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Tierisch | D Bärner Mutze
from BÄRN! MAGAZIN 4/20
D Bärner Mutze
Haben Sie in den letzten Wochen die drei Bären im BärenPark beobachtet und sich vielleicht gefragt, ob der Tierpark nicht etwas über die Stränge schlägt? Genau, Finn, Björk und Ursina sind kugelrund. Doch dies entspricht genau einem bärengemässen Leben: Im Herbst heisst es fressen, was das Zeug hält. Am liebsten fett- und zuckerreiche Nahrung wie Früchte, Eicheln, Fisch oder Fleisch. Die drei haben sich eine dicke Fettschicht angefressen sowie sich ein dichtes Winterfell zugelegt und sind bestens «zwäg» für ihre mehrmonatige Winterruhe. Zu einem Bärenleben gehört die Pause im Winter, damit sich ihr Metabolismus erholen kann. Der Tierpark Bern ermöglicht seinen Bären diese wichtige Phase, auch wenn dies zur Folge hat, dass die Berner*innen ihr Wappentier während drei bis vier Monaten vermissen werden.
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Die alte Dame Björk – sie hat inzwischen 20 Jahre auf dem Buckel – ist immer die Erste, die sich im Spätherbst in ihre Höhle zurückzieht. Ihr Schlafgemach hat sie während der letzten Wochen schön mit dem angebotenen Stroh ausgepolstert. Lange vorher ist sie wenig aktiv und döst häufig. Björk wird sich wahrscheinlich auch im Frühjahr als Letzte blicken lassen. Getreu dem Motto «nume nid gsprängt» kommt sie meistens als Letzte, wenn das Horn ertönt, was gleichbedeutend ist mit «im Grossen Graben gibt es Futter». Während die beiden anderen Bären in Windeseile den Hang hinaufgaloppieren, trottet sie gemächlich hinterher und begibt sich gnädigerweise in den Graben, damit die grosse Anlage gereinigt werden kann.
Doch sollte man sich von ihrer gemächlichen, altdamenhaften Fortbewegung nicht täuschen lassen! Wenn sie will, ist sie nach wie vor sehr schnell unterwegs. Nervt ihre Tochter Ursina wieder einmal zu sehr, jagt sie ihr hinterher und ist der jungen Bärin an Schnelligkeit und Kraft durchaus ebenbürtig. So sind die Auseinandersetzungen zwischen den beiden Frauen durchaus ausgewogen. Denn auch das gehört zum Bärenleben: Die Töchter werden im Erwachsenenalter zu Konkurrentinnen. Mutterinstinkt und Familienbindung verschwinden. Ganz klar: Ursina ist und bleibt ein «Luusmeitschi». Trotz ihrer elf Jahren benimmt sie sich oft wie ein Bären-Teenager. Begegnen sich die beiden Bärinnen auf ihren Streifzügen durch die Anlage, zieht sie Björk gerne mal eine hinten rüber, nicht bösartig, einfach so, um ein bisschen zu provozieren. Die echte Bernerin – sie wurde im Winter 2009 im BärenPark geboren – ist auch immer noch sehr verspielt, was sie mit ihrem Vater Finn ausleben kann.
Finn ist der absolute Liebling der Berner*innen und charakterlich ein echter Berner. Er ist gemütlich, verträglich veranlagt und schlichtet oft die Streitereien der beiden Frauen. Mit Björk pflegt er einen liebevollen Umgang, während er Ursina den verspielten Kumpel gibt. Eigensinnig ist er obendrein, denn für seine Winterruhe geht er nicht in eine der dafür vorgesehenen Höhlen in der Anlage, sondern bevorzugt dafür seit einigen Jahren den Stall. Ein Gentleman durch und durch ist er, mit einer grossen Ausnahme: Gibt es etwas zu futtern, kennt er nichts. Da ist der verfressene 300-kg-Bärenmann immer der Erste. Ein Mann in den besten Jahren.
Wenn Sie, liebe Bernerinnen und Berner, diese Zeilen lesen, werden sich unsere Bären aller Voraussicht nach bereits für ihre Winterruhe zurückgezogen haben. Während dieser Zeit sieht man sie kaum, sel-
Dr. Doris Slezak, Leiterin Kommunikation und Marketing Tierpark Bern
ten streckt der eine oder andere Bär einmal die Nase heraus und schnuppert in die Runde. Während der ganzen Winterruhe fressen sie nichts und trinken kaum, auch das «bisle» und «gagle» wird eingestellt. Ihr Herzschlag und die Atemfrequenz sind stark verlangsamt, kurz: Der ganze Metabolismus ist auf Energiesparen umgeschaltet. Die Körpertemperatur hingegen sinkt nur geringfügig. «Was soll die Energieverschwendung bei einem so energieeffizienten System?», fragt sich der Laie. Nun, der Grund dafür liegt auf der Hand: Im Winter werden die Jungtiere geboren, und diese benötigen als hilflose, nackte und blinde, maulwurfgrosse Geschöpfe Muttermilch und die Wär-me der Mutter zum Überleben. Und so hat die Evolution die Kinderstube für die Bären vorbereitet.
Prof. Dr. med. vet. Bernd Schildger Direktor Tier- und BärenPark Foto Remo Eisner
Kommentar
Klar, der übertreibt wieder mal schamlos! Der ist doch blind und sieht nur den Tierpark! So oder so ähnlich werden die Kommentare auf meine nachfolgenden Zeilen sein – vermutlich. Dem schleichenden Untergang einer Er- folgsgeschichte kommentarlos mit zuzuschauen, erfordert aber eine kritische Beleuchtung
Am 18. Mai 2014 wurde die Abstimmungsvorlage zur Sonderrechnung Tierpark mit 90,1% wuchtig angenommen. Die von den Abstimmungsberechtigten angenommene Idee der Gründungsväter und -mütter war unter anderem, die Stadtkasse zu entlasten. Und dies hat auch funktioniert. Fünfmal in Folge schloss die Sonderrechnung Tierpark jährlich um 300 000 Franken besser ab als die frühere Abteilung Tierpark. Die Stadtkasse wurde somit in den letzten fünf Jahren um 1,5 Mio. Franken entlastet. Ausserdem sollte die Sonderrechnung Tierpark Drittmittel für Investitionen in neue Tieranlagen generieren. 10 Mio. Franken wurden z.B. für Steinbock, Zwergseidenäffchen, Krokodil und Uhu generiert. Zusammen also 11,5 Mio. Franken Entlastung für die Stadtkasse in den letzten fünf Jahren – eine Erfolgsgeschichte, meint man so gemeinhin..
Jetzt und in den nächsten Jahren fehlt viel Geld in der Stadtkasse. Allerdings nicht wegen der Sonderrechnung Tierpark. Die aber soll sparen. Auf Antrag der SP-Fraktion 300 000 Franken 2021. Die Logik dahinter ist keine offensichtliche. Noch höhere Sparaufgaben in den Folgejahren werden aber derzeit bereits angedacht. Und da beisst sich die Katze dann in den Schwanz. Beim Personal sparen heisst z.B., weniger Geld einwerben zu können, weniger tiergerechte Anlagen bauen heisst weniger Gäste und damit weniger Einnahmen – oder Eintrittspreise für BärenPark und Kinderzoo anheben? Welche Kröte als Zeichen des Untergangs darf es denn sein?