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50 Jahre ISC

50 Jahre ISC – immer noch Disco

Internationaler Studentenclub, ein halbes Jahrhundert schon: Feiern Sie mit uns? Wir nehmen Sie mit auf einen Rundgang durch unseren liebsten Nachtclub, zu Dreck und Glanz – und verraten Ihnen, worauf wir uns am besten verstehen.

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Text Verduno Aschenbecher und Franziska Fassbender, ISC Club Bern Fotos Jérémie Dubois zvg

Gut möglich, dass Sie sich auch schon einmal da runterverlaufen haben seit den Siebzigerjahren. Oder dass sich Ihre Kinder nächtelang da rumtreiben und Ihnen nichts davon erzählen? Oder dass Sie manchmal zum Konzert vorbeikommen? Liebe Leser*in, dieses Magazin sagt von sich, es adressiere «alle interessierten Bernerinnen und Berner und da Sie es schon bis hierhin geschafft haben, dürfen wir annehmen, dass Sie immerhin interessiert sind und irgendwie von hier – da ist die Chance doch recht gross, dass wir nicht bei null anfangen müssen. Kein Geplänkel: Internationaler Studentenclub, 50 Jahre und so. Wahrscheinlich lesen Sie ab und zu auch in einer Zeitung, im «Bund» zum Beispiel, da war längst vom «Fummelbunker» die Rede und von all den berühmten Herrenbands mit Elektrogitarre, die seit Jahrzehnten im ISC verkehrt haben. Alles Nostalgie. Der ISC bleibt stur und erfindet sich doch immer neu. Und da dachten wir, liebe Leser*in, nehmen wir Sie auf einen Rundgang bei der Hand und spazieren durch einen der dreckigsten Nachtclubs in dieser so auf Sauberkeit bedachten Stadt. Mal schauen, wie das heute so tut in der Kniekehle zwischen Henkerbrünnli und Reitschule – wir schreiben Sie auf die Gästeliste.

Das Zauntor quietscht, es markiert gewissermassen Anfang und Ende der Nacht, ein Seufzen. Dann steigen wir die Treppe runter. Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, was dieses seltsame Betonelement auf dem grossen Platz darstellen will? Wir uns auch. Von Penis bis Telefon fächern sich die Vermutungen auf, wir sollten mal bei der Universität nachfragen – unsere Nachbarn übrigens. Dann stehen wir vor der Eisentür,

wo uns unsere Türleute erwarten, sie gucken grimmig, aber keine Angst, das gehört zum Job. Und falls Sie irgendwann später in einen Seich geraten sollten, helfen die Ihnen sofort weiter. Hopp, nun aber rein in die Garage.

Der ISC ist eigentlich ganz unkompliziert. Wir können zwei Sachen, und auf die verstehen wir uns zu beschränken: Alkohol und Musik – was trinken wir heute, eine Stange zum Anfangen vielleicht, einen Campari Soda oder eine Skinny Bitch? Berns bestaussehendes und -gekleidetes Barteam hilft ihnen wahr-

scheinlich nicht beim Auswählen, das müssen Sie schon selbst machen; aber schnell ist es und ausgesprochen kompetent. Falls Sie doch einmal warten müssen, drehen Sie sich nach links oder rechts: meist sitzt da jemand Nettes, dann bieten Sie ihr oder ihm ein Gespräch an. Vergessen Sie nicht, dass es einige Kinder dieser Stadt ohne den ISC gar nicht geben würde. Und sollten Sie zum Labern nicht aufgelegt sein und doch nicht in Ruhe gelassen werden – weisen Sie darauf hin, oder wenden Sie sich an uns. Respekt voreinander, das braucht es schliesslich auch im Nachtleben. Mit Ihrem Getränk in der Hand gehen Sie dann – Trinkgeld nicht vergessen! – die Treppe hoch.

Hier finden die Konzerte und Discos statt. Im ISC sagen wir immer noch Disco, das klingt so lustig. Und wirklich: Die 80er-Jahre-Party ist nicht totzukriegen und auch nicht das Tolerdance, wohl die älteste queere Partyserie der Stadt und ein wichtiger Teil unserer Identität. Aber auch: kompromisslose Technonächte, überdrehter Hardstyle, Gabber und weltgewandte Clubmusik, Grime, Footwork, Reggaeton, Baile Funk, Gqom und vieles mehr, was den etwas hüftsteifen bernischen Tanzwortschatz herausfordert.

Auch das Konzertprogramm versucht immer wieder, Grenzen zu sprengen. Es geht ums Fragenstellen, da wollen wir uns auch politisch nicht von der Welt abwenden: Wie man zum Beispiel mehr weibliche, queere oder nonbinäre Menschen auf unsere Bühne kriegt oder People of Color? Oder schon nur die Frage, was ein Konzert alles sein kann, ob es immer auf der Bühne stattfinden muss?

Zum Beispiel, kommen Sie kurz mit, haben wir auch schon im Fumoir etwas veranstaltet. In diesem stinkenden Glaskasten mit den ewiggestrigen Loungemöbeln? Genau. Da stecken wir eine Industriezigarette in Brand und erzählen davon, wie einmal eine Performancekünstlerin die ganze Nacht nackt und bäuchlings auf einem dieser Tischlein gelegen hat, regungslos. Gelesen wurde hier auch schon, im Nebel zwischen den Konzerten. Und Kunstausstellungen haben wir im Club gemacht. Alkohol und Musik kann schliesslich doch ganz vieles sein. Naja, da hinten wären noch Backstage und Büro, aber die lassen wir erstmal aus. Da ist die Luft nun wirklich mies, es ist eng und dreckig, und schliesslich lauern sie da: die innersten Geheimnisse, Intrigen und Mythen aus über 50 Jahren – nichts für Einsteiger*innen.

Kommen Sie bald mal wieder, liebe Leser*in. Konzerte sind meist donnerstags, freitags und samstags wirds je nach Laune bunt oder duster, manchmal bis um sechs Uhr am Morgen – und ja: Auch wir leiden unter der Seuche, müssen uns irgendwie durchwursteln. Aber wenn das Ding mal durchgestanden und die Luft wieder rein ist, dann trinken wir eins zusammen, versprochen?

isc-club.ch

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