Programmheft 4. Abo-Konzert Saison 2004/05

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100. Geburtstag: Mystic Scelsi Leitung: Jürg Wyttenbach Violine: Bettina Boller Chöre: Gymnasium Neufeld Bern und Gymnasium Liestal Giacinto Scelsi (1905 – 1988): Hymnos, Aiôn, Pfhat, Anahit, Konx-om-pax


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Die basel sinfonietta dankt ihren Partnern.


ZUM PROGRAMM

Giacinto Scelsi (1905–1988) Hymnos für Orgel und 2 Orchester (1963)

10 Min.

Aiôn für 6 Schlagzeuger, Perkussion und Orchester (1961)

17 Min.

Pfhat für Chor, Orgel und Orchester (1974)

8 Min.

Pause

Anahit für Violine und Orchester (1965)

11 Min.

Konx-om-pax für Chor und Orchester (1968/69)

17 Min.

Leitung: Jürg Wyttenbach Violine: Bettina Boller Chöre: Gymnasium Neufeld Bern und Gymnasium Liestal Einstudierung: Christoph Marti (Gymnasium Neufeld Bern) sowie Lucia Germann und Michael Zumbrunn (Gymnasium Liestal)


Co-Sponsoren

Die basel sinfonietta dankt ihren Partnern.


ZUM KONZERT

Stadtcasino Basel Sonntag, 9. Januar 2005, 19.00 Uhr 18.15 Uhr Konzerteinführung mit Jürg Wyttenbach, Musiksaal Stadtcasino Basel

Tonhalle Zürich Montag, 10. Januar 2005, 19.30 Uhr In Zusammenarbeit mit der Gesellschaft Rezital

Dampfzentrale Bern Dienstag, 11. Januar 2005, 19.30 Uhr

Mit freundlicher Unterstützung der Isabelle Zogheb Stiftung

****************************************************** Auch die IGNM Basel feiert den 100. Geburtstag von Giacinto Scelsi mit zwei Veranstaltungen, auf die wir gerne hinweisen: Mittwoch, 12. Januar 2005, Gare du Nord Basel • 20.00 Uhr: Komposition und Improvisation mit Marianne Schuppe (Stimme), Garth Knox (Bratsche), Marcus Weiss (Saxophon) und Jürg Wyttenbach • 22.00 Uhr: «Casa Scelsi», Film von Fred van der Kooy über Giacinto Scelsi ******************************************************


Die basel sinfonietta ist nicht irgendein Orchester. Ihr Markenzeichen ist die Verknüpfung von erstklassiger musikalischer Qualität mit originell und phantasievoll zusammengestellten Programmen. Ich wünsche der basel sinfonietta den Mut und das Selbstvertrauen, die es braucht, um dieser speziellen Art des Musizierens treu zu bleiben. Die Musikliebhaber unserer Region sind ihr dafür dankbar.

Alex Krauer, Präsident Musik-Akademie Basel

Die Novartis unterstützt die basel sinfonietta und schätzt das hohe Urteil von Alex Krauer.


ZU DEN WERKEN

100. Geburtstag: Mystic Scelsi Programmheftbeitrag von Jan Philipp Sprick Biographische Kommentare von Werner Bärtschi (WB) 1

Der italienische Komponist Giacinto Scelsi (1905–1988) ist eine der eigenwilligsten Komponistenpersönlichkeiten der jüngeren Musikgeschichte. Geboren wurde er in La Spezia (Ligurien) als Sohn einer alten aristokratischen Familie, als Graf Giacinto Scelsi d’Ayala Valva. Scelsi ging nie in eine öffentliche Schule, wurde privat unterrichtet und absolvierte keine normale akademische Musikausbildung. In Rom studierte er privat Komposition bei Giacinto Sallustio, einem Schüler Respighis. Später erhielt er sporadisch Unterricht bei Schülern von Schönberg und Skrjabin und kam so in Kontakt mit der Zwölftontechnik. Scelsi widersetzt sich konsequent den Klischees des Berufsstandes der Komponisten. Er war sehr wohlhabend und daher zeitlebens in der Lage, sich schöpferisch zu betätigen, ohne an ein konkretes Publikum und dessen Erwartungen denken zu müssen. Seine Biographie lässt sich nur skizzieren, da Scelsi nicht als kompositorisches Subjekt in Erscheinung treten, sondern als Medium hinter seine Werke zurücktreten wollte. Als Kind fiel er durch ausserordentliches Improvisationstalent am Klavier auf. Nach mehreren Studienreisen geriet Scelsi zwischen 1940 und 1950 in eine gesundheitliche und persönliche Krise. Die Heilung erfolgte aufgrund von Klinikaufenthalten und der Beschäftigung mit fernöstlichem Gedankengut. 1952 kehrte er endgültig nach Rom zurück und lebte dort zurückgezogen. Er war mit vielen bedeutenden Künstlern persönlich bekannt. Sein soziales Umfeld war eine bemerkenswert heterogene Zusammensetzung aus reichen Freunden der oberen Schicht, tibetischen Mönchen, mit denen er meditierte und sang, und den berühmtesten Musikern, Dichtern und Malern seiner Zeit. Musikalisch beschäftigte sich Scelsi vor allem mit den fundamentalen Elementen des Klanges an sich. Er war besessen vom Klang eines einzelnen Tones, seinen mikrotonalen Veränderungen und den physikalischen Interaktionen – beispielsweise Obertönen –, die auftreten, wenn elementare Klangkomponenten kombiniert werden. Obwohl er bei einem Schönberg-Schüler studiert hat, war Scelsis Interesse an der Zwölftontechnik gering. Für ihn war diese Technik noch strukturierter und noch stärker determiniert als 1 Werner Bärtschi, Komponist und Pianist, war in den 80er Jahren regelmässig bei Scelsi zu Besuch und berichtet in den kleinen Skizzen von seinen Erfahrungen mit dem eigenwilligen Komponisten.


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das tonale System der klassisch-romantischen Musik. Zur seriellen Musik bis Ende der fünfziger Jahre gab es nur wenige Alternativen, die nicht zurück in die Vergangenheit führten, doch weisen die innovativen Kompositionen Giacinto Scelsis, in denen der Klang als Parameter stärker im Vordergrund steht als die Struktur, in dieser Hinsicht einen neuen Weg. Diese Konzentration auf den Klang und die Verbindung zu aussereuropäischen Musikkulturen machen einen entscheidenden Aspekt seiner in der westlichen Kunstmusik beispiellosen Ästhetik aus. Trotz weniger öffentlicher Aufführungen und einiger Aufnahmen seit den sechziger Jahren blieb ein Grossteil von Scelsis Musik, insbesondere die grossen Orchesterwerke, lange Zeit unbekannt. Zur Eröffnung der Weltmusiktage der IGNM in Köln 1987 fand ein ganz dem Orchesterschaffen Scelsis gewidmetes Sonderkonzert statt, das zu einem triumphalen Erfolg für den greisen Komponisten wurde. Scelsi hat also vor seinem Tod am 9. August 1988 den späten Triumph seiner Werke noch erleben dürfen. Auf dem Programm des heutigen Konzerts stehen fast alle grossen Orchesterwerke aus Scelsis reifer Schaffensperiode in den 1960er Jahren. In dieser Zeit rückte das Orchester immer stärker in den Mittelpunkt seines Interesses, da das Klavier, aber auch andere Einzelinstrumente seiner intensiven Suche nach dem «Klang» nicht mehr Genüge taten. Hymnos (1963)

Hymnos, Scelsis längstes einsätziges Orchesterwerk, ist für grosses Orchester geschrieben, das in zwei beinahe identische Gruppen antiphonal aufgeteilt ist. Hinzu kommt die Orgel. Die gross besetzten Blechbläser benötigen fünf verschiedene Typen von Dämpfern, und auch von den Schlagzeugern werden viele ungewöhnliche Klangeffekte verlangt. Hymnos ist eines der wenigen Stücke Scelsis mit voller Streicherbesetzung. In anderen Werken verzichtet er häufig aus Gründen der Klangfarbe auf die hohen Streicher. Das Stück ist, typisch für die Tonsprache Scelsis, auf einen Ton fixiert, in diesem Fall ein D, der das Stück im Unisono eröffnet. Um diesen Ton herum entstehen im Verlauf des Stückes mikrotonale Varianten. Der Titel «Hymnos» erklärt sich durch eine Konzentration an Liegetönen und ihren Obertönen, die in der Mitte des Stückes den Eindruck eines Chores erwecken, der aber in Wirklichkeit gar nicht anwesend ist. *** Erste Begegnung Scelsi lebte in Rom. Als ich ihn 1984 erstmals besuchte, empfing er mich in einer alten Wohnung an der Via San Teodoro. Kaum angekommen, führte er mich auf einen kleinen Balkon mit Blick auf das Forum Romanum und den Palatin. Gebührend bewunderte ich


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die Aussicht, hatte auch den Eindruck, dass er dies von mir erwarte. Mit grosszügiger Geste über all die Ruinen hin sagte er zu mir: «Dies alles habe ich selbst gebaut.» Mir fiel keine Antwort ein. Nach einigen abwartenden Augenblicken zeigte er auf eine einzelne Palme oben auf dem Palatin und fuhr fort: «Und diese Palme habe ich aus Luxor mitgebracht.» Um doch auch etwas zur Konversation beizutragen, bemerkte ich: «Da muss es ja ein sehr alter Baum sein.» Er verneinte sofort: «Man kann in einem Leben vieles machen, was aus früherer Zeit stammt.» Um eine passende Antwort verlegen, schwieg ich erneut. Da bemerkte er abschliessend: «Wissen Sie, ich liebe die Verrückten. Geben Sie sich ein bisschen Mühe!» (WB) *** Aiôn (1961)

Eines von Scelsis umfangreichsten Orchesterwerken, Aiôn, entstand 1961, wurde aber erst am 12. Oktober 1985 vom WDR-Sinfonieorchester in Köln unter der Leitung von Zoltan Pesko uraufgeführt. Es handelt sich programmatisch bei dem Stück um vier Episoden aus dem Leben des indischen Gottes Brahma. Dieses entspricht, einer ironischen Aussage Scelsis zufolge, etwa neunzigtausend Jahren in der Zählung des Menschen, weshalb er das Stück «etwas habe kürzen müssen». Innerhalb der indischen Trinität ist der Gott Brahma der Erschaffende, Vishnu der Erhaltende und Shiva der Zerstörerische Gott. Die Besetzung, dreifache Holzbläser (ohne Flöten), viele Blechbläser (sechs Hörner, drei Trompeten, vier Posaunen, vier Tuben), zeichnet sich insbesondere durch die grosse Schlagzeugvielfalt aus. Neben Pauken und sechs Schlagzeugern kommen sogar Metallgegenstände und ein grosses Ölfass zum Einsatz. Im Gegensatz zu Hymnos hat dieses Stück vier Sätze, von denen der erste der längste ist. *** Keine Biographie Scelsi duldete nicht, dass man ihn photographierte. Fragen zu Daten seines Lebens oder seiner Werke wich er schalkhaft aus. Der Musikunterricht, den er erhielt, erwies sich als verhängnisvoll. Er erzählte mir: «Ein Lehrer hat mich in die Zwölftontechnik eingeführt. Davon bin ich krank geworden. Ich habe 120 Ärzte gesehen; sie konnten mir nicht helfen. Schliesslich begann ich stundenlang dieselbe Klaviertaste zu spielen. Das hat mich gerettet.» Stundenlang dieselbe Taste? Tatsächlich wurde der eine wiederholte Ton zum zentralen Bezugspunkt von Scelsis Musik! In provokativer Opposition gegen den «Zwölfton», der das musikalische Denken seiner Generation bewegte und polarisierte, forderte er mich auf, dieselbe Klaviertaste zwölfmal unterschiedlich anzuschlagen. Scelsi war überzeugt, im Innern eines einzigen Tons mehr musikalischen Reichtum hören zu können als im bunten Wechsel vieler Noten. (WB) ***


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Phat (1974)

Phat ist das jüngste und das kürzeste von Scelsis Orchesterwerken. Wie bei einigen anderen Orchesterstücken auch kommen in den vier kurzen Sätzen zusätzlich ein Chor und die Orgel zum Einsatz. Die Uraufführung fand gleichzeitig mit dem Orchesterwerk Konx-om-pax am 6. Februar 1986 unter Leitung von Jürg Wyttenbach, dem Dirigenten des heutigen Abends, in einer Veranstaltung des Hessischen Rundfunks statt. Der Untertitel des Werks ist eindeutig programmatisch: «Un éclat ... et le ciel s’ouvrit!» (Ein Knall ... und der Himmel öffnet sich!). Nach mehreren massiven Klangballungen öffnet sich am Ende des Stückes lautmalerisch der Himmel: Flöten und Tasteninstrumente spielen ein hohes Es und ein hohes D, und die restlichen Musiker und Chorsänger lassen sehr hohe und laute Glöckchen erklingen. *** Die Laus Scelsi erzählte mir: «Ein Schüler kam zu einem Meister, um die Musik zu lernen. Der Meister sagte ihm, bevor er das Studium anfangen könne, müsse er zuerst das Herz einer Laus sehen können. Der Schüler konnte es nicht und bat um Unterweisung. ‹Nun, das ist einfach!› sagte der Meister. ‹Läuse gibt es überall. Nimm eine und setze sie auf eine Schnur, die du zwischen zwei senkrechten Stäben gespannt hast. Die Laus ist gezwungen, dauernd hin und her zu gehen.› – ‹Aber wie soll ich ihr Herz sehen?› – ‹Du legst dich unter die Laus und schaust ihr zu, wie sie hin und her geht, bis du ihr Herz sehen kannst.› Nun sieht man, was man lange anschaut, immer grösser und grösser, und so sah der Schüler nach einiger Zeit die Laus sehr gross. Nach und nach bemerkte er, wie sie rhythmisch pulsierte, und zuletzt konnte er wirklich ihr Herz sehen. Als er damit zum Meister kam, sagte der: ‹Jetzt, wo du das Herz der Laus gesehen hast, kannst du Musik studieren. Du musst nun das Herz der Töne hören lernen.› Man stellt sich oft die Klänge flach vor, wie sie auf dem Papier geschrieben sind, mit zwei Dimensionen: Dauer und Höhe. Aber das ist falsch. In Wahrheit ist der Ton sphärisch! Er hat ein Inneres, und man muss lernen, es zu erkennen. Der Ton ist sphärisch!» (WB) *** Anahit (1965)

Anahit ist eines der wichtigsten Werke Scelsis für Kammerorchester. Der Untertitel «Ein lyrisches Gedicht an Venus gewidmet» klärt auch die Titelgebung des Werkes, da Anahit der ägyptische Name der Liebesgöttin ist. Im Gegensatz zu den meisten anderen Werken wurde Anahit bereits 1966, also relativ kurz nach der Komposition, in Athen uraufgeführt. Das zarte und innige Stück für Solovioline und Kammerorchester ist für 18 Instrumente in der Besetzung zwei Flöten,


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Bassflöte, Englischhorn, Klarinette, Bassklarinette, zwei Hörner, Trompete, Tenorsaxophon, zwei Posaunen und ein Streichsextett von je zwei Bratschen, Celli und Kontrabässen geschrieben. Die Violine hat bis auf eine Solokadenz in der Mitte des Stückes eigentlich keine virtuos-solistischen Aufgaben zu erfüllen. Um das tiefe G zweimal zur Verfügung zu haben und auch die sonstigen Anforderungen an den Solopart erfüllen zu können, ist die Geige in Skordatur (G-G-H-D) gestimmt. *** Improvisiert Nach Scelsis Tod löste ein italienischer Komponistenkollege eine heftige Polemik aus. Er enthüllte, dass er und weitere Komponisten gegen Bezahlung Scelsis Werke niedergeschrieben hätten als Protokolle von Tonbändern, die dessen Improvisationen festhielten. Zugleich griff er die Qualität scharf an. Scelsi habe gar nicht improvisieren können, er habe einfach drauflos gespielt. Es sei unverständlich, dass man dieser wertlosen Musik überhaupt Beachtung schenke. Als ich davon hörte, begann ich die Bedeutung der Tonbänder, die mich Scelsi bei meinen Besuchen immer wieder hatte hören lassen, neu zu verstehen. Ich hatte sie für Aufnahmen der Interpretationen seiner eigenen Werke gehalten und die minutiöse Übereinstimmung seines Spiels mit allen noch so kleinen Nuancen des Notentextes bewundert. Nun war die Sache also umgekehrt: Ich hatte die Originale gehört, wovon nachträglich Niederschriften angefertigt worden waren. Mir wurde klar, warum sich diese Musik einer herkömmlichen Analyse so hartnäckig entzog, weshalb ihr Fortgang so naturhaft wirkte, warum sie dem Gedächtnis kaum einzuprägen war. Ich erkannte ihre Improvisationsnähe. Scelsi hatte sich nie als Komponist, sondern stets als Übermittler bezeichnet. Er empfing seine Werke auf dem Weg der Improvisation. (WB) *** Konx-om-pax (1968/1969)

Die drei Worte des Titels dieses monumentalen Orchesterwerks bedeuten Friede, je auf Altassyrisch, Sanskrit und Lateinisch. Die Besetzung in diesem Stück ist die grösste, die Scelsi je komponiert hat. Neben einer vollen Streicherbesetzung kommen noch Orgel und Chor dazu. Das Stück gliedert sich in drei Sätze. In dem Mittelsatz vollzieht das ganze Orchester einen gewaltigen Klangausbruch. Im letzten Satz kommt der Chor lediglich mit der Silbe «Om» hinzu und bildet damit den dramaturgischen Höhepunkt des Stückes. Vielleicht war Scelsi durch Beethovens 9. Sinfonie oder die grossen Sinfonien Gustav Mahlers inspiriert, in denen im letzten Satz jeweils auch ein Chor zum Orchester hinzutritt? ***


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Der Kürbis Scelsi erzählte mir: «Ich werde jetzt wie ein Kürbis. Der Kürbis ist einfach ganz ruhig da. Er unternimmt nichts. Manchmal scheint die Sonne, manchmal regnet es. Der Kürbis ist einfach da.» Scelsi verstand sein Leben und Schaffen als rezeptiv, empfangend. Mir fällt Laotse ein: ‹Auf der ganzen Welt gibt es nichts Weicheres und Schwächeres als das Wasser. Und doch in der Art, wie es dem Harten zusetzt, kommt nichts ihm gleich.› Abwertend taxieren wir als Wetterfahne, wer Meinung und Verhalten opportunistisch nach den Umständen richtet. Und doch handeln die echten Wetterfahnen auf den Dächern ohne jedes Falsch. Sie richten sich nach dem Wind und zeigen zuverlässig seine Richtung an. Scelsis Musik richtet sich nach dem Wind der Töne. Sie lauscht der Richtung nach, in die er weist, und lässt sie in die Form fliessen, die ihnen am besten entspricht. «Ich werde jetzt wie ein Kürbis. Der Kürbis ist einfach ganz ruhig da. Er unternimmt nichts. Manchmal scheint die Sonne, manchmal regnet es. Der Kürbis ist einfach da.» *** Wie geht man nun als Analytiker mit der Musik Giacinto Scelsis um, die sich hartnäckig gängigen Analysekriterien widersetzt? Scelsi selber weigerte sich, über seine Musik zu schreiben: «Musik bedarf keiner Erklärung: weder durch Bilder noch durch irgendwelche Zahlen. Ich bin der Meinung, dass pure technische Erklärungen oder Beschreibungen für ein Publikum sehr langweilig sind.» Der Musikwissenschaftler Carl Dahlhaus äusserte sich 1983 zu den Möglichkeiten der Beschreibung und Analyse von Scelsis Musik: «Man kann Scelsis Musik zwar beschreiben – und sich der Gefahr aussetzen, das Notenbild durch Worte zu verdoppeln –, sie aber streng genommen nicht analysieren. Kategorien wie Thema und Entwicklung, Reihe und Ableitung. Harmonie, Rhythmus und sogar Klangfarbenmelodie versagen auf irritierende Weise angesichts einer Musik, deren sinnfälligstes Merkmal ein Gestus der Verweigerung ist: der Ausschliessung alles dessen, was Analytiker in einer Partitur als musikalischen Sinnzusammenhang entdecken oder rekonstruieren.» In dieser Musik, die im totalen Gegensatz zur damals herrschenden seriellen Kombinatorik steht, erforschte Scelsi das Innere des Klanges selbst: «Wer nicht ins Innere, ins Herz des Klanges empordringt, ist vielleicht wohl ein vortrefflicher Handwerker, aber niemals wird er ein wahrer Künstler, ein wahrer Musiker sein.» Eine Menge Offenheit ist nötig, um sich auf die Tonsprache dieses eigenwilligen Komponisten einzulassen, man wird jedoch durch eine aussergewöhnliche musikalische Erfahrung belohnt.


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ZU DEN MITWIRKENDEN

Jürg Wyttenbach Jürg Wyttenbach wurde 1935 in Bern geboren. Seine Studien führten ihn nach Bern (Komposition bei Sandor Veress) und nach Paris. Als Dirigent hat er weit über 100 Werke zeitgenössischer Komponistinnen und Komponisten aufgeführt, die meisten in Ur- oder Erstaufführungen. Er konzertierte u.a. mit der Dresdner Philharmonie, dem SüdwestfunkOrchester, dem Hessischen Rundfunk-Orchester und dem Sinfonieorchester Krakau. Auch leitete Jürg Wyttenbach viele Konzerte mit kleineren, spezialisierten Ensembles für neue Musik, wie u.a. dem Ensemble modern, Klangforum Wien, Ensemble recherche, Ensemble der IGNM Basel, Ensemble itinéraire Paris und dem Ensemble Forum Lyon. Er ist regelmässiger Gast bei dem Festival in Donaueschingen, dem «Festival d’Automne» in Paris, bei «Wien modern», dem «Festival musica» in Strassburg und dem «Warschauer Herbst». Mit der basel sinfonietta arbeitet der Musiker immer wieder zusammen. So war er beispielsweise mit dem Orchester zu Gast am Festival «Archipel» in Genf und am Festival «Octobre en Normandie» in Rouen. Als Komponist schreibt er vor allem Werke, die sich mit Theaterformen auseinander setzen, u.a. «Exécution ajournée» für Streichquartett, «Lamentoroso» für Sopran und 6 männliche Klarinettisten, «Encore» für eine Schauspielerin und einen Cellisten, «Harlekinade» für eine Schauspielerin, zwei Clowns und Streichquintett, «Divisions» für Klavier und 9 Solostreicher, «De Metalli» aus den Prophezeiungen von Leonardo da Vinci für Bariton und Orchester. Unter seinen vielen CD-Einspielungen vor allem zeitgenössischer Musik ist auch das Gesamtwerk von Giacinto Scelsi für Chor und Orchester (ausgezeichnet mit dem «Grand Prix du Disque» und dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik). 1993 erhielt Jürg Wyttenbach den Kunstpreis der Stadt Basel und im Jahr 2003 den Komponistenpreis des Schweizerischen Tonkünstlervereins. Seit 1967 unterrichtet er eine Konzertklasse für Klavier und die Interpretation zeitgenössischer Musik an der Musik-Akademie der Stadt Basel, wo der Musiker auch lebt.


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ZU DEN MITWIRKENDEN

Bettina Boller

Bettina Boller hat sich seit ihrer Kindheit als eigenwillige und ausdrucksstarke Musikerpersönlichkeit profiliert. Ihre Ausbildung absolvierte sie bei Ulrich Lehmann in Bern (Solistendiplom mit Auszeichnung) und bei ltzhak Perlman und Masao Kavasaki in New York. Als Solistin konzertierte sie in den meisten europäischen Ländern und in den USA (u.a. am Centennial der Carnegie Hall in New York), ebenso mit Solorecitals und Kammermusik. Europäischen und amerikanischen Fernsehzuschauern ist sie zudem als Solistin in preisgekrönten Musikvisualisierungen (u.a. der Mozart-Violinkonzerte) des Regisseurs Adrian Marthaler bekannt. Bettina Boller hat sich auch mit ihrem Einsatz für die Musik des 20. Jahrhunderts einen Namen gemacht und insbesondere Werke von Schweizer Komponisten zu internationaler Beachtung geführt (u.a. Einspielung der Violinkonzerte Schoeck, Suter, Vogel). Von 1986 bis 1988 war sie Mitglied und Konzertmeisterin in der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen. Sie ist Mitbegründerin und Konzertmeisterin des «Orphis» Orchestre Philharmonique Suisse, das jährlich mit in- und ausländischen Musikern unter einem renommierten Gastdirigenten symphonische Werke des vergangenen Jahrhunderts zur Aufführung bringt (regelmässige Festivaleinladungen nach Luzern, Davos und Montreux sowie mehrfach ausgezeichnete CD-Einspielungen). Zudem ist sie Mitglied im Collegium Novum Zürich, einem Solistenensemble, welches sich vorwiegend zeitgenössischer Musik widmet. Zur Vielseitigkeit von Bettina Boller gehört neben ihrer grossen musikalischen Bandbreite, die auch leichte Muse und Jazz umfasst, ihre Tätigkeit als Gastgeberin in einer wöchentlichen Kultursendung des Schweizer Fernsehens (Sternstunde Religion, Philosophie und Kunst).



ZU DEN MITWIRKENDEN

basel sinfonietta Die basel sinfonietta wurde 1980 von jungen Musikerinnen und Musikern ins Leben gerufen. Damals und heute verfolgen sie das Ziel, zeitgenössische Musik, Unbekanntes sowie bekannte Werke in neuen Zusammenhängen einem Publikum zu vermitteln, das sich offen zeigt für ungewöhnliche und experimentelle Klänge. Mit diesem Blick auf das Unkonventionelle und Provokative hat sich die basel sinfonietta als grosses Sinfonieorchester international einen Namen geschaffen. Davon zeugen Einladungen zu internationalen Festivals wie beispielsweise Lucerne Festival, Biennale di Venezia, Musica Strasbourg, Tage für Neue Musik Zürich, Festival d’Automne à Paris, Klangspuren Schwaz/Tirol sowie eine Orchestertournee im Frühling 2002 nach Spanien. Das Orchester verwirklichte in seiner Geschichte neben traditionellen Sinfoniekonzerten zahlreiche grenzüberschreitende Produktionen mit Jazz, Tanz und Performance sowie diverse Stummfilm- und Multimediaprojekte. Dass die basel sinfonietta keinen Chefdirigenten hat, ist ebenfalls eine Besonderheit für ein Orchester dieser Grösse. Es gibt ihm eine grosse Flexibilität und die künstlerische Freiheit, den auf Stil und Inszenierung der Programme abgestimmten Gastdirigenten anzufragen. Matthias Bamert, Olaf Henzold, Reinbert de Leeuw, Jun Märkl, Emilio Pomàrico, Peter Rundel und Lothar Zagrosek sind nur einige Namen von international tätigen Dirigenten, welche die basel sinfonietta bisher verpflichten konnte. Daneben erteilt die basel sinfonietta regelmässig Kompositionsaufträge und möchte damit insbesondere junge Schweizer KomponistInnen fördern. Die Mitglieder der basel sinfonietta sind neben der Orchesterarbeit freie MusikerInnen. In verschiedensten Formationen (Ensembles und Kammermusik) beleben sie das kulturelle Geschehen und sind oft auch als Lehrkräfte in Musikschulen tätig. Das Modell der Selbstverwaltung bietet den MusikerInnen grosse Mitsprachemöglichkeit in künstlerischen sowie organisatorischen Fragen und fördert eine lebendige und frische Orchesternatur. Vorstand der basel sinfonietta

Georges Depierre (Violoncello), Catherine Fornallaz (Violoncello), Matthias Gubler (Saxophon), Marc Kilchenmann (Fagott), Ruedi Linder (Trompete), Thomas Nidecker (Posaune), Stephanie Ruf (Violine), Regula Schädelin (Viola), Guido Stier (Klarinette), Marzena Toczko (Violine), Benedikt Vonder Mühll (Kontrabass), Ruth Wäffler (Violoncello), Karin Wiggli (Violine). Geschäftsstelle der basel sinfonietta

Harald Schneider, Geschäftsführung; Simone Manz, Öffentlichkeitsarbeit; Andrea Kowalczyk, Konzertorganisation; Susanne Jani, Buchhaltung Falls Sie Informationen zur basel sinfonietta wünschen, wenden Sie sich bitte an: basel sinfonietta, Postfach 332, 4018 Basel, Telefon 061 335 54 15, Fax 061 335 55 35, mail@baselsinfonietta.ch oder www.baselsinfonietta.ch.


CDs

Die basel sinfonietta für zuhause Erhältlich über www.baselsinfonietta.ch oder im Fachhandel Werke von Schostakowitsch, Rachmaninow, Balakirew

Leitung: Mark Fitz-Gerald, Mark-Andreas Schlingensiepen Tonkühn 002 Werke von Kurt Weill

Leitung: Mark Fitz-Gerald Solisten/-innen: Serena Wey, Martin Müller, Werner Güra, Othmar Strom, Grzegorz Rózycki Tonkühn 001 Maria de Alvear: SEXO

Leitung: Robert HP Platz Stimme: Maria de Alvear, Violine: Gordan Nikolič erhältlich unter www.world-edition.com Portrait basel sinfonietta

Leitung: Joël Smirnoff und Jürg Wyttenbach Werke von Strawinsky, Kessler, Bärtschi und Lutoslawski Musikszene Schweiz, CTS-M 66 Cinderella

Leitung: Emilio Pomàrico Sergej Prokofjew: Auszüge aus «Cinderella», Ballett op. 87 mit einem Erzähltext von Elke Heidenreich Kein & Aber Records (Zürich) Portrait Chaya Czernowin

Leitung: Johannes Kalitzke Mode Records (New York) Michael Gordon: Decasia

Leitung: Kasper de Roo Cantaloupe Records (New York) siehe auch für DVD unter www.bangonacan.org


Donatoren

Credit Suisse Private Banking Elektra Birseck (EBM), Münchenstein Ernst & Young IWB (Industrielle Werke Basel) Manor AG MCH Messe Schweiz AG Schild AG, Liestal


HERZLICHEN DANK!

Wir danken den Gemeinden Aesch, Allschwil, Arlesheim, Biel-Benken, Binningen, Bottmingen, Reinach und Riehen für die Unterstützung. Insbesondere aber danken wir allen Mitgliedern des Fördervereins der basel sinfonietta, namentlich den Patronatsmitgliedern:

Manuel & Katharina Aeby-Hammel Ilse Andres-Zuber Hansrudolf & Regula Baumgartner Oda Bernet Markus R. Bodmer Michael & Yvonne Böhler Leonhard Burckhardt Inge Burri-Kull Markus Buser David Thomas Christie Patrick J. Dreyfus Paul. J. Dreyfus Heidi Dürig-Gwalter Margarete Ebner Norbert & Sabine Egli-Rüegg Manuela Eichenberger Jürg Ewald Jürgen & Sabine Fabritius Peter & Christine Facklam Hans Fierz Pierre & Esther Fornallaz Ursula Gelzer-Vischer Andreas Gerwig Gustav & Annette Grisard Kurt & Annagret Gubler-Sallenbach Walter Gürber-Senn Trudi Hoffmann-Boller Josef & Ursula Hofstetter-Schaad Bernhard Hohl & Susanne Clowry Heinz & Ursula Holliger Madeleine Hublard Gertrud Hublard-Sieber Gino & Bernadette Ilari Peter G. Isler & Team

Ruedi & Graziella Isler Claude Janiak Hans & Verena Kappus-Winkler Ursula Klingelfuss-Schneider Jan & Luzia Konecny-Sprecher Alexander Krauer Irma Laukkanen Manuel Levy René Levy Attilo Longhi Lonza AG Andreas & Regine Manz-Däster Maurice Mathez Beat Meyer-Wyss Andreas Nidecker Hans J. & R. Nidecker-Huggenberg Catherine Oeri Hans & Inge Rüegg-Walder Jürg & Regula Schädelin Andres & Evi Schaub-Keiser Peter & Charlotte Schiess Herbert Schill & Dora Eberhart Albert Schmidt-von Steinau Katharina Striebel-Burckhardt Robert Suter Philipp Sutter Syngenta International AG Christine Vischer Heinrich A. Vischer Philipp Weber Daniel & Marianne Weidmann-Munk Miriam Wolf Birkhäuser Peter A. & Marie-Louise Zahn-Burckhardt


Werden Sie Mitglied des Fördervereins! Wenn Sie die frische Atmosphäre und die aussergewöhnlichen Programme der basel sinfonietta begeistern, dann würde es mich sehr freuen, Sie als neues Mitglied unseres Fördervereins zu gewinnen. Die Freude am Spiel der basel sinfonietta fasziniert auch mich, und deshalb engagiere ich mich für die Förderung dieses Orchesters, ohne welches das regionale und Schweizer Musikleben um vieles ärmer wäre. Als Mitglied des Fördervereins haben Sie verschiedene Vorteile: So veranstaltet die basel sinfonietta jährlich ein besonderes Konzert für ihre Mitglieder. Sie geniessen das Vorzugsrecht auf Abonnements oder Einzelkarten und erhalten regelmässig Programmvorschauen sowie Tätigkeitsberichte. Zudem schenken wir neuen Patronatsmitgliedern eine CD mit herausragenden Produktionen der basel sinfonietta. Unterstützen Sie die basel sinfonietta und werden Sie Mitglied unseres Fördervereins! Freundliche Grüsse

Peter A. Zahn, Präsident Förderverein basel sinfonietta Vorstand Förderverein Markus Bodmer, Reinach; Urs Brodbeck, Flüh; Marie-Christine Dreyfus-Conopio,

Basel; Beatrice Fuchs, Allschwil; Dr. Sabine Herrmann, Basel; Dr. Claude Janiak, Binningen; Paul Schär, Pfeffingen; Prof. Dr. Peter Schiess, Basel; Fabia Schild, Liestal; Dr. Heinrich A. Vischer, Riehen; Peter A. Zahn, Basel

Ja, ich möchte Mitglied im Förderverein basel sinfonietta werden.

Einzelmitglieder Paare

Fr. 50.– Fr. 80.–

Privatperson als Patronatsmitglied Firma als Patronatsmitglied

ab Fr. 200.– ab Fr.1000.–

Ab Fr. 1000.– sind Sie zum Bezug von 10 Freikarten pro Saison berechtigt. Patronatsmitglieder werden in den Programmheften aufgeführt. Name, Vorname

Strasse

PLZ, Ort

Telefon

E-Mail

Datum, Unterschrift

Einsenden an: Förderverein basel sinfonietta, c/o basel sinfonietta, Postfach 332, 4018 Basel


Austauschkonzert: Orchestre de Chambre de Genève Leitung: Paul Goodwin Gastorchester: Orchestre de Chambre de Genève Henri Purcell: Suite aus der Oper «King Arthur» Georg Friedrich Händel: Concerto Grosso B-Dur, op. 3 Nr. 2 William Boyce: Sinfonie Nr. 5 D-dur Edward Elgar: Serenade e-moll, op. 20 Ralph Vaughan Williams: Sinfonie Nr. 3 «Pastorale» Basel Stadtcasino: Samstag, 26. Februar 2005, 19.30 Uhr


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