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HÖHEPUNKTE SAARLÄNDISCHER KUNST UND KULTUR

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Deutsch-französischer Archäologiepark mit Ausgrabungen zur frühgeschlichtlichen, keltischen und römischen Besiedlung, Foto: © Tourismus Zentrale Saarland

Das Saarland entwickelt sich zu einem echten Touristenziel. Kontinuierlich steigende Übernachtungszahlen sind ein deutlicher Beleg. Die meisten Gäste kommen zum Wandern, wie im Sommer veröffentlichte Zahlen der saarländischen Tourismuszentrale offenbaren. Immerhin 67 Premiumwanderwege bietet das Saarland und eine Unmenge weiterer schöner Touren durch abwechslungsreiche Landschaften im Blies und Saargau, im Schwarzwälder Hochwald oder in den Weinbergen im Dreiländereck Deutschland, Frankreich und Luxemburg. Doch das Saarland hat weit mehr zu bieten − es ist ein historisch und kulturell einzigartiger Landstrich. Mit ausgewählten „Saarspitzen“ möchte ARTMAPP auf touristische Höhepunkte hierzulande aufmerksam machen. Im Südosten des Saarlandes liegt der Bliesgau mit seiner offenen Schichtstufenlandschaft. Hier findet man in einem kleinen Talkessel an der Blies den grenzüberschreitenden Kulturpark BliesbruckReinheim. Erste Ausgrabungen brachten hier Anfang des 19. Jahrhunderts eine römische Palastvilla zum Vorschein. Das 700.000 Quadratmeter große Gelände wurde in den folgenden Jahrzehnten von Archäologen umgepflügt, die eine römische Kleinstadt mit großer Thermenanlage freilegten. Dann ein Sensationsfund: In einer Kiesgrube entdeckten Arbeiter 1954 ein reich ausgestattetes keltisches Fürstinnengrab, das man heute als rekonstruiertes Hügelgrab besichtigen kann. Dessen Schätze können im Saarbrücker Museum für Vor und Frühgeschichte bestaunt werden.

Ringwall von Otzenhausen, Foto: Wolfgang Staudt

Ganz in der Nähe führt die BarockStraße SaarPfalz vorbei. Die Route verläuft von Saarbrücken, über Blieskastel und das rheinlandpfälzische Zweibrücken bis nach Ottweiler. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts begannen die Reichsgrafen von der Leyen im Südosten des Saarlandes mit einer regen Bautätigkeit, errichteten Schlösser und Gutshöfe. In Saarbrücken und Umgebung ließen Graf Wilhelm Heinrich und dessen Sohn Ludwig von NassauSaarbrücken von Baumeister Friedrich Joachim Stengel zahlreiche Kirchen, Bürgerhäuser und Schlösser erbauen, darunter die Ludwigskirche, ein echtes Kleinod barocker Sakralbaukunst. Außerdem liegen entlang der 120 Kilometer langen Erlebnisroute die Gustavsburg, der Niederwürzbacher Weiher mit dem „Roten Bau“, das Industrieensemble „Alte Schmelz“ in St. Ingbert, das „Edelhaus“ in HomburgSchwarzenacker mit einer Gemäldesammlung aus der Barockzeit und das herzogliche Schloss Zweibrücken. An insgesamt 15 Stationen kann man sich in die Zeit des Barock entführen lassen. Im Norden trifft man am Hang der höchsten Erhebung des Saarlandes, dem Dollberg, auf ein fast schon außerirdisch erscheinendes Bauprojekt. Hier schichtete der keltische Stamm der Treverer in 4./5. Jahrhundert vor Christus einen mächtigen Ringwall aus Steinen auf, um eine Stadt zu schützen. Der Wall hat beeindruckende Ausmaße: Er ist mehr als zehn Meter hoch, 40 Meter breit und war ursprünglich 2,5 Kilometer lang. In der Umgebung lässt sich wunderbar wandern, etwa zum Stausee Nonnweiler, zur Sternwarte Petersberg oder auf den Dollberg. Mittendrin im Saarland, am Fuße des Schaumberges, befindet sich das älteste Kloster Deutschlands. Die Benediktinerabtei St. Mauritius, bereits 634 nach Christus erstmals erwähnt, wurde in den letzten zwölf Jahren aufwendig saniert und im September feierlich wiedereröffnet. Ein Höhepunkt des Besuches ist die frühgotische Klosterkirche. Ihr größter Schatz dürften für viele Kunstinteressierte die drei neuen Fenster in der Chorapsis sein. Die Entwürfe für das abstrakte Farbspiel stammen von Gerhard Richter, der diese Arbeit als sein letztes großes Werk sieht, was den Fenstern zusätzliche Bedeutung verleiht. Die übrigen Fenster wurden von der deutschafghanischen Künstlerin Mahbuba Elham Maqsoodi gestaltet. Sie zeigen in expressivem Farbenrausch Szenen aus dem Alten und Neuen Testament.

Wer Wandern und Kunst verbinden möchte, sollte die „Straße der Skulpturen“ bei St. Wendel besuchen. Hier führt ein 25 Kilometer langer Weg vorbei an 54 Skulpturen von international renommierten Bildhauern wie Robert Schad, James Reineking, Franz Bernhard, Alf Lechner und Karl Prantl. An der deutschfranzösischen Grenze entstand bei Merzig zwischen 1986 und 2010 ein ähnliches Projekt. Der saarländische Bildhauer Paul Schneider hatte die Idee zu dem Skulpturenweg „Steine an der Grenze“ und lud Kollegen aus der ganzen Welt ein, bei Bildhauersymposien Werke zu schaffen. 34 Objekte sind zusammengekommen und lassen sich auf der Strecke entlang der Grenze erwandern. Beide Skulpturenwege sind Etappen des europäischen Projekts „Skulpturenstraße des Friedens“ mit dem Ziel, eine durchgehende Skulpturenstraße von der Normandie über Paris bis nach Moskau zu erschaffen.

Saarabwärts kommt man bald zur Saarschleife, die auf keiner touristischen Reise durch das Land fehlen darf. Von hier aus ist es nur ein kurzer Trip bis nach Perl an der Mosel. Dessen Ortsteil Nennig wartet mit einem der aufregendsten römischen Funde der Region auf. Im Jahr 1852 wurde bei Erdarbeiten ein Mosaik aus dem 3. Jahrhundert nach Christus entdeckt. Der zehn mal 16 Meter große Boden, der zum Vorschein kam, gilt als größtes erhaltenes römisches Mosaik nördlich der Alpen. Es zeigt Kämpfe zwischen Gladiatoren und Tieren, die durch Ornamente verbunden sind. Einst schmückte es die Eingangshalle eines luxuriösen Gutshofs mit Wandelgang, Badehaus und Wirtschaftsgebäuden. Heute schützt ein eigenes Gebäude das Mosaik und ermöglicht von einer Empore den Blick von oben.

linke Seite: 160 qm großes Gladiatorenmosaik (Ausschnitt), oben: Motiv „Bär“, Römische Villa Nennig, Perl, 3. Jh. n. Chr., Fotos: Museum für Vor- und Frühgeschichte Saarbrücken / Tom Gundelwein

Archäologiepark Römische Villa Borg, Foto: Yannik Planta

Nur wenige Kilometer nordöstlich liegt die römische Villa Borg auf einer Anhöhe zwischen Saar und Mosel. Nachdem bei Grabungen bereits um 1900 ein weites Trümmerfeld aus römischer Zeit festgestellt wurde, grub man erst ab 1986 wissenschaftlich. Auf 7,5 Hektar wurde neben Spuren keltischer Besiedlung ein römischer Villenkomplex entdeckt und in den folgenden Jahren vollständig rekonstruiert. Hier lässt sich wunderbar nachvollziehen, wie die Römer einst lebten, und in den Experimentalwerkstätten kann man Forschern live zu schauen, wie versucht wird, die Glas, Ton und Metallverarbeitung der Römer zu entschlüsseln. In der Taverne genießt man römische Speisen, aber auch Feines aus der modernen Küche. Und es gibt hier vorzüglichen Wein, der aus der Region kommt. Apropos: Saarländischer Wein kommt tatsächlich von der Mosel und nicht von der Saar. Zwar gibt es auch am Unterlauf der Saar hervorragende Weingüter, die liegen allerdings schon in RheinlandPfalz. Hauptort des saarländischen Weins ist PerlNennig. Schon die Römer bauten in der Region Reben an und die saarländischen Moselweine können sich durchaus sehen lassen. Angebaut werden vor allem weiße Trauben wie Riesling, Auxerrois und Grauburgunder, aber auch rote wie Spätburgunder, Merlot und Cabernet Sauvignon. Im Ortsteil Sehndorf befindet sich das Weingut PetgenDahm, das neben Rieslingen und Grauburgundern auch ausgezeichnete Chardonnays und Weißburgunder produziert und mit der ViognierTraube sogar eine echte Rarität. Auch die Weine der Weingüter SchmidtWeber überzeugen. Hier ist vor allem die „Premium“Linie hervorzuheben, die mit dem Gründungsjahr des Weingutes „1725“ versehen sind. Insbesondere der Grauburgunder vom Perler Hasenberg schmeckt ausgezeichnet! Im Ortsteil Nennig liegt das Weingut Karl Petgen, das 1720 gegründet wurde und das älteste Weingut des Saarlandes ist. Neben Chardonnays, Rieslingen und Grauburgundern produziert das Unternehmen auch Spätburgunder sowie leckere Edelbrände und Liköre. Ganz in der Nähe befindet sich mit Schloss Berg ein Hotel mit drei hervorragenden Restaurants. Hier steht DreiSterneKoch Christian Bau im „Fine Dining“ am Herd. Wer es etwas günstiger bevorzugt, besucht das „Bacchus“ und bekommt in „römischem Ambiente“ ein Saltimbocca alla Romana oder eine Perlhuhnbrust serviert und darf die Weine der Region verkosten.

BÜLENT GÜNDÜZ

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