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Gute Nachbarn an großen Seen
GUTE NACHBARN AN GROSSEN SEEN
Chefdirigent Daniel Spaw ist nicht der einzige US-Amerikaner bei den Bad Reichenhaller Philharmonikern. Sein Landsmann Scott Brahier ist schon seit mehr als 30 Jahren in der Region zu Hause – und vor Heimweh dennoch nicht gefeit. Wenn seine Sehnsucht nach Weite und Wasser zu schlimm wird, dann fährt Brahier an den Chiemsee oder nach Ungarn an den Plattensee. „Dort bekomme ich ein ähnliches Gefühl wie am Eriesee.“ In seiner Heimat Toledo im Bundesstaat Ohio, nahe der Grenze zu Kanada, ist es sehr flach. Doch die Musik führte ihn weg von den „Great Lakes“, den Großen Seen: Nach dem Bachelorstudium zog der Hornist im Herbst 1980 nach Salzburg, um sein Masterstudium am Mozarteum zu beginnen. „Ich wollte am Ursprungsort der großen klassischen Tradition weiterlernen“, erzählt er.
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Zu Hause war Brahier zuletzt vor einem Jahr, um den 60. Geburtstag seines Bruders mitzufeiern. Wenn er an die USA denkt, erinnert er sich gerne an seine Familie „und an die großartigen Young People's Concerts im Fernsehen mit Leonard Bernstein und dem New York Philharmonic Orchestra“. Die Musik seiner Heimat beschreibt er mit dem Wort „Vielfalt“ – dazu gehören Folk und Pop ebenso wie Musicals und Filmmusik, aber auch das Barbershop Quartet oder Klassik von Barber, Bernstein und Copland bis hin zu Musik von Franz Waxman und John Williams.
Wer die USA bereisen will, dem empfiehlt Brahier Washington D.C. und die zahlreichen Museen, wie z. B. die Smithsonian Institution, den größten Museumskomplex der Welt, sowie die Umgebung des Shenandoah Valley im Herbst mit den flammend roten Ahornbäumen. Einen Geheimtipp hat er auch parat: „die artesischen Frischwasserquellen von Florida“. Zu seinen persönlichen Lieblingsorten zählen neben den Seen seiner Heimat auch die unendlichen Kiefernwälder von Minnesota – und viele mehr. Ein typisches Thanksgiving-Dinner mit Kürbiskuchen (Pumpkin Pie) bereitet sich Brahier auch in seiner neuen Heimat zu. Was er vermisst, sind dagegen Freunde oder Nachbarn, die einfach mal ohne Ankündigung oder Einladung vorbeischauen, „auch wenn das den Tag manchmal durcheinanderbringen kann“. Seine amerikanischen Landsleute beschreibt er als „freundlich, hilfsbereit und gute Nachbarn“. In den USA sei es „schon immer wichtig, gleich am Anfang eines Kontakts zu wissen, ob das Gegenüber einem wohlgesinnt ist“.
Das Cowboy-Klischee, dass alle Amerikaner Waffen bei sich tragen, widerlegt er dagegen: „Aus Angst vor Verrückten tragen manche Menschen in den USA Waffen bei sich, das ist richtig. Aber nicht jeder. Ich zum Beispiel fühle mich auch ohne Waffe immer sicher genug.“ Neben der Familie verbindet Brahier auch sein politisches Engagement mit der alten Heimat. Er ist bei der Organisation „Democrats Abroad“, den AuslandsDemokraten, aktiv und daher erleichtert über den Ausgang der jüngsten Präsidentschaftswahlen.
Scott Brahier macht Urlaub am Eriesee in Ohio.
Fotos: S. Brahier, BRPHIL
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Hier in den bayerischen Bergen bekomme ich leicht Heimweh nach Weite und Wasser.
Scott Brahier, Ohio, USA