KREATIV
DIE DUNKLE SEITE DES LÖWEN
Das Projekt Löwendenkmal 21 der Kunsthalle Luzern steht mit der Ausstellung «Die dunkle Seite des Löwen – The dark side of the Lion» vor seinem diesjährigen Höhepunkt. Wie es dem Projekt in diesem denkwürdigen Jahr ergangen ist und was wir von der Ausstellung erwarten können? STADTSICHT hat nachgefragt. TEXT ANGEL GONZALO FOTO ZVG
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er Lockdown ebenso wie die «Black Lives Matter»-Bewegung, die weltweit so manches Denkmal ins Wanken brachte, haben Spuren hinterlassen. Das Projekt Löwendenkmal 21 hat diese Spuren als «Fährte» aufgegriffen. Projektleiterin und Kuratorin Dr. Karin Mairitsch dazu: «Wir haben diese Entwicklungen als Chance interpretiert, auch wenn es uns finanziell hart getroffen hat, weil einige Sponsoren ausgestiegen sind. Wir können dennoch aus der Situation sehr viel lernen.» So ist im Zuge der «Black Lives Matter»-Bewegung die Debatte um Denkmäler wieder aufgeflammt. Denkmäler folgen einer sehr bestimmten Erinnerungsordnung. Auch sie hätten zur kollektiven Verankerung herrschender Machtstrukturen und Ungleichheiten beigetragen, so Mairitsch, was gerade jetzt mit den Folgen der Pandemie in den Gesellschaften Widerstand und Proteste auslöse. L21 wolle in diesem Jahr die asymmetrischen Aspekte unserer Erinnerungskultur enttarnen: «Das Projekt möchte künstlerisch kontextualisieren, was wir verdrängen oder nicht wahrhaben wollen.» Kein Zweifel: Die Ereignisse dieses Jahres haben die Brisanz des Projektes erhöht.
Eine «ver-rückte» Zeit
Im April haben die Luzerner Künstlerinnen Barbara Hennig Marques und Olivia Lecomte die einzigartig menschenleere Situation vor dem Denkmal genutzt. Mit ihrer Fotoserie «The Lion’s Lockdown» haben sie die neuen Credos dieser «ver-rückten» Zeit und kritische Aspekte der angeordneten Ruhe als digitale Performance veranschaulicht. Anfangs Juli führte die bulgarische
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Künstlerin Olga Georgieva ihre «live painting»-Performance «Lost in a conversation» durch und fing die – Corona bedingt – mehrheitlich von inländischen Reisenden geprägten Bewegungen vor dem Denkmal zeichnerisch ein. Vom 30. September bis 1. Oktober verbringt Barbara Kiener geschlagene 24 Stunden mit ihrer performativen Intervention «Löwenritt» auf einem ruhig gelegten Floss im Weiher vor dem Löwendenkmal. Sie thematisiert unter anderem den politischen Stillstand im Umgang mit Flüchtlingsbewegungen und erinnert an den tragischen Rettungsversuch der auf Grund gelaufenen Fregatte Méduse. Théodore Géricaults hatte dieses Ereignis 1816 auf seinem Bild «Das Floss der Medusa» verewigt. In der Höhle des Löwen
Vom 16. Oktober bis 13. November dürfen wir eine spannende und ungewöhnliche Ausstellung unter dem Titel «Die dunkle Seite des Löwen – The dark side of the Lion» erwarten. Die Kunsthalle Luzern wird von den Künstlern Jeremias Altmann und Andreas Tanzer in eine Schutthalde – sozusagen die «Höhle des Löwen» – verwandelt. Den einige Tonnen schweren Schutt für diese dystopische Paraphrase des Löwendenkmals verdankt L21 der «schwerwiegenden» Hilfe der Lötscher Plus Gruppe. In und rund um dieses Bild der Verwüstung finden sich zehn weitere künstlerische Positionen, die eigens für das Projekt geschaffen wurden. Zwölf junge wie arrivierte, lokale, nationale und internationale Künstlerinnen und Künstler bespielen ein breites Themenspektrum: Söldnertum, Privilegien und Diskriminierungen, militarisierter Naturschutz, Wildtierhandel oder die Zerstörung von Habitaten