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Serie: Das Wipptal im Zeitraffer, Teil 11

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Vor 100 Jahren

Vor 100 Jahren

Das Wipptal im Zeitraffer

von Karl-Heinz Sparber (Teil 11)

Karl V. (1500 – 1558), 1500 der mächtigste Herrscher des Abendlandes

1500: Am 24. Februar wird Karl V. als Sohn Philipps I. des Schönen von Kastilien und Johannas der Wahnsinnigen in Gent geboren. Mütterlicherseits ist er der Enkel Ferdinands II. von Aragonien und Isabellas I. von Kastilien und Léon, väterlicherseits der Enkel des habsburgischen Kaisers Maximilian I. (1490 – 1519), außerdem der Urenkel Karls des Kühnen, des Herzogs von Burgund. Nach dem Tod Philipps 1506 erbt Karl dessen burgundisches Reich; nach dem Tod Ferdinands 1516 wird er zum spanischen König (Karl I.) proklamiert; und als schließlich Maximilian 1519 verstirbt, erbt er auch noch die österreisen) über den Ablass in Wittenberg. Damit beendet er

chischen Erblande in Mitteleuropa, die sein jüngerer Bruder Ferdinand, der spätere Kaiser Ferdinand I., während Karls Abwesenheit als Statthalter betreut. Darüber hinaus wird Karl 1519 Kaiser Karl V., Porträt von Jakob Seisenegger zum König des Heiligen Römischen Reiches gewählt und am 23. Oktober 1520 in Aachen zum König gekrönt. Sein Konkurrent bei dieser Wahl ist König Franz I. von Frankreich, gegen den er sich vor allem deshalb durchsetzen kann, weil er den Kurfürsten immense Bestechungssummen zahlt, die ihm die Fugger (543.585 Rheinische Goldgulden), Welser (143.330 Gulden) und italienische Bankiers (165.000 Gulden) vorstrecken. Schließlich wird er 1530 in Bologna vom Papst zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt. Karl ist zu diesem Zeitpunkt der bei weitem mächtigste Herrscher des Abendlandes; seine ererbten Lande sind weit umfangreicher als jemals in seiner Geschichte das Frankenreich Karls des Großen. Sein Herrschaftsbereich erstreckt sich über die spanischen Königreiche Aragon und Kastilien, das burgundische Erbe, die italienischen Königreiche Neapel, Sizilien und Sardinien, die von Spanien eroberten Gebiete in Amerika und Afrika und

Am 14. Februar verleiht König Maximilian I. der Stadt in Anerkennung ihrer jüngsten Kriegsdienste den Weglohn, Erker 1500 n. Chr. 11/20 verbunden mit dem Straßenbau und der Verpflichtung der Straßenerhaltung bis zur Brücke am Sprechensteiner Kofel. Damit wird die alte Landstraße über Elzenbaum zunehmend vernachlässigt.

1501 n. Chr.

Landtag in Sterzing in Anwesenheit von Kaiser Maximilian. Weitere folgen 1502, 1507, 1509, 1510, 1512, 1513, 1540.

Ältester Bildstock Südtirols?

1516

1516: Der Säulenbildstock aus weißem Marmor mit vier Passionsszenen steht heute vor dem St. Salvator-Kreuzkirchl in Sterzing. Stifter ist Joachim Eppaner. Es dürfte einer der ältesten Bildstöcke in Südtirol sein.

Der Bildstock beim Sterzinger Kreuzkirchl

Wiedertäufer im Wipptal

1517

1517: Am 31. Oktober veröffentlicht der Augustinermönch und Theologieprofessor Martin Luther seine gegen den Dominikaner Johannes Tetzel gerichteten 95 Streitsätze (Thedie österreichischen Erblande.

die geistige Vorherrschaft der katholischen Kirche. Er übersetzt 1521 das Neue, von 1523 bis 1534 auch das Alte Testament ins Deutsche und macht die Bibel dem einfachen Volk zugänglich. Aus dem Luthertum entwickelt sich die radikale Sekte der „Wiedertäufer“, die vor allem bei den Bauern und Bergarbeitern in der Umgebung von Sterzing weite Verbreitung findet. Sie vertreten in ihren neu gebildeten christlichen Urgemeinden eine militante Gleichheitspolitik. Sie lehnen das neue Testament und außer der Taufe alle Sakramente strikt

Martin Luther (1483 – 1546) ab, ebenso die Bekleidung politischer Ämter und das im Porträt von Lukas Cranach Ablegen des Eides. Auch die Kindstaufe, weshalb sie sich d. Ä. (1529) als Erwachsene wieder taufen lassen. 1532 spürt man in

Sterzing sieben Wiedertäufer, später noch einmal 15 solche Ketzer auf, die hingerichtet werden. Auch Jakob Huter aus St. Lorenzen nimmt in Sterzing mehrmals die Wiedertaufe vor. Er wird 1530 in Klausen aufgegriffen und in Innsbruck verbrannt. 1536 wird der

Wiedertäufer Kaspar Kränzler in Sterzing hingerichtet.

1505 n. Chr.

Neubau der Heilig-Kreuz-Kirche in Wiesen, die Vorgängerkirche besteht bereits seit 1276 und wird vollständig niedergerissen.

1506 n. Chr.

Beginn des Baues des Petersdomes durch Papst Julius II. Erster Architekt ist Donato Bramante (1444 – 1514), der das Pantheon in Rom zum Vorbild nimmt. Nur muss die Kuppel (40 m Durchmesser) von weitem sichtbar sein. Michelangelo Buonarroti (1475 – 1564) und Giacomo Della Porta (1540 – 1602) beenden den Bau, der mit dem Peterspfennig (Ablasshandel) mitfinanziert wird. Auch im Wipptal werden zahlreiche Gläubige dafür gespendet haben.

1511 n. Chr.

Die Landstände führen im sogenannten „Tiroler Landlibell“ die allgemeine Wehrpflicht für die Verteidigung der Landesgrenzen ein.

Jakob Fugger, genannt „der Reiche“

(1459 – 1525)

Die Familie Fugger ist seit 1367 in Augsburg tätig und bringt es zunächst durch Handwerksarbeit, Gewürzhandel und Handelsniederlassungen von Antwerpen bis Rom zu großem Reichtum. Erst Jakob macht die Fugger dann zu einer der reichsten und einflussreichsten Familien der Zeit. Er besitzt eine Großbank, Jakob Fugger mit dem Haupt- buchhalter in seinem Kontor Waffenschmieden, Schmelzhütten sowie Kupfer- und Silbermonopole und ist als Gewerke und Bergwerksunternehmer sehr erfolgreich. Als Vertrauter und Geldgeber des Kaisers zählt er zum Hochadel und hat großen Einfluss auf ihn. Bei seinem Tod 1525 schätzt man das Familienvermögen auf zwei Millionen Goldgulden. Im Wipptal besitzen die Fugger 1533 am Schneeberg Anteile an 25 Gruben und 43 bei Gossensaß. Von der Anwesenheit der Fugger in Sterzing zeugt das Fuggerische oder Kaiserliche Handelshaus (Haus „Kolping“), das bis 1680 in ihrem Besitz bleibt. Insofern ist die Bezeichnung „Sterzing, die Fuggerstadt“ mehr als angebracht.

Fehler in der letzten Nummer: Eine Kuh (richtig: 3 Gulden 36 Kreuzer) kostete natürlich mehr als ein Schwein (2 Gulden 16 Kreuzer) Der Bau der Pfarrkirche „Zu Unserer Lieben Frau im Moos“ wird nach 27 Jahren beendet. Die acht Rundpfeiler aus Ratschinger Marmor tragen die Wappen und Inschriften der Wohltäter, die sie gestiftet haben: (rechte Reihe von hinten) Hans und Andrä Jöchl 1519, Gastwirt und Bürgermeister Hans Köchl 1509, Gewerke Christof Kaufmann 1505, Ritter und Landsknechtsführer Georg (Jörg) von Frundsberg 1528; (linke Reihe von hinten) St.-Jakobs-Bruderschaft 1515, Gastwirt Hans Pölsterl 1513, der Stifter des Pfeilers mit der heutigen Kanzel ist unbekannt, Bergwerk- und Knappenbruderschaft Sterzing 1528.

Das Langhaus mit den acht Marmorpfeilern in der Sterzinger Hallenkirche

Michael Gaismair (1490 – 1532) wird bei Padua am 15. April erstochen 1532

Sehr wahrscheinlich besucht Michael in Sterzing die Lateinschule, die um 1500 zu den besten Ausbildungsstätten Tirols zählt. Dabei kann er beim Onkel Ulrich in der Altstadt von Sterzing wohnen. Seit 1515 steht er als Schreiber im Dienst des Landeshauptmannes Leonhard von Völs und 1524 wird er Sekretär des Fürstbischofs von Brixen Sebastian Sprenz. Anfang 1525 erwartet seine Frau Magdalena ihr erstes Kind. Trotz Erfolg, Wohlstand und Familienglück geht sein Lebensweg in eine andere Richtung. Michael ist ein entschiedener Gegner jeglicher weltlicher Macht der Kirche, er prangert Missstände, Ungerechtigkeiten und soziale Not im überharten bischöflichen Regiment an. Als der Brixner Hofrichter den Pusterer Bauernführer Peter Paßler (1527 ermordet) ohne vorgeschriebenen Prozess hinrichten lassen will, kommt es zum überfälligen Frontwechsel. Seit der Befreiung des Peter Paßler am 9. Mai 1525 durch die Bauern des Hochstiftes steht Michael auf der Seite der Rebellen, nachdem er von diesen zu ihrem Anführer und Feldhauptmann ausgerufen wird. Er verfügt über Rednertalent, ÜberMichael Gaismair wird um 1490 bei Tschöfs gezeugungskraft, Verantwortungsbewusstsein und stürmisches Tempe- boren, wo sein Vater Jakob das „Hölzllehen“, rament. In der Folge wiegelt er die Bauern zum Ungehorsam gegen- auch „Hofer im Feld“ genannt, bewirtschaftet. über der ungerechten Obrigkeit auf und ruft sie zum Plündern der geistlichen Einrichtungen (bischöfliche Hofburg, Pfarrhäuser, Kloster Neustift, Burgen, Geschäftshäuser, Kirchen, verschiedene Pfarrhäuser in der Umgebung von Sterzing, das Deutschordenshaus) auf. Dabei wollen die Aufrührer (rund 5.000 Bewaffnete allein in Brixen) vor allen die schriftlichen Abgabenlisten (Urbare) aus der Welt schaffen, was ihnen (leider) auch gelungen ist. Aus dieser Zeit gibt es fast keine historischen Aufzeichnungen mehr darüber, wie viel jeder Bauer an seinen Grundherren für sein Bauernanwesen oder seinen Pachtvertrag jährlich bezahlen muss. Michael Gaismair verfasst das Neustifter Reformprogramm „Zuvermerckhen die ordnung über alle beschwärungen des Lannds der Fürstlichen Graveschaft Tirol“ als Grundlage für Verhandlungen mit dem Landesfürsten, seine „1. Landesordnung“, die er als Reformer und Sozialrebell, nicht als Revolutionär durchsetzen will. 1526 wird diese „Der Fürstlichen Grafschaft Tirol Landesordnung“ gedruckt. Der Bauernstand erreicht darin die Aufhebung einiger neu eingeführter Abgaben, die Freigabe der Fischerei und das Recht zur Jagd auf Niederwild. 1532 wird diese Landesordnung noch einmal zugunsten der Obrigkeit korrigiert und hat dann Bestand bis 1809.

• 1515: Überschwemmung in der Stadt, auch am 28. August 1520 • 1521: Hungersnot in Sterzing, in Tirol 36.000 Tote durch die Pest • 1542: Heuschreckenplage • 1546: Neuerliche Heuschreckenplage und Überschwemmung • 1548: Brand zerstört Sterzinger Bauhütte • 1550: Die Pest wütet in Sterzing. • 1520: Vigil Raber malt das Stadtwappen als Fresko hinter der heutigen Orgel in der Pfarrkirche. • 1524: Sterzinger Stadtwappen am Rathauserker

1532 n. Chr.

Die wichtigste rechtliche Grundlage der Hexenprozesse bildet die Constitutio Criminalis Carolina, die Strafprozessordnung Kaiser Karls V. aus dem Jahr 1532. Darin ist die im Spätmittelalter erfolgte Erweiterung des Delikts der Zauberei zu jenem der Hexerei noch nicht nachvollzogen. Allein für Schadenszauber ist die Todesstrafe vorgesehen.

1533 n. Chr.

Pestarzt Dr. Jörg Menndler (Hausbesitzer in der südlichen Vorstadt bis 1546) erlässt „Ordnung in sterbenden Läufen“ (Manuskript) gegen die „böse Sucht“, die 1534 Eingang hält. Wächter werden aufgestellt. Der Arzt und Naturforscher Paracelsus kommt nach Sterzing mit Anleitung zur Bekämpfung der hier wütenden Seuche.

Der königliche Hofstaat nächtigt in Sterzing am 7. Juli.

1543 n. Chr.

Kopernikus veröffentlicht sein heliozentrisches Weltbild, wonach publik wird, dass nunmehr die Sonne und nicht die Erde im Mittelpunkt der Erker Welt steht. 11/20

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