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Gastkolumne auto-schweiz

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Barometer

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VON FRANÇOIS LAUNAZ, PRÄSIDENT AUTO-SCHWEIZ, VEREINIGUNG SCHWEIZER AUTOMOBIL-IMPORTEURE

Zwei von drei Schweizer Firmen mit alternativen Antrieben

Unter dieser Rubrik äussert sich François Launaz, Präsident von auto-schweiz, zu aktuellen Themen der Verkehrspolitik und zum Marktgeschehen.

21,6%: ein Wert, der beeindruckt. Er beschreibt den Anteil der alternativen Antriebe am Markt für neue Personenwagen der Schweiz und des Fürstentums Liechtenstein im bisherigen Jahresverlauf bis Ende Juli. Dieser Wert hat sich innerhalb eines Jahres glatt verdoppelt, lag er doch nach sieben Monaten des Jahres 2019 noch bei 10,8%. Eine bemerkenswerte Entwicklung, die trotz der Corona-Krise stattgefunden hat, aber auch von ihr begünstigt wurde – denn der Gesamtmarkt liegt mit 31,1 % markant hinter dem Vorjahresergebnis zurück. So konnten sämtliche alternativen Antriebssysteme ihren Marktanteil mindestens halten (CNG: 0,3%) oder ausbauen: Elektro von 3,7% auf 5,3%, nicht aufladbare Hybride von 5,8% auf 11,5% und Plug-in-Hybride von 1,0% auf 4,5%. Einen grossen Einfluss auf dieses Wachstum haben ohne Zweifel die Erfolge der alternativen Antriebe in Fahrzeugflotten, auf die ich noch zurückkommen werde.

Plug-in-Hybride verdreifacht, Gleichstand bei Elektroautos

Auch die absoluten Zahlen hinter dieser Statistik können sich durchaus sehen lassen, besonders bei den Plug-in-Hybriden, die über die Steckdose aufladbar sind, aber auch über einen Verbrennungsmotor für den Antrieb oder zum Aufladen der Batterie verfügen. Ein Zuwachs von 211 % zum Vorjahreszeitraum ist Beleg für die mittlerweile breite Palette an Modellen, die mit einem entsprechenden Antriebssystem ausgestattet werden. Auch die Zahl der Hybride ohne Ladestecker ist um 36% gewachsen, diejenige der wasserstoffbetriebenen Fuel-Cell-Fahrzeuge sogar um 53%, wenn auch auf niedrigem Niveau von 15 auf 23 Immatrikulationen.

Was ohne die Corona-Krise möglich gewesen wäre, kann man an den absoluten Werten der rein elektrischen Personenwagen erkennen. Diese liegen mit 6692 Inverkehrssetzungen bis Ende Juli gerade einmal 4Einheiten über dem Vorjahreswert. Dies führt zwar aufgrund des geschrumpften Gesamtmarktes zu einem höheren Anteil, doch eigentlich hätte auch die Stückzahl steigen sollen. So ist das «10/20»-Ziel von auto-schweiz, das einen 10-prozentigen Anteil an Elektroautos und

François Launaz, Präsident auto-schweiz, Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure .

Plug-in-Hybriden in diesem Jahr vorsieht, mit 9,8% bis Ende Juli in greifbare Nähe gerückt. Doch die ursprünglich damit verbundene Intention eines starken absoluten Wachstums elektrifizierter Personenwagen hat sich leider durch die Covid-19-Pandemie nicht im angestrebten Umfang bewahrheitet – ein Umstand, den die Fahrzeugimporteure für 2020 auch bei den CO 2 -Sanktionen zu spüren bekommen werden, sollte der Bundesrat dieser unsinnigen Doppelbelastung aus wirtschaftlichen Einbussen und unverschuldet höheren Strafzahlungen nicht noch einen Riegel schieben.

Arval-Studie zeigt Förderungs-Potenzial auf

Wie eingangs erwähnt, haben alternative Antriebe in den vergangenen Jahren immer stärker Einzug in Schweizer Fahrzeugflotten gehalten. Dies belegt das aktuelle «Fleet Barometer» des Leasing-Anbieters Arval, das explizite Umfrageergebnisse von Schweizer Flottenmanagerinnen und -managern ausweist. So haben bereits 31 % der befragten Unternehmen alternative Antriebe in ihren Fahrzeugpark integriert. Dies betrifft sowohl Personen- als auch Lieferwagen. Dieser Wert liegt zwar knapp unter dem europäischen Durchschnitt von 34%, doch die Aussichten für die mittlere Zukunft stimmen sehr optimistisch. So wollen weitere 35% der Schweizer Unternehmen diesen Schritt in den kommenden drei Jahren vollziehen – einer der höchsten Werte im Rahmen der europaweit angelegten Studie. Somit würden in drei Jahren exakt zwei Drittel aller Firmen in der Schweiz über mindestens ein Flottenfahrzeug mit alternativem Antriebssystem verfügen.

Einen Wermutstropfen beinhaltet die Studie aber auch. So liegt die Schweiz beim erfragten Firmenanteil von Alternativmodellen innert der 3-Jahres-Frist hinter anderen europäischen Ländern zurück, die deutlich mehr Förderungen in diesem Bereich in Aussicht stellen. Norwegen (77%), Grossbritannien (76%), die BeneluxLänder Niederlande und Belgien (beide 72%), Schweden (69%) sowie unsere Nachbarstaaten Italien (70%) und Deutschland (68%) lassen die Schweiz allesamt hinter sich. Während hierzulande die Förderung von alternativen Antrieben bei der kantonalen Motorfahrzeugsteuer weit auseinandergeht oder in einigen Ständen erst gar nicht existiert, verzichtet etwa Deutschland bei Elektrofahrzeugen zehn Jahre lang auf jegliche Verkehrssteuer. Hinzu kommen die massiven Kaufprämien, die dort bis Ende 2020 bis zu 9000 Euro pro Fahrzeug betragen können. In der Schweiz kennen nur einige Kantone ein ähnliches System (z. B. Thurgau und Tessin), aber mit deutlich niedrigeren Beträgen von 3500 bis 4000 Franken. Immerhin spricht die Klimastiftung Schweiz 1000 bis 2000 Franken für KMU, die sich ein elektrisches Fahrzeug zulegen.

Am Willen zur Integration von Alternativantrieben in ihren Flotten mangelt es Schweizer Unternehmen keineswegs, ganz im Gegenteil. Allerdings könnte der Staat viel mehr tun, damit die Wirtschaftlichkeit einer solchen Investition früher erreicht und damit der Antriebswechsel für noch mehr Unternehmen interessant wird. Derzeit setzen Politik und Verwaltung eher auf Peitsche statt auf Zuckerbrot: Die CO 2 -Sanktionen für Fahrzeugimporteure, die 2019 bereits 78 Millionen Franken betrugen, werden massiv steigen und sollen den Wandel erzwingen. Die Arval-Studie zeigt, dass ein Förderungssystem einen deutlich grösseren Effekt haben kann – so sollten die CO 2 -Sanktionen hierfür direkt reinvestiert werden.

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