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Sanität: Dr. Christian Wenter im Interview
from ERKER 11 2020
by Der Erker
„Das Maß aller Dinge sollten die Personen sein, die wirklich krank sind“
Er war viele Jahre am Sterzinger Krankenhaus tätig und arbeitet mittlerweile als Oberarzt für Gastroenterologie und Hepatologie am Landeskrankenhaus Hall. Im Erker erzählt Dr. Christian Wenter aus Telfes, wie er die Corona-Zeit erlebt und warum er vor fünf Jahren der Südtiroler Sanität den Rücken gekehrt hat.
Erker: Herr Dr. Wenter, das Jahr 2020 wird zweifellos in die Geschichte eingehen. Die Corona-Pandemie hält die Welt in Atem. Wie haben Sie als Mediziner das Jahr erlebt? Dr. Christian Wenter: Es ist natürlich auch für mich ein besonderes Jahr. Plötzlich wurde die Brennergrenze wieder Realität mit Kontrollen und Ausweispflicht für Pendler. Auf den Straßen kehrte eine zum einen angsteinflößende, zum anderen aber auch angenehme Ruhe ein. Von heute auf morgen wurden relativ viele Maßnahmen eingeleitet. Auf einmal standen vor dem Krankenhauseingang Container und es wurde genau gefiltert, wer wann wohin darf, ebenso in den einzelnen Abteilungen. Die Arbeit war intensiv, aber weniger stressig, weil jeder einen Schwerpunkt zugewiesen bekommen hat, auf
„Wir können die Corona-Regeln mit den Verkehrsregeln vergleichen: Wenn ich vorsichtig bin und mich schütze, schütze ich auch andere.“
den er sich zu konzentrieren hatte, und dadurch die übliche Tätigkeit an mehreren Orten – wie Station, Spezialambulanz, Notfallaufnahme, Endoskopie – unterbunden wurde. Ziel war, neben Corona den Normalbetrieb so weit wie möglich aufrecht zu erhalten.
Sie sind am Krankenhaus Hall in der Abteilung für Innere Medizin tätig. Wie hat die Pandemie Ihre Tätigkeit beeinflusst? Sehr viel Routinearbeit, wie etwa Vorsorgeuntersuchungen oder
Zur Person
Christian Wenter ist 1975 in Bozen geboren und dort aufgewachsen. Nach der Matura am Bozner Franziskanergymnasium hat er in Wien von 1994 bis 1999 Medizin studiert. Gegen Ende des Studiums hat Wenter erste Arbeitserfahrungen am AKH
Wien auf der Abteilung für Nephrologie gesammelt und war dort für ein Jahr als wissenschaftlicher Angestellter tätig. Dann ist er nach Bozen zurückgekehrt und hat dort am Krankenhaus das für die Zulassung zur italienischen Staatsprüfung erforderliche halbjährige Praktikum absolviert. In dieser Zeit hat er auch Kurse für
Altenpflege und Hilfskrankenpflege gegeben. Im Jänner 2001 kam Dr. Wenter an das Krankenhaus Sterzing, wo er drei Jahre lang als Assistenzarzt tätig war. Anschließend hat er die weitere Ausbildung für Innere Medizin am Landeskrankenhaus Salzburg und am akademischen Lehrkrankenhaus in Feldkirch absolviert und ist 2007 als Facharzt wieder nach Sterzing zurückgekommen. Seit Herbst 2015 ist er am Landeskrankenhaus Hall als Oberarzt für Innere Medizin tätig und hat 2019 die Zusatzausbildung für Gastroenterologie und Hepatologie abgeschlossen. 32 Erker 11/20 Dr. Wenter ist verheiratet und lebt mit seiner Familie in Telfes. Nachkontrollen, sind stark reduziert oder verschoben worden bzw. telefonisch erfolgt, um den Patientenfluss auf das Notwendigste einzugrenzen und potentielle Infektionsquellen zu vermeiden. Eine unserer insgesamt vier Abteilungen wurde als Corona-Normalstation geführt, die gesamte Intensivstation ist in eine Corona-Intensivstation, der Überwachungsbereich in die neue Nicht-Corona-Intensivstation und der Anästhesie-Aufwachraum in eine Überwachungsstation umgewandelt worden, mit jeweils einem bereits vorgefertigten Plan, bei Bedarf alle erforderlichen Strukturen weiter ausbauen zu können. So war es möglich, die Sicherheits- und Hygienemaßnahmen ideal umzusetzen. Wir haben von den Erfahrungen, die in Italien gemacht worden sind, profitiert. Man wusste, was einen ungefähr erwartet, und konnte die Umstrukturierung im Vorfeld sehr gut planen.
Welche Unterschiede sind Ihnen im Umgang mit dem Virus in Nord- bzw. Südtirol aufgefallen?
Die Situation war nach meinem Ermessen vergleichbar. Jeweils vor den Krankenhäusern wurden Triagestationen errichtet. Auch die Abläufe und Protokolle waren sehr ähnlich. Wie gesagt, hatten wir in Nordtirol den Vorteil, nicht plötzlich vor einem Berg corona-positiver Patienten zu stehen und mit bereits Infizierten im Haus die Umstrukturierungen vornehmen zu müssen, sondern wir konnten von vornherein besser filtern und die Patientenströme geordneter leiten.
Wie schätzen Sie die aktuell steigenden Corona-Zahlen ein?
Durch die Erfahrungswerte und Vorbereitungen vom Frühjahr konnte man nach einem ruhigeren Sommer die Umstrukturierungen auf den Abteilungen schnell wieder organisieren, um auf die steigenden Infektionszahlen zu reagieren. Aktuell sind die Corona-Patienten vorwiegend jüngeren Alters und auf der Corona-Normalstation untergebracht. Dass das Virus weniger gefährlich geworden ist, glaube ich nicht. Es ist aber zumindest aktuell eine andere Bevölkerungsschicht betroffen, die mit dem Virus besser umgehen kann.
Im Frühjahr sind hauptsächlich Patienten mit Symptomen getestet worden. Mittlerweile werden vor allem an sich gesunde Personen getestet, die potentiell Kontakt zum Virus gehabt haben könnten. Werden so Ihrer Meinung nach die Infektionszahlen künstlich nach oben getrieben?
Je mehr getestet wird, desto höher werden auch die Zahlen sein, man muss das in Relation sehen. Was man durch diese flächendeckenden Tests vermeiden will, ist, dass eine gesunde, aber covid-positive Person als sogenannter „Superspreader“ durch die Gegend spaziert und Massen infiziert, bei denen der Verlauf dann nicht asymptomatisch sein kann. Das Wesentlichste ist die Vorbeugung der Infektion durch das Einhalten der Schutzmaßnahmen, dann können viele Testkapazitäten eingespart werden und die Bevölkerung wird nicht durch steigende Zahlen verunsichert. Das Maß aller Dinge sollten nicht die Positiv-Getesteten sein, sondern die Personen, die wirklich krank sind.
Wie kann man herausfinden, ob Positiv-Getestete ohne Beschwerden infektiös sind?
Mittlerweile weiß man, dass jemand trotz eines positiven PCRTests nicht mehr ansteckend ist, wenn der sogenannte Ct-Wert* über 30 liegt. Wir handhaben es nach den gültigen nationalen Vorgaben so, dass ein Patient, der über 48 Stunden beschwerdefrei war
und dessen Ct-Wert über 30 liegt, ohne weitere Quarantäne-Maßnahmen entlassen wird.
Finden Sie die Corona-Maßnahmen gerechtfertigt?
Man hat die strengen Regeln damals im März so eingeführt, weil man vor einer sehr unklaren Situation gestanden ist. Niemand wusste, was auf uns zukommt. Durch den Lockdown wurde versucht, einerseits das Gesundheitssystem nicht zu überlasten und andererseits die Mortalitätsrate nicht nach oben schnellen zu lassen. Tragisch ist, dass viele Menschen durch die strengen Maßnahmen in soziale Einsamkeit geraten sind, etwa in Alters- oder Pflegeheimen. Wie weit soll man gehen, um die Nicht-Ansteckung zu erreichen? Ich bin der Meinung, dass wir uns nicht vom Virus zum Knecht machen lassen dürfen. Die meisten älteren Menschen sehen ihren Lebensinhalt sicher nicht darin, in einem Zimmer alleine auszuharren. Angebrachter wäre es gewesen, unter entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen wie Mundschutz und Desinfektion die sozialen Kontakte weiterhin pflegen zu können. Im Bewusstsein, dass die Erkrankung im schlimmsten Fall auch zum Tod führen kann, sollte jeder eigenverantwortlich entscheiden können, ob er soziale Kontakte unter gewissen Umständen pflegen möchte oder nicht. Ich möchte diesbezüglich Wolfgang Schäuble, den deutschen Bundestagspräsidenten zitieren: „Wenn es überhaupt einen absoluten Wert in unserem Grundgesetz gibt, dann ist das die Würde des Menschen. Diese ist unantastbar, aber sie schließt nicht aus, dass wir sterben müssen.“
Ist es sinnvoll, die Maßnahmen jetzt wieder zu verschärfen?
Auch für Kinder sind soziale Kontakte zu Gleichaltrigen extrem wichtig. Daher müssen wir mit allen Mitteln dahinter sein, den Kindergarten- und Schulbetrieb am Laufen zu halten. Bei Oberschülern kann das Homelearning über einen gewissen Zeitraum sehr gut funktionieren, bei jüngeren Schülern sehe ich das sehr problematisch. In Italien ist es häufig so, dass Gesetze sehr streng gefasst werden, um ein gewisses Ziel zu erreichen, weil sich sehr viele Leute an die Regeln erst halten, wenn drakonische Strafen drohen. Trotzdem sollte die persönliche Freiheit im Sinne unseres demokratischen Verständnisses gewährleistet werden. Wir können die Corona-Regeln mit den Verkehrsregeln vergleichen: Wenn ich vorsichtig bin und mich schütze, schütze ich auch andere.
Warum haben Sie vor fünf Jahren das Krankenhaus Sterzing verlassen?
Es gab damals verschiedene Entwicklungen, die ich nicht mehr weitertragen konnte. Mit den Änderungen im Gesundheitssystem war für mich ein adäquates Arbeiten als Mediziner nicht mehr möglich. Diese Vorgabe der Abstufung, die ich nach wie vor nicht einsehe, geht in die falsche Richtung. Von der Verwaltung bis zur politischen Ebene, so hatte ich den Eindruck, hatte niemand einen klaren Plan, wie das Südtiroler Gesundheitssystem ausschauen soll. Wir wussten nicht mehr, was wir als Ärzte noch machen können bzw. dürfen. Meine Auffassung ist nach wie vor, dass man die Kompetenz eines Arztes nicht an der Größe der Struktur festmachen kann. Die Bevölkerung in der Peripherie sollte doch dasselbe Recht auf eine adäquate medizinische Betreuung haben wie Bürger in den Zentren. Der ganze Betrieb war damals lahmgelegt und ein Stillstand ist das Schlimmste, was passieren kann. In einem Privatbetrieb wäre so etwas nie möglich gewesen. Ich habe mehrmals darauf hingewiesen, habe aber kein Gehör gefunden.
Welche Unterschiede in der
Arbeitsweise konnten Sie zwischen Hall und Sterzing feststellen?
Ein großer Unterschied ist die un-
glaubliche Wertschätzung, die ich in Hall im Gegensatz zu Sterzing erfahren habe. Schon bei meinem ersten Vorstellungsgespräch in Nordtirol habe ich bemerkt, dass jeder Mitarbeiter, der sich für das Haus interessiert, einen besonderen Stellenwert einnimmt. Bereits mein erstes Gespräch führte ich mit einer kleinen Kommission aus Wirtschaftsdirektor, ärztlichem Direktor und Primar meiner Abteilung. Ich wurde gefragt, wie ich mir meine Position vorstelle, was ich mir erwarte, wie man mir entgegenkommen könnte, ob ich eine Wohnung bräuchte oder ob ich pendeln will. Das hat sich gut angefühlt. Wertschätzung vonseiten der Führungsebene hat es im Südtiroler Sanitätsbetrieb schon seit langem nicht mehr gegeben. Man ist fast schon mit schlechtem Gewissen zur Arbeit gegangen, weil man eh nur ein Kostenverursacher ist, indem man einem Patienten ein teures Medikament rezeptiert oder jemanden ein, zwei Tage länger stationär behandelt, obwohl die Erkrankung nach Vorgabe zu einem bestimmten Zeitpunkt erledigt sein müsste. Mir hat sich eine neue Arbeitswelt eröffnet, auch was die medizinischen Möglichkeiten betrifft. Die Nähe und der Austausch mit der Universitätsklinik in Innsbruck und auch die vollkommen unbürokratische Möglichkeit, diese immer wieder zu frequentieren, sind für mich sehr bereichernd. Ich habe eine schnellere, vielleicht kostspieligere, aber viel freiere Medizin gefunden. Auch die Weiterbildung bzw. die interdisziplinäre Diskussion hat in Hall einen hohen Stellenwert und
wird aktiv in der Arbeitszeit gelebt. Für Pflege- und ärztliches Personal gibt es auch kein digitales Zeiterfassungssystem. Wenn jemand mal eine halbe Stunde oder Stunde länger bleibt, dann wird an einem anderen Tag, wo weniger zu tun ist, früher gegangen. Es wird viel mehr die Eigenverantwortung und das Selbstgestalterische gefördert. Dieses minütliche Abrechnen durch das Stempeln sagt ja nichts darüber aus, was jemand während dieser Zeit leistet. Das vollkommene Überwachen eines jeden einzelnen und dieses starre System hat meiner Meinung nach ausgedient. Wenn man es schafft, die Leute für ihre Arbeit zu interessieren, zu motivieren und ihnen einen gewissen Freiraum gibt, um sich zu entwickeln, entsteht nur Positives.
Für Dezember stehen für die
Abteilung Medizin am Krankenhaus Sterzing Neuerungen an.
Mit 1. Dezember soll an der Medizin mit Dr. Hartmut Steinle ein hervorragender Gastroenterologe als neuer Primar beginnen. Er kennt das Haus schon seit mehreren Jahren, weil ich ihn während meiner Zeit in Sterzing kontaktiert habe und er öfters Bereitschaftsdienste übernommen hat. Es lässt sich ein Trend erkennen, dass die Politik den Wert der kleinen Strukturen erkannt hat und bereit ist, in die kleinen Krankenhäuser vermehrt zu investieren und Entwicklung zuzulassen. So wird es auch für Experten wie Dr. Steinle interessant, in Sterzing zu arbeiten.
Es geht das Gerücht um, dass auch Sie in Betracht ziehen, wieder nach Sterzing zurück-
FuggerRoppe
Olleweil dinner werd de Luft, je länger de Pandemie geaht.
zukehren.
Ja, das Gerücht stimmt. Ich habe zwar noch keinen Arbeitsvertrag, aber ich bin mit der Leitung in Kontakt und könnte im Laufe des nächsten Jahres nach Sterzing zurückkehren. Der Hauptgrund für diese Entscheidung ist der neue Primar Dr. Steinle und sein Schwerpunkt Gastroenterologie, Hepatologie und Endoskopie. Davon verspreche ich mir gute Weiterentwicklungsmöglichkeiten als Ausgleich für die Abstriche wie etwa die Bürokratie, die ich für den Wechsel nach Sterzing hinnehme.
Dann wird Arbeiten in Südtirol für Ärzte wieder attraktiver?
Es ist noch sehr viel zu tun. Man muss sich mittel- oder langfristig überlegen, welche nicht-medizinischen und nicht-pflegerischen Tätigkeiten man auslagern kann, um die Arbeit des ärztlichen und pflegerischen Personals so weit wie möglich auf die ursprüngliche Tätigkeit zu konzentrieren. Aber man merkt, dass das Interesse da ist, das Gesundheitssystem als Arbeitsplatz attraktiver zu machen, und es gelingt vermehrt, sehr gute Mediziner ins Boot zu holen, wie etwa Dr. Marc Kaufmann an der Notfallmedizin am Krankenhaus Bozen oder Dr. Christian Dejaco an der Rheumatologie am Krankenhaus Bruneck. Es geht jetzt darum, die richtigen Leute in die richtigen Positionen zu bringen und ihnen die Möglichkeit und die Unterstützung zu geben, sich und das System weiterzuentwickeln. Momentan spürt man eine ganz andere Gesprächsbereitschaft vonseiten der Verwaltung, auch die politische Seite ist stark dahinter, die nötigen Voraussetzungen zu schaffen. Dass Ressourcen nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen und nicht jede Idee umgesetzt werden kann, ist klar.
Wie könnte man Jungärzte für eine Arbeit in Südtirol begeistern?
Es gäbe viele Möglichkeiten, das System für Jungärzte attraktiver zu gestalten und gleichzeitig sogar Kosten einzusparen. In Österreich gibt es eine gewisse hierarchische Ordnung beginnend mit Ärzten im Basisjahr über Turnusärzte, Assistenzärzte, Fach- und Oberärzte mit unterschiedlichen Gehaltsstufen, wo ich entsprechend meinem Aufgabengebiet meine Tätigkeiten abdecke. Wenn ich beispielsweise einen Turnusarzt hinschicke, Blut anzuhängen, kostet das wesentlich weniger, als wenn ich einen Oberarzt damit beauftrage. Durch gezielte Ressourceneinteilung können Fach- und Oberärzte entlastet und Jungärzte in ihrer Eigenverantwortlichkeit gefördert werden. Wichtig ist auch, dass Jungärzte eine richtige Anstellung erhalten, nicht mit Stipendien und zeitlich begrenzten Verträgen abgespeist werden. Es ist wichtig, dass sie mit einer gewissen Sicherheit und Planbarkeit und ohne finanziellen Druck arbeiten können. Zudem sollte Fortbildung fixer Bestandteil des täglichen Arbeitsauftrags sein. Wir bewegen uns darauf hin, eine Verdoppelung des medizinischen Wissens alle 73 Tage zu erreichen. Wenn man da auch nur für eine kurze Zeit stehenbleibt, kommt man nicht mehr mit. Die Motivation und Energie von jungen Ärzten muss man nutzen und fördern, davon profitieren der Facharzt als Tutor und schlussendlich der gesamte Betrieb. Das Motto der Sanität sollte sein: Wir fördern Leute, die engagiert sind.
Interview: Susanne Strickner
Ct-Wert
Ob jemand trotz eines positiven Corona-Tests nicht mehr ansteckend ist, kann der sogenannte Ct-Wert zeigen. Dieser Laborwert gibt an, wie viele Zyklen ein PCR-Test durchlaufen musste, um ein positives Ergebnis zu zeigen. Je höher der Wert, desto weniger Virusmenge ist vorhanden. Bei Proben mit viel Virusmaterial schlägt der Test oft schon nach 15 Ct-Runden an. Ab etwa 30 Runden findet sich in der Regel aber kein Virus mehr, das vermehrungsfähig wäre. Der Ct-Wert kann deshalb für die Verkürzung der Isolierungsdauer herangezogen werden.
„Vielfalt leben, akzeptieren, als Stärke sehen“
Diesen bezeichnenden Titel trägt der aktuelle Bericht des Sozialdienstes der Bezirksgemeinschaft Wipptal, die sich dieses Motto zudem als neues Leitbild gewählt hat. Wie Christine Engl, Direktorin des Sozialdienstes, erläutert, sollen die Menschen im Sozialdienst so wertgeschätzt werden, wie sie sind – gemeinsam wird ein Weg zur Bewältigung des Alltags gesucht. Dabei steht der Sozialdienst südtirolweit vor großen Herausforderungen: Personalnot, besonders im Pflege-, aber auch Verwaltungsbereich auf der einen Seite, gestiegene Anforderungen und vermehrte Anfragen nach Plätzen in den verschiedenen Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen auf der anderen Seite. Nicht nur im Bezirksaltenheim, sondern auch für den Arbeitsrehabilitationsdienst, dem Wohnbereich, im Sozialzentrum „Fugger“ und im Tagespflegeheim werden Wartelisten geführt.
Struktur im Alltag
Die Sozialeinrichtungen Wipptal „Trens“, der Arbeitsrehabilitationsdienst „Reha Trens“ und die Sozialpädagogische Tagesstätte „ConTakt“ betreuen Menschen mit psychischen und Abhängigkeitserkrankungen mit dem Ziel, Struktur und Stabilität in das Leben der Betroffenen zu bringen, damit sie ein möglichst selbstbestimmtes und autonomes Leben führen können. Im vergangenen Jahr fanden 35 Personen Aufnahme in der „Reha Trens“, eine Person wurde kurzzeitig aufgenommen. Die Tagesstätte „ConTakt“ wurde von sieben Personen genutzt. Den psychisch kranken Menschen stehen als stationäre Wohnangebote die Wohngemeinschaft „Haus Christophorus“ sowie die Trainingswohnungen zur Verfügung. Die Plätze im Wohnbereich sind sehr gefragt, oft geht dabei die Initiative von der Sanität aus. Darüber hinaus bieten die Sozialdienste auch eine ambulante sozialpädagogische Betreuung an.
Geschützter Raum
Im Sozialzentrum Wipptal „Fugger“ wohnen und arbeiten Menschen mit dauerhaften körperlichen, kognitiven oder sensorischen Beeinträchtigungen. In diesem geschützten Rahmen werden sie betreut, unterstützt und begleitet von den Fachkräften des Sozialdienstes in enger Zusammenarbeit mit den Familien und Angehörigen sowie Netzwerkpartnern. Die zur Verfügung stehenden 41 Plätze waren im vergangenen Jahr voll belegt, auch hier gibt es eine Warteliste, besonders der Bedarf an Kurzzeitaufnahmen ist groß.
Gemeinsam und nicht einsam
2019 kamen täglich bis zu 13 Senioren ins Tagespflegeheim nach Sterzing, wo sie von 8.00 bis 16.00 Uhr betreut wurden. Die begrenzten Plätze mussten auf 33 Personen aufgeteilt werden, wobei der Bedarf nach dieser Art von Betreuung und Begleitung auch 2019 weiter angestiegen ist. 119 Personen waren im vergangenen Jahr im Bezirksaltenheim untergebracht. Die Neuaufnahmen (43) und die Entlassungen (23) zusammen mit den Todesfällen (20) hielten sich die Waage. Im 2015 eröffneten Seniorenwohnhaus „St. Elisabeth“ waren im vergangenen Jahr alle elf Wohnungen vermietet.
Finanzielle Sozialhilfe
1.874 Gesuche hatten die Mitarbeiter der Finanziellen Sozialhilfe 2019 zu bearbeiten. Insgesamt beliefen sich die Ausgaben im Jahr 2019 auf rund 2,5 Millionen Euro, wobei ein großer Teil (knapp 70 %) in Beiträge für Miete und Wohnungsnebenkosten geflossen ist. Die Auszahlungen der Sozialhilfe sind weiter rückläufig, woraus man schließen kann, dass viele Menschen im Ein-
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zugsgebiet Arbeit gefunden haben und nicht auf öffentliche Hilfe angewiesen waren.
Betreuung
Von den Fachkräften der Sozialpädagogischen Grundbetreuung wurden 170 Minderjährige und deren Familien betreut, im Erwachsenenbereich waren es 216 Personen. 358 Anträge um Leistungen der Hauspflege wurden gestellt, 252 Anträge um Pflegegeld. Insgesamt erhielten im vergangenen Jahr 374 Personen im Wipptal Leistungen der Hauspflege. 134 Personen nahmen das „Essen auf Rädern“ in Anspruch, wobei der Großteil von freiwilligen Helfern zugestellt wur-
Der Sozialdienst der Bezirksgemeinschaft Wipptal ist in die Bereiche Bezirksaltenheim Wipptal, Sozialeinrichtungen Wipptal Trens, Sozialzentrum Wipptal Fugger, Sozialsprengel sowie Direktion und Buchhaltung gegliedert. 183 Mitarbeiter (Stand 31. Dezember 2019) sind im Sozialdienst beschäftigt, mit 87,43 Prozent Frauenanteil ist diese Berufssparte eindeutig weiblich geprägt (siehe dazu die Titelgeschichte S. 18 ff.). Rund die Hälfte des Personals ist im Bezirksaltenheim Wipptal tätig, gefolgt vom Sozialzentrum Fugger (17 %), Hauspflege bzw. Tagespflegeheim und Seniorenwohnhaus (14 %), dem Sozialsprengel (8 %), den Sozialeinrichtungen Wipptal Fugger (6 %) und der Direktion (5 %). Neben 49 Praktikanten waren auch zwölf Ehrenamtliche im Sozialdienst beschäftigt, die vor allem für die Zustellung der Mahlzeiten („Essen auf Rädern“) tätig waren, aber auch bei der Hilfe im Sprachenerwerb und bei Begleitdiensten.
de. In den drei Wipptaler Kindertagesstätten wurden 102 Kinder betreut. Alle drei Strukturen sind sehr gut ausgelastet, der Dienst wird von den Eltern sehr geschätzt.
Migration
Die Anlaufstelle am Brenner bleibt
nach wie vor eine wichtige Einrichtung für Menschen auf der Flucht, obwohl ein Rückgang der Flüchtlingszahlen zu beobachten ist. Nach wie vor sind es hauptsächlich Männer (76 %), die sich an die Anlaufstelle wenden. An die Anlaufstelle „MiWip“, die Personen bei der Eingliederung in die Gesellschaft unterstützt, wandten sich 48 Personen (81 % Männer) aus 17 Nationen (über 40 % aus Pakistan).
Schwerpunkt Bezirksaltenheim
Ein Schwerpunkt der Tätigkeit in der Direktion lag auf dem Neubau des Bezirksaltenheims bzw. den ersten Planungsschritten. Wie Bezirkspräsident Karl Polig erläutert, konnten in Zusammenarbeit mit den Mitgliedsgemeinden die Planungsarbeiten für den Neubau des Seniorenwohnheimes fortgeführt und konkretisiert werden, mit dem Ziel, in möglichst kurzer Zeit eine bedarfsgerechte und zeitgemäße Struktur mit einer erhöhten Zahl an Heimplätzen zu verwirklichen. Für die Neubauphase konnte bereits eine geeignete Struktur für die zeitweilige Unterbringung der Heimbewohner gefunden werden.