Alternativstandort für den Umsetzer des Mobilfunkbetreibers Tre gesucht, in Mareit sei ein Umsetzer von Wind vorgesehen, in Ridnaun einer von Vodafone. „Ich werde mich mit den Be-

Brenner

14

Freienfeld Franzensfeste Ratschings Pfitsch Sterzing Wipptal

9 9 12 8 6 58

Stand: Ende September 2012 Quelle: Geobrowser

treibern in Verbindung setzen und mit ihnen Gespräche führen. Mehr kann ich nicht tun“, so Helfer. Und in der Tat – den Bürgermeistern sind in ihrer eigenen Gemeinde die Hände gebunden, sofern sich die geplante Anlage außerhalb des Siedlungsgebietes befindet. Dort führt der Weg zu einem neuen Handymasten seit Juni dieses Jahres nicht mehr über den ersten Bürger der betroffenen Gemeinde, sondern über den Landesrat für Raumordnung in der Person von Hans Berger. „Wir brauchen klare Entscheidungen“, betonte Landeshauptmann Luis Durnwalder da-

mals. „Es geht nicht, dass gewisse Bürgermeister nur an ihre Gemeinde denken.“ Die Sendeanlagen seien schließlich von übergemeindlichem Interesse. Innerhalb der Siedlungsgebiete erteilt nach wie vor der Bürgermeister die entsprechende Ermächtigung. Jedes Projekt, wo auch immer es realisiert wird, wird einer gesundheitlichen Bewertung unterzogen, wobei die Einhaltung der Grenzwerte kontrolliert wird. Außerhalb der Siedlungsgebiete kommt eine landschaftliche Bewertung durch die entsprechenden Landesämter hinzu. „Werden alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten, kommt weder der Bürgermeister noch der Landesrat umhin, das Projekt zu genehmigen“, so Luca Verdi. Dann nützen auch Proteste von aufgebrachten Bürgern nichts mehr – es sei denn, der Betreiber lässt sich freiwillig darauf ein.

bar

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aktuell

Toponomastikgesetz: Ball geht an Bezirke

Der Weg bis hin zum Autonomiestatut von 1972 war bereits lang, bis zur Umsetzung des letzten noch offenen Punktes mussten noch einmal volle 40 Jahre vergehen. Über das neue Landesgesetz zur Toponomastik sind heftigste Diskussionen entbrannt. Die Lösung der Ortsund Flurnamenfrage obliegt indes den Bezirksgemeinschaften – sofern das Verwaltungsgericht einen Rekurs des Ministerrates abweist. Als Mitte September der Landtag über das Toponomastik-Gesetz abstimmte, war von einem historischen Tag für Südtirol die Rede. Landeshauptmann Luis Durnwalder betonte vor allem den „europäischen Geist“, von dem die Entscheidung getragen worden sei: „Wir hatten die Wahl, entweder nichts zu tun und damit den Status quo fortzuschreiben, in dem nur die faschistischen Wortschöpfungen amtlich waren, oder eine Lösung anzustreben, die zwar einen Kompromiss darstellt, die aber der aktuellen Situation im Land Rechnung trägt.“ Christian Tommasini (PD) zeigte sich erfreut darüber, dass mit diesem Gesetz ein Thema entschärft werde, das jahrzehntelang das Klima vergiftet habe. Euphorie herrschte jedoch nur bei den Vertretern von SVP und PD, die für den Gesetzentwurf gestimmt haben. Die Opposition sprach sich fast geschlossen dagegen aus; zwei Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Gute Lösung versus kulturelle Ka18

tastrophe: Mauro Minniti (PdL) sprach von einer „Demütigung der italienischen Volksgruppe“, Giorgio Holzmann, Kammerabgeordneter des PdL, verlangte von der italienischen Regierung sogar eine Anfechtung des Gesetzes vor dem Verfassungsgericht, würde damit doch „ein Stück italienisches Kulturgut gelöscht“. Pius Leitner von den Freiheitlichen hingegen bemängelte, dass der gesamte Rechtsbestand weiterhin auf den faschistischen Dekreten von 1923 und 1940 beruhe: „Einen Kulturfrevel parteipolitisch lösen zu wollen, kommt der Quadratur des Kreises gleich und wird bei der Umsetzung scheitern.“ Und Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) konstatierte: „Heute ist ein Trauertag. Jahrzehnte nach dem faschistischen Unrecht wird dieses legitimiert.“ Gebräuchlichkeit versus Wissenschaftlichkeit: Für Verwunderung sorgt quer durch die oppositionellen Gemüsebeete auch Artikel 1 des Gesetzes, der die Verant-

wortung für die sensible Materie auf die Bezirksgemeinschaften abwälzt: Vorgesehen ist darin die Erstellung eines Verzeichnisses durch einen paritätisch besetzten Landesbeirat, das alle Ortsnamen in deutscher, italienischer und eventuell ladinischer Form umfasst. Die entsprechenden Vorschläge werden vom jeweiligen Bezirksrat übermittelt, der die Gebräuchlichkeit auf Bezirksebene von einer ebenfalls paritätisch besetzten Kommission mit je zwei Vertretern jeder Sprachgruppe feststellen lassen muss. Der Haken an der ganzen Sache: Die Vorgangsweise bei der Erhebung der Gebräuchlichkeit wird nicht vorgegeben, sondern den Bezirksgemeinschaften selbst überlassen. Gerade in diesem Punkt wittern die Grünen die Tücke des Gesetzes: „Mit einem Kunstgriff in buchstäblich letzter Sekunde wird die wahre Problematik an die Bezirksgemeinschaften weitergereicht. Diese müssen sich plötzlich zu Toponomastik-Kommissionen umrüsten – eine Aufgabe, für die sie weder den

Auftrag noch das Know-how haben. Die Bezirksgemeinschaften sind politische Einrichtungen und noch dazu das schwächste Glied in der Kette der lokalen Körperschaften“, so Hans Heiss und Riccardo Dello Sbarba. Sie befürchten, dass durch das Gesetz am Ende der ethnische Konflikt vor Ort erst recht angestachelt werden könne; der Grund dafür liege in der politischen Nominierung (und daher „vorhersehbar von SVP’s Gnaden“) des paritätisch besetzten Landesbeirates. Gespannt sein darf man auf die Besetzung schon. Vermutlich ist hier die Entscheidung eine ungleich leichtere als bei der Nachbesetzung der Stelle des Landestoponomasten, die seit dem unfreiwilligen Abgang von Cristian Kollmann im Jahr 2005 immer noch vakant ist – und nun wohl auch bleiben wird. Des einen Freud, des anderen Leid: Das neue Landesgesetz steht inzwischen auf recht wackligen Beinen. Es ist mehr als fraglich, ob es überhaupt umgesetzt werden kann, war doch der Pilgerzug der italienischen Rechtsparteien nach Rom von Erfolg gekrönt: Vor kurzem hat der Ministerrat die Anfechtung des Gesetzes vor dem Verfassungsgericht beschlossen. Da laut Autonomiestatut deutsche und ladinische Namen per Landesgesetz gleichgestellt werden könnten, folge daraus, dass es „einzig und allein um die offizielle Wiedereinführung der deutschen und ladinischen Namen, aber nie um die Abschaffung von italienischen Namen gehen kann“, so die Argumentation des Ministerrates. Auch der Weg über die Bezirksgemeinschaften sei unzulässig, da im Autonomiestatut explizit von Landestoponomastik die Rede sei. Ein Dorn im Auge ist der Regierung zudem die Landeskommission, die über die Vorschläge der Bezirksgemeinschaften entscheiden soll. Von paritätischer Besetzung könne erker dezember 12


3 Fragen an

Bezirkspräsident Armin Holzer Erker: Herr Holzer, die Landesregierung hat mit dem Toponomastik-Gesetz den Bezirksgemeinschaften ein heißes Eisen in die Schuhe geschoben. Wie bewerten Sie diese Vorgangsweise? Bezirkspräsident Armin Holzer: Da es sich bei der Frage der Toponomastik um eine sehr komplexe und für die Allgemeinheit wichtige Angelegenheit handelt, wurde vom Gesetzgeber auch eine „besondere“ Vorgangsweise gewählt. Die Rolle, die dabei den Bezirksgemeinschaften übertragen wurde, ist sicher keine einfache. Es freut mich jedoch, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Bezirksgemeinschaften in der Lage sein werden, diesen schwierigen und kontrovers diskutierten Themenbereich im Interesse der Bevölkerung des jeweiligen Gebietes zu behandeln und eine für alle Volksgruppen annehmbare Lösung zu finden. Ich bin mir sicher, dass es im Bezirk Wipptal gelingen wird, Vorschläge zu formulieren, die von allen bzw. von einem Großteil der Bevölkerung mitgetragen werden können.

Wie soll die Gebräuchlichkeit von Flurnamen in beiden Landessprachen festgestellt werden? Dazu kann ich zurzeit noch nichts sagen, da ich der Kommission nicht vorgreifen möchte. Diese wird jedoch mit Sicherheit eine Lösung finden, die von allen mitgetragen werden kann. Wurden die Mitglieder der Kommission, die über die Gebräuchlichkeit der einzelnen Bezeichnungen zu befinden hat, bereits namhaft gemacht? Die Kommission wurde noch nicht ernannt. Dies wird voraussichtlich in einer der nächsten Sitzungen des Bezirksrates erfolgen. Zunächst muss noch über die konkrete Vorgehensweise bei der Besetzung der Kommission diskutiert werden. Interview: bar

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Teil 6Teil 4

Lange Haare – der schönste und natürlichste Schmuck Ihre Haare brauchen Aufmerksamkeit und Pflege. Es gibt fünf Grundregeln für schöne und gesund wachsende Haare, und diese gelten besonders auch für schöne lange Haare. 1. Die berühmten 100 Bürstenstriche Es muss aber eine Naturborstenbürste sein, z. B. die Antispliss-Bürste. 2. Die Haar- und Kopfhautwäsche Haare sind wie Seide und sollten auch so behandelt werden. Ganz wichtig ist also das Shampoo. Denken Sie immer daran: Weniger Shampoo ist immer besser als zuviel Produkt. 3. Nach jedem Haarewaschen Adstringenz anwenden Damit wird der Säureschutzmantel der Kopfhaut wieder neu aufgebaut und die Schuppenschicht der Haare geschlossen. Die Kopfhaut kann wieder atmen, die Haare glänzen und sind geschützt. 4. Ihre Haare sollten alle sechs Wochen einen Pflegeschnitt bekommen. Pflegeschnitt heißt nicht abschneiden, sondern die Haare wie beim Fingernägelfeilen um Millimeter korrigieren, damit die Haare keinen Spliss bekommen. 5. Jetzt brauchen Ihre Haare Feuchtigkeit, Proteine und Keratin. Das heißt: einmal pro Woche Eiweiß-Aufbaukur, einmal im Monat Protein-Aufbaukur und alle drei Monate Keratin-Aufbaukur. Wir, Ihr Salon Pircher Hair by Birgit Pircher, Ihre Haare und Sie sind das Dream-Team für schöne, lange, glänzende Haare, und

Während die Benennung der Ortschaften wohl rasch über die Bühne gehen wird, wird es im Bereich der Mikrotoponomastik ungleich schwieriger werden:

dort nicht die Rede sein, schließlich reiche die Anwesenheit von zwei Volksgruppen aus, um über Namen zu entscheiden, die eigentlich nur die dritte Volksgruppe betreffe, so der Ministerrat in seinem Rekurs. Und überhaupt habe der Pariser Vertrag die italienischen Namen „demokratisch legitimiert“. Starker Tobak für eine angeblich richtungslose Regierung aus Technikern, deren einziges Ziel die finanzielle Rettung Italiens sein soll. Das Land will sich unterdessen auf den Rekurs einlassen. „Diese Re-

Der Traum von schönen langen Haaren

Ihr Traum vom schönen langen Haar wird wahr!

gierung nimmt die Sonderstellung der Autonomien nicht zur Kenntnis und hat absolut kein Gespür für die Minderheiten“, so Landeshauptmann Luis Durnwalder erzürnt. Die Landesregierung werde sich dieses Vorgehen nicht gefallen lassen und sich an alle, auch internationale Gremien wenden, wenn dies notwendig sei. Inzwischen sollen die Bezirksgemeinschaften die Vorgaben des Gesetzes umsetzen, noch bevor sich das Verfassungsgericht mit dem Rekurs der Regierung beschäftige. bar

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Foto: Martin Schaller

wirtschaft

Ein Resorthotel am Roßkopf als Attraktionspunkt? Sterzinger Gemeinderat genehmigt Tourismusleitbild

Sterzing hat ein neues Tourismusentwicklungskonzept. Der Gemeinderat hat es Ende Oktober bei einer Gegenstimme von Verena Debiasi (Bürgerforum) gutgeheißen: Es ersetzt jenes aus dem Jahr 1999 und bildet nun die Grundlage für die Ausweisung neuer Tourismuszonen. Die „Alpinstadt“– als solche könnte Sterzing laut Studie künftig am Markt beworben werden – braucht, will sie wieder mehr Gäste anziehen, mehr Qualitätsbetten im 4- und 5-Sterne-Bereich, eine Stärkung und nähere Anbindung des Roßkopfs an die Stadt und eine außergewöhnliche Veranstaltung, die 20

den Ort wieder mehr in den Mittelpunkt rückt. Dies in Kürze die zentralen Aussagen des neuen Tourismusentwicklungskonzeptes, entworfen von Universitätsprofessor Harald Pechlaner und Michael Volgger. „Sterzing fehlt zurzeit ein großer Reißer, der Gäste anzieht“, so Volgger. Die Stadt könne zwar in den vergangenen 20 Jahren – trotz des Wegfalls der EUBinnengrenzen und des bis dahin boomenden Tagestourismus – auf eine beständige Entwicklung zurückblicken, die Nächtigungszahlen liegen aber im Vergleich zu den

Einwohnern weit unter dem Landesdurchschnitt. Die gastgewerblichen Betriebe haben seit dem Ende der 70er Jahre stark abgenommen. Von 91 im Jahr 1987 sanken die Beherb ergungsb et r i e be auf 53 im Jahr

den letzten 20 Jahren auch die Bettenanzahl (-5 %). Derzeit, so Volgger, stagniere die touristische Entwicklung der Stadt. Der Roßkopf schwächelt „in seiner derzeitigen Gestaltung“, überspitzt ausgedrückt, vor sich hin. Weitere zentrale Schwächen Sterzings macht die Studie in der übergemeindlichen Kooperation, im Beherbergungsangebot im qualitativ höheren BeUniversitätsprofessor Harald Pechlaner: reich und im ab„Eine Neupositionierung Sterzings als Alpinnehmenden Shopstadt samt Aufwertung des Ski- und Wanderpingerlebnis aus. gebietes am Roßkopf ist unentbehrlich.“ Als Optionen daraus, so Pechlaner, 2010. Das bedeutet einen Rück- sollte sich Sterzing als „Alpinstadt“ gang von rund 40 Prozent. Die mit seinem besonderen „städtigastgewerblichen Betriebe sind im schen Flair, genussvollen Flanieren selben Zeitraum von 39 auf 29 (-26 und alpinen Ambiente“ am Markt %) gesunken. Verringert hat sich in anbieten und eine engere strategierker dezember 12


wirtschaft aktuell

Sterzinger Tourismusleitbild: Die Stadt braucht mehr

Qualitätsbetten.

sche Verbindung mit dem Roßkopf anstreben. Andenken sollte man dabei auch eine Talabfahrt, die engere Zusammenarbeit mit Ladurns und ein Resorthotel am Berg. Von einer Verbindung der beiden Skigebiete über das Vallmingtal ist zwar nicht explizit die Rede, wohl aber wird man eine solche im Hinterkopf gehabt haben. Da mittelfristig, so heißt es in der Studie, „eine Erneuerung der Seilbahnanlage ins Auge zu fassen ist, wäre

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auch eine sanfte Neutrassierung eine Option, um die Talstation urbanistisch noch näher an die Stadt heranzuführen“. An eine Talstation am Stadtplatz wird man dabei hoffentlich nicht gedacht haben. Die Innenstadt selbst, so Volgger, könnte stärker als offenes Einkaufszentrum beworben werden. Auch als Stopp für Fahrradtouristen könnte sich Sterzing noch weit besser positionieren, an die Tradition von Trainingslagern für Fußball-

mannschaften könne man wieder anknüpfen. Im Zuge qualitätsorientierter Bettenentwicklung sollte man, so Volgger, auch die Diskussion über ein Resorthotel am Berg führen. Einem solchen Resort wird in der Studie breiter Raum gegeben. „Es kann zu einem Attraktionspunkt für Sterzing werden“, heißt es in der Studie. Für den Bau eines Hotels am Roßkopf wurde bereits 2010 die aus elf

Gesellschaftern bestehende „Rosskopf Mountain GmbH“ gegründet (Erker 5/2011). Diese strebt am Hang unterhalb des Sterzingerhauses den Bau eines Appartementhotels mit 160 Betten an, der in Sterzing zurzeit höchstzulässigen Bettenanzahl. Die Gesellschafter haben sich nach Vorprojekten für jenes des Brixner Architekten Ralf Dejaco entschieden. Ursprünglich sollte 2013 mit dem Bau begonnen werden. Nun zieht man, so Gesell-

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wirtschaft aktuell

Hotelprojekt am Roßkopf:

2014 könnte mit dem Bau begonnen werden.

Wo steht Sterzing heute? Nächtigungen 2010: 196.328 Ankünfte: 67.011 Tourismusintensität: Rang 61 der 116 Südtiroler Gemeinden Beschäftigte im Gastgewerbe: 7,3 Prozent Beherbergungsbetriebe: 53

Gastgewerbliche Betriebe: 29

Bettenanzahl: 1.413 Davon Bettenanzahl in 4- oder 5-Sterne-Betrieben: 85

Betriebsauslastung: 38,2 Prozent Deutsche Gäste:

40,5 Prozent

Italienische Gäste: 44,6

schaftspräsident Helmut Messner, einen Baubeginn 2014 in Betracht. Angestrebt, so ist es im Leitbild festgeschrieben, „wird konkret die Ansiedlung von mehreren Leitbetrieben mindestens im Vier-Sterne-Segment“. Dem entsprechend sollen neue Zonen nur noch „für die Realisierung von Betrieben mit mindestens drei Sternen ausgewiesen werden“, was im Umkehrschluss auch heißen könnte, dass

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Prozent

für andere Bauten künftig gar keine Genehmigungen mehr erteilt werden könnten. Sterzing, so Pechlaner, sollte auch wieder versuchen, eine stärkere Führungsposition im regionalen Umfeld einzunehmen. Gegenüber den anderen Städten sollte man die alpine Positionierung besser hervorheben. Einfach wird das sicher nicht, denkt man nur an die Nachbarstadt

Brixen, die mit dem internationalen Bergfestival IMS eine Veranstaltung höchster Güte anbietet. Übrigens möchte man auch in Brixen durch eine neue, vom Stadtkern startende Seilbahn auf die Plose den Berg näher an die Stadt heranziehen. Neu ist das Konzept also nicht. In jedem Fall wäre es nun wichtig, so Pechlaner, eine breite Diskussion mit der Sterzinger Bevölkerung loszutreten, wie man den Berg näher an die Stadt heranholen kann. „Allerdings darf man nicht glauben, dass Sterzing in den nächsten Jahren die ganz großen Sprünge machen wird.“ Eine Repositionierung des Berges wäre aber sicher erstrebenswert. Sterzing hätte nämlich eigentlich „mit seiner gut erhaltenen mittelalterlichen Altstadt, seiner ausgesprochen günstigen Lage und Verkehrsanbindung, seiner teilweisen internationalen Bekanntheit, einem reichen gastronomischen Angebot und dem Roßkopf alle Voraussetzungen“ für einen erfolgreichen Ganzjahrestourismus. Verena Debiasi vom Bürgerforum

bemängelte in der Diskussion die Stimmigkeit des Konzeptes und merkte an, dass man darüber im Gemeinderat bereits seit 20 Jahren diskutiere. Mit der nun vorliegenden Studie werde lediglich untermauert, dass der Roßkopf für Sterzing lebensnotwendig sei. Sie zeige aber nur einen Weg auf, „dieser ist aber nicht der einzig richtige für Sterzing“. Deshalb auch ihre Gegenstimme. SVP-Rat Martin Alber konnte mit dem etwas schwammigen Begriff „Alpinstadt“ wenig anfangen. Zudem habe es sich die Gemeindeverwaltung mit dem Roßkopf etwas zu leicht gemacht, „denn nur von privater Seite wird es nicht möglich sein, den Berg voranzubringen“. Und Vizebürgermeister Markus Larch befürchtet, dass der Hase einmal mehr im Pfeffer begraben liege, denn für eine erfolgreiche Fortschreibung des Tourismus in Sterzing müsste man zuerst einmal die Rivalität zwischen Kaufleuten und Wirten aus dem Weg räumen. lg

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Roßkopf

Talabfahrt: Entscheidung fällt im März Neue Rosskopf GmbH beschließt Kapitalerhöhung

Die Rosskopf-Gesellschaft braucht frisches Geld. Deshalb hat sie Ende Oktober eine Kapitalerhöhung um zwei Millionen Euro beschlossen. Bis Mitte März soll nun eine Entscheidung über den Bau der Talabfahrt fallen. Seit längerem schon beabsichtigt man, durch eine Talabfahrt den Roßkopf als Skiberg attraktiver zu gestalten. Dafür hat die Neue Rosskopf GmbH Ende Oktober eine Kapitalerhöhung von 450.000 auf 2,45 Millionen Euro beschlossen. Die rund 2,8 Kilometer lange Talabfahrt, so Gesellschaftspräsident Helmut Messner, koste samt Beschneiung rund 2,2 Millionen Euro. Die jährlichen Betriebskosten liegen bei 136.000 Euro. Diese könnten durch eine dadurch erhoffte Frequenzsteigerung gedeckt werden. Deutliche Mehreinnahmen dürfe man sich dadurch allerdings nicht erwarten, wohl aber eine deutliche Attraktivitätssteigerung des Berges.

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Die Trassierung plant man vom Bereich der Talstation des Stockliftes entlang des Tschöfer Grabens bis zur Autobahn und von dort über einen Skiweg weiter bis zur Talstation. Auch die Grundeigentümer, so Messner, hätten bereits „zu 99 Prozent“ ihr Einverständnis gegeben. Die Beschneiungsanlage und der Bau eines Speicherbeckens könnte durch den Bau einer Beregnungsanlage am Berghang – sofern diese von den Bauern gewünscht ist – finanziert werden. „Die Gesellschaft hat jedenfalls nicht das Geld, ein solches Becken zu bauen.“ Findet man keinen geeigneten Standpunkt für ein Becken, müsste man Eisackwasser auf den Berg pumpen. Können die zwei Millionen Euro bis Mitte März aufgebracht werden, wird der Bau 2013 in die Wege geleitet und 2014 beendet. Und wie soll das gelingen? Messner rechnet hier in erster Linie mit der Bereitschaft der Beherbergungsbetriebe, die rund eine Million beisteuern sollten. Eine weitere Million versucht man von anderen Betrie-

ben zu erhalten. „Nur falls alle Wirtschaftstreibenden von der Sinnhaftigkeit der Abfahrt überzeugt sind, wird die Realisierung gelingen.“ Und die Gemeinde Sterzing, wird auch sie wieder ihren Teil beitragen? Davon könne derzeit nicht ausgegangen werden, so Messner, der klare Worte findet:„Die Gemeinde hat uns den Rücken gezeigt. Sie ist der Meinung, ihre Anteile verkaufen zu müssen, da das öffentliche Interesse nicht gegeben sei.“ Dieser Auffassung haben sich auch die anderen an der Gesellschaft beteiligten Wipptaler Gemeinden und die Bezirksgemeinschaft angeschlossen. Alle anderen an Skigesellschaften beteiligten Südtiroler Gemeinden – und das sind immerhin 40 – halten bis heute ihre Beteiligungen – problemlos. „Es scheint, der Bürgermeister ist gerade dabei, eines von seinen Liebkindern Preis zu geben, nämlich den Roßkopf“, so Messner.

Betriebsergebnis Im vergangenen Betriebsjahr hat

der Roßkopf 1,9 Millionen Euro umgesetzt, davon 480.000 Euro im Sommer und 1,4 Millionen Euro im Winter. Damit lagen die Einnahmen im vergangenen Winter um rund 100.000 Euro unter jenen des Vorjahres. Das Betriebsjahr schließt voraussichtlich mit einem Minus von rund 100.000 Euro.

Panorama-Lift 2015 verfällt die Konzession für den Panorama-Lift. Für den Bau eines neuen „Mittelliftes“, dessen Zustieg geringfügig verlegt werden soll, hat Landesrat Thomas Widmann bereits eine Finanzierung in Höhe von 75 Prozent in Aussicht gestellt. Eine entsprechende Bauleitplanänderung liegt immer noch auf Eis, weil Helmut Erspamer, Präsident der Seilbahn Sterzing Raminges Roßkopf GmbH, seine Unterschrift bisher verweigert hat, so Messner. Dies wohl auch deshalb, um eine Übernahme der Liftanlagen zu erwirken. lg

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aktuell

„Schwarze Schafe treiben Müllkosten in die Höhe“ Bürgermeister-Stellvertreter Markus Larch – seines Zeichens auch Umweltreferent der Stadt – über die drastische Erhöhung der Müllgebühren – die Sterzinger müssen dafür jährlich 850.000 Euro bezahlen – und einen noch immer fehlenden Bezirksrecyclinghof.

Die Müllgebühren sind heuer in Sterzing um rund 30 Prozent erhöht worden. Nun, allein die Treibstoffpreise sind um 23 Prozent gestiegen und die Entsorgung für gewisse Müllsorten hat sich verfünffacht. Allerdings könnten uns auch die Bürger helfen, die Gebühren nicht weiter ansteigen zu lassen. Wir haben in Sterzing nämlich das Problem, dass einige – nennen wir sie ruhig schwarze Schafe – ihren Müll nicht ordentlich tren-

ein Wertstoff, für den wir einen hohen Deckungsbeitrag bekommen – mussten wir deshalb sogar wieder entfernen. Auch sehr verunreinigte Wertstoffe in den Wertstoffinseln müssen immer wieder als Restmüll entsorgt werden. Das geht natürlich auf Kosten der Allgemeinheit, denn dadurch bekommen wir für die geErker: Herr Larch, trennen Sie fleitrennten Wertstoffe, die wir verkaufen, weniger oder müssen für ßig Ihren Müll? Umweltreferent Markus Larch: deren Entsorgung bezahlen. EiniNatürlich, ich trenne vorschriftsge Bürger entsorgen ihren privamäßig; Restmüll gibt es ten Müll sogar in öffentlichen Abfalleimern. bei mir sehr wenig. Wir haDie Entsorgungsgebühben in Sterzing ein sehr Ein Wipptaler Bezirksrecyclinghof ren der Gemeinde, die den gutes und bürgernahes scheitert bisher am Widerstand der Bürgern zu 99 Prozent anTrennsystem: Fast alles ist vier Nachbargemeinden.“ gelastet werden, steigen in Straßensammlungen und somit natürlich auch organisiert. Im kommendie Müllgebühren für jeden einden Jahr beginnen wir mit der nen bzw. getrennten Müll bzw. zelnen. Biomüllsammlung, dann haben Wertstoffe verunreinigen. Die Mittlerweile kostet eine Entsorwir alle Bereiche abgedeckt. Kartonsammelstellen – Karton ist

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Umweltreferent Markus Larch: „Durch größere Müllvermeidung und saubere Trennung können Kosten gespart werden.“ gungsfahrt nach Schabs über 180 Euro. Mit einem Bezirksrecyclinghof, den wir schon seit 2010 konkret anstreben, könnten wir die Kosten natürlich verringern und die Entsorgung auch ökologischer gestalten.

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aktuell

die peripheren Sammelstellen, d. h. Recyclinghöfe in den Nachbargemeinden, könnten allesamt bleiben. Wie teuer wäre eine solche Anlage? Die Kosten belaufen sich laut Grundkonzept der Bezirksgemeinschaft Wipptal auf rund 3,1 Millionen Euro, wovon 70 Prozent das Land beisteuert. Gerade Sterzing hat natürlich großes Interesse an der Realisierung, verfügen wir doch heute nur über eine Notlösung. Deshalb würden wir auch den Grund dafür kostenlos zur Verfügung stellen. Kartonsammelstelle in Sterzing: mussten wieder geschlossen werden. Woran scheitert der Bezirksrecyclinghof? Ein Areal neben der Autobahn an der Einfahrt zur Penserjochstraße hätte man ja bereits. Richtig, der Standort ist zentral gelegen und als solcher ideal. Bis-

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her ist der Recyclinghof aber am Widerstand der vier Nachbargemeinden gescheitert. Zurückzuführen ist das auch auf fälschliche Annahmen, dass künftig alles in Sterzing zentral verwaltet würde, was absolut nicht stimmt. Auch

Noch einmal zurück zu den Müllgebühren: Woran liegt es, dass die Müllentsorgung in Sterzing bezirksweit mit durchschnittlich 130 Euro pro Familie weitaus am höchsten ist? Wir haben ein etwas kostenintensiveres, aber auch besseres Entsorgungssystem, höhere Entleerungsfrequenzen als die umliegenden Gemeinden sowie einige wenige Bürger, die leider durch

ihr Müllentsorgungsverhalten die Kosten in die Höhe treiben. Auch die neuen unterirdischen Wertstoffglocken kosten natürlich, diese werden sich aber in Zukunft sicher auch rechnen. Wir müssen von unseren Bürgern 99 Prozent der anfallenden Gebühren verrechnen, die Nachbargemeinden scheinen dies wahrscheinlich noch nicht umgesetzt zu haben. Im Bezirk sind wir zwar mit den Gebühren am teuersten, landesweit aber bestimmt nicht teurer als andere urbane Zentren. Werden die Müllgebühren weiter steigen? Wir versuchen kostensparend und effektiv zu arbeiten und die Müllgebühren nicht weiter zu erhöhen. Dazu bedarf es allerdings auch der Mithilfe der Bürger. Grundsätzlich wären natürlich eine größere Müllvermeidung und eine gründlichere Trennung wünschenswert. Manche Bürger achten vielleicht etwas zu wenig darauf – sinken werden die Müllgebühren aber sicher nicht mehr, fürchte ich. lg

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franzensfeste

Eine Gemeinde schafft sich ab Franzensfeste hat vier Probleme: kaum Geld, kaum Personal, kaum Besitz und kaum Einwohner. Dieses gefährliche Quartett könnte ihr bald den Kopf kosten.

Auf der schwarzen Liste der italienischen Regierung steht Franzensfeste schon. Auf nationaler Ebene wird darüber diskutiert, Gemeinden bis 1.000 Einwohner zusammenzulegen. Mit den Provinzen hat Ministerpräsident Mario Monti schon Beispiele gesetzt: Ab 2014 werden 35 Provinzen wie etwa Rovigo, Padua und Treviso aufgelöst. Kleingemeinden wie Franzensfeste könnte es bald ähnlich ergehen. Lebten in den 70er Jahren noch über 1.600 Einwohner in der südlichsten Gemeinde des Wipptales, sind es heute gerade einmal 987. Bis Monti mit dem Gemeindesterben ernst macht, könnte es Franzensfeste noch auf 1.000 schaffen. Doch die Zeit drängt. Schon jetzt ist jedes Schuljahr eine Lotterie. In Mittewald besuchen derzeit zwölf Kinder die Grundschule. Sinkt die Zahl drei Jahre in Folge unter elf, wird sie geschlossen. Die Bevölkerung wächst zwar, aber langsam. Warum das so ist, kann sich auch Bürgermeister Richard Amort nicht erklären. „Jede halbe Stunde hält ein Bus oder Zug in Franzensfeste. Und günstig ist das Wohnen auch.“ Erst vor kurzem wurde in einer Zeitung eine Dreizimmerwohnung im Eisenbahnerhaus angeboten – für rund 80.000 Euro. „Ich weiß nicht, wie groß die Krise sein muss, dass endlich mehr Wohnungen gekauft werden.“ Doch auch wenn Franzensfeste mehr als 1.000 Einwohner hätte: Gelöst wäre damit nur ein Problem von vielen. Das beginnt bei der Verwaltung, die keine ist, weil ihr das Wichtigste dazu fehlt: ein Gemeindesekretär. Drei Jahre lang borgte sich Franzensfeste einen von der Gemeinde Brenner, danach musste sie sich mit „Notlösungen“ begnügen. Seit sieben Jahren ist die Gemeindesekretärsstelle provisorisch besetzt. Eine Vollzeitstelle ist finanziell nicht drin und wäre für Gemeinden unter 1.200 Einwoh26

Bürgermeister Richard Amort: „Die gesamte Gemeindestruktur müsste neu überdacht werden.“

nern auch nicht mehr vorgesehen. Die meisten Gemeinden „verleihen“ ihre Sekretäre nur ungern, auch wenn es „nur“ 1,5 Tage in der Woche sind. Ab März fehlt in Franzensfeste wieder „der höchste Beamte der Gemeinde“, jemand, der an den Sitzungen von Rat und Ausschuss teilnimmt, das Personal leitet, Ämter und Dienste koordiniert, Beschlüsse und Ausschreibungen vorbereitet, Verträge beurkundet, sich um Enteignungsdekrete, Grundbuchsanträge, Verordnungen kümmert ... Dass künftig aus Spargründen Dienste wie Stadtpolizei oder Bauamt zusammengelegt werden, auch das ist so gut wie sicher. Einen Gemeindetechniker „teilen“ sich Franzensfeste und Freienfeld bereits. Den wenigen Angestellten, dem Ausschuss und dem Rat bleibt heute schon nichts mehr anderes übrig, als sich „irgendwie durchzuwursteln“. Wie lange ihr das bei steigender Bürokratie und knappen finanziellen Mitteln gelingen wird, ist fraglich. An das Armsein hat sich Franzens-

feste schon vor Jahren zwangsläufig gewöhnen müssen. Bürgermeister Amort graut davor, den Haushalt für das Jahr 2013 zu erstellen. „Wir wissen nicht, wo wir noch sparen sollen.“ Zu den meisten Abgaben ist die Gemeinde gesetzlich verpflichtet wie Pflegegelder oder Tarife für Müll und Abwasser, die mindestens zu 90 Prozent gedeckt sein müssen, andernfalls winken Sanktionen. Da hilft auch die IMU nichts, die auf den ersten Blick leicht mehr einbringen würde als die bisherige Gemeindeimmobiliensteuer ICI. Auch nicht die Pro-Kopf-Quote, die inzwischen nach Finanzkraft und Finanzbedarf verteilt wird und einer besitzlosen Gemeinde wie Franzensfeste Vorteile verschaffen könnte. Da der Staat von der Provinz Geld verlangt und die Gemeinden indirekt belangt werden, stehen Franzensfeste heuer 78.000 Euro weniger zur Verfügung als 2011. Nächstes Jahr wird es noch weniger sein. „Wir werden wohl die Müllgebühren um fünf bis sechs Prozent anheben müssen“, befürchtet Amort.

Diese liegen wie die anderen Gemeindegebühren derzeit noch weit unter dem Landesdurchschnitt. Unsicher ist auch, ob oder welche Investitionen in den nächsten Jahren getätigt werden können. Seit Jahren kämpft Franzensfeste um das alte rostbraune ANAS-Häuschen, das es umbauen und nutzen möchte. 2008 sagte das Land Gelder zu, vier Jahre später strich sie diese wieder, aus Spargründen. Bei Interesse, hieß es, müsse die Gemeinde erneut ansuchen. Das tut sie auch, wenn sie nur an die Konzession der ANAS herankäme, auf die sie seit fünf Jahren wartet. Kontaktpersonen wechseln wie das Wetter, Antworten brauchen über ein Jahr. Dies ist ein weiteres Problem, mit dem Franzensfeste zu kämpfen hat: Wie kaum eine andere Gemeinde führt sie so viele Papierkriege mit Staatsämtern, denen ein großer Teil des Gemeindegebietes gehört. So wird schon die Suche nach 100 m2 Grund für einen Recyclinghof oder einen Sportplatz zu einer Odyssee. An Kommunikationsschwierigkeierker dezember 12


ten wäre beinahe auch der Bau des Pendlerparkplatzes am Bahnhof gescheitert. Drei Jahre lang brauchte die Gemeinde, um überhaupt den richtigen Ansprechpartner bei der italienischen Eisenbahngesellschaft RFI zu finden und eine Konvention zu Papier zu bringen. Als sich die Gemeinde nach einigen Monaten über den Stand der Dinge erkundigte, wusste beim RFI niemand, wovon sie sprach. Das Büro der Ansprechperson war aufgelöst worden, der Akt verschwunden. Nach drei Jahren erteilte die RFI dann doch die Konzession, um für EU-Gelder ansuchen zu können. Franzensfeste war schon immer auf andere angewiesen, wenn es um Investitionen ging. Die 300.000 Euro im Haushalt verdampfen jedes Jahr in laufende Ausgaben wie Straßeninstandhaltungen und Abgaben für Kindergärten und Schulen. Glück im Unglück sind da die Umweltausgleichszahlungen der BBT-Gesellschaft und der SE Hydropower. Erstere zahlt, damit sie in Franzensfeste den Brennerbasistunnel bauen darf, letztere, weil sie die Konzession für ein Kraftwerk in Brixen erhalten hat und den Stausee nutzen kann. Das Geld kann Franzensfeste gut brauchen: um eine Lärmschutzwand in Mittewald zu erhalten, die rostigen Wasserleitungen zu erneuern, den Eisack zu renaturieren, Wege instandzuhalten, eine Naherholungszone zu schaffen, Beleuchtungen zu erneuern und eine Photovoltaikanlage zu bauen. Doch diese Finanzierung ist nicht frei von Problemen. Die BBT-Gelder werden innerhalb 2025 investiert und die Auszahlung der SE-Hydropower – 160.000 Euro sind es jährlich für 30 Jahre – ist wegen der SEL-Skandale ins Stocken geraten. Alle Wasserkonzessionen, in denen die SEL AG mitgemischt hat, sind in Frage gestellt. Damit auch die Umweltzahlungen an Franzensfeste. Gestoppt ist wegen der SEL-Affäre auch die Vergabe von Wasserkonzessionen, darunter auch zwei E-WerkProjekte, um die sich die Gemeinde mit Partnern, aber auch zahlreiche Konkurrenten bemühen. Es wäre das erste E-Werk, an dem die Gemeinde beteiligt wäre. Eine Gemeinde wie Franzensfeste zu führen, sagt Amort, sei mehr als eine Herausforderung. Auch wegen der demographischen Struktur, die erker dezember 12

sich in den vergangenen Jahrzehnten massiv verändert habe. „Eigentlich“, sagt Amort, „wäre die ganze Gemeindestruktur zu überdenken.“ Aber das würde wieder Geld kosten und Geld ist bei öffentlichen Körperschaften keines mehr zu holen. Die meisten neuen Bürger, die in Franzensfeste leben, sind Menschen mit Migrationshintergrund. Dies stellt die Gemeinde, wo inzwischen jeder Vierte aus dem Ausland stammt und insgesamt Einwohner aus 26 Nationen leben, vor weitere, neue Probleme. Diese beginnen bei der Einhebung von Gebühren. Mahnschreiben werden ignoriert oder weder in deutscher noch in italienischer Sprache verstanden, Säumige müssten auf der Straße mehrmals angehalten werden, stundenlange Diskussionen blieben erfolglos. In Summe Geld, das am Monatsende in der Kassa fehlt. Und Geduld, die bald an ihre Grenzen stößt. Franzensfeste brauche jemanden, der Säumigen bei Aufklärungsbedarf einen Brief in deren Muttersprache verfasst, betont Amort. Doch wer soll die Übersetzer bezahlen? „Einerseits wird die Gemeinde mit Kompetenzen ausgestattet, andererseits wird alles getan, um sie abzuschaffen.“ Mit dem groß angekündigten Integrationsgesetz des Landes kann Amort wenig anfangen. Im Gesetzestext stehe vieles darüber, was Gemeinden tun müssten, sollten, dürften oder könnten. Doch das Land steuert keinen Cent dazu bei. „Wer weiß“, meint Amort, „vielleicht schaffen sich einige Gemeinden sogar selber ab. Wer will unter diesen Voraussetzungen noch ein Amt übernehmen?“ Mit den Voraussetzungen spielt er auch auf die steigende Verantwortung der Bürgermeister an. Ob er bei den nächsten Wahlen wieder als Bürgermeisterkandidat antreten wird, weiß Amort nicht. Sein ernstes Gesicht lässt vermuten, dass er es 2015 nicht mehr tun wird. Wird sich Franzensfeste bald auch einen Bürgermeister ausleihen müssen? Für alles sei ein Bürgermeister zuständig, sagt Amort, ob es nun einen Schwertransport durch das Dorf gibt oder auf der Straße zwei Ratten gesichtet werden. Er zittere bei jedem Gewitter, ob Muren und Steine ins Tal donnern. In Italien sind bekanntlich so-

gar Seismologen verurteilt worden, weil sie ein Erdbeben nicht richtig vorausgesagt haben. Laut Vorschlag des neuen Wahlgesetzes sollen die Gehälter der Bürgermeister, dessen Stellvertreters und der Referenten an die Regionalgehälter gekoppelt und ab Jänner gekürzt werden. Amort sagt, er habe im Ausschuss 17 Jahre lang zum Null-Tarif gearbeitet. Eine Entschädigung von monatlichen 200 Euro gab es dann von 2008 bis 2010. In Vereinen habe er immer gerne und unentgeltlich mitgearbeitet. Es habe ihn gefreut, etwas für die Gemeinschaft zu tun. Das tue er auch heute als Bürgermeister. Er fragt sich aber: „Ist es die steigende Verantwortung überhaupt noch wert?“ In den meisten Gemeinden ist ein Bürgermeisterjob heute schon ein Vollzeitjob. Amort ist Bankangestellter, kommt jeden Tag in die Gemeinde und bleibt oft bis spätnachts. Ihm und dem Ausschuss drohen noch mehr Überstunden. Laut Wahlgesetz sollen bald auch die Gemeinderäte von 15 auf zehn und der Ausschuss von fünf auf drei gekürzt werden. „Dann müssten drei die Arbeit von fünf übernehmen, wahrscheinlich auch noch für weniger Geld. Auf Dauer ist das nicht möglich.“ Zumindest bis zur nächsten Legislatur wollen Bürgermeister und Gemeinderat weiterkämpfen, Präsenz zeigen, auch bei Veranstaltungen in benachbarten Gemeinden. Um zu demonstrieren, dass auch Franzensfeste zum Wipptal gehört. „Sonst wird man vergessen.“ So, wie es bei der Vorstellung des Projektes „STEP – Standort Entwicklungsplan“ in Sterzing bereits geschehen ist. Business Location Südtirol (BLS) hatte alte Hallen und Magazine digital erfasst, um Wirtschaftstreibenden die Ansiedelung im Wipptal schmackhaft zu machen. Solche Flächen gäbe es in Franzensfeste zuhauf. Doch die STEP-Arbeitsgruppe aus Franzensfeste erschrak, als sie auf die Powerpoint-Präsentation blickte. Die eingeblendete Wipptal-Landkarte bestand aus den Gemeinden Brenner, Ratschings, Pfitsch, Sterzing, Freienfeld und einer fetten Bezirksgrenze. Franzensfeste: verschwunden. Als hätte es diese Gemeinde nie gegeben. rb

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aktuell

Windstille Windpark Brenner: Beschluss der Landesregierung widerrufen

Das Urteil ist 24 Seiten lang und kommt zum Schluss: „Den Rekursen ist stattzugeben.“ Unterschrieben von der Präsidentin und den drei Räten des Verwaltungsgerichtes der Provinz Bozen. Die Rekurse hatten die Gemeinde Gries am Brenner, der Österreichische Alpenverein (ÖAV) und die Umweltschutzorganisation WWF Italia eingebracht und richteten sich gegen die Autonome Provinz Bozen in Person des amtierenden Landeshauptmannes, gegen die Gemeinde Brenner in Person des amtierenden Bürgermeisters und gegen WPP UNO AG „in Person des gesetzlichen Vertreters“, somit Anton Seeber, Präsident der Betreibergesellschaft. „Die Chancen stehen 70:30“, meinte ein Rechtsanwalt im Oktober und lag mit seiner Vermutung richtig: Das Verwaltungsgericht gab den Rekursstellern in zehn Punkten Recht und hob den Genehmigungsbeschluss der Landesregierung auf. Dem Windpark am Sattelberg in der Gemeinde Brenner ist vorerst der Wind aus den Segeln genommen. Im Urteil rekonstruiert das Gericht den Fall. Im Sommer 2010 hatte das Unternehmen WPP UNO AG ein Projekt für den Bau von 22 Windkraftanlagen am Sattelberg 28

eingereicht. Die Gesellschaft besteht aus dem Energieunternehmen Etschwerke AG und der Leitwind AG, Hersteller von Windkraftanlagen in Sterzing. Wie später bekannt werden sollte, ist auch eine private Gesellschaft namens Steinalm GmbH beteiligt. Diese gehört zum Großteil einer Treuhandgesell-

ausgebaut bzw. neu errichtet, Stationen für die Stromübergabe und eine Materialseilbahn für den Materialtransport gebaut werden. Jedes Windrad hat eine Nabenhöhe von 60 Metern, jeder Rotor einen Durchmesser von 70 Metern – eine Gesamthöhe von rund 90 Metern. Ein Turm wiegt 52 Tonnen.

tet werden. Ein Jahr später heißt eine UmweltArbeitsgruppe das Projekt gut, mit dem Hinweis, dass die Unterlagen „trotz der aufgezeigten Mängel“ und der „teilweise vorliegenden Unwissenschaftlichkeit“ die wichtigsten Elemente enthalten, um eine erste Begutachtung des Pro-

WPP wertet den Eingriff als „mittelschwer“, dank der umweltschonenden Baumaßnahmen, neuen Technologien und Ausgleichsmaßnahmen aber mit „nicht allzu negativen“ Auswirkungen auf Mensch, Fauna, Flora und Umwelt. Immerhin wird der Windpark erneuerbare und saubere Energie für rund 30.000 Haushalte erzeugen. Dafür könne andernorts auf ein Kraftwerk mit fossilem Antrieb verzich-

jektes durch den Umweltbeirat des Landes zu ermöglichen. Dieser allerdings sieht Feuer am Dach. Er stellt ein negatives Gutachten aus (sieben Nein- und eine Jastimme). Selbiges gilt auch für ein zweites Windkraftprojekt mit neun Anlagen, das die Elektrizitätsgenossenschaft Pflersch am benachbarten Sandjoch betreiben will. Negativ sind auch 29 Stellungnahmen und Gutachten von Be-

Foto: W. Seifert

Windparkgegner haben ihr Ziel erreicht: Das Verwaltungsgericht hat den Beschluss der Landesregierung zur Genehmigung von 19 Windrädern am Brennergrenzkamm aufgehoben: wegen Verletzung und falscher Anwendung von Gesetzen, Verfahrensfehlern, widersprüchlichen Verwaltungsakten, Befugnisüberschreitung und unzureichender Begründung. Ein bittererer Schlag für die Projektbetreiber.

Der Sattelberg am Brennergrenzkamm: „Idealer Standort für die Erzeugung von Windenergie?“ schaft mit Sitz in Parma, namentlich den drei erfolgreichen Wipptaler Unternehmern Juliane Nußbaumer Egartner, Kurt Brunner und Peter Mader. Der Problematik sind sich die Antragsteller von Anfang an bewusst. Ihr Projekt ist mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbunden und ein Eingriff in eine teilweise unberührte Naturlandschaft. Für den Bau müssen Zufahrtsstraßen

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„Haben den Sattelberg für uns und unsere Kinder gerettet“ Peter Thaler vom AVS Gossensaß über wortkarge Reaktionen, fehlende Rechtsgrundlagen und die große Frage, wer am Sattelberg mitkassiert Erker: Herr Thaler, ernten Sie zurzeit mehr Gratulationen oder böse Blicke? Peter Thaler: Beides ist der Fall, was auch verständlich ist. Gerichtsurteile haben für die Verlierer immer einen bitteren Beigeschmack.

termacht. Fakt ist, dass ihr nunmehr die Rechtsgrundlage fehlt. Wenn sie aber bis heute noch keine Baukonzession erteilt hat, dann nur, weil die Betreiberfirma nicht imstande war, die notwendigen Voraussetzungen dafür zu erfüllen.

Immerhin haben Sie die Genehmigung eines 70-MillionenEuro-Projektes mitversenkt. Ich habe mich nach fester innerer Überzeugung für den Erhalt der Naturlandschaft am Sattelberg stark gemacht und mit einer Gruppe Gleichgesinnter gegen die Verwirklichung dieses Projektes gekämpft. Dass unsere Bedenken mehr als gerechtfertigt waren, müssen die Projektbetreiber zur Kenntnis nehmen. Genau betrachtet haben wir nichts versenkt, sondern eine Hochgebirgslandschaft mit ihrer Tierwelt für uns und unsere Kinder gerettet.

WPP-Präsident Anton Seeber ist weiterhin davon überzeugt, dass Südtirol auf die Windenergie und deren Nutzung am Brenner nicht verzichten kann. Diese Argumentation hat das Gericht in Abwägung der Umweltauswirkungen und in Folge auch touristischer Auswirkungen klar widerlegt. Das Projekt trägt im besten Fall weniger als zwei Prozent zur Energiegewinnung Südtirols bei. Wesentlich mehr und ohne zusätzliche Umweltbelastung könnte herausgeholt werden, wenn in die Effizienzverbesserung der bestehenden Anlagen investiert wird. Hier geht es um ein Prestigeprojekt, das mit kräftiger Unterstützung der Landesregierung durchgedrückt werden sollte.

Wie ist die Stimmung in Pflersch? Die Elektrizitätsgenossenschaft Pflersch hofft seit über zehn Jahren darauf, Windräder bauen zu dürfen. Der Verwaltungsausschuss ist wie gewohnt sehr wortkarg und hat bis heute keine Stellungnahme abgegeben. Bei der Bevölkerung ist das Thema Windpark in der Öffentlichkeit nie groß diskutiert worden, aus Angst, dass man sich irgendwelche Nachteile einfangen könnte. Haben Sie jemals daran gezweifelt, dass der Rekurs abgewiesen wird? Nach dem negativen UVP-Gutachten hätte die Landesregierung das Projekt stoppen und die Gemeinde Brenner aufgrund der Vereinbarung in der abgeschlossenen Konvention vom Projekt aussteigen müssen. Weil die Landesregierung aber die Genehmigung ausstellte, war man gezwungen, beim Verwaltungsgericht zu rekurrieren. Die Aussichten auf Erfolg standen von Beginn an recht gut und daher war ich immer sehr zuversichtlich. Sind mit dem Beschluss der Landesregierung auch die Verwaltungsakte der Gemeinde Brenner hinfällig? Die Gemeinde Brenner wird sich überlegen müssen, wie sie hier weihörden, Organisationen und Verbänden in Österreich und 14 in Italien. Die Südtiroler Landesregierung drückt trotzdem ein Auge zu. Im Herbst 2011 genehmigt sie ein gemeinsames Projekt von WPP, Steinalm GmbH und Elektrizitätsgenossenschaft mit 19 statt 22 Windrädern – und Auflagen wie: die Bauphase müsse „ökologisch begleitet“ werden, die Sockel der Windräder seien zu begrünen, eine Radaranlage mit Warnsystem zur Überwachung des Vogelfluges müsse installiert, eine Informationsstelle erker dezember 12

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Windpark doch noch gebaut wird? Sehr gering. Das Urteil spricht eine deutliche Sprache und rehabilitiert den Umweltbeirat, der vergangenes Jahr von der Landesregierung und der Firma Leitwind sehr gerügt wurde, voll und ganz. Darüber hinaus zeigt die Diskussion in Europa, dass der ungezügelte Ausbau der Windkraft zunehmend Probleme schafft. Stichworte dazu: fehlende Leitungskapazität, immens hohe Zahlungen an die Betreiber für das Abschalten, Strompreiserhöhungen durch die Förderung, welche die ärmeren Teile der Bevölkerung nicht mehr bezahlen können. Sie sagen, beim Projekt Windpark gibt es noch immer offene Fragen. Sehr viele und man darf nur hoffen, dass alle beantwortet werden. Denn es wäre ein gutes Recht der Bürger zu wissen, wer am Sattelberg mitkassieren würde. Hier fehlt eine lange Liste. Wie man bei den SEL-Geschichten gesehen hat, ist das „Versteckspiel“ hinter Treuhandgesellschaften nicht akzeptabel. Die Investition in erneuerbare Energie ist grundsätzlich nichts Schlechtes und daher braucht sich niemand zu verstecken.

gebaut werden, Stromleitungen müssten unterirdisch verlegt werden. Der Nutzen des Projektes, findet die Landesregierung, sei eindeutig höher einzuschätzen als der begrenzte ökologische Schaden. Der Sattelberg, wegen militärischer Anlagen und Lawinenverbauungen bereits „erschlossen und verbaut“, sei touristisch unbedeutend. Keine nennenswerten oder signifikant negativen Auswirkungen auf die umliegenden Landschaftsschutzgebiete, auf Flora und Fauna seien zu befürchten. Die Windverhältnis-

se – mindestens sieben Meter pro Sekunde – ideal. Folglich: Stromerzeugung aus Windkraft sei an sich schon eine Maßnahme des Umweltschutzes. Schon vor der Genehmigung des Windparks hatte Landeshauptmann Luis Durnwalder keinen Hehl daraus gemacht, dass er dem Projekt nicht negativ gegenübersteht. Ein Windpark am Brenner könnte Teil des geplanten „Grünen Korridors“ werden, der helfen soll, bis 2030 auf Verkehrswegen 50 Prozent CO2 einzusparen. Die Eisenbahn zwischen München und Ve29


„Werden Berufung einlegen“

aktuell

WPP-Präsident und Leitwind-Chef Anton Seeber über lebensnotwendige Windenergie und den Willen zum Weiterkämpfen Erker: Herr Seeber, war das Urteil ein Schock für Sie? Anton Seeber: Uns schockiert, wie man sich in der heutigen Zeit gegen erneuerbare Energie aussprechen kann, mit dem Argument: „Ja zur erneuerbaren Energie, aber nicht bei mir.“ Auch Südtirol kann nicht auf die Energie, die mit dem Windpark Brenner erzeugt werden kann, verzichten. Das zeigt auch die Erfahrung der Energiegenossenschaft Pflersch, die im Winter oder bei Wasserknappheit teuren, meist aus fossilen Quellen stammenden Strom zukaufen muss. Zudem sind auch die lokalen wirtschaftlichen Aspekte hervorzuheben. Mit dem Windpark wird nicht nur für die Gemeinde Brenner, sondern für das ganze Land eine wichtige Einnahmequelle geschaffen, etwa durch Konzessionszahlungen und Steuerabgaben. In Zeiten knapper werdender öffentlicher Geldmittel ist dies von großer Bedeutung. Außerdem geht es um viele Arbeitsplätze im Wipptal, denn nur ein Unternehmen, das etwas produziert bzw. schafft, kann auch Menschen damit beschäftigen. Der Landesregierung sind bei der Beschlussfassung Fehler unterlaufen ... Aufgrund der idealen Windverhältnisse und bestehenden Infrastrukturen beschäftigt man sich am Brenner zu Recht seit rund zehn Jahren mit den Möglichkeiten zur Nutzung der Windenergie. Unser Projekt war und ist bis heute das erste, das soweit vorangetrieben werden konnte, dass es nun kurz vor seiner Realisierung steht. Dies stellte die Verwaltung vor neue Herausforderungen. Für manch technisches Detail gab es zum Zeitpunkt der Projekteinreichung keine klaren Vor-

rona wird bereits jetzt großteils mit Strom aus Wasserkraft betrieben. Der Windpark würde nicht nur Windenergie, sondern auch Wasserstoff produzieren – wertvoller Treibstoff für geplante Multienergytankstellen auf der Autobahn. Was die Landesregierung wenige

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gaben. Anders gesagt: Die heute geltenden Gesetze, welche die Beanspruchung von Landschaft zur Energiegewinnung regeln, berücksichtigen nicht die Nutzung der Windkraft. So verändern Windkraftanlagen zum Beispiel zwangsläufig das Landschaftsbild. Aber Anlagen, die durch Nutzung des Windes Strom produzieren, müssen dort errichtet werden, wo Wind weht, und können nicht hinter Bergen oder in Löchern versteckt werden. Sie glauben weiterhin an das Projekt. Natürlich. Es bleibt ein sinnvolles nachhaltiges Projekt zur Gewinnung von viel erneuerbarer Energie. Wer das anders sieht, sollte sich die Welt jenseits unserer Tiroler Landesgrenzen genauer anschauen. Die Windkraft ist heute neben der Wasserkraft die effizienteste Form von erneuerbarer Energiegewinnung. Deshalb setzt die deutsche Regierung zusammen mit den Grünen, Greenpeace und WWF auf die Windkraft – insbesondere auf Land – um die Energiewende herbeizuführen. Die Energiewende zum Schutz unseres Lebensraumes ist nur zu erreichen, wenn wir global denken und lokal handeln. Sie wollen jetzt „alle notwendigen Schritte“ einleiten, um das Genehmigungsverfahren weiterzuführen.

Monate später bei der Genehmigung des Windparks vergisst: Sie widerspricht einem Grundsatzbeschluss, den sie ein halbes Jahr zuvor gefasst hat. Damals hatte sie sich klar für ein „windkraftfreies Südtirol“ ausgesprochen, „da Windräder die großartige Landschaft zu

Wir prüfen derzeit die Beanstandungen des Verwaltungsgerichtes und werden in zweiter Instanz beim Staatsrat in Berufung gehen. Die Argumente des Verwaltungsgerichtes werden aber schwer zu widerlegen sein. Wer behauptet das? Wir glauben nicht, dass das Urteil den nationalen und internationalen Richtlinien der Klimapolitik entspricht. Wer glaubt, dass allein mit Wasserkraft und Stromsparen eine nachhaltige Entwicklung unseres Landes möglich ist, lebt noch immer auf der „Insel der Glückseligen“, die Südtirol nicht mehr ist und erst recht in Zukunft nicht mehr sein wird. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Windpark doch noch gebaut werden kann? Das kann ich derzeit nicht genau sagen. Ich bin aber davon überzeugt, dass unsere Argumente für sich sprechen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis allen klar wird, dass wir ein Projekt wie den „Windpark Brenner“ brauchen. Wie viele andere Menschen auch betrachte ich die Windenergie von heute als Fortschritt. Und Fortschritt kann man nicht aufhalten.

sehr in Mitleidenschaft ziehen“, und betonte extra: „Am Brenner darf nur dann ein Windpark entstehen, wenn das Projekt von allen Instanzen positiv begutachtet wird.“ Das war aber, wie das negative Gutachten des Umweltbeirates beweist, nicht der Fall.

Die Landesregierung „übersieht“ noch mehr. Zum Beispiel, als sie Monate zuvor per Verordnung Windkraftanlagen bis 2.600 m erlaubt: Laut Landesraumordnungsgesetz stehen Gebiete über 1.600 m unter Landschaftsschutz. In dieser Zone ist es untersagt, Windrä-

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der zu errichten. Und: Die Landesregierung geht fälschlicherweise davon aus, dass sich der geplante Standort nicht in einem Landschaftsschutzgebiet befindet. Der Windpark am Brenner würde auf 2.000 Metern Höhe liegen. Eine Verordnung, heißt es folglich im Urteil, könne kein Gesetz abändern. Nächste Rüge: Die Landesregierung hat im Beschluss die auf österreichischer Seite aufgeworfenen Umweltaspekte nicht ausreichend berücksichtigt, obwohl das Projekt grenzüberschreitende Auswirkungen auf die Umwelt habe. Da das Landschaftsschutzgebiet NößlachObernbergersee-Tribulaun unmittelbar bis zur italienischen Grenze heraufreicht, könne man „von einer Beeinträchtigung ausgehen, zumal die Präsenz der Windkraftanlagen eine sichtbare Beeinträchtigung darstellen bzw. die Lärmauswirkungen auch in dieses Gebiet hineinreichen“, heißt es im Urteil. Ähnliches gilt auch für das drei Kilometer entfernte „Natura 2000“-Gebiet. „Die Auswirkungen auf die Umwelt des Projektes sind auf österreichischem Staatsgebiet offensichtlich gravierender als auf Südtiroler Seite.“ Vor allem in den Schlussfolgerungen weicht der Beschluss der Landesregierung wesentlich vom Gutachten des UVP-Beirates ab. Das ist gesetzlich erlaubt, muss aber plausibel und fachlich begründet sein. Im Anlassfall habe die Landesregierung jedoch nur ihre eigenen Fach-

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kenntnisse bemüht, statt ihre Ausführungen mit Hilfe zusätzlicher Fachgutachten zu begründen, findet das Verwaltungsgericht. Manche Aussagen seien „diskutabel“, wie Windräder seien nicht hässlich, der Sattelberg sei aufgrund der Bunker- und Militäranlagen sowieso nicht ökologisch wertvoll und attraktiv und Skitourengeher seien eine höhere Belastung für das Wild als Windräder. Außerdem entkräften pauschale Erwägungen („Die Arbeiten müssen auf das nötige Maß beschränkt bleiben“, „Die Straßen sind sofort wiederzubegrünen“) die Argumente des Beirates nicht. Schlimmer noch: „Die Landesregierung tendiert dazu, die negativen Auswirkungen zu bagatellisieren, um den Nutzen des Projektes eindeutig höher als seinen begrenzten ökologischen Schaden einzustufen.“ Der Umweltbeirat hatte in seinem Gutachten auf „gravierende und nicht vertretbare“ Auswirkungen auf die Umwelt hingewiesen wie etwa durch den Aus- bzw. Neubau von Straßen, durch Erdbewegungsarbeiten von rund 65.000 Kubikmetern oder die Errichtung von vier bis sechs Meter hohen Stützmauern und etwa 300 talseitigen Pfahlgründungen. Für die Montage jedes Windrades muss eine insgesamt drei Hektar große Baustelle errichtet werden und für jede Anlage ein Betonfundamt von bis zu 300 m2. Ein Rückbau mit

Begrünung sei nur begrenzt und über lange Zeit möglich. Mehrere schutzbedürftige Feuchtgebiete würden zerstört, die vorgesehenen Maßnahmen zur Minimierung des Risikos, dass Vögel in die Windräder flattern und sterben, nicht geeignet. Der erreichbare Energieertrag von etwa 1,8 Prozent der Stromproduktion in Südtirol und die berechnete CO2-Einsparung von 84.000 Tonnen pro Jahr rechtfertigen keinen Windpark. Kurzum: „Der Alpenraum ist für die Nutzung der Windenergie nicht geeignet.“ Der Rekurs, dem stattgegeben wurde, ist eine Premiere. Zum ersten Mal wurde ein solches grenzüberschreitendes Verfahren durchgeführt. Ein harter Schlag für die Projektbetreiber, das Land und die Gemeinde Brenner, die das Urteil erst einmal verdauen müssen. „Die Angelegenheit wird derzeit überprüft. Ich ersuche deshalb um Verständnis, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt keine Antwort erteilen kann“, meinte Landeshauptmann Luis Durnwalder dem Erker gegenüber. Abwartende Haltung auch bei Paul Röck, Chef der Elektrizitätsgenossenschaft Pflersch. „Wir werden bei der Vollversammlung im April oder einer vorgezogenen außerordentlichen Versammlung die weiteren Schritte besprechen.“ Enttäuscht ist Franz Kompatscher, Bürgermeister der Gemeinde Bren-

ner. „Der Gemeinde Brenner entsteht ein großer sozialer und wirtschaftlicher Schaden, wenn der Windpark nicht gebaut wird.“ Die Gemeinde wäre mit vier Prozent am Umsatz beteiligt. Mit diesen Einnahmen, so Kompatscher, könnten die Bürger deutlich entlastet und der Steuerdruck gemindert werden. Der Windpark brächte wirtschaftliche Vorteile für die Mitglieder der Elektrizitätsgenossenschaft Pflersch und neue qualifizierte Arbeitsplätze. Entgegen der Meinung der Alpenvereine und Naturschützer lasse sich im Brennergebiet nur schwer ein sanfter Tourismus ankurbeln, vor allem aufgrund der Verkehrsbelastungen, wie die Seitentäler des nördlichen Wipptales Obernberg, Vals, Schmirn beweisen. Trotz Bemühungen entwickelt sich der Tourismus nicht bzw. stagniert. „Würden mit der gleichen Vehemenz Belastungen wie der Verkehr auf Autobahn und Staatstraße, die Lärmbelästigung durch die Eisenbahn und der Bau einer neuen Starkstromleitung über den Brenner angefeindet und bekämpft, wäre dies sehr begrüßenswert“, so Kompatscher. Auch er will abwarten, bis er das schriftliche Urteil in den Händen hält. Dass die Gemeinde aus den Verträgen aussteigen muss, glaubt er nicht. „Diese sind nur relevant, wenn der Windpark gebaut werden kann.“ rb

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politik

Countdown für Reha Krankheit schützt vor Krise nicht. Krankenhausbetten will der italienische Ministerpräsident Mario Monti entfernen lassen, Abteilungen schließen, Personal kürzen. Ein Domino-Effekt, der auch Regionen, Provinzen und Gemeinden zum Sparen zwingt. So werden dem Gesundheitswesen Südtirol nächstes Jahr über 20 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt fehlen, samt entstehenden Mehrkosten fast doppelt so viel. „Um so viel Geld einzusparen, müssten wir die Spitäler von Innichen und Sterzing schließen“, sagte Generaldirektor des Sanitätsbetriebes Andreas Fabi jüngst, um den Südtirolern das Ausmaß der Dramatik bewusst zu machen. Eine Schließung, beschwichtigt er dann, komme freilich nicht in Frage. Um die Kürzung von Betten wird Südtirol aber nicht herumkommen. 300 müssen verschwinden. Egal wie. Wo wie viele Betten abgebaut werden, war bis Drucklegung des Erker noch geheim. An die 80 RehaBetten sollen es jedenfalls sein, 32 davon in konventionierten Privatkliniken. Umso erstaunlicher, dass am „Landeszentrum für Neurorehabilitation“ in Sterzing nicht gerüttelt wird. Im Landesraumprogramm vom Mai 2011 steht schwarz auf weiß, wie der vierte Stock des Krankenhauses aussehen soll: Ein „hochqualifizierter Neurotherapiebereich“, mit Medizinlager, Zentrale, Teeküche, Aufenthaltsraum mit Wohn- und Essbereich, Sekretariat, Besprechungsraum sowie ein Bad, ein „Ausgusszimmer“ entlang des Ganges, dazu ein weiteres speziell ausgestattetes Bad und ein behindertengerechtes WC. Der Therapiebereich (Logopädie, Ergotherapie, Robotikraum, Ultraschalltherapie) kommt im Nordflügel unter. Ärzte, Pfleger und Therapeuten werden hier Patienten behandeln, 32

Foto: Martin Schaller

Im Südtiroler Gesundheitswesen werden aller Voraussicht nach 80 Reha-Betten gestrichen. Nicht so am Krankenhaus Sterzing. Dort soll im Jänner ein kleines Landeszentrum für Neurorehabilitation öffnen.

deren Gehirn, Rückenmark, Nerven und Muskeln durch einen Schlaganfall oder Unfall schwerstbeschädigt worden sind. Behandelt werden auch Patienten im Wachkoma. Zunächst entsteht eine Mini-Reha. Statt der im Landesraumprogramm vorgesehenen 23 Betten werden erst einmal 15 in die Zimmer gestellt und schrittweise auf maximal 50 aufgestockt. Aber nur dann, wenn das Projekt erfolgreich ist. Innerhalb wann, steht nicht fest. Im Wipptal ist die Freude groß, dass das Krankenhaus um einen Dienst aufgewertet wird. Das Bangen um die Existenz des peripheren Kleinkrankenhauses dürfte damit ein Ende haben. Vorläufig jedenfalls. Außerhalb des Bezirkes hielt sich die Begeisterung von Anfang an in Grenzen. Vor allem Ärzte der Gewerkschaft ANAAO und der Primarvereinigung ANPO wetzten die Messer, als die Landesregierung vor einem Jahr „ausgerechnet Sterzing“ zum Standort kürte: Ständig rede man von Einsparungen, so die Kritik, und plötzlich sei Geld für ein Landeszentrum da. Befürchtet wurde, dass die bestehenden

Das geplante Forschungszentrum am Krankenhaus Sterzing (im Bild): Im Wipptal begrüßt, außerhalb des Bezirkes kritisch beäugt

Reha-Abteilungen an Bedeutung verlieren und die periphere Lage für den Patienten zu umständlich sei. Was nütze einem Malser eine Reha in Sterzing? Und: Könne eine Struktur, „von Null aus dem Boden gestampft“, einen hochwertigen Dienst anbieten? „Es war eben eine politische Entscheidung“, sagt Primar Dr. Andreas Waldner von der Privatklinik „Villa Melitta“ in Bozen, der sich damit abgefunden hat, dass das RehaZentrum nicht in Bozen, sondern in Sterzing öffnet. Dr. Claudio Corradini, Primar der Reha-Abteilung am Krankenhaus Bruneck, steht der Reha positiv gegenüber: „Das wichtigste ist, dass sie überhaupt gebaut wird und schnell in Betrieb gehen kann.“ Andere wollten dem Erker gegenüber keine öffentliche Stellungnahme abgeben. Stimmen aus Reha-Kreisen sickern trotzdem durch. „Die Reha in Sterzing wird halbleer bleiben“, ist zu hören. Manche wollen beobachtet haben, dass der Zustrom an italienischen Patienten – auf diese Kunden setzt Sterzing – rückläufig sei.

„Weil es in Italien inzwischen genauso gute Einrichtungen gibt.“ Dr. Siegfried Gatscher, Direktor des Gesundheitsbezirkes Brixen, ist da anderer Meinung. Sterzing werde sehr wohl in der Lage sein, italienische Patienten abzufangen. Dazu soll auch Professor Leopold Saltuari, ärztlicher Leiter der Neurologie des Landeskrankenhauses Hochzirl und eine Koryphäe auf seinem Gebiet, beitragen, der die Reha wissenschaftlich leiten wird. Primarin wird voraussichtlich Dr. Gertraud Gisser, derzeit Primarin der Reha am Krankenhaus in Brixen. Eine Konkurrenz zwischen Sterzing und Hochzirl sieht Gatscher nicht, schließlich arbeite man eng zusammen. Nach Saltuaris Prognose sei das Patientenaufkommen so groß, dass Hochzirl überfordert wäre, alles alleine zu bewältigen. Ob Saltuari definitiv nach Sterzing kommt, ist inzwischen nicht mehr so sicher. Wie die Tageszeitung „Dolomiten“ berichtete, verlangt die Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH (TILAK) ein monatliches Honorar von 18.600 Euro, damit Saltuari die Reha maximal zwei halbe erker dezember 12


„Halten an Professor Saltuari fest“ Im Gespräch mit Gesundheitslandesrat Richard Theiner Erker: Herr Landesrat, warum wird das Landeszentrum für Neurorehabilitation in Sterzing gebaut? Richard Theiner: Es ist ein Landeszentrum, vor allem aber ein Forschungszentrum. In Sterzing haben wir die notwendigen räumlichen Voraussetzungen dafür. Mit dem Zentrum können wir dem Klinikstandort Sterzing neue Impulse geben, die sich positiv auf den Bezirk Wipptal auswirken.

heißt, es muss die Kosten wieder hereinspielen durch Forschungsbeiträge der EU oder des Staates oder dadurch, dass sich Patienten von außerhalb behandeln lassen – oder es muss eine nachweislich positive Wirkung im Bereich Ärztenachwuchs und Behandlungsqualität für Neuroreha-Patienten in Südtirol haben. Wir sind zuversichtlich, dass diese positiven Faktoren in angemessener Zeit die Investition rechtfertigen werden.

Es heißt, die Entscheidung war eine rein politische und keine fachliche. Die Neuroreha in Sterzing ist sowohl fachlich als auch politisch gut begründet.

Im Gesundheitswesen müssen 80 Reha-Betten gekürzt werden. Welche Einrichtungen wird es treffen? Die Regierung Monti hat uns diese Vorschrift auferlegt und wir haben uns verpflichtet, innerhalb November (nach Drucklegung des Erker, Anm. d. Red.) einen Plan vorzulegen.

Die Tiroler Landeskrankenanstalten TILAK GmbH verlangen monatlich 18.600 Euro, damit Leopold Saltuari für zwei halbe Tage pro Woche nach Sterzing kommt. Warum hat man nicht schon vor seiner Zusage über sein Gehalt verhandelt? Was kürzlich durch die Zeitungen geisterte, ist nicht die Gehaltsforderung von Leopold Saltuari, sondern das, was sich die TILAK, bei der er unter Vertrag steht, als Entgelt für die Freistellung in Sterzing vorstellt. Der Südtiroler Sanitätsbetrieb hat ein Gegenangebot gestellt und nun wird verhandelt. Ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam eine vernünftige Lösung finden. Was, wenn man mit nicht übereinkommt? Gibt es Alternativen? Eigentlich müsste die Stelle doch öffentlich ausgeschrieben werden. Alternativen gibt es immer, aber wir möchten an Professor Saltuari festhalten, ganz im Sinne einer regional ausgewogenen und nach vorne blickenden Gesundheitspolitik. Aus der Reha soll ein Forschungszentrum entstehen. Wie groß sind die Chancen, den Titel IRCCS zu erreichen? Wir haben das Projekt im Gesundheitsministerium vorgestellt und einen positiven Bescheid bekommen. Wir wollen die Kriterien des Ministeriums erfüllen und haben somit eine reale Chance, unser Ziel zu erreichen. Ist die Reha auf Dauer finanzierbar? Achtung! Wir sprechen hier nicht von der medizinischen Grundversorgung, sondern von einem Forschungszentrum. Die gesetzlich vorgesehenen Gesundheitsleistungen müssen erbracht werden und sie müssen dauerhaft finanzierbar sein, das ist richtig. Das ist eine der größten Anstrengungen der Landesregierung seit Jahren, und Südtirol geht diesen Weg mit Erfolg. Während in südlichen Regionen große Sanitätsbetriebe unter kommissarischer Verwaltung stehen, weil sie Defizite ohne Ende produzieren, bietet Südtirol eine hochwertige und umfassende Gesundheitsversorgung in jedem Tal und jedem Bezirk und hat es erreicht, dass die Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheit sogar leicht rückläufig sind. Ein Forschungszentrum wie das der Neuroreha liegt außerhalb der gesetzlichen Betreuungsstandards, das

Tage pro Woche als wissenschaftlicher Leiter betreut. Ein Patzen Geld. Saltuari reagierte verschnupft auf diese Veröffentlichung, die offenerker dezember 12

Was passiert mit Patienten, für die wegen der Kürzung kein Bett mehr zur Verfügung steht? Unsere Patienten werden immer versorgt. Stationäre Reha-Betten werden immer öfter durch ambulante Reha-Leistungen ersetzt, weil dies der medizinische Fortschritt möglich macht. Aber klar, Engpässe sind nicht auszuschließen, weil wir alle in Südtirol die Suppe von Monti auslöffeln müssen. Ab wann dürfen in Sterzing keine Krebsoperationen mehr durchgeführt werden? Liegt die chirurgische Abteilung so weit unter der Mindestanzahl an Eingriffen? Aus heutiger Sicht sind die Fallzahlen leider unzureichend. In Zukunft können im Krankenhaus Sterzing höchstwahrscheinlich keine Krebsoperationen mehr durchgeführt werden. Auf welche Operationen werden sich dann größere Krankenhäuser spezialisieren? Ein internationales, hochkarätiges Fachgremium hat Vorschläge erarbeitet, unter welchen wissenschaftlich-technischen Voraussetzungen onkologische Chirurgie vor Ort zertifiziert und damit zugelassen werden kann. Jede Abteilung in allen Krankenhäusern des Landes kann um die Zertifizierung ansuchen, sobald die Kriterien der Zertifizierung von der Landesregierung gutgeheißen worden sind. Das Verfahren sieht eine Selbsterklärung der Abteilung und eine technische Überprüfung von außen vor. Erst danach wird feststehen, wo operiert werden kann und wo nicht. Besteht die Gefahr, dass in Sterzing weitere Abteilungen bzw. Dienste gestrichen werden? Nach den Vorgaben der Regierung Monti müssen in Südtirol über 300 Krankenhausbetten abgebaut werden. Die hiesigen Ärztegewerkschaften wollen, dass diese Kürzungen bei den Krankenhäusern der Grundversorgung in Sterzing, Schlanders und Innichen erfolgen. Das ist meiner Meinung nach der falsche Weg. Die kleineren Krankenhäuser müssen bleiben. Allerdings werden wir nach den Auflagen der römischen Regierung in allen Spitälern des Landes Betten und Abteilungen reduzieren müssen, auch in Sterzing.

sichtlich an seinem Ruf gekratzt hat, er deutete sogar an, das Interesse an der Sterzinger Reha zu verlieren.

Längst ist die Befürchtung laut geworden, dass nun wohl in anderen Rehas gekürzt werden muss, damit genug Geld für die Reha in Sterzing 33


aktuell

Keine Krebs-OP mehr in Sterzing Existenz der Allgemeinchirurgie in Kleinkrankenhäusern in Gefahr Als wären Sparmaßnahmen nicht genug, will das Land die Tumorchirurgie zentralisieren: Krebsoperationen also nur mehr in bestimmten Krankenhäusern – hauptsächlich in Bozen und Meran – anbieten. Es gehe, so wird behauptet, um eine „Qualitätsverbesserung“ und eine „bestmögliche Behandlung von Tumorpatienten“. Ein Vorhaben mit Folgen. Denn damit dürften nur mehr solche chirurgische Abteilungen Tumoroperationen vornehmen, die eine jährliche Mindestmenge an solchen Eingriffen vorweisen können. Kurzum: es wäre das Aus für die Krebs-Operationen in den Krankenhäusern von Sterzing, Schlanders, Innichen – teilweise auch in den Krankenhäusern von Brixen und Bruneck. Die Empörung bei den Primarärzten ist groß. „Den Patienten und Bürgern wird vorgegaukelt, dass sie in einem so genannten zertifizierten Zentrum besser betreut werden als in einem kleinem Krankenhaus, das auf die Bedürfnisse der Patienten eingeht und in denen neben fachlicher Kompetenz auch eine besondere persönliche Zuwendung gegeben ist”, so Dr. Franz Ploner, ärztlicher Leiter am Krankenhaus Sterzing. Ein Zertifizierungsdiplom in der Hand zu haben, bedeute noch lange nicht, dass die erbrachte Arbeit wirklich besser gemacht wird als in einem nicht zertifizierten Zentrum. Es beschreibe nur einen Arbeitsablauf mit hinterlegten Dokumenten, bewerte aber nicht die erbrachten Ergebnisse. Für Ploner ist es nicht nachvollziehbar, dass eine Abteilung jahrzehntelang nachweislich mit gutem Erfolg erbrachte Eingriffe plötzlich einstellen muss, „ohne dass auch nur ansatzweise die Ergebnisse von der derzeitigen Führung des Südtiroler Sanitätsbetriebes überprüft wurden“. Bis zum Beweis des Gegenteils behauptet er, „dass die im Krankenhaus Sterzing erzielten Resultate nach Tumoroperationen denen in anderen Krankenhäusern – bescheiden ausgedrückt – um nichts nachstehen“. Dies könne er aus persönlicher Erfahrung im Vergleich zu seinen früheren Wirkungsstätten am Krankenhaus Brixen und an den Universitätskliniken Mainz und Ulm bestätigen. Entscheidend für das Erfolgsresultat des chirurgisch-onkologischen Eingriffes sei die individuelle Kompetenz des Chirurgen, die weitgehend unabhängig von der Fallzahl sei. Bis jetzt gibt es noch keinen endgültigen Beschluss. Die letzte Endscheidung liegt bei der Landesregierung, die sich mit dem Projekt noch im Dezember befassen wird. Zittern in den Krankenhäusern. „Bleibt zu hoffen, dass endlich auch die politischen Vertreter der peripheren Bezirke den Ernst der Lage erkennen und sich unmissverständlich und ohne Kompromisse für den Erhalt der Tumorchirurgie auch in ihren Krankenhäusern einsetzen”, so Ploner. Ein Verbot der Tumoroperationen, darin sind sich ausnahmslos alle Abteilungsleiter von Sterzing, Schlanders und Innichen einig, sei „gleichzusetzen mit einem rapiden Abbau der Allgemeinchirurgie in diesen Häusern“. In einem Schreiben an die Landesregierung sprechen sie sich klar gegen die von der Betriebsführung geplante Neuorganisation der Krebs-OP aus. 34

bleibt. Im Landeshaushalt 2013 sind 3,47 Millionen Euro für das Reha-Projekt vorgesehen. Die Kosten für den Umbau der Sterzinger Reha werden auf 4,64 Millionen Euro geschätzt, Mehrwerststeuer und technische Spesen inklusive. Ein Viertel der Gesamtkosten entfallen auf die Bauarbeiten – was in etwa so viel ausmacht wie die Kosten für die medizintechnischen Geräte (1,3 Millionen Euro). Die Führungskosten belaufen sich auf mehr als zwei Millionen Euro im Jahr. „Wir gehen davon aus, dass der Tagessatz den Großteil deckt“, so Gatscher. Der Tagessatz soll in Sterzing mit 800 Euro zweieinhalb Mal so hoch wie in einer privaten Klinik in Südtirol sein. Gatscher sagte im Oktober, der Tarif müsse noch genau festgelegt werden. Gesundheitslandesrat Richard Theiner meint: „Die Leistung im Reha-Zentrum wird sicher nicht teurer. Im Unterschied zu anderen Einrichtungen muss es aber kostendeckend arbeiten.“ Am meisten spalten sich Meinungen, wenn es um den Schwerpunkt der Reha geht. Bis zum 31. Dezember 2014 soll sie ein „anerkanntes wissenschaftliches Forschungsinstitut IRCCS“ (istituto di ricerca cura di carattere scientifico) sein. Patienten werden also nicht nur behandelt, sondern vor allem für Forschungszwecke beobachtet. Der positive Nebeneffekt: Ein solches Zentrum wäre dem römischen Ministerium unterstellt und es gibt großzügige Förderungen aus dem Staatstopf. So war es zumindest bis Italiens Sparkrise. Rationalisierungen soll es bereits bei den ersten IRCCS-Kliniken in Italien geben, auch bei renommierten, weiß ein Reha-Arzt. Den Titel IRCCS muss sich die Reha erst verdienen, indem sie mindestens fünf Jahre intensive Forschungstätigkeit vorweist. Zu diesem Zweck hat das Land 2009 die „Research Unit“, eine Gruppe zur klinischen Forschung im NeurorehaBereich, gegründet. Mitglieder sind die Primare der vier Reha-Abteilungen der Sanitätsbetriebe sowie die ärztlichen Leiter von „Villa Melitta“ in Bozen und Hochzirl. Zwar hätten einzelne wissenschaftliche Arbeiten publiziert, als Gruppe gebe es aber keine einzige, bestätigt ein Reha-Arzt. „Die Reha sollte das anbieten, was Südtirol derzeit am nötigsten braucht“, meint Gertrud Calenzani, die sich landesweit für Schlaganfall- und Schädelhirntrauma-Patienten einsetzt und Selbsthilfegruppen aufbaut. Forschung und Wis-

senschaft seien wichtig. Als „Netzwerk Schlaganfall-Schädelhirntrauma Südtirol“ kenne sie aber auch die Nöte der Betroffenen und deren Familienangehörigen. Parallel müsse eine gut funktionierende Neuropsychologie mit landesweiten Angeboten und spezifisch ausgebildeten Neuropsychologen ausgebaut werden. Patienten aus anderen Regionen herholen, um Betten zu füllen, wäre nicht sinnvoll, zumal sich die Patienten derzeit landesweit mit dem Angebot aus Brixen begnügen müssten. Im Landesraumprogramm steht lediglich, dass in der Reha „ein Zimmer für den Psychologen“ eingerichtet werde. Roland Keim aus Sterzing, Bezirksleiter des psychologischen Dienstes und Neuropsychologe, bestätigt, dass ein Beschluss zwar eine Stelle beim Psychologischen Dienst vorsehe. Wann oder ob diese dort effektiv mitarbeiten werde, sei ihm aber nicht bekannt. Dr. Gatscher sicherte hingegen zu, dass Neuropsychologie in der Reha eine bedeutende Rolle zukommen werde. Ein Zurück gibt es nicht mehr. Die Reha in Sterzing öffnet – auch wenn noch vieles im Unklaren ist. Kurz vor Drucklegung wollte der Erker vom Gesundheitsbezirk Brixen Genaues wissen, in welchem Monat die Reha öffnen wird, wie viele der 15 Betten bereits an Patienten vergeben sind, woher sie stammen, ob das Personal schon gefunden sei, wer die Reha in Brixen übernehmen wird ... Die Antwort: Aufgrund der bestehenden Situation könne zur Zeit noch keine erschöpfende Antwort gegeben werden. Die organisatorische Planung sei noch nicht so weit. Man hört, dass die Reha nicht wie geplant im Jänner, sondern im April öffnen wird. Bis dahin stellt sich in Südtirol eine ganz andere Frage: Wie wird sich die Kürzung von 80 Reha-Betten auf die Patienten auswirken? Ein Arzt wagt ein Szenario: „Wenn wir uns entscheiden müssen, ob wir einen 60- oder einen 80-Jährigen aufnehmen, werden wir zwangsläufig denjenigen nehmen, der die höhere Lebenserwartung hat. Die ersten, die auf der Strecke bleiben, sind also alte Menschen. Eine ganze Generation, die Südtirols Wohlstand aufgebaut hat, wird durch die Finger schauen.“ Was, wenn er Recht behält? Das Land jedenfalls will Montis geplante Kürzungen vor dem Verfassungsgericht anfechten.

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umwelt

Schmelzendes Eis Die Gletscher ziehen sich immer weiter zurück. Darunter auch der Übeltalferner in Ridnaun.

Foto: Prof. Michael Kuhn

Die Eisriesen, die unsere Berge prägen, ziehen sich unaufhaltsam weiter zurück. Die Hitze und ein schneearmer Winter haben auch im vergangenen Jahr den Gletschern in den Alpen stark zugesetzt. Das IPCC (International Panel for Climate Change) bezeichnet die Gletscher als Drei-Sterne-Indikatoren, da sie deutlich und rasch auf das Klima reagieren und den Wandel besonders deutlich machen. Tatsächlich konnte man mit freiem Auge beobachten, wie sich die Eisriesen in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr zurückgezogen und von ihrer einstigen Pracht verloren haben. Der Übeltalferner am 5. September 2012

schwund in den Stubaier Alpen zu dokumentieren und zu quantifizieren. Die endgültigen Ergebnisse des gerade abgeschlosse-

Martin mit Familie und seine Mitarbeiter bedanken sich herzlich bei ihren Gästen für das entgegengebrachte Vertrauen und wünschen Ihnen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch! Martin con famiglia e i suoi collaboratori ringraziano i loro ospiti per la fiducia accordata e augurano buone feste ed un prospero Anno Nuovo!

nen Untersuchungsjahres stehen zwar noch aus, dennoch dürfte der Gletscherhaushalt im vergangenen Jahr im Mittel beinahe gleich-

viel an Eisfläche wie im Rekordjahr 2002/03 verloren haben. Dort, wo normalerweise kein Eis schmilzt, gab es in diesem Jahr einen Verlust WIPPmedia

Am Übeltalferner in Ridnaun werden vom Hydrographischen Amt und vom italienischen glaziologischen Komitee seit 2001 so genannte Massenbilanzmessungen durchgeführt, um den Gletscher-

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alpen

Hitzealarm für Gletscher Zu warm war der Sommer 2012 für die Gletscher in den Alpen. Die steigenden Temperaturen – der diesjährige Sommer war der zweitwärmste in den vergangenen 200 Jahren – machten den Eismassen richtig zu schaffen. Die Rekordtemperaturen und der Gefrierpunkt, der teils auf über 4.000 Meter kletterte, führte zu einem weiteren starken Rückgang der Weißen Riesen: Mehr als zwei Meter Dicke hatten Italiens Gletscher bereits Ende August verloren, so viel wie 2011 erst zu Ende des Sommers. Bis Ende September wurde der bisher stärkste Gletscherschwund von 2003 in Italien noch übertroffen. Allein zwischen 1991 und 2003 sind die Gletscher um rund 20 Prozent zurückgegangen. von 0,5 bis einem Meter; im Zungenbereich sind sogar bis zu drei Meter Eis geschmolzen. Besonders auffallend sind die neuen markanten Felsvorsprünge im Einzugsge-

der als Verbindung dieser beiden Gletscherteile diente. Gründe für den starken Gletscherschwund war ein relativ schneearmer Winter 2011/12, auf den ein

Am 29. August 2012 wurden am Übeltalferner umfangreiche Vermessungsarbeiten durchgeführt, um die Gletscherränder neu einzumessen und die Position der Messstangen am Gletscher zu aktualisieren. Durch den Vergleich mit den Vermessungen von 2005 und 2008 konnte eine Bewegungsgeschwindigkeit des Haupteisstromes von etwa zehn Metern im Jahr berechnet werden.

Massenbilanz Die Massenbilanz eines Gletschers setzt sich aus dem Massengewinn durch Ablagerung von Schnee und dessen Umwandlung in Eis (Akkumulation) und aus dem Massenverlust durch das Schmelzen des Eises vor allem in tiefen Lagen (Ablation) zusammen. Übertrifft die Akkumulation während längerer Zeit die Ablation, stößt der Gletscher vor. Umgekehrt schwindet er mit gewisser Zeitverzögerung, wenn die Ablation über mehrere Jahre hinweg größer ist als die Akkumulation. Dies ist heute weltweit der Fall.

Datenreihe von Winterakkumulation, Sommerablation sowie Jahresbilanz am Übeltalferner ab 2001/02. Die Daten von 2011/12 sind noch vorläufig.

biet des Wilden Freigers und die Abtrennung des Eisplateaus am Sonklar vom restlichen Eiskörper durch den Einbruch des Eisfalles,

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überdurchschnittlich warmer Sommer folgte – in ganz Südtirol einer der wärmsten, die seit Beginn der Aufzeichnungen festgestellt wurden. Da-

mit setzt sich die Serie der vielen warmen Sommer der letzten Jahre ungehindert fort. Landesweit lagen die mittleren Temperaturen 1981 – 2010 etwa 1,5° C über dem Klimamittel der 30er Jahre. Wärmer als in diesem Sommer war es nur im Rekordsommer 2003, als das Thermometer um 1° C höher hinaufkletterte. Im Wipptal lagen zudem in diesem Sommer die Niederschlagsmengen weit über dem langjährigen Mittel. In Sterzing und Pfitsch gab es so viel Regen wie noch nie seit

mindestens 80 Jahren. Der durchschnittliche Jahresniederschlag beträgt in Sterzing 770 mm; allein in diesem Sommer sind hier 633 mm Regen gefallen. Und normalerweise fällt auch im Sommer in hohen Lagen hin und wieder ein bisschen Schnee mit Schutzwirkung für das Gletschereis. Dies war heuer erst im September der Fall – zu spät, um eine stark negative Massenbilanz zu verhindern. Roberto Dinale

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wipptaler baubarometer

Markt- und Mietpreise etwas rückläufig Bautätigkeit im Bezirk geht deutlich zurück

Dass die Kauf- und Mietpreise in Südtirol – trotz anhaltender Krise – überaus hoch und teilweise kaum noch erschwinglich sind, ist nicht neu. 2011 sind sie im Wipptal aber erstmals seit vielen Jahren zumindest nicht weiter gestiegen, in peripheren Lagen sogar etwas gesunken. Einen drastischen Rückgang verzeichnete die Bautätigkeit im Bezirk. Wipptal: 2011 ist der Wohnungsbau im Bezirk um rund ein Drittel eingebrochen.

Ausbezahlte Beträge* für Wohngeld des WOBI Insgesamt davon Ausländer 53.000 100.000 Brenner 72.000 Franzensfeste 114.000 11.000 100.000 Freienfeld 48.000 128.000 Pfitsch 7.000 55.000 Ratschings 172.000 528.000 Sterzing 363.000 1.025.000 Wipptal * alle Beträge in Euro

Abgeholte Baugenehmigungen 2011 Wohngebäude Wohnungen Nicht-Wohngebäude Brenner 2 3 3 Franzensfeste 1 Freienfeld 19 14 19 Pfitsch 6 6 1 Ratschings 24 46 10 Sterzing 12 26 8 Wipptal 64 95 41 38

Schenkt man der Publikation „Bautätigkeit und Immobilienmarkt in Südtirol 2011“ des Landesstatistikamtes ASTAT Glauben, liegen die Marktpreise für Wohnungen in sehr gutem Zustand im Wipptal zwischen 1.813 Euro je m2 in Franzensfeste und 3.320 Euro in den besten Lagen Sterzings. Die Realität spricht jedoch eine andere Sprache: Denn um 330.000 Euro ist in Sterzing schon lange

keine 100-Quadratmeter-Wohnung mehr zu haben. Dennoch: Der seit 2003 ansteigende Trend bei den Wohnungskosten scheint sich bis auf Südtirols touristische Hochburgen etwas einzubremsen. Zumindest offiziell sind die Marktpreise in zentraler Lage außer in der Gemeinde Pfitsch 2011 im Wipptal nirgendwo angestiegen. In den anderen Geerker dezember 12


wipptaler baubarometer

Wohnungen im Eigentum des WOBI davon besetzt 76 90 Brenner 44 44 ste ensfe Franz 30 31 Freienfeld 36 39 Pfitsch 24 26 Ratschings 181 191 Sterzing 391 421 Wipptal

meinden blieben sie im Vergleich zum Vorjahr unverändert, in Ratschings waren sie in Ortskernen sogar leicht rückläufig. In peripheren Lagen lagen sie allerorts etwas unter dem Vorjahresniveau. In Wolkenstein als teuerster Südtiroler Gemeinde lag der maximale offizielle Preis je Quadratmeter bereits bei bis zu 10.275 Euro; für eine 100-Quadratmeter-Wohnung müsste man dort demnach auch schon mal über eine Million Euro hinblättern. Unter den 14 teuersten Gemeinden Südtirols sind sechs ladinische. Der höchste offizielle Mietpreis wurde in St. Ulrich mit über 3.300 Euro pro Monat für eine 100-Quadratmeter-Wohnung festgestellt. In den Randgebieten aller Wipptaler Gemeinden sind auch die Mietpreise leicht zurückgegangen, in Pfitsch auch in zentraler Lage. Am billigsten wohnte man im vergangenen Jahr mit monatlichen Mindestmietkosten von 458 Euro (100 m2) in Franzensfeste, am teuersten mit knapp 1.100 Euro (100 m2) in Sterzing. Nicht teurer geworden sind die Baugründe im

reits auch der doppelt so hohe Preis bezahlt werden musste, ist bekannt.

Baubranche in Krise

Das vergangene Jahr zeichnete sich landesweit durch einen deutlichen Rückgang der Bautätigkeit, sowohl bei den abgeholten Baugenehmigungen als auch bei den Bauabschlüssen, aus. Die vorsichtige Erholung von 2010 setzte sich nicht fort.

Südtirols Mittelstand: Zu reich für den Sozialwohnbau, zu arm für einen Wohnungskauf

Wipptal

Markt- und Mietwerte der Wohnungen in

zentr ale Lage Marktwerte Marktwerte Kauf Mieten Min Max Min Max Brenner 2.150 3.150 6,75 9,85 Franzensfeste 2.150 2.800 6,75 8,80 Freienfeld 2.000 2.825 6,25 8,85 Pfitsch 2.256 3.063 7,08 9,69 Ratschings 2.125 2.963 7,10 9,95 Sterzing 2.380 3.320 7,76 10,86

Werte in Euro je m laut handelsüblicher Messun g grau = gleich wie im Vorjahr, rot = teurer, grün = billiger

Im Wipptal wurden 2011 nur noch 95 Baugenehmigungen für Wohnungen eingeholt. Das entspricht einem Rückgang von mehr als einem Drittel im Vergleich zum Vorjahr. Deutlich eingebrochen ist auch die Zahl der Bauabschlüsse, wo bei den Wohnungen Bauabschlüsse 2011 ebenfalls ein Rückgang von 35 ProWohngebäude Wohnungen Nicht-Wohngebäude zent zu verzeichnen war. Besonders Brenner 1 2 4 der Mittelstand hat derzeit erhebliche Franzensfeste 3 2 4 Schwierigkeiten, einen Wohnungskauf Freienfeld 20 21 14 alleine zu schultern. Pfitsch 7 18 Im vergangenen Jahr wurden im Ratschings 36 46 5 Wipptal 22 (-20) neue Wohngebäude, Sterzing 4 4 6 davon 14 allein in der Gemeinde RatWipptal 71 93 33 schings, mit einer Kubatur von 33.394 m3 (-32.977 m3) fertig gestellt und 49 Bezirk. Die Grundstückspreise bewegten sich Erweiterungsbauten (11.480 m3) abgeschlos2011 offiziell zwischen 120 Euro je m2 in peri- sen. Insgesamt wurden so 93 neue Wohnungen pheren Lagen Freienfelds und 455 Euro in Ster- (-50) geschaffen. 25 Bauabschlüsse (54.780 m3) zing. Dass in Sterzing für Baugründe aber be- und elf Erweiterungen (28.226 m3) gab es bei

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neuen Nicht-Wohngebäuden. Im selben Zeitraum wurden im Wipptal 84 Wiedergewinnungsarbeiten (-33) an bestehenden Gebäuden durchgeführt; 51 waren es allein in Sterzing.

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sehr gutem Zustand 2011 perip here Lage Marktwerte Marktwerte Kauf Mieten Min Max Min Max 1.875 2.392 4,85 6,23 1.813 2.225 4,58 5,63 1.883 2.279 4,98 6,02 1.875 2.250 4,73 5,70 1.917 2.342 4,72 5,78 2.108 2.675 5,20 6,58

Im Eigentum des Wohnbauförderungsinstitutes (WOBI) befinden sich derzeit im Wipptal 421 Wohnungen, davon sind 391 besetzt. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr im BeWert des Baugrundes 2011 Zentren Randgebiete und Wohngebiete Brenner 185 - 245 155 - 185 Franzensfeste 190 - 255 125 - 190 Freienfeld 210 - 270 120 - 210 Pfitsch 205 - 290 145 - 205 Ratschings 195 - 320 160 - 225 Sterzing 350 455 225 - 350

Gewerbegebiete 110 - 125 115 - 125 105 - 160 130 - 165 130 - 165 105 - 185

Werte in Euro/m2

zirk 1.025.000 Euro an Wohngeld ausbezahlt (143.000 Euro weniger als im Vorjahr), davon 347.000 Euro (35 %) an ausländische Bürger. lg

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aktuell

Innovativ sein oder sterben Warum Unternehmen scheitern und was die Wipptaler daraus lernen können Jedes Jahr verschwindet eines von zehn Unternehmen vom Markt – weil es aufgibt, Konkurs anmeldet oder aufgekauft wird. Für Kurt Matzler gibt es nur eine Möglichkeit, den beinharten Wettbewerb, vor allem gegenüber Niedriglohnländern, zu überleben: Innovation. Produkte, Dienstleistungen und Technologien schneller und besser weiterzuentwickeln als die Konkurrenz. Der gebürtige Sterzinger, u. a. Professor für Strategisches Management an der Universität Innsbruck, Autor und Co-Autor von Bestsellern, eröffnete im Oktober auf Einladung des Kiwanis Club die 1. Wipptaler Zukunftsgespräche. Studien bestätigen es: Innovation kann „Leben retten“. Nicht umsonst versuchen Top-Unternehmen, 75 bis 80 Prozent ihres Gesamtumsatzes mit Produkten zu erwirtschaften, die jünger sind als fünf Jahre. Eine gewaltige Herausforderung. Etwa 60 Prozent aller Projekte werden abgebrochen, noch bevor das Produkt überhaupt auf den Markt kommt. Nur eine von sieben Inno-

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Hat das Wipptal Kernkompetenzen oder hat es keine? Diese Frage schien die Zuhörer bei den 1. Wipptaler Zukunftsgesprächen am meisten zu beschäftigen.

vationen bewährt sich effektiv erfolgreich. Trotzdem ist Innovation für Volkswirtschaften unerlässlich. Pro Jahr braucht es laut Kurt Matzler rund 2,5 Prozent Wachstum, um die Beschäftigung zu halten. Wachstum, das zum großen Teil aus Innovation stammt. „Wer glaubt, mit Preisanhebungen den Umsatz steigern zu können, ist ein Träumer“, sagen Top-Unternehmer. Nur Innovation sei in der

Lage, höhere Umsätze zu erzielen. Anders gesagt: Produkte mit Mehrwert, für die der Kunde auch bereit ist, mehr zu zahlen. Umso kurioser, dass viele Unternehmen Innovation einfach verschlafen. Matzler und Clayton M. Christensen von der Harvard Business School haben die Industriegeschichte des 20. Jahrhunderts bis ins Jahr 2012 untersucht und kamen zum Schluss: Marktführen-

de Unternehmen scheitern häufig, wenn es in ihrer Branche zu großen Umbrüchen kommt. So schaffte es kein einziger Segelschiffhersteller, auf das Dampfschiff umzusteigen, dem letzten deutschen Kamerahersteller Leica brach es fast das Genick, weil er den Trend zur Digitaltechnik unterschätzte. „Bestehendes weiterentwickeln und genau beobachten, was um einen herum passiert“, rät Matzler.

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Trends, die sich Schritt für Schritt einschleichen, könnten irgendwann zur großen Gefahr werden. Musik-Labels können ein Lied davon singen. Ihre CDs sind längst von mp3-Downloads verdrängt worden. Kein einziges großes Musiklabel habe es geschafft, rechtzeitig auf das Download-Geschäft umzuspringen. Mit dem Kaffeesystem Nespresso ist dem Lebensmittelkonzern Nestlè hingegen eines der erfolgreichsten Geschäftsmodelle der vergangenen Jahre gelungen. Der Umsatz wird ausschließlich mit den Wegwerfkapseln gemacht (weltweit werden pro Minute 12.000 Nespressi getrunken). Um die Produktion und die Vermarktung der Kaffeemaschinen kümmern sich Partner. Innovation heißt also auch Kooperation – und Kernkompetenzen nutzen. Matzler rät: Erst die eigene Kernkompetenz herausfinden und dann den Markt suchen, auf dem diese ausgespielt werden können. Genauso wichtig: Mitarbeiter für die Idee begeistern, nach vorne schauen, nie zurück, sich trauen, Fehler zu machen. Und: junge Köpfe. TopBetriebe setzen bei wichtigen strategischen Entscheidungen auf die „30-30-Regel“: 30 Prozent auf Mitarbeiter, die jünger sind als 30 Jahre – „weil sie noch keine Scheuklappen haben und sich trauen, nach links und rechts zu denken.“ Geschäftsmodelle schön und gut. Doch wie können diese Beispiele auf das Wipptal übertragen werden? Welche Stärken heben den Bezirk von anderen ab und verschaffen einen Wettbewerbsvorteil? Wohin möchten sich die Wipptaler entwickeln? Solche Fragen stellte Matzler dem Publikum. Die Antworten drehten sich vor allem darum, ob das Wipptal nun Kernkompetenzen hat oder nicht. „Das Wipptal ist nirgends hervorragend. Soll das Wipptal den Schwerpunkt auf Industrie oder Gastronomie legen? Ein klares Konzept fehlt noch“, so eine Wortmeldung. Jemand warf die Frage auf, ob der Bezirk weiterhin auf den Tourismus setzen soll. Ganz Südtirol investiere in diesen Bereich und schimpfe über das tiefpreisige Wipptal. „Muss sich das Wipptal im Hocherker dezember 12

preissegment orientieren, wo es vielleicht nicht die nötigen Kompetenzen dazu hat?“ Andere sahen Kernkompetenzen im Durchzugsverkehr („Sterzing ist aber noch nicht auf Gäste eingestellt, die länger Urlaub machen sollen“), in der Einkaufsstadt („Vielerorts wird das aufgebaut, was wir schon haben: Dörfer mit Verkaufskompetenz“), Ruhe, Berglandschaft, Handwerk, Wege sowie Aushängeschilder wie die Firma Leitner, Turbinenbau Troyer oder der Sterzinger Milchhof. Politik und Wirtschaft müssten enger zusammenwachsen, regte jemand an. Das Generationenproblem sei noch nicht gelöst. Viele hätten ihr Geschäft lieber an Ketten abgegeben, weil es so einfacher sei. Auch das Konkurrenzdenken kam zur Sprache. „Warum sollen wir einander neidisch sein? Je mehr Betriebe da sind, desto mehr Menschen ziehen wir an.“ Und Eigenitiative: „Erst selbst überlegen, was man in seinem Betrieb ändern kann.“ Ein Zuhörer will in der „Landesmentalität“ eine „gewisse Trägheit“ entdeckt haben. „Wir müssen uns wieder dem Wettbewerb stellen.“ Die anfängliche Aufbruchstimmung in der Regionalentwicklung sei leider wieder eingeschlafen. Lösungsvorschläge wollte Matzler keine geben. „Weil die Antworten von der Bevölkerung kommen müssen.“ Am Ende ließ er sich doch zu einem Kommentar hinreißen. Sterzing, das habe er auf seinen Reisen gemerkt, habe eine entscheidende Stärke: seinen hohen Bekanntheitsgrad. Von Sizilien bis Dänemark würden die meisten Menschen die Stadt kennen. Und: Weltmarktführer und andere Top-Unternehmen seien in Sterzing sesshaft. Stärken, derer man sich bewusst sein sollte. „Wir haben heute einen ersten wichtigen Schritt in Richtung Zukunft getan“, meinte Peter Trenkwalder vom Kiwanis Club zum Schluss. „Wir reden miteinander.“ Zu diesem Miteinander-Reden wollen die Zukunftsgespräche künftig einmal im Jahr anregen.

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aktuell

„Sparen ja, aber am richtigen Ort“

Skigebiete brauchen klares Profil

„Spending Review“ in den Gemeinden und die Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft. Darum ging es im Oktober beim Ausschusstreffen des SWR-Bezirkes Eisacktal/ Wipptal in Brixen. Das Land wird den Gemeinden 2013 genauso viele Finanzmittel gewähren wie dieses Jahr. Diese Vorzugsspur hat in den Reihen der Wirtschaft für Unmut gesorgt. Befürchtungen werden laut, dass die Gemeinden den von allen Seiten geforderten Einsparungen nur zögerlich nachkommen bzw. nur dort sparen werden, wo es am einfachsten ist: bei den Investitionen. Die zahlreichen Dekrete der Regierung Monti haben nämlich dazu geführt, dass die Gemeinden Südtirols Mindereinnahmen in Höhe von 66 Millionen Euro (-13 %) im Vergleich zum Jahr 2011 hinnehmen müssen. Bei den Investitionen einzusparen ist für den SWR-Bezirk Eisacktal/ Wipptal der falsche Ansatz. „Die Gemeinden müssen notwendige Investitionen in Strukturen und Einrichtungen weiterführen. Ein Investitionsstopp würde vor allem in den ländlichen Gebieten zu einem großen Umsatzeinbruch bei Handwerkern und Dienstleistern führen“, so SWR-Bezirkspräsident Werner Kusstatscher. Stattdessen müsse die Zusammenlegung von Diensten und Kompetenzen wie Bauhöfe, Bauämter, Gemeindepolizei, Gemeindesekretäre rasch in Angriff genommen werden. Laut Gemeindeverbandspräsident Arno Kompatscher sind alle Gemeinden unter 5.000 Einwohner per Gesetz verpflichtet, innerhalb 2014 mindestens drei bestehende Dienste mit einer anderen Gemeinde zusammenzulegen. Der Gemeindenverband überlegt auch, wie es in Bayern bereits üblich ist, Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften zusammenzuschließen, ohne dass sie ihre politische Einheit aufgeben. Der SWR-Bezirk begrüßte dieses Vorhaben, sprach sich aber für die Reduzierung der Bürokratie, eine gemeindenübergreifende Zusammenarbeit bei der Projektierung von Strukturen, die Förderung der kleinen Kreisläufe und eine gerechte Verteilung von IMU, Gebühren und Tarifen zwischen Privaten und Wirtschaft aus.

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(v. l.) Armin Holzer, Präsident der Bezirksgemeinschaft Wipptal, Josef Thaler, Präsident des Tourismusverbandes Eisacktal, SMG-Direktor Christoph Engl und Peter Gasser, Präsident der Bezirksgemeinschaft Eisacktal

Tourismusverband Eisacktal und Südtirol Marketing Gesellschaft (SMG) diskutierten vor kurzem beim Kommunikationstag in Brixen, wonach sich die Ferienregion im Winter ausrichten soll. Gemeinsam mit Touristikern, Politikern, Vertretern der Skigebiete und Skischulen des Wipp- und Eisacktales besprach das SMG-Team, wie das Winterangebot der Ferienregion verbessert werden kann. Der Tourismusverband Eisacktal verfolgt mit der Umsetzung seines Profils „Tal der Wege“ eine langfristige Strategie. Eine Profilierung für den Win-

ter fehlt aber nach wie vor. Es brauche mehr Differenzierung, um sich auf dem Markt unterscheiden und sichtbar machen zu können, so Josef Thaler, Präsident des Tourismusverbandes Eisacktal. Der Fokus soll nun verstärkt auf die Produktentwicklung gelegt werden. In einem Workshop wurden Ideen gesammelt. Nun sind die Akteure gefragt, Angebote zu entwickeln und mitzuarbeiten, um die konkreten Vorschläge professionell umzusetzen. Ziel der SMG-Kommunikationstage ist es, den Dialog mit den Partnern in der Destination zu stärken.

Offene Türen in Gaststätten Zum 50-Jahr-Jubiläum des Hoteliersund Gastwirteverbandes (HGV) luden im Herbst 50 Gastbetriebe zwischen Sulden und Sexten zu einem Tag der offenen Tür, dar-unter auch vier Betriebe im Wipptal. Bei Betriebsführungen konnten die Besucher einen Blick in Hotelküchen, Wellness- und Beautyabteilungen, Rezeptionen und Speisesäle werfen und sich mit Gastwirten und

deren Mitarbeitern über die Arbeit im Gastgewerbe und den Urlauber von heute unterhalten. Die 7.100 gewerblichen Beher bergungsbetriebe sowie Speise- und Schankbetrie be Südtirols sichern mehr als 25.000 Menschen einen Arbeitsplatz. Im Bild Besucher im Hotel „Plunhof“ in Ridnaun.

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Attraktive Arbeitsplätze und funktionierende Sozialstrukturen stoppen Abwanderung Wie die Abwanderung in großen Teilen der Alpen gestoppt werden kann, darüber haben Experten aus dem In- und Ausland auf dem Bergfestival IMS in Brixen diskutiert. Dabei wurde klar: Es braucht attraktive Arbeitsplätze und funktionierende Sozialstrukturen. Während in den Ostalpen die Bevölkerung kontinuierlich abnimmt, ist in den Westalpen seit einigen Jahren eine wenn auch nur leichte Bevölkerungszunahme festzustellen. Das gilt auch für die Schweiz, die nur in einigen wenigen Randtälern und Gemeinden mit der Abwanderung zu kämpfen hat. Ein Grund dafür liegt für Thomas Egger, Direktor

In der Gemeinde Pfitsch ist vor allem das Hochtal von Abwanderung betroffen der schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete, in der Schaffung von attraktiven Arbeits-

Abhauen aus den Bergen Der schleichende Prozess der Abwanderung in vielen ländlichen Gebieten im Alpenraum hat in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen. Werner Bätzing, Alpenforscher an der Universität Erlangen, hat aufgezeigt, dass sich zwar zwischen 1871 und 2000 in 56 Prozent der Alpengemeinden die Bevölkerung verdoppelt hat, aber gleichzeitig in den anderen 44 Prozent der Gemeinden die Einwohner um ein Viertel bis zur Hälfte abgenommen haben. Laut der Internationalen Alpenschutzkommission CIPRA befinden sich die Alpen in einem Teufelskreis. Der Bevölkerungszuwachs in den Alpen findet vor allem in den Zentren statt, während in peripheren Regionen die Abwanderung weiter fortschreitet. Dies beschleunigt dort auch die Überalterung. Wenn die Jugend nach ihrer Ausbildung wegbleibt, nimmt die Bevölkerung weiter ab, Infrastrukturen werden abgebaut und die Region wird noch weniger attraktiv.

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plätzen.

 „Uns ist es gelungen, auch im ländlichen Raum Unternehmen, teilweise sogar aus Hightech-Branchen wie der Biomedizin, anzusiedeln. Das ist aber nur möglich, wenn eine funktionierende Verbindung zu den urbanen Zentren besteht.“ Zwar gebe es in der Schweiz auch Unternehmen, die sich auf 2.000 m Meereshöhe angesiedelt haben, diese seien aber die Ausnahme. 

Auch für Vittorio Forato vom Bergschuhhersteller AKU biete der ländliche Raum einen attraktiven Rahmen für viele Unternehmen, der besser kommuniziert werden müsste. Zudem würde gerade die Krise den ländlichen Raum wieder attraktiv machen. Eine

Stärke seien zudem die im Vergleich zur Stadt niedrigeren Grundstückspreise. 

Größere Probleme als mit der Ansiedelung von Unternehmen selbst gab es laut Egger bei der SuWipptal

Berufsauspendler (2007 - 2009) Pfitsch Franzensfeste Brenner Ratschings Freienfeld Sterzing

82,6 % 78,1 % 76,8 % 75,4 % 69,0 % 46,2 %

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Pfitsch bund-Direktor Siegfried Rinner und der Präsident des Gemeindenverbandes Arno Kompatscher hingewiesen. „In der Landwirtschaft haben wir viele Angebote im Zu- und Nebenerwerb, wie den Urlaub auf dem Bauernhof, die Direktvermarktung, Bauernmärkte, Schankbetriebe und in Kürze auch das bäuerliche Handwerk. Diese ermöglichen den Bauern, auf dem Hof zu bleiben“, so Rinner.

 Kompatscher wies auf die Wichtigkeit sozialer Einrichtungen für eine hohe Lebensqualität im ländlichen Raum hin, wie Kindergärten und Tagesmütter, Schulen, Musikschulen oder Vereine. Auch die Nahversorgung, Dienste wie der Postdienst oder eine funktionierende ärztliche Versorgung seien wichtig. Daher machte sich Kompatscher auch für weitere finanzielle Unterstützungen des ländlichen Raumes stark. Verbesserungspotential sah Kompatscher im Angebot schneller Internetverbindungen. 

Als Chance sahen Federica Corrado und Maurizio Dematteis die

„neuen“ Einwohner: Rentner, Kreative, die sich bewusst für ein Leben auf dem Land entscheiden, Saisonarbeiter, Rentner und Ausländer, meist Nicht-EU-Bürger. „Ein großer Teil der Bevölkerungszunahme in den Westalpen geht auf diese Gruppen zurück. Sie können helfen, den ländlichen Raum lebenswert zu halten. Denn dafür braucht es Menschen.“ Dematteis wies darauf hin, dass dem Tourismus eine ganz zentrale Rolle zukomme. „Der Tourismus ist der Motor des ländlichen Raumes, allerdings nicht mehr der traditionelle Tourismus. Vielmehr müssten die Touristiker von heute auf die neuen Bedürfnisse der Gäste eingehen. Wandern sowie Skifahren und Snowboarden alleine sind zu wenig. Auf diese neue Herausforderung muss der Tourismus eine Antwort geben.“ Fazit der Tagung: Der ländliche Raum hat Zukunft, sofern er seine Chancen nutzt und den Wert des „Landes“ besser kommuniziert. Der International Mountain Summit gehört mittlerweile zu Wipptal den renommiertesten Bergfestivals der Welt Bevölkerungsentwicklung 2002 – 2009 und hat Ende Okto ber wieder Top-Berg Starker Bevölkerungszuwachs davon Zuwanderung steiger wie Reinhold Ratschings 8,0 % 4,4 % Messner, Edurne PasaSterzing 7,6 % 5,9 % ban, die Pou- und Fav Durchschnittlicher Bevölkerungszuwachs davon Zuwanderung resse-Brüder sowie ExFranzensfeste 6,7 % 4,7 % perten aus aller Welt Freienfeld 6,0 % 2,1% nach Brixen gebracht. Schwacher Bevölkerungszuwachs davon Zuwanderung

che nach qualifizierten Mitarbeitern: „Wir hatten keine Schwierigkeiten, gut ausgebildete Fachkräfte zu finden. Das Problem waren viel mehr die Ehefrauen, die, wie sie sagten, nicht zwischen Kühen wohnen wollen. Daher müssen wir viel stärker den Wert des ländlichen Raumes als Lebens- und Freizeitraum kommunizieren.“ Klar müsse auch sein, dass es im ländlichen Raum mehr kulturelle Angebote brauche. „Nur die schöne Natur ist zu wenig.“ 

Einig waren sich die Experten, dass attraktive Arbeitsplätze alleine nicht reichen. „Was wir brauchen, ist auch die passende Berufsausbildung vor Ort. Es macht wenig Sinn, dass die Jugendlichen Berufe erlernen, die vor Ort nicht benötigt werden. Hier ist die Berufsbildung gefordert, die richtigen Berufsbilder zu fördern. Denn wenn die Menschen im Ort bleiben können, ist auch weniger Zuwanderung von außen nötig.“ Dass Südtirol im ländlichen Raum erfolgreich ist, darauf haben Bauern-

Pfitsch Brenner

4,9 % 1,7 %

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2,6 % 0,5 %

Chiara Agreiter

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Über 80 Prozent Berufsauspendler Im vergangenen Jahr hat die Landeregierung für 22 Südtiroler Gemeinden, darunter auch für Pfitsch und Brenner, Studien in Auftrag gegeben, um eine Trendumkehr gegen die Abwanderung einzuleiten. Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Helmuth Pinggera und Christoph Gufler sollte die Studie „Südtirol 2021“ vorantreiben und konkrete Maßnahmen ausarbeiten. Im vergangenen Jahrzehnt betrug der natürliche Bevölkerungszuwachs im Wipptal 2,5 Prozent; der Bevölkerungszuwachs durch Wanderung betrug im selben Zeitraum im Wipptal 3,9 Prozent. Insgesamt wurde ein Zuwachs von 6,4 Prozent verzeichnet, südtirolweit lag dieser bei 7,7 Prozent. Die Gemeinden Sterzing und Ratschings weisen im vergangenen Jahrzehnt eine starke Bevölkerungsentwicklung auf, Franzensfeste und Freienfeld eine durchschnittliche, Pfitsch und Brenner eine schwache. Die Studie machte in diesen beiden Gemeinden auch eine schwache Wirtschafts- und Sozialstruktur aus. Es fällt auf, dass die meisten sozioökonomisch schwachen Gemeinden an der Landesgrenze im Südwesten Südtirols und entlang des Alpenhauptkamms liegen. In der Gemeinde Pfitsch ist vor allem das Hochtal von Abwanderung betroffen, in der Gemeinde Brenner der ländliche Raum und der Grenzort selbst. Konkrete Maßnahmen gegen die Abwanderung zeigt die Studie für die beiden Gemeinden allerdings nicht auf.

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„Altenheime sind ein Auslaufmodell“ Der Südtiroler kann sich bis ins hohe Alter seiner Gesundheit erfreuen. Das hat eine wissenschaftliche Studie des Landes ergeben: Zurzeit sind 3,3 Prozent der 74-Jährigen pflegebedürftig. Mit 79 Jahren sind es 6,6 Prozent, erst ab 85 Jahren ist dann aber fast jeder Zweite pflegebedürftig. Die demografische Entwicklung zeigt auf, dass gerade der Anteil der Menschen 85+ um 300 bis 400 Prozent steigen wird. Das bedeutet, dass 2040 nicht mehr 15.000 (heutiger Stand), sondern 30.000 Menschen auf Pflege angewiesen sein werden. Eine Verdoppelung der Betten in den Seniorenwohnheimen Südtirols ist schon allein aus finanziellen Gründen nicht möglich. Auch können nicht doppelt so viele Menschen zuhause bleiben, um ihre Angehörigen zu pflegen. Alternativen müssen gefunden werden. Nur welche? Der Erker hat mit Oswald Mair, Direktor des Verbandes der Seniorenwohnheime Südtirols, über die Zukunft der Altenpflege gesprochen.

Erker: Herr Mair, wo möchten Sie Ihren Lebensabend verbringen, wenn Sie einmal alt sind? Oswald Mair: Wahrscheinlich wie jeder andere Mensch auch: zuhause, in meiner Familie und umgeben von lieben Menschen. Zum Glück und auch Dank der Errungenschaften der modernen Medizin gelingt es immer mehr Menschen, ein hohes Alter zu erreichen und kleinere und größere körperliche Beschwerden gut in den Griff zu bekommen, auch wenn sie nicht unbedingt heilbar sind. Eine Herausforderung stellen demenzielle Erkrankungen dar, wobei diese rapide zunehmen. Ein Altenheim ist und bleibt für viele Senioren die letzte Wahl. Ein älterer Herr verglich es einmal mit einem sterilen Wartezimmer auf den Tod. Das kann ich verstehen. Die heute 70- bis 80-Jährigen sind vielleicht in den 60er oder 70er Jahren zum ersten Mal mit Seniorenwohnheimen in Kontakt gekommen. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich aber vieles verändert. Die Altersheime oder Altenheime, einst Lazarette, Armen-, Siechen46

und Versorgungshäuser, sind mit den heutigen Seniorenwohnheimen nicht mehr vergleichbar. 95 Prozent der Menschen gehen nicht gerne ins Heim. Viele sagen aber im Nachhinein: Wenn ich gewusst hätte, wie das Leben im Heim ist, hätte ich keine Angst haben müssen. Genauso ist es mit den Diensten. Wer sie kennen lernt, baut schnell Ängste ab und traut sich einen Schritt weiter, der Besuch eines Tagespflegeheimes etwa wird zur gern genützten Abwechslung. Sie sprechen bewusst von Seniorenwohnheimen. Der Verband der Altenheime hat sich vor einigen Jahren in Verband der Seniorenwohnheime umgetauft. Warum dieser Imagewechsel? Der Name Altenheim ist nicht mehr zeitgemäß. Der Heimbewohner und das Wohnen und Leben im Heim sind in den Vordergrund gerückt. An dieser Philosophie haben wir bereits vor der Umbenennung gearbeitet.

Oswald Mair, 42, aus Mauls war acht Jahre lang Direktor des Bezirksaltenheimes Wipptal und ist seit 2007 Direktor des Verbandes der Seniorenwohnheime Südtirols. Der Verband zählt 63 Mitglieder, die insgesamt 77 Heime mit rund 4.100 Betten führen.

Sind herkömmliche Altenheime ein Auslaufmodell? Das sind sie und müssen es auch erker dezember 12


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sein. Zurzeit leben in Südtirol 14.500 Menschen mit nachgewiesener Pflegebedürftigkeit. Nachdem in den Seniorenwohnheimen Südtirols nur 4.100 Betten zur Verfügung stehen, werden 10.000 Menschen zuhause und von Angehörigen gepflegt. Die stationäre Altenarbeit ist ein wichtiger Teil der Seniorenbetreuung, aber eben nur für eine bestimmte Zielgruppe die geeignete Betreuungs- und Wohnform. Es gibt Menschen, die zuhause, im Tagespflegeheim, im begleiteten und betreuten Wohnen besser aufgehoben sind und zielgerechter betreut werden können. Wir müssen versuchen, für jeden einzelnen betreuten Menschen und die Angehörigen ideale Dienstleistung anzubieten. Eine große Herausforderung. Wir müssen uns neu ausrichten. Es geht nicht mehr darum, einfach nur mehr Betten zu bauen. In den vergangenen Jahren haben wir uns stark auf den Heimbewohner fokussiert, um zu verstehen, was er braucht. Jetzt ist es wichtig, Familien und pflegende Angehörige mehr einzubinden. Sie brauchen Begleitung, Unterstützung und Hilfe bei der Bürokratie und im Umgang mit Pflege. Vor allem das Einholen von Information wird oft zum Spießrutenlauf. Wer nach einem Schlaganfall aus dem Krankenhaus entlassen wird, ist mit seiner Situation oft überfordert. Wie komme ich zum Hauspflegedienst? Was ist ein Tagespflegeheim? Wie funktioniert das mit dem Pflegegeld? Wer hilft mir beim Ausfüllen des Formulars? Wir sind deshalb dabei, in den Bezirken zentrale Informationsstellen aufzubauen. Auch die Dienstleistungsanbieter müssen noch enger zusammenarbeiten. Manche Dienste sind wie die Seniorenwohnheime ziemlich autonom entstanden und arbeiten auch so. Eine zeitlang gab es auch noch nicht diesen finanziellen Druck, um Einsparungspotentiale zu erkennen und zu suchen. Das ist heute anders. Pflege ist teuer. Können sich Normalverdiener Pflege auf Dauer noch leisten? Mit dieser Frage beschäftigt sich erker dezember 12

zurzeit die ganze Welt. Dass die steigende Anzahl der alternden Bevölkerung mit der wirtschaftlichen Situation nicht mehr übereinstimmt, ist ein anerkanntes Problem. Andererseits darf deshalb keine Neiddiskussion oder ein Krieg unter den Armen entstehen. Gesundheits- und Sozialwesen dürfen sich nicht bekämpfen, nur um zwei Tropfen mehr auf die eigene Mühle ableiten zu können. Wir müssen aufhören, zwischen ambulanten, teilstationären und stationären Diensten zu konkurrieren, sondern vernetzt zusammenarbeiten. Das ist die Grundvoraussetzung, um andere Schwierigkeiten überhaupt einigermaßen in den Griff zu bekommen. Wir müssen uns auch überlegen, wie wir mit dem Thema „badante“ umgehen. Haushalts- und Pflegehilfen aus dem Osten sind verständlicherweise kritisch hinterfragt worden, weil es teilweise ein Schwarzmarkt ist und dadurch Heime oft damit konfrontiert worden sind, wie teuer sie sind. Ein Heimplatz kostet immerhin bis zu 3.300 Euro im Monat. Das ist auf den ersten Blick sehr viel Geld. Leider sind vielfach Fehlinformationen und Halbwahrheiten im Umlauf. Die Heimkosten setzen sich aus dem Pflegegeld, einen Zusatzbetrag aus dem Pflegefond und dem Grundtarif zusammen. Der durchschnittliche Tarif zu Lasten der Heimbewohner und den zahlungspflichtigen Angehörigen beläuft sich in Südtirol auf etwa 50 Euro pro Tag, also auf etwa 1.500 Euro im Monat. Sollte dieser Tarif vom Heimbewohner und den zahlungspflichtigen Angehörigen nicht zur Gänze bezahlt werden können, greift das so genannte Harmonisierungsdekret und die Gemeinde mit Unterstützungswohnsitz übernimmt die verbleibenden Kosten. Doch auch mit 1.500 Euro pro Monat ist eine Grenze erreicht, weitere Erhöhungen sind für die meisten Familien nicht zu bewältigen. Auch die Pflege zuhause hat ihre Tücken. Wer seinen Beruf aufgibt, um seine Eltern zu pflegen, riskiert auch große Abstriche für die eigene Vorsorge, weil Versicherungs47


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jahre fehlen. Das stimmt. Die Pflege zuhause ist absolut unterstützenswert. Es gibt aber auch Grenzen. Pflege über Jahre ist nicht möglich, ohne selbst Gefahr zu laufen, gesundheitliche Probleme zu bekommen oder große Abstriche bezüglich der eigenen Lebensqualität machen zu müssen, schon gar nicht ohne Auszeiten. Wenn pflegende Angehörige überfordert sind, die Zeit für den Ehepartner und die eigene Familie fehlt, entstehen neue Probleme und der Gesellschaft ist nicht gedient. Wer aus dem Arbeitsleben aussteigt, nimmt nicht mehr an der Wertschöpfung der Gesellschaft teil. Gerade deshalb ist es wichtig, dass Seniorenwohnheime und andere Dienstleistungsträger Pflegende unterstützen, nicht in soziale Armut zu geraten oder nicht selbst pflegebedürftig zu werden.

bot ständig zu hinterfragen und auf inhaltliche und wirtschaftliche Fragen gute Antworten geben zu können. Das Konkurrenzdenken muss der absoluten Bereitschaft weichen, im Netzwerk arbeiten zu wollen. Das System selbst darf aber nicht privatisiert werden. Sonst können sich bald nur noch Vermö-

Arbeitsgremium, zusammengesetzt aus den höchsten Entscheidungsträgern des Landes, des Gesundheitswesens, der Gemeinden und der Bezirksgemeinschaften, mit dem Verband der Seniorenwohnheime herauszufinden. Mir persönlich imponiert ein Modell in Vorarlberg besonders. Seit den 80er Jahren haben ein Arzt und

Alte Menschen sind ein Markt der Zukunft. Werden bald öffentliche und private Einrichtungen um sie als Kunden kämpfen? Der alte Mensch ist ein großer Markt, der noch stark wachsen und zahlreiche Dienstleistungsanbieter anziehen wird. Es ist einer der wenigen Bereiche, der mit Sicherheit in den nächsten Jahren und Jahrzehnten wachsen wird. Ob die Dienstleistungsträger eine private oder öffentliche Rechtsnatur haben, ist für mich nicht die zentrale Frage. Ein gesunder Wettbewerb im Sinne von Vergleichen, Entwickeln und Verbessern bringt Vorteile für alle. Es geht darum, das eigene Dienstleistungsange-

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Wir müssen uns neu ausrichten. Es geht nicht mehr darum, einfach nur mehr Betten zu bauen.“ gende eine angemessene Pflege leisten und das wäre – auch angesichts der sich verändernden Wirtschaftslage – eine soziale Katastrophe. Viele Pflegestrukturen sind jetzt schon überfordert, weil es an qualifiziertem Personal mangelt. Das Land hat in den vergangenen Jahren viel aufgeholt. Wir brauchen aber in Zukunft sicher immer mehr fähige Menschen, müssen uns aber auch eingestehen, dass der Pflegeberuf nun einmal nicht jedermanns Sache ist. Mit neuen Ausbildungsmodellen wie berufsbegleitenden Lehrgängen, einer Oberschule mit Maturaabschluss oder einer Lehrlingsausbildung für Sozialbetreuer und Pflegehelfer wird um Pflegeberufe geworben. Noch zu überlegen ist, wie wir diese Lehrlingsausbildung konkret umsetzen können. Welche Modelle in Europa haben sich bereits erfolgreich bewährt und könnten auch in Südtirol Fuß fassen? Genau das versucht derzeit ein

ein Heimdirektor mühsam, aber mit Herzblut ein Dienstleistungsnetz aufgebaut. Ihr Ziel: alten Menschen auf alle Fragen eine Antwort zu geben. Ambulante, stationäre und teilstationäre Dienstleistungen sind vernetzt. Neben der klassischen Hauspflege gibt es u. a. Bauernfamilien, die zwei bis drei Pflegebedürftige aufnehmen können, eine Wohngemeinschaft oder Tagespflegeangebote und alles bei ein und demselben Träger zusammengeführt. Ein Beispiel: Wenn ich dringend ein Bett in einem Heim brauche, aber keines verfügbar ist, erhalte ich keine Absage, sondern Alternativen: ein Altenheim in der Nähe, Tagespflege, eine Wohngemeinschaft oder bei einer Familie zuhause. Betroffene werden mit ihrem Problem nicht allein gelassen. Seniorenbetreuung soll künftig also gemeinsam gestaltet werden. Ja. Diese Idee müssen alle Dienstleistungsträger – also Seniorenwohnheime, Gesundheitswesen, Gemeinden, Bezirksgemeinschaften – finanziell und ideell mittra-

gen. Jetzt ist zu überlegen, wie wir das derzeitige System verändern müssen, um ein solches Netz zu ermöglichen. Über ein Projekt der Europaregion Trentino, Südtirol und Nordtirol wollen wir verstehen, wo vernetztes Arbeiten gut funktioniert und warum. Es hat sich gezeigt, dass sich die Dienste besser vernetzen lassen, wenn der Leiter des Gesundheitssprengels mit dem Leiter des Sozialsprengels gut zusammenarbeitet. Die Formel lautet: hohe Sozialkompetenz, gute Kommunikation, strategisches Denkvermögen sowie Ehrlichkeit und Transparenz bezüglich der jeweiligen Zielsetzungen. Bieten zwei denselben Dienst an und einer der beiden kann es besser, dann muss dieser den Dienst machen. Machen den Dienst beide gut, muss ihn derjenige übernehmen, der ihn günstiger macht. Somit werden Kräfte frei für neue Wohn- und Betreuungsformen. Sie sagen, das Wipptal hätte alle Voraussetzungen, als Pilotprojekt eine Vorreiterrolle für Südtirol zu übernehmen. Es ist alles da, was es braucht: eine Trägerkörperschaft für die sozialen Dienstleistungen und eine zentrale Anlaufstelle für Gesundheitsleistungen. Kleine, territorial vernetzte Dienstleister, das ist die Zukunft. Schaffen wir das nicht, werden wir viele Herausforderungen nicht bewältigen können. Es geht darum, das Geld, das wir haben, besser einzusetzen. Wenn wir vernetzt arbeiten, können wir auch wirtschaftlicher arbeiten. Interview: rb

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Sozialsprengel: Baubeginn im Frühjahr

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Plan des neuen Sozial- und Gesundheitssprengels

Vor einem Jahr schien die unendliche Geschichte des Neubaus von Gesundheits- und Sozialsprengel ein Ende gefunden zu haben, dann ging sie doch in eine weitere Runde. Nun sollen die Arbeiten im Frühjahr beginnen. Der Neubau am Bezirksaltenheim soll hingegen im Frühjahr bezugsfertig sein. Für die Genehmigung zum Bau eines neuen Gesundheits- und Sozialsprengels hatte sich die Landesregierung ganze 15 Jahre Zeit gelassen. Als alle Probleme aus dem Weg geräumt, die Standortfrage geklärt und die Preisvorstellungen auf einen gemeinsamen Nenner gebracht waren, kam die nächste Hürde: Das Land wollte 2010 alle Zuweisungen für Projekte, die älter als fünf Jahre waren, streichen. Die Finanzierung für den zweistöckigen, 2,7 Millionen teuren Bau, den ein Technikerteam um Architekt Siegried Delueg 2008 neu geplant hat, steht mittlerweile. Derzeit werden die übertrieben niedrigen Angebote bewertet. „Mit der Vergabe der Arbeiten ist gegen Ende des Jahres zu rechnen, sofern es keine Rekurse gibt“, so Armin Holzer, Präsident der Bezirksgemeinschaft. Somit könnte mit dem Bau im Frühjahr begonnen werden. Untergebracht werden sollen dort der Sozialsprengel, derzeit noch im Kondominium „Arcus“ an der Brennerstraße angesiedelt, und der Saerker dezember 12

nitätssprengel, für den im Krankenhaus bzw. in einem Container eine Übergangslösung gefunden worden ist. Sie bieten Dienste wie Hauspflege, sozial-pädagogische Grundbetreuung, Bürgerservice, finanzielle Sozialhilfe, Krebsvorsorge, Diätassistenz, Vorsorgemedizin und Hauskrankenpflege an. Inzwischen stehen die Arbeiten am Erweiterungsbau des Bezirksaltenheimes kurz vor dem Abschluss, wie Meinhard Hochwieser, Generalsekretär der Bezirksgemeinschaft Wipptal bestätigt. Nachdem derzeit die Küche eingerichtet wird, soll die Einrichtung der übrigen Räumlichkeiten in den Wintermonaten vergeben werden. Bis zum Frühjahr soll der Bau bezugsfertig sein. Anschließend wird die dritte Etage des Altbaus saniert, in den übrigen Stockwerken werden lediglich Anpassungen an die Brandschutzbestimmungen vorgenommen. Obwohl das gesamte Gebäude einer Sanierung bedürfe, musste das Vorhaben vorerst auf Eis gelegt werden, da das Land keine Finanzierungszusage machen konnte. Die Gesamtkosten für Neubau und Sanierung belaufen sich auf rund neun Millionen Euro. Auch die Arbeiten an der Tagespflegestätte, die zurzeit vergrößert wird, sind mittlerweile so weit fortgeschritten, dass sie ab Anfang nächsten Jahres wieder genutzt werden kann. bar

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aktuell

Sterzing

Anna und Simon In Südtirol kommen jährlich mehr als 5.000 Kinder zur Welt. Immer breiter gefächert ist die Vielfalt der Namen, die den neuen Erdenbürgern verliehen werden. Obwohl in den Melderegistern mehr als 20.000 verschiedene Vornamen vorkommen, kristallisieren sich doch 100 Namen als Spitzenreiter heraus. Im Jahr 2011 hatten Anna und Simon die Nase vorn. Da Südtirol im Einflussbereich mehrerer Kulturen liegt, ist die Namengebung facettenreich.

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KiTa umgezogen Heller, freundlicher, mit großem Garten und ausreichenden Parkplätzen. So zeigt sich die neue Kindertagesstätte (KiTa) in der Gänsbacherstraße 46 in Sterzing. Seit acht Jahren führt die Bezirksgemeinschaft Wipptal im Auftrag der Wipptaler Gemeinden eine KiTa für Kinder bis zu 36 Monaten. Bis vor kurzem war sie im Ansitz „Löwenegg“ untergebracht. Die KiTa hilft Eltern, Familie und Beruf besser zu vereinen. Kinderbetreuerinnen und die Sozialgenossenschaft „Casa Bimbo-Tagesmutter“ betreuen und begleiten die Kinder sozialpädagogisch und professionell. Bezirksgemeinschaftspräsident Armin Holzer ist mit der neuen Struktur und dem zeitgemäßen Familienangebot zufrieden. „Wir führen als einzige Bezirksgemeinschaft in Südtirol eine gemeindenübergreifende Kindertagesstätte.“ Für Gemeinden würden sich die Führungs- und Verwaltungskosten

reduzieren, was letztlich der Gemeinschaft zugute komme. Die Kinder fühlen sich in der Einrich-

de Projekt liegt in der Baukommission bereits vor und wird demnächst genehmigt.

(v. l.) Christina Tinkhauser, Direktorin der Sozialdienste Wipptal, KiTa-Leiterin Bettina Siller, Bürgermeister Fritz Karl Messner, Vermieter Peter Baur, Stefania Badalotti, Präsidentin der Sozialgenossenschaft „Casa Bimbo-Tagesmutter“ und Bezirksgemeinschaftspräsident Armin Holzer

tung wohl. Zwischen Jänner und August haben 31 Kinder die KiTa Wipptal besucht, die meisten stammen aus dem Wipptaler Hauptort. In Ratschings soll bis Frühjahr eine eigene Kindertagesstätte errichtet werden. Der Gemeinderat hat vor kurzem die notwendige Änderung im Bauleitplan vorgenommen, das entsprechen-

Neben der Kindertagesstätte bieten auch Tagesmütter ihre Dienste an. Derzeit gibt es jeweils eine in Wiesen, Gasteig und Freienfeld und seit Herbst auch eine in Ratschings. Die Nachfrage nach Tagesmüttern ist groß. Zwei Frauen aus Ratschings absolvieren derzeit eine entsprechende Ausbildung in der Fachschule Salern.

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Wipptal

2.107 Schüler betreut Im vergangenen Schuljahr besuchten 643 Kinder im Wipptal einen Kindergarten. Diese wurden in 19 Kindergartenstellen und 33 Gruppen betreut.

In den 114 Grundschulklassen im Bezirk lernten 1.063 Schüler, davon 125 ausländische Kinder (knapp 12 %). Nur acht Schüler schafften das

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Klassenziel nicht. 6,4 Prozent ließen sich vom Religionsunterricht befreien. In den 35 Wipptaler Mittelschulklassen drückten 638 Schüler die Schulbank, davon 53 ausländischer Herkunft (8,3 Prozent). 16 Schüler wurden nicht versetzt. 16 Schüler blieben dem Religionsunterricht fern. An den beiden Oberschulen in Sterzing bildeten sich 406 Schüler fort; drei von 72 Schülern wurden zur Abschlussprüfung nicht zugelassen.

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geschichte

Simon Gschnell: Vom Leben und

Sterben eines unbußfertigen Mörders Von Andreas Fischnaller

Montag, 18. September 1826, frühmorgens: Feierlich behäbig setzt sich ein Menschenzug vom Brixner Domplatz aus in Bewegung. Allen voran die städtische Obrigkeit, es folgt die hohe Richterschaft, zu beiden Seiten das Militär. Umsäumt von einer Menge Schaulustiger und geleitet vom „Armen-Sünder-Glöcklein“ schreitet

Zum Autor Andreas Fischnaller, 41, aus Brixen hat Deutsche Philologie, Geschichte und Musik studiert und veröffentlichte Publikationen in den Bereichen Historische Kriminalitätsforschung, Sozial- und Kulturgeschichte des frühen 19. Jahrhunderts. Sein Buch „Reue habe ich noch nie eine gehabt“, im Verlag Weger erschienen und im Buchhandel erhältlich, analysiert packend, klar und präzise das kurze Leben und die Tatmotive des Mörders Simon Gschnell.

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inmitten dieses Zuges ein 22-jähriger Bursche. Sein Name ist Simon Gschnell. Ihm verbleibt nur mehr eine knappe irdische Zeit, am Fuße des „Galgenbichls“ am nordwestlichen Eingang der Stadt wird er bereits vom Henker erwartet. Szenenwechsel: 21. Oktober 1803, Altenburg bei Kaltern: Als ältestes Kind der Bauersleute Balthasar Gschnell und Anna Thaler erblickt Simon das Licht der Welt. In einer Zeit heftiger politischer Wirren und ökonomischer Notlagen wächst der Junge gemeinsam mit drei Stiefbrüdern aus der ersten Ehe des Vaters und sechs leiblichen Geschwistern auf. Die Auswirkungen der napoleonischen Kriege, die Ernteausfälle und Teuerungen um die Jahrhundertwende, die hektischen Reformen unter der bayerischen Regierung (ab 1806) und weitere drückende wirtschaftliche Maßnahmen unter dem Königreich Italien (ab 1810) erschweren das Leben der kleinbäuerlichen Bevölkerung. Die schwierigen, von täglichen Mühen und Sorgen geprägten Verhältnisse im Elternhaus bestimmen von Anfang an die glücklose Lebensgeschichte des Simon Gschnell. Als Kind muss er den persönlichen und sozialen Abstieg seiner

Eltern miterleben. Die Mutter siecht in geistiger Umnachtung im Dorfspital dahin, der Vater, von Krankheit, Missernten und Schulden geplagt, verliert Haus und Hof. Auf Kosten des Armenfonds wird Simon der Obhut mehrerer Schneidermeister anvertraut, bei denen er das Schneiderhandwerk erlernen soll. Missliche Umstände und schlechte Behandlung in den Meisterhaushalten bringen einen verhängnisvollen Kreislauf in Gang, der fünf Jahre hindurch andauern soll: Wiederholt läuft der mittlerweile 13-jährige Junge seinen Meistern davon, wiederholt wird er steckbrieflich gesucht, aufgespürt und bestraft.

„Ein Mitglied der Sterzinger Komplizität“ Nach einem Diebstahl an seinem Mitgesellen im Mai 1820 und der anschließenden neuerlichen Flucht aus dem Meisterhaus wandert Simon Gschnell über ein halbes Jahr lang bettelnd und auf Mildtätigkeit angewiesen im Land umher. Auf einem seiner Streifzüge durch das obere Eisacktal lernt er eine Schar Gleichgesinnter kennen, die als sozial entwurzelte Personen ihr Dasein durch kleinere Eigentumsdelikte fristen und als die berüchtigte „Sterzinger Komplizität“ bekannt sind. Durch das Beispiel und unter der Anleitung dieser Gesellschaft vertauscht Gschnell alsbald den Bettelstab mit dem Brecheisen und begeht allein oder mit seinen Kumpanen erste Einbrüche in Bauernhäuser. Die damals als gefährlich gebrandmarkten Ver-

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geschichte

brecher entpuppen sich bei näherer Betrachtung jedoch allesamt als verarmte soziale Außenseiter. Den Kern der „Sterzinger Komplizität“ bilden vier Frauen und acht Männer, die mit Ausnahme Gschnells aus der Gegend von Sterzing stammen: das Schneiderl oder der Kaltererbub Simon Gschnell, Kreszenz Inderist, genannt der König oder Maderbingitsch, die Larchjaggelebuben Jakob Leitner, Johann Leitner und Joseph Leitner, die beiden Brunnenmacherbuben Joseph Haller und Anton Haller, der Fischerseppl Joseph Grünbacher, die Fischermoidl, Fischeralte oder Fischergroße Maria Grünbacher, der Pfeifenmacherbub Joseph Reiserer, Maria Beicktgartner, genannt Kasermoidl oder Kasergitsch, und die Moserschneckin oder Moserschnegga Kreszenz Fleckinger.

Verhaftung und Bestrafung Am 21. Dezember 1820 wird Simon Gschnell schließlich festgenommen und nach einer 14 Monate währenden gerichtlichen Untersuchung zu eineinhalb Jahren Haft im Innsbrucker Strafarbeitshaus verurteilt. Für den damals 17-Jährigen erweist sich diese Zeit als verhängnisvoll und schicksalhaft. Die Arbeit und die auferlegte sittliche Erziehung, die den Lebensalltag der Arrestanten prägen, verfehlen ihr Ziel. Das vielgepriesene Besserungsprinzip der Anstalt ist angesichts der bisherigen, wenig glücklichen Lebensgeschichte des Schneiderjungen zum Scheitern verurteilt. Das Anstaltsleben und das vorgefundene Gaunermilieu verstärken vielmehr Gschnells Abneigung gegen die bürgerliche Gesellschaft und erweitern seinen kriminellen Erfahrungshorizont. Die Rückkehr in ein ehrbares Leben ist somit erschwert und der einmal eingeschlagene Weg scheint nun unabänderlich.

Das Durchschnittsalter der MitVon Joseph Mutschlechner angefertigtes Flugblatt mit einer Lithographie Simon Gschnells (1826) Der Auszug aus Kaltern und glieder dieser Bande betrug 23 [AHE; Foto: Leonhard Angerer] Jahre. Fünf Gauner hatten das 20. der Mord an Elisabeth Parrigger Lebensjahr noch nicht erreicht, nur zwei Perso- stände, verweisen auf die Notlage der Täter. nen waren älter als 30 Jahre. Alle Bandenmit- Entwendet wurden u. a. Kartoffeln, Butter, Eier, Der eineinhalbjährigen Haft und dem gescheiglieder entstammten ärmlichen Verhältnissen, Schmalz, Mehl, Nüsse, Brot, Schuhe, wollene terten Versuch einer Umerziehung folgt wieder entbehrten jeglichen Vermögens und waren Strümpfe, Hüte, Hemden, Halsbänder, Schnupf- das alte Bild: die mehrmalige Flucht aus dem mit einer Ausnahme unverheiratet. Dem eige- tücher, Uhren, Messer, Pfannen, Rosenkrän- Meisterhaus, Verhaftung und Strafe. Auf einer nen sozialen Abstieg war in den meisten Fällen ze, Decken und bäuerliche Gerätschaft. Geld neuerlichen Wanderschaft kommt es schließder Verlust von Vater oder Mutter oder auch bei- erwies sich für die meisten Bandenmitglieder lich im Mai 1825 zur Katastrophe: Auf seinem Marsch über den Jaufen – Gschnell war von Kalder Elternteile vorausgegangen, das Betteln er- wohl mehr als zufällig entdecktes Diebesgut. schien angesichts eines fehlenden erlernten Be- Die erbeutete Kleidung war vielfach für den ei- tern ausgezogen, um in Innsbruck Arbeit zu surufes als die einzige Möglichkeit, den Lebensun- genen Gebrauch bestimmt und wurde von den chen – trifft der Schneiderjunge auf die 32-jähDieben bis zu ihrer völligen Abnutzung getra- rige Elisabeth Parrigger aus Sterzing. Parrigger, terhalt zu sichern. Die gestohlenen Objekte, in erster Linie Nah- gen. Vom Verkauf der Alltagsgegenstände ver- eine arme Obsthändlerin, befindet sich mit zwei rungsmittel, Kleidung und Gebrauchsgegen- sprachen sich die Gauner den größten Gewinn. Freundinnen auf dem Heimweg. Trotz eines hef-

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tal wird Gschnell in Taufers erkannt, verhaftet und zur gerichtlichen Untersuchung nach Brixen abgeführt. Der Prozess, der nun beginnt, zählt hinsichtlich seines Aufwandes und seiner Dauer zu den langwierigsten Verfahren in jener Zeit. Die gerichtliche Untersuchung wird einen Tag nach Gschnells Eintreffen im Brixner Kriminalgericht, am 18. Juni 1825, eröffnet und am 10. März 1826 geschlossen, sie währt somit über neun Monate. In insgesamt 51 Verhören stellt der mit dem Fall beauftragte Aktuar Michael Patscheider dem Angeklagten mehr als 1.625 Fragen. Simon Gschnell (21. April 1826) Zivil- und Kriminalgericht Bozen: Todesurteil gegen Während des gesamten gerichtli] Eheim [AHE; Foto: Jürgen chen Verfahrens erwies sich Simon tigen Wortwechsels zwischen den beiden und Gschnell in den Augen Patscheiders der nachdrücklichen Warnungen ihrer Beglei- als „unbußfertiger Bösewicht“, der terinnen bleibt die Frau allein bei Gschnell im den Verlauf des Prozesses geschickt Jaufenwirtshaus zurück. Nach einer gemeinsa- zu lenken verstand und diesen wiemen mittäglichen Zeche setzen die beiden jun- derholt in die Länge zog. Er war es, gen Leute am 27. Mai ihren Weg Richtung Ster- der während zahlreicher Verhöre die zing fort. Als sich Parrigger den sexuellen Avan- Fäden zog und das Verhörzimmer zur cen Gschnells widersetzt, eskaliert die Situation: Bühne seiner bescheidenen SelbstGschnell führt die Frau vom Weg ab, immer tie- darstellung machte. fer in den Wald hinein. Nach einer Stunde, die Entscheidenden Einfluss auf das Urteil der Räte für Parrigger von Todesangst und Schlägen ge- nahmen Gschnells religiöse Einstellung und seiprägt ist, heißt sie der Schneiderjunge in einen ne fehlende Einsicht. Wiederholt beteuerte der Angeklagte, keine Reue über seine Tat zu verBach steigen. Dort steinigt er sie zu Tode. spüren und eine solche auch niemals in seinem Leben gefühlt zu haben, „denn“, so Gschnell, Der Prozess und das Urteil „die Reue möge wohl etwa jenseits, wenn es eiNach einer zwei Wochen währenden Flucht über nen Gott und ewigen Richter gebe, etwas nütInnsbruck, Kufstein und weiter durch das Ziller- zen; hiernieden aber nütze sie mir nichts, weil

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ich, da ich schon einmal im Strafhause gewesen, mich doch nicht gebessert, und die Moser Liesel ums Leben gebracht habe.“ Am 9. März 1826 findet in Brixen das letzte Verhör Simon Gschnells statt. Am 21. April verhängen die Räte des Zivil- und Kriminalgerichts Bozen über den Angeklagten die Todesstrafe. Am 23. Mai wird diese vom Appellationsgericht Innsbruck, am 9. August vom Wiener Obergericht bestätigt, nachdem der Kaiser von einer Begnadigung Abstand genommen hat. Szenenwechsel: Am Morgen des 18. September 1826, einem Montag, setzt sich der Hinrichtungszug von der Fronfeste am Brixner Domplatz aus in Bewegung. An der Seite von Pfarrer Franz Xaver Joseph Stadler wird Gschnell durch die Altstadt und weiter bis zum Galgenbühel

Taufeintrag Simon Gschnells vom 21. Oktober 1803 mit dem Vermerk „Zu Brixen getödtet worden durch den Strang“ [PfA Kaltern, Taufbuch Altenburg 1784–1923; Foto: A. Fischnaller]

geführt, der am nordwestlichen Eingang der Stadt, in der Nähe des heutigen Krankenhauses, lag. Vor den Augen des Gerichts und des versammelten Volkes besteigt Simon Gschnell gemeinsam mit dem Scharfrichter Johann Peter Vollmar das Hochgericht. Kurze Zeit später wird er mit dem Strang „vom Leben zum Tode“ befördert.

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aktuell

MARTLS SPECK

N

ach langjährigem erfolgreichen Verkauf von Obst und Gemüse in der Sterzinger Bahnhofstraße hat Familie Marazzo die Geschäftstätigkeit beendet. So bot sich dem jungen Metzger Martin Plank die Möglicheit, eine Filiale in Sterzing zu eröffnen. Um den hohen hygienischen Standards gerecht zu werden, wurde das gesamte Lokal saniert und neu eingerichtet.

jetzt auch in Sterzing

Der in Sterzing geborene Martin Plank hat 2008 seine erste Metzgerei in Freienfeld eröffnet und ist seit 2010 auch im Eurospin am Brenner mit einer Filiale präsent. Nun gibt es MARTLS SPECK auch in Sterzing. Das neue Geschäftslokal befindet sich in der Bahnhofstraße 2 unweit des Untertor- bzw. Europaparkplatzes.

MARTLS SPECK ist für Kunden, die qualitativ hochwertige Fleischund Wurstprodukte aus heimischer Tierhaltung genießen möchten, die richtige Adresse. Martin Plank würde sich sehr freuen, auch Sie in seinem neuen Geschäft begrüßen zu dürfen. Natürlich gibt es für treue Kunden auch heuer wieder ein kleines Weihnachtsgeschenk. Die Metzgerei in Sprechenstein ist bis auf weiteres nur mehr vormittags geöffnet.

TIPP

Probieren Sie auch einmal eine Leberkäse-Semmel – täglich frisch für Sie!

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MARTIN PLANK bedankt sich bei allen Firmen, die beim Umbau mitgewirkt haben. Durch die gute Zusammenarbeit von Planung und ausführenden Firmen konnte der Umbau in kürzester Zeit abgeschlossen werden.

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Foto: www.live-style.it

Exklusiv bietet MARTLS SPECK außerdem Fleischprodukte von Wipplamb an, ein heimischer Verein, der Lammfleisch nach strengen Richtlinien produziert. Gemeinsames Ziel von Martin Plank und Wipplamb ist es, auch Rind- und Kalbfleisch zu produzieren.

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Auf insgesamt nur 50 qm verfügt die neue Metzgerei über einen kleinen, gleichzeit aber auch sehr übersichtlichen und einladenden Verkaufsbereich. Neben Fleisch- und Wurstwaren aus eigener Produktion finden Sie hier auch erlesene Weine, Brot und Gebäck, Teigwaren und viele andere Delikatessen.


gesellschaft PR

Hilfe für Pfitsch

Zwölf Etappen, 600 Kilometer, über 5.000 Besucher: Sechs Wochen lang war die Versicherungsgesellschaft ITAS mit ihrem Tour-Bus in Südtirol unterwegs, um den Austausch und den direkten Kontakt zur Bevölkerung zu pflegen. Höhepunkt der „Reise“ war der Stadtplatz von Sterzing, wo David Hofer vom Bäuerlichen Notstandsfonds ein Scheck in Höhe von 5.000 Euro überreicht werden konnte. Das Geld soll den Opfern der Unwetterkatastrophe in Pfitsch zugute kommen und einen kleinen Beitrag zum Wiederaufbau leisten. Im Bild (v. l.) Walter Pichler (Präsident der ITAS-Agenten in Südtirol), Robert Arcolin (ITAS-Agent in Sterzing), David Hofer (Bäuerlicher Notstandsfonds), Alexander von Egen (Vorstandsmitglied der ITAS Leben AG), Johann Frei (Bürgermeister von Pfitsch) und Markus Larch (Vizebürgermeister von Sterzing)

Hilfe für Unwetteropfer 41 Familien in Sterzing und Pfitsch hat der KVW durch seine Spendenaktion unterstützt. Weiteren Familien kann geholfen werden. Noch bis Jahresende können Spenden auf das Konto der Raiffeisenkasse Wipptal (IBAN IT22 R 08182 59110 000300042102) unter dem Kennwort „KVW Unwetterschäden Wipptal“ überwiesen werden.

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Frauenchor in Baden Württemberg

Ein zweitägiger Ausflug führte den Frauenchor Ratschings unlängst nach Obersulmetingen in Baden Württemberg. Dort gestalteten die Sängerinnen unter Chorleiterin Maria Brunner die Abendmesse mit. Großen Applaus ernteten sie für das anschließende gemeinsame Konzert mit dem Kir-

chenchor von Obersulmetingen. Am zweiten Tag besichtigte der Chor Ulm, die Stadt, in der Hans Multscher jahrelang wirkte. Besonders beeindruckt waren die Sängerinnen vom Ulmer Münster mit seinem 161 m hohen Turm und der imposanten Orgel, vom Rathaus und vom Schiefen Haus.

Kirchenchor Stilfes in Rom

Im Oktober unternahm der Kirchenchor Stilfes eine dreitägige Kulturreise in die Ewige Stadt. Auf der Fahrt nach Rom besichtigten die Sänger auch die umbrische Stadt Orvieto. Nach der Besichtigung des Vatikans sang der Chor auf dem Petersplatz einige Lieder. Anschließend lud Senator Manfred Pinzger zu einer Führung durch den römischen Senat. Tags darauf standen eine Panorama-

fahrt mit dem Bus und eine mehrstündige Stadtführung auf dem Programm. Am dritten Tag sang der Chor in der Kirche „Santa Maria dell’Anima“ gemeinsam mit vier Bläsern die Messe „Missa Parochialis“ von Wolfram Menschick. Der Kirchenchor trug dabei die traditionelle Wipptaler Werktagstracht, um der römischen Bevölkerung neben der Kirchenmusik auch einen Einblick in die Südtiroler Tradition zu bieten.

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gesellschaft

Wiesen

Gasteig

„Die letzte Sekunde deines Lebens“

„Die Schule brennt“

Eine Woche lang war Jürgen Hildenbeutel heuer in Südtirol unterwegs, um Jugendliche und Erwachsene zu richtigem Verhalten im Straßenverkehr zu sensibilisieren. In einer bewegenden Präsentation zeigte der deutsche Polizeikommissar auch bei einem Vortrag in Wiesen auf, wie viele junge Men-

schen wegen Drogen, Alkohol und Raserei auf den Straßen ihr Leben lassen mussten. „Überlegt Euch gut, zu wem ihr ins Auto steigt“, warnte Hildenbeutel, der auch auf den versteckten Alkoholgehalt in Süßgetränken hinwies. Ein Alkopop enthält bereits zwei Schnapsgläser hochprozentigen Alkohol.

Was tun, wenn im Schulkeller Feuer ausgebrochen ist? Grundschul- und Kindergartenkinder in Gasteig übten im Oktober mit den Feuerwehrleuten vom Zug Gasteig der FF Ratschings den Ernstfall. Nach dem Feueralarm wurde das Schulgebäude evakuiert. Im Kellergeschoss saßen aber noch eine Lehrperson mit den Schülern der vierten Klasse und zwei Schüler in den Toiletten fest. Mit Atemschutzgeräten eilten die Wehrleute ins Gebäude und retteten sie unter tosendem Applaus.

Anschließend berichteten die Wehrmänner über richtiges Verhalten im Brandfall, beantworteten zahlreiche Fragen, zeigten den Schülern das Feuerwehrauto und ließen das Signalhorn erklingen. Die Schüler dankten es mit einem Feuerwehrrap und einem kleinen Geschenk.

Brenner

40-Jährige feiern

Preisspitzen in Ridnaun Zum achten Mal veranstaltet die Knappenkapelle Ridnaun am 8. Dezember ein Offenes Preisspitzen (Blindwattn) im Vereinshaus von Ridnaun. Beginn ist um 10.00 Uhr. Das Nenngeld beträgt 20 Euro pro Person (Mittagessen inbegriffen). Anmeldungen werden unter der Rufnummer 340 3715429 (18.00 bis 20.00 Uhr) oder am 8. Dezember (9.00 bis 10.00 Uhr) mit einem Aufpreis von fünf Euro pro Spieler entgegengenommen. Es winken schöne Preise und a „morts Hetz“.

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Runde Geburtstage müssen gefeiert werden. So machten sich im Herbst 16 Wanderlustige des Jahrganges 1972 aus der Gemeinde Brenner auf nach Villnöß. Nach einer Stärkung auf der Gampenalm ging es weiter zur Schlüterhütte. Einige bestiegen

den Zendleserkofel, andere bewiesen beim Blindwatten ihr Talent. Am Abend stand das „Gassltörggelen“ in Klausen auf dem Programm, wo bei guter Stimmung bis in die Nacht hinein gefeiert und über alte Zeiten gelacht wurde.

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Frohe Frohe Weihnachten Weihnachten und und ein ein gutes gutes Neues Neues Jahr Jahr 2013 2013 ... ... ... wünschen wir all unseren Kunden. Vielen Dank für das entgegengebrachte Vertrauen! Betriebe der Handwerkerzone Freienfeld & Raiffeisenkasse Freienfeld

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