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FACETTENREICHE KULTUR IM HERZEN EUROPAS

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Orte der Kunst und der Kultur im Regionalverband Saarbrücken

Einst war das linke Ufer Saarbrückens die Stadt Saarbrücken, das rechte Ufer die Stadt St. Johann. Nach der Vereinigung beider im Jahr 1909 verlagerte sich das gemeinsame Zentrum in den neuen Stadtteil St. Johann. Rund um das Schloss entstand derweil im ruhigeren AltSaarbrücken ein Ort der Kunst und der Kultur. Bülent Gündüz sprach mit dem Kulturreferenten des Regionalverbandes Saarbrücken, Peter Michael Lupp, über die Bedeutung der Kulturorte für Stadt und Umland in einer Region, die sich im Strukturwandel vom Industrie zum Dienstleistungsstandort neu erfinden muss.

ARTMAPP: Im Regionalverband Saarbrücken sind Kunst und Kultur allgegenwärtig. Insbesondere um das Schloss herum gibt es viel zu erleben. Welche Kulturorte gibt es dort? Peter Michael Lupp: Weithin sichtbar auf einem Felsen über der Saar wird „Sarabrucca“ 999 erstmals erwähnt. In der Gegenwart bündelt der Schauplatz ein zeitübergreifendes Zusammenspiel von Kulturdenkmälern und zugleich eine Vielfalt von kulturellen Erfahrungsräumen: das Saarbrücker Schloss mit dem Historischen Museum Saar und der unterirdischen Burg, das Museum für Vor und Frühgeschichte mit der Alten Sammlung und dem Museum in der Schlosskirche samt seiner barocken Ausstattung und den Meistermann Fenstern. Die Volkshochschule des Regionalverbandes Saarbrücken bietet dazu im Alten Rathaus und im VHSZentrum ein breit aufgestelltes interkulturelles Bildungsprogramm. Das Schloss hat heute als Verwaltungssitz des Regionalverbandes Saarbrücken eine adäquate Nutzung gefunden. Von hier aus wird jährlich ein breitenwirksames Kulturprogramm eingespielt, das Menschen mit einer Mischung aus Musik, Theater und Führungen ansprechen soll. Künstlerische Interventionen wie der „Platz des unsichtbaren Mahnmals“ des Konzeptkünstlers Jochen Gerz oder der gläserne Mittelrisalit des Saarbrücker Schlosses des renommierten Architekten und Bildhauers Gottfried Böhm reflektieren gegenwartsbezogen die wechselvolle Geschichte des Ortes.

Historisches Museum Saar, Unterirdische Burg, Videoprojektionen [Nachtruf] Leslie Huppert 2020, im Bild: Juliana Hümpfner, „Violence 6“, 2012, Foto: Peter Michael Lupp, © VG Bild-Kunst, Bonn 2020

ARTMAPP: Sie haben vor einigen Jahren die „Orte der Kunst und Kultur im Regionalverband Saarbrücken“ miteinander vernetzt. Worum geht es dabei?

PML: Um eine zeitgemäße kulturelle Verwebung urbaner und ländlicher Räume im Umland von Saarbrücken zu gewährleisten, ist eine Kulturarbeit erforderlich, die besondere Orte der Kunst und der Kultur in den Städten und Gemeinden aufeinander bezieht, vernetzt und aus dem jeweiligen „Geist des Ortes“ heraus entwickelt und ausgestaltet. Jede ortsbezogene künstlerische Auseinandersetzung kann dort einen Beitrag zur regionalen Identität liefern, weil sie andockt an das kollektive Bewusstsein und das Werteverständnis der Gesellschaft in dieser facettenreichen Kulturlandschaft im Herzen Europas. Die verbindende Linie ist die prozessorientierte Entwicklung und Ausgestaltung dieser Orte. Neben etablierten und überregional bedeutenden Kunst und Kulturinstitutionen gehören dazu auch weniger bekannte Schauplätze wie die Aula in Sulzbach, die Ölmühle in Berschweiler und bedeutende Denkmäler der Industriekultur. Die Vernetzung all dieser Orte hat Labor bzw. Prozesscharakter. Wir wollen zusammen mit den Kulturschaffenden vor Ort ein Diskursfeld zu gesellschaftsrelevanten Themen entfachen. Viele dieser Orte sind heute Kulturdenkmäler aus ganz verschiedenen Epochen der letzten Jahrhunderte, die Themen verinnerlichen, welche gegenwartsbezogen künstlerisch interpretiert werden können. Dazu zählen etwa die spätgotische Wintringer Kapelle, die Johanniskirche Saarbrücken oder der Rechtsschutzsaal in Bildstock, der Keimzelle der ersten Gewerkschaften war. ARTMAPP: Welche Aufgaben muss Kultur aus Ihrer Sicht erfüllen?

PML: Da sich bemerkbar macht, dass Menschen heute vermehrt nach Sinn, Orientierung und Halt suchen, weil sie dies nicht dauerhaft in ihren effizienz und konsumorientierten Lebenswelten generieren können, muss dies in den Strategien einer zukunftsfähigen regionalen Entwicklung Berücksichtigung finden. Nach unseren Erfahrungen hat sich der Faktor Kultur als wichtiger Impulsgeber zur Initiierung von Prozessen zur Identitätsfindung, aber auch bei der Orientierung nach Werten bewährt. Die Fragestellungen lauten: Was brauchen Menschen für ein sinnerfülltes und verantwortungsbewusstes Leben? Wie kann man durch die Vermittlung von kulturellen Hintergründen sowie durch künstlerische Prozesse an den unterschiedlichen Kultur, Denk und Lernorten in der Region Impulse setzen? Wir sind davon überzeugt, dass mittels einer sinnstiftenden und auch auf Ethik und Nachhaltigkeit ausgelegten Kulturarbeit ein Gedankenwandel in den Lebenswelten der heutigen Gesellschaft inspiriert werden kann. Dieser spannende Prozess ist Experiment und Suchbewegung zugleich.

www.regionalverband-saarbruecken.de/kulturorte

Kulturreferent Peter Michael Lupp, Foto © Regionalverband Saarbrücken

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