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Flottenporträt Griesser AG

Urs Neuhauser, CEO Griesser AG.

Griesser AG: Erste Etappe auf dem Weg in die Klimaneutralität

Bis 2030 soll der Fuhrpark der Griesser AG klimaneutral vorfahren. 2018 begannen die Umstrukturierungen, mittlerweile rollen rund 10 % der knapp 400 Fahrzeuge emissionsfrei über die Strassen. aboutFleet sprach mit CEO Urs Neuhauser über die Vorteile und Herausforderungen der E-Mobilität. Text/Bild: Fabio Simeon

1882legte Anton Griesser im schweizerischen Aadorf den Grundstein für die heutige Griesser-Gruppe. Diesem Standort bis heute verbunden, konzentriert das traditionsreiche Unternehmen seine ganze Erfahrung in die Herstellung hochwertiger und innovativer Sonnenschutzprodukte. Rund 1400 Mitarbeitende sorgen in fünf Ländern mit ihrem Engagement täglich dafür, dass sich die Marke Griesser weiterhin zu Europas Marktführern im Bereich der Sonnenschutzlösungen für Fenster und Terrassen zählen darf, und leisten gleichzeitig einen wertvollen Beitrag zur Nachhaltigkeit.

Mit ambitionierten Zielen zur Klimaneutralität

So verhindert beispielsweise ein aussen liegender Sonnenschutz die Überhitzung von Räumen und spart Kühlenergie oder verbessert den Wärmedämmwert von Fenstern und reduziert so den Heizenergiebedarf. «Unsere tägliche Arbeit verkörpert das Thema Nachhaltigkeit mehr, als man auf den ersten Blick zu sehen glaubt, sie ist ein zentraler Erfolgsfaktor auf dem Weg zum vertrauenswürdigen Branchenleader», sagt Urs Neuhauser, CEO Griesser AG. Deshalb setzt sich das Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette für eine nachhaltige Entwicklung ein. Diese basiert auf mehreren Säulen und soll das Unternehmen bis 2050 klimaneutral aufstellen. Dabei nimmt neben den nachhaltig ausgelegten Neubauten sowie Renovasich dabei vom Personenwagen über Transportbusse und Pick-ups bis hin zum Lkw und ist der grösste des europaweit tätigen Unternehmens. «Es war für uns entsprechend naheliegend, das Elektrifizierungsprojekt in der Schweiz zu starten», so der CEO weiter.

«Es ist uns ein grosses Anliegen, dass die Reichweite der Fahrzeuge den Anforderungen unserer Mitarbeitenden genügt.»

tionen der Griesser-Gebäude und den klimaoptimierten Produkten die Umrüstung des Fuhrparks eine zentrale Rolle ein.

Dieser soll bis 2030 elektrifiziert werden und klimaneutral vorfahren. «Unsere aktuelle Flotte zählt circa 400 Fahrzeuge. Diese brauchen allein in der Schweiz rund eine Million Liter Diesel pro Jahr», erklärt Neuhauser. Der hiesige Fahrzeugpark erstreckt

Antriebsevaluation führt zu Fahrtenanalyse

Nach genauer Prüfung der verschiedenen Antriebsarten fiel der Entscheid zugunsten der reinen Elektrofahrzeuge. Gleichzeitig hat sich das Unternehmen im Personenwagen- und Transporterbereich bewusst gegen Wasserstoff- oder Hybridfahrzeuge entschieden. «H2-Antriebe werden dann aber vor allem für die künftige Umrüstung der Lkw interessant», fügt Neuhauser an.

Der Startschuss zum Elektrifizierungsprojekt fiel mit dem Einsatz der ersten elektrifizierten Transporter vor drei Jahren. «In unserem Pilotprojekt kristallisierten sich vor allem die weiten Fahrstrecken und schweren Lasten der Montage- und Servicetechniker als Herausforderung heraus», sagt Neuhauser. Deshalb habe man das Fahrverhalten aller Mitarbeitenden analysiert und so Gewissheit über die tatsächlich nötige Reich-

weite erhalten. «Es ist uns ein grosses Anliegen, dass die Reichweite der Fahrzeuge den Anforderungen unserer Mitarbeitenden genügt», sagt Neuhauser an.

Reichweitenfrage endet in Paradigmenwechsel

Bei Projektbeginn erfüllte keines der damals angebotenen Fahrzeuge Reichweitenvorstellungen der Griesser AG. «Deshalb haben wir uns abermals über die Bücher gemacht und einen Paradigmenwechsel angestrebt», erzählt Neuhauser. Ganz im Sinne von: Wenn die elektrische Reichweite der Fahrzeuge nicht vergrössert werden kann, muss die zu fahrende Strecke verkürzt werden.

Feineres Logistiknetz für mehr Kundenbesuche

Die Griesser AG stellt künftig nicht nur die Antriebsarten, sondern auch Zulieferungswege um. Das Stichwort lautet Dezentralisierung. «Nehmen wir die Innerschweiz als Beispiel. Bis dato fahren sämtliche Monteure jeden Morgen zu unserem Hauptstandort nach Luzern, beladen ihre Fahrzeuge und steuern dann ihre Auftragsorte an. Seit Mitte Jahr decken wir diese Region neu mit vier Standorten ab. Der Arbeitstag beginnt so näher am Auftragsort mit vollgeladenen E-Fahrzeugen – sowohl batterie- als auch materialtechnisch», erklärt Neuhauser.

Näher am Kunden zu sein bedeutet aber nicht nur weniger Anfahrtskilometer, sondern auch weniger Fahrzeit. Über die ganze Woche erlaubt die Zeiteinsparung den einen oder anderen Kundenbesuch mehr als die bisherige Logistik. «Im Schweizer Handwerk fehlen selten die Aufträge. Vielmehr mangelt es den Unternehmen an Zeit oder gut ausgebildetem Personal. Deshalb ist diese Lösung mit den verkürzten Fahrten nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sehr wertvoll», so Neuhauser weiter.

Arbeitsweg für Mitarbeiter bleibt kostenfrei

Nicht nur die Logistik zum Kunden wird sich ändern, sondern auch der Arbeitsweg vieler Mitarbeiter/-innen. Denn: Sofern sie ihr Geschäftsauto nicht von zu Hause aus laden können, werden sie das Fahrzeug über Nacht am Standort lassen. «Faktisch haben viele unserer Mitarbeitenden keine Möglichkeit, ihr Geschäftsfahrzeug von zu Hause aus mit Strom zu versorgen. Deshalb werden sämtliche Standorte mit Ladestationen ausgerüstet. Zudem suchen wir mit jedem einzelnen Mitarbeitenden eine passende Lösung für den Transport vom Wohnort zur Arbeitsstelle. Zwei mögliche Lösungen, welche diskutiert werden, sind: eine finanzielle Vergütung für den Arbeitsweg oder das Bereitstellen kleinerer E-Geschäftswagen. Schlussendlich will das Unternehmen drei oder vier verschiedene Mobilitätsmodelle bereitstellen, welche die Mitarbeitenden weiterhin kostenfrei zum Arbeitsort befördern. Wenn ein Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, sein Fahrzeug von zu Hause aus zu laden, werden ihm die Stromkosten rückvergütet. Während der Pilotphase wird mittels Pauschale entschädigt, zu einem späteren Zeitpunkt sollen spezifische Abrechnungen gestellt werden. «Wir sind noch auf der Suche nach einem entsprechenden und für uns stimmigen Tool», so der CEO.

«Bis dato fahren in der Innerschweiz die Monteure jeden Morgen zu unserem Hauptstandort nach Luzern, beladen ihre Fahrzeuge und steuern dann ihre Auftragsorte an. In Zukunft sollen zehn Standorte die Region abdecken.»

Eigenes Know-how ist mehr wert als fremdes

Die Installation von Ladepunkten zieht zwangsläufig das Thema des Lademanagements mit sich. Die Griesser AG strebt ein Verhältnis von 1:4 an, was die Menge der Ladestationen und Fahrzeuge betrifft. Das Lademanagement soll vor allem während des Pilotprojekts intern gelöst werden, um mit der Thematik vertraut zu werden und Erfahrungen zu sammeln, ehe man sich externe Lösungsanbieter anschaut. «Eigenes Knowhow ist auch dann extrem wertvoll, wenn man gedenkt, die Dienstleistung eines Tages outzusourcen», sagt Neuhauser. An diese Philosophie lehnen auch die auffallend schlicht, aber schön designten ChromstahlLadesäulen vor dem Hauptsitz in Aadorf an. Diese sind nicht zugekauft, sondern von der Griesser AG selbst hergestellt.

Positive Feedbacks

Bislang wurden rund 40 E-Fahrzeuge angeschafft, bestehend aus drei verschiedenen Nutzfahrzeug- und fünf PW-Modellen. Obwohl anfänglich nicht alle von der Idee des rein elektrischen Fuhrparks begeistert waren, sind die Feedbacks nach den ersten Praxistests äusserst positiv. Die Reichweitenangst sei unbegründet und das E-Fahren mit dem dynamischen Durchzug und leisen Antrieb sehr angenehm, so das Fazit vieler E-Testpiloten.

Der Geschäftsführer ist selbst «Fan» der E-Mobilität: «Auch platztechnisch sind EFahrzeuge äussert interessant. Durch das Entfallen des Antriebsstrangs herrscht im Innenraum mehr Bein- und Kopffreiheit als bei den Verbrennern. Ergo kann man eine kleinere Fahrzeugklasse wählen und hat immer noch fast gleich viel Raum.»

Drastische Einsparungen dank E-Fuhrpark und Solarpanels

Die durchschnittliche Länge und Breite des Griesser Fuhrparks dürfte in den kommenden Jahren also etwas abnehmen – genauso die Betriebskosten. Diese werden sich laut Schätzung, dies trotz der jahrelangen Kostenoptimierung, um weitere 20 % senken. «Sobald der Anschaffungspreis Parität zum Verbrenner erreicht, dürften Einsparungen von 30 % realistisch sein. Deshalb sehen wir bei der Griesser AG beim Blick auf die kommende E-Mobilität eine Verbindung zwischen ökologischem und wirtschaftlichem Nutzen», so Neuhauser.

Wer in Zukunft zehn oder mehr Ladestationen gleichzeitig betreiben will, benötigt eine grosse Stromzufuhr. Ein solcher Umbau fällt oft sehr kostspielig aus, sofern er sich mit den gegebenen Zuleitungen von der Gemeinde oder der Stadt überhaupt realisieren lässt. Die Griesser-Lösung: Der Strom für die Ladestationen soll weitestgehend selbst produziert werden. Mit mehreren Tausend Quadratmeter grossen Flachdächern und dem Einsatz geplanter Solarpanels dürfte dies ein finanzieller Aufwand, aber keine unüberwindbare Hürde sein. Im Zuge der Umstellung auf E-Fahrzeuge werden sämtliche Neubauprojekte und Renovationsbauten mit Solarpanels ausgestattet. Fällt überschüssiger Strom an, kann dieser in die Produktionshallen umgeleitet oder gegen Bezahlung ins Netz zurückgespeist werden. Sofern aufgrund der Witterung trotzdem Energie eingekauft werden muss, wird auf Ökostrom gesetzt, um die Flotte weiterhin emissionsfrei zu betreiben. «Wir rechnen mit einem Fünftel der Energiekosten im Vergleich zum vorherigen Fuhrpark, da wir entweder im Niedertarif laden oder selbst Solarenergie produzieren», sagt Neuhauser abschliessend.

Mit gutem Beispiel voranfahren

Dass der Umstieg auf E-Mobilität nur gelingen kann, wenn die Idee von der Geschäftsleitung vorgelebt wird, ist man sich auch bei Griesser bewusst. Der Fuhrpark der Geschäftsleitung besteht zurzeit zur Hälfte aus E-Fahrzeugen. Neuhauser selbst kam noch nicht in den Genuss eines E-Antriebs, da die Laufzeiten der jetzigen Fahrzeuge beibehalten und jene seines Dienstwagens noch nicht erreicht ist. Man kann den E-Aufbau durch massive Finanzspritzen zeitlich schneller erreichen, darauf verzichtet die Griesser AG, da ein schrittweiser Umstieg finanziell und ökologisch sinnvoller ist.

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