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MASCHINENBERICHT VON MICHAEL WÖHRER

Das Licht am Ende der Pipeline

Was kommt, wenn kein Gas mehr kommt? Welche Möglichkeiten haben Bäcker in Zeiten drohender Energieverknappung?

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(Quelle: MIWE impulse Handelsblatt Österreich)

Viele Bäcker und Konditoren fragen sich angesichts der Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine: Was ist, wenn mir morgen der Gashahn abgedreht wird? Immerhin nutzen in Deutschland, Österreich und Südtirol rund zwei Drittel der Bäckereien Erdgas als Brennstoff. Und Erdgas stammt in Deutschland trotz deutlicher Reduzierung noch immer zu rund einem Drittel aus Russland. In Österreich ist die hohe Abhängigkeit vom russischen Gas bis zu 80 %, das ist für die Zukunft sehr bedenklich!

Michael Wöhrer ÖSTERREICH Leiter der BÄKO- Maschinen- und Geräteabteilung

ABNABELUNG WIRD FÜR ÖSTERREICH TEUER

Die Alpenrepublik ist stark vom russischen Gas abhängig, die Ablösung wird dauern. Das Land will deshalb nun ebenfalls ein Kohlekraftwerk wieder in Betrieb nehmen. Doch das ist nicht so einfach. Österreich hadert mit der Energieversorgung. Diese hohe Abhängigkeit ist mit der neuerlichen Attacke Russlands auf die Ukraine zum Risiko geworden. „Wir müssen nun Terawattstunde um Terawattstunde abtragen“, sagt die grüne Energieministerin Leonore Gewessler. „Das wird Jahre dauern.“ Bis 2027 will sich Österreich laut der Ministerin vom russischen Gas emanzipieren. Industrievertreter allerdings werfen der Regierung vor, zu zögerlich zu agieren, und blicken zugleich neidisch auf Deutschland.

Dort sei es in den vergangenen Wochen rascher als in Österreich gelungen, den Anteil russischen Gases zu reduzieren. Tatsächlich hat die dortige Regierung scharfe Energiemaßnahmen bisher vermieden – etwa eine Anordnung, wie stark Wohnungen im kommenden Winter geheizt werden dürfen. Darüber wird in der Öffentlichkeit zwar diskutiert, vor Vorschriften schreckt die Regierung aber zurück.

ÜBER 6 MRD. € FÜR GASRESERVEN

So wird die Abnabelung von russischem Gas vorerst vor allem teuer. Österreich will strategische Gasreserven anlegen und dafür 6,6 Mrd. € ausgeben. Damit möchte die Regierung sicherstellen, dass bis zum kommenden Winter die Gasspeicher zu 80 % gefüllt werden. Derzeit liegt der Füllgrad bei 40 %. Wie Deutschland beabsichtigt das Land zugleich, wieder auf Kohle als Energieträger zu setzen. Im Sommer verkündete die Regierung, das stillgelegte Kohlekraftwerk Mellach in Betrieb zu nehmen. Die Entscheidung fiel besonders Ministerin Gewessler schwer. Vor zwei Jahren hatte Österreich der Kohle abgeschworen, und die Ministerin hatte, wie sie am Wochenende erneut betonte, „mit großer Freude das letzte Kohlestück ins Museum gestellt“. Aber nun muss sich Österreich wieder um die Beschaffung des ständig teurer werdenden Energieträgers kümmern. Gleichzeitig herrschen unter Ökonomen und Energiespezialisten Zweifel, ob Mellach viel dazu beitragen kann, Österreichs Energieproblem zu lösen. Die von russischem Gas lebenden Kraftwerke des Landes haben eine starke Regelfunktion: Sie sollen also helfen, Schwankungen im Stromnetz auszugleichen. Dafür sind Kohlekraftwerke aber schlecht geeignet. „Die Wiederinbetriebnahme von Mellach hat eine symbolische Komponente“, sagt Stefan Schleicher von der Universität Graz. „Gleichzeitig hat es Österreich verpasst, die Effizienz beim Energieverbrauch zu verbessern.“ „In den vergangenen Jahren“, sagt Schleicher, „hat sich niemand für die Risiken der großen Abhängigkeit von Russland verantwortlich gefühlt.“

Auch wir und die Bäcker und Konditoren mit ölbeheizten Backöfen sehen die Entwicklung sorgenvoll. Bei Erdöl bestehen zwar mehr Lieferalternativen als beim Erdgas, aber nach den Gesetzen des Marktes ist davon auszugehen, dass die Verknappung des einen Brennstoffs perspektivisch auch andere Brennstoffe erfasst, sie letztendlich ebenfalls verknappen, zumindest aber verteuern – einschließlich der elektrischen Energie übrigens, für deren Erzeugung ja immer noch auch Gas und Öl eingesetzt werden.

WOMIT MÜSSEN BÄCKER RECHNEN?

Womit müssen Bäcker und Konditoren also rechnen, wenn kein russisches Erdgas mehr kommt? Gibt es echte, kurzfristig nutzbare Alternativen zu den gängigen fossilen Brennstoffen, die einen sicheren Ausweg aus der Misere versprechen? Lassen sich Backöfen auf diese Alternativbrennstoffe dann auch umrüsten? Vor allem aber (und in einem sehr viel grundsätzlicheren Sinne): Was kann ich als Bäcker oder Konditor tun, um der Kostenexplosion auf dem Energiesektor wirksam zu begegnen? Das sind Fragen, die in diesen

Flüssigerdgas ist auch keine wirkliche Alternative.

Tagen die Bäcker und Konditoren umtreiben und mit denen sich selbstverständlich auch Firmen wie MIWE als Hersteller von Bäckerei- und Backofentechnik tagtäglich konfrontiert sehen. Die Zukunft vorhersagen können auch diese freilich nicht, aber es wird versucht, Antworten und Lösungen zu finden. Die Gasspeicher sind im Moment zur Hälfte gefüllt. Was aber, wenn sich die Alarmstufe, die bis vor Kurzem „nur“ eine Frühwarnstufe, zur veritablen Notfallstufe auswachsen sollte? Anders gesagt: Wer bekommt noch was, wenn nichts mehr kommt? Für diesen Fall sind im aktuellen Energiesicherungsgesetz „hoheitliche“ Eingriffe, also ordnende Maßnahmen vorgesehen, bei der die Sonderrolle der Bäckereien sicherlich gewürdigt werden wird. Mit Blick auf die Grundversorgung mit elementaren Lebensmitteln wird man davon ausgehen dürfen, dass Bäckereien als hochgradig systemrelevant und schützenswert erachtet werden und daher vor einem generellen Gaslieferstopp bewahrt werden.

FUNKTIONSFÄHIGE ALTERNATIVEN

Viele Bäcker fragen dennoch vorsorglich nach alternativen Brennstoffen, das vor allem bei der Förderung von Rohöl und nach Möglichkeiten zur Umrüstung bestehender Backofensysteme.

FLÜSSIGGAS STATT ERDGAS

Auch wenn beides fossile Energieträger sind und das Wort „Gas“ im Namen führen: Chemisch sind Flüssiggas und Erdgas keineswegs das Gleiche. Erdgas besteht vor allem aus Methan (CH4) und einer Mischung weiterer Gase. Flüssiggas ist ebenfalls ein Gasgemisch, besteht aber vor allem aus den Kohlenwasserstoffen Propan und Butan (und ist nicht zu verwechseln mit LNG, dem verflüssigten Erdgas). Die Umstellung von Erdgas auf Flüssiggas ist in Absprache mit Brennermonteuren möglich. Allerdings muss für die Bevorratung von Flüssiggas vor Ort eine geeignete Infrastruktur geschaffen werden. Und es bleibt abzuwarten inwieweit Flüssiggas, das vor allem bei der Förderung von Rohöl und Erdgas und bei der Raffination von Mineralöl anfällt, von den derzeitigen Marktturbulenzen tatsächlich verschont bleibt und somit einen verlässlichen Ausweg aus der aktuellen Situation darstellt.

LNG (LIQUIFIED NATURAL GAS)

Auch LNG Gas ist nicht wirklich eine Alternative zu Erdgas, denn im Wesentlichen ist es genau das: Erdgas. Der Unterschied dabei ist, dass es mit einem speziellen Verfahren unter Tiefkühlung verflüssigt und – unter unter hohem Druck verdichtet – lager- und transportfähig gemacht wird. Doch das Verflüssigen geschieht erst bei Temperaturen um -162 °Cund ist mit hohem Energieeintrag verbunden. Die Vor- und Nachteile liegen damit auf der Hand. Einerseits hat es eine ähnlich hohe Energiedichte wie Erdgas und somit einen vergleichbaren Brennwert.

WASSERSTOFF (H²)

Wasserstoff gilt häufig als die Lösung vieler

Wasserstoff kann derzeit noch nicht nachhaltig hergestellt werden.

Energieprobleme, doch ist seine Herstellung derzeit noch nicht nachhaltig in dem Maße möglich, in dem Bedarfe existieren. Zeitgleich ist er schon heute dem Erdgas in kleinen Mengen beigemischt. Der Anteil wird bis 2025 etwa ein Viertel ausmachen.

PELLETS/ HOLZHACKSCHNITZEL

Holzpellets gelten – wie Hackschnitzel auch – als nachhaltig, da Holz ein nachwachsender Rohstoff ist. Sie werden außerdem gerne als CO2-neutral bezeichnet, weil bei ihrer Verbrennung nur so viel CO2 freigesetzt wird, wie beim Holzwachstum gebunden worden ist, allerdings in sehr viel kürzerer Zeit, was die Rechnung insgesamt in den Augen kritischer Beobachter fragwürdig macht! Holz ist (wie wir in diesen Tagen schmerzhaft haben erfahren müssen) eine sehr begrenzte Ressource, und seine Verbrennung generiert eine recht hohe Feinstaubbelastung – nicht umsonst werden die Anforderungen der Kaminofenverordnung mit jeder Novelle immer schärfer. Sollen die Pellets – analog zu Gas oder Öl – direkt zur Beheizung des Rauchgases in der Backkammer genutzt werden, muss außerdem die Ascheproblematik überzeugend gelöst sein, weswegen wir eine Direktbeheizung mit Pelletbrennern derzeit nicht für eine überzeugende Alternative zu sauber verbrennenden Energieträgern halten. Für die indirekte Beheizung – zum Beispiel in einer Heizkessel Zentrale – sind dagegen Lösungen denkbar.

FAZIT: ALTERNATIVE BRENNSTOFFE

Die Zusammenstellung zeigt: Ersatzbrennstoffe, die ohne große Umrüstung rasch genutzt werden könnten wie LNG, Flüssiggas oder E-Fuels, sind entweder auch wieder Abfallprodukte bei der Herstellung und Aufbereitung klassischer fossiler Energieträger und/oder sie setzen einen derart hohen Energieeinsatz voraus, dass sie noch

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weitaus höhere Energiekosten verursachen dürften als herkömmliche Energieträger. Der vielversprechende Brennstoff Wasserstoff ist zum einen mit nicht unerheblichen Sicherheitsrisiken behaftet, anderseits auch in der erforderlichen Kürze noch nicht wirklich für die Belange der Bäckereien nutzbar. Sonderlösungen mögen im Einzelfall einen gangbaren Weg markieren – etwa wenn ein Bäcker mit eigenem Waldgrundstück hinter der Backstube seine Heizkesselzentrale nachhaltig mit Holzpellets beheizen kann oder ein anderer so viel Dach- und Freifläche zur Verfügung hat, dass er auf Strom als Brennstoff setzen kann. Den einen Königsweg, der allen Bäckern kurzfristig und ohne großen Aufwand aus dem befürchteten Lieferdilemma hilft, gibt es jedenfalls nicht. Das bedeutet aber keineswegs, dass Bäcker der drohenden Kostenexplosion auf dem Energiesektor nichts entgegenzusetzen haben.

WAS SIE HEUTE TUN KÖNNEN

Der Schlüssel zu Kostenreduktion in der Backstube heißt konsequente Energieeinsparung. Sie hat den Vorteil, bei jedem Energieträger zu greifen, egal, ob Sie nun Gas, Öl, Strom oder irgendeinen alternativen Brennstoff nutzen. Sie lohnt sich umso mehr, je teurer Energie wird. Dabei stecken im Einsatz effizienterer Anlagen und eines leistungsfähigen Energierückgewinnungskonzeptes sowie in der Optimierung von Abläufen im Betrieb in aller Regel sehr viel höhere Einsparpotenziale als in der bloßen Umrüstung vorhandener Technik auf andere Brennstoffe. Die Firma MIWE hat mit der Etablierung des Geschäftsfeldes MIWE energy im Jahre 2009 mehr als 220 Unternehmen durch die Wärmerückgewinnungslösungen bei der Senkung ihrer Emissionen und Energiekosten begleitet und ihnen so geholfen, bis zum heutigen Tag insgesamt mehr als 75.000 Tonnen CO2 einzusparen. Hinzu kommen etliche Megawattstunden Energiegesamteinsparung der vielen MIWE Kunden, die sich für die energiesparenden e+ Lösungen entscheiden haben. Nicht umsonst gilt MIWE als Pionier und als klarer Technologieführer beim Thema energieeffiziente Backstube.

IMPRESSUM „BÄKO BACKSZENE – Inspirationen.Trends.Neuigkeiten“ ist eine unabhängige, nicht parteipolitisch orientierte, kostenlose Kundenzeitschrift. Sie informiert die Kunden, Partner und Geschäftsfreunde der BÄKO-ÖSTERREICH mit Themen und Beiträgen über und rund um die Backbranche und erscheint 4 x jährlich. Derzeitige Auflage: 3.500 Exemplare. // Zugunsten einer besseren Lesbarkeit werden geschlechtsspezifische Bezeichnungen überwiegend in männlicher Form verwendet. Gemeint und angesprochen sind aber natürlich immer beide Geschlechter. // Medieninhaber, Herausgeber und für den Inhalt verantwortlich BÄKO-ÖSTERREICH e. Gen., A-4030 Linz/ Pichling, Im Südpark 194, Telefon +43 (0) 732 / 30 57 07 - 0, Telefax +43 (0) 732 / 30 57 07 - 223. // Redaktion afp werbeagentur gmbh, A-4020 Linz, Südtirolerstraße 33, Telefon +43 (0)732 / 787833, Fax DW 4, office@afp.at, www.afp. at Chefredakteurin Mag. Claudia Rathmoser (afp) // Ständige und zeitweilige Redaktionsmitglieder seitens BÄKO-ÖSTERREICH Robert Brandner (Geschäftsführung, r.brandner@baeko.at), Mag. Markus Geres (Geschäftsführung, m.geres@baeko.at), Michael Wöhrer (Maschinen und Geräte, m.woehrer@baeko.at), Mag. Caroline Guger (Marketing, c.guger@baeko.at) Carina Zandonelli (BÄKO-Fotos, c.zandonelli@baeko.at),// Leserservice marketing@baeko.at // Layout und Grafik afp werbeagentur // Fotos BÄKO-ÖSTERREICH, Hersteller, iStock, shutterstock, afp, Slupetzky Unterlagen Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Datenträger wird keine Haftung übernommen. // Anzeigenverkauf und -verwaltung Mag. Caroline Guger (c.guger@baeko.at), BÄKO-ÖSTERREICH, p. A. w. o., Gültige Anzeigenpreise 01/2021 // Druck: Gutenberg, 4020 Linz, Vertrieb: BÄKO-ÖSTERREICH, p. A. w. o. // Die Verwertung der Layouts, Texte und Bilder, auch auszugsweise, ist ohne schriftlicher Zustimmung der Redaktion urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und für die Verarbeitung in elektronischen Systemen. BÄKO-ÖSTERREICH und die Redaktion der BÄKO BACKSZENE zeichnen für die in beigestellten Artikeln vertretenen Meinungen und für die Inhalte von Inseraten nicht verantwortlich; sie behalten sich ohne Angabe von Gründen vor, Artikel nicht zu veröffentlichen und Inserate nicht zu schalten.

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