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Commedia! Emilio Pomàrico Solisten des Theater Freiburg und des Opernstudios OperAvenir des Theater Basel Igor Strawinsky: Pulcinella Ferruccio Busoni: Arlecchino In Zusammenarbeit mit dem Opernstudio «OperAvenir» des
Subventionsgeber
Titelsponsoren
Hauptgönner
Die Diebasel baselsinfonietta sinfonietta dankt dankt ihren ihren Partnern. Partnern.
Programm
Commedia! Igor Strawinsky (1882–1971)
Pulcinella – Ballett in einem Akt (1919–1920) Ouvertüre
Domenico Gallo
Serenata
Giovanni Pergolesi Il Flaminio «Mentre l’erbetta pasce l’agnella»
Scherzino
Domenico Gallo
Allegro
Domenico Gallo
Andantino
Domenico Gallo
Allegro
Giovanni Pergolesi Lo frate ’nnamorato «Gnora crediteme ch’accossì è»
Allegretto
Giovanni Pergolesi Adriano in Siria «Contento forse vivere»
Allegro assai Domenico Gallo
Allegro
ca. 40 Min.
Presto
Giovanni Pergolesi Lo frate ’nnamorato «Ncè sta quaccuna po’» – «Una te fa la nzemprece» – Larghetto
Allegro
Domenico Gallo
Gavotta con due variazioni Carlo Monza
Vivo
Giovanni Pergolesi
Tempo di minuetto
Giovanni Pergolesi Il Flaminio «Con queste paroline»
Tarantella
Wilhelm van Wassenaer
Giovanni Pergolesi Lo frate ’nnamorato «Pupillette, fiammette d’amore»
Largo
Andantino
Allegro
Giovanni Pergolesi Lo frate ’nnamorato «Sento dire no’ncè pace»
Alessandro Parisotti Arie Antiche «Se tu m’ami»
Allegro
Allegro
Giovanni Pergolesi Lo frate ’nnamorato «Chi disse cà la femmena»
Domenico Gallo
Carlo Monza
Mezzosopran: Solenn’ Lavanant-Linke* Tenor: Carlos Osuna* Bariton: Eugene Chan* Pause Ferruccio Busoni (1866–1924)
Arlecchino op. 50 Ein theatralisches Capriccio in einem Aufzug (1914–1916) Arlecchino Roberto Gionfriddo ** Ser Matteo del sarto Michael Leibundgut Abbate Cospicuo Eugene Chan*
ca. 60 Min.
Dottor Bombasto Jin Seok Lee ** Leandro Carlos Osuna* Colombina Solenn’ Lavanant-Linke*
* Ensemblemitglied im Opernstudio „OperAvenir“ des Theater Basel ** Ensemblemitglied des Theater Freiburg
Leitung: Emilio Pomàrico basel sinfonietta In Zusammenarbeit mit dem Opernstudio «OperAvenir» des Projektunterstützung:
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Co-Sponsoren
Die basel sinfonietta dankt ihren Partnern.
Aufführungen
Commedia! Basel, Stadtcasino
Montag, 17. Mai 2010, 19.30 Uhr Konzerteinführung um 18.45 Uhr im Konzertsaal Freiburg (D), Konzerthaus
Dienstag, 18. Mai 2010, 20 Uhr Konzerteinführung um 19 Uhr Fribourg (CH), Aula Magna de l’Université
Mittwoch, 19. Mai 2010, 20 Uhr
Wer die basel sinfonietta bei den Salzburger Festspielen 2007 mit der Musik von Giacinto Scelsi und Gérard Grisey gehört hat und im Jahr darauf mit den Werken von Luigi Nono und Salvatore Sciarrino, weiss es: ein Orchester dieser Qualität und mit vergleichbarem Engagement ist schwer zu finden. Im Jahr 2009 wird es zu einer «pèlerinage» von Salzburg nach Weimar kommen. Ich freue mich ganz ausserordentlich, die basel sinfonietta unter Stefan Asbury zu Luigi Nonos «Como una ola» und Mahlers Fünfter begrüssen zu dürfen. «Die Ideale» ist die Kunstfest-Saison 2009 in Weimar überschrieben. Mit der basel sinfonietta haben wir dafür auch den idealen Partner gefunden! Nike Wagner Intendantin «pèlerinages» Kunstfest Weimar
Die Novartis unterstützt die basel sinfonietta und schätzt das hohe Urteil von Nike Wagner.
Einstieg
Commedia «reloaded»
Zur Wiedergeburt des Theaters aus dem Geist der Commedia dell’arte Die Bühne als illusionistisches Abbild von Leben und Wirklichkeit – so könnte man die Theater- und Opernästhetik des 19. Jahrhunderts kurz und prägnant auf den Punkt bringen. In der Oper gibt das Musikdrama Richard Wagners den Ton an, weit bis ins 20. Jahrhundert hinein. Die Handlung entführt in mystisch-magische Welten – und ist doch auf die Lebenswirklichkeit des Zuschauers zugeschnitten. Wirkungsmächtige symphonische Musik und eine perfekte Theatermaschinerie beglaubigen die Fantastik und lassen sie zur Realität werden: Das Theater zaubert eine Fantasiewelt wie aus einem Hollywood-Film hervor. Ein Gesamtkunstwerk, das den Zuschauer in Bild und Musik überwältigt und das seine Identifikation mit dem Gesehenen und Gehörten geradezu erzwingt. Eine Scheinwelt, in welche das Publikum eintauchen und sich verlieren kann. Romantisches Illusionstheater auf höchstem, auf allerhöchstem Niveau. Ein übermächtiges Erbe, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts für viele junge Komponisten keine Weiterentwicklungsmöglichkeiten mehr offenlässt. Um es zu überwinden, musste es zerstört werden. Unter anderem durch eine Rückbesinnung auf vergangene Theaterkonzepte. Dies ist ein Ansatzpunkt, den Ferruccio Busoni und Igor Strawinsky mit ihren Bühnenwerken Arlecchino und Pulcinella verfolgen. Die alte Commedia – brandaktuell
Die genauen Ursprünge der Commedia dell’arte liegen im Dunkeln der Theatergeschichte. Vermutlich ist sie aus den Fasnachtsbräuchen der Renaissance hervorgegangen. Erste überlieferte Aufführungen datieren aus dem 16. Jahrhundert, ihren Höhepunkt erlebt sie im 17. Jahrhundert, Ende des 18. Jahrhunderts verschwindet sie in der Versenkung, um zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine kleine Wiedergeburt zu feiern. Als Gegenentwurf zum romantischen Illusionstheater ist sie mit ihrer funkensprühenden Komik plötzlich wieder brandaktuell. Statt psychologisch komplexer Charaktere bietet sie klar definierte Typen, die in immergleicher Verkleidung die immergleichen Wesensmerkmale an den Tag legen; statt weihevoll-tiefgründiger Handlung erzählt sie ein kompliziertes Durcheinander aus Verstellungen, Verkleidungen und allerlei sonstiger, meist amouröser Verwirrung; statt realistischer Spielweise stellt sie maskierte Figuren auf die Bühne, die grossen körperlich-artistischen Einsatz zeigen; statt illusionistischem Bühnenbildbombast zeigt sie einen immergleichen Einheitsraum, welcher der Fantasie in alle Richtungen offensteht; statt Erbauung oder gar Belehrung bietet sie komödiantisches Entertainment. Eine ideale Spielvorlage für ein Theater, das sich selbst neu erfindet. Neue Töne aus der Vergangenheit
Auch musikalisch erteilen Strawinksy und Busoni Richard Wagners Musikdramen, die noch weit ins 20. Jahrhundert hinein als unangefochtene Gipfelleistung musiktheatra-
Einstieg
Pulcinella und Colombina in klasssischen Kostümen
lischer Gestaltung gelten, einen frechen Platzverweis. Umspannt Wagner seine grossdimensionierten Bühnenwerke mit einem hochkomplexen Netz aus Leitmotiven, die als musikalische «Vokabeln» dem Zuhörer eine allgegenwärtige, über das blosse Wort hinausreichende Informationsebene bieten, so rücken Busoni wie Strawinsky prinzipiell von der Möglichkeit sinfonischen Erzählens ab: Beide leugnen die Fähigkeit von Musik, Sachverhalte oder gar Gegenstände beschreiben und charakterisieren zu können. Musik, so ihre These, habe keinen gegenständlichen Inhalt und könne nichts ausdrücken ausser sich selbst. Eine radikale Abkehr von der romantischen Bekenntnis- und Ausdrucksästhetik. Kurz hinter der Schwelle zum 20. Jahrhundert machen Strawinsky und Busoni eine Kehrtwende: Zurück ins 18. Jahrhundert, zurück zur Musik der Klassik und des Barock. Zurück zur Commedia.
Werke
Strawinskys Hunger auf das 18. Jahrhundert
Gedanken zur Ballettmusik zu Pulcinella Es ist ein ebenso einfaches wie forderndes Credo, das sich der russische Impressario Sergej Diaghilew (1872–1929) auf die Fahnen geschrieben hat: «Erstaune mich!» Und nicht nur er, tout Paris staunt: Die Aufführungen der Ballets russes, seiner Ballett-Truppe, gehören über Jahre hinaus zu den herausragendsten gesellschaftlichen und künstlerischen Ereignissen der Seine-Metropole. Unzählig sind die Namen der Komponisten, Choreographen, Bühnen- und Kostümbildner, die Diaghilew mit viel diplomatischem und organisatorischem Geschick für die Zusammenarbeit gewinnen kann: Debussy, Ravel, Prokofjew, Milhaud, Picasso, Braque, Cocteau, Balanchine – ein «who is who» der Kunstschaffenden des frühen 20. Jahrhunderts. Mit zielsicherem Blick erkennt und fördert er die grossen Talente der internationalen Kulturszene. So etwa Igor Strawinsky, dessen Ballettmusik zum Feuervogel (1910) den jungen, aufstrebenden Komponisten über Nacht berühmt macht. Bei allem Erfolg ist Diaghilew bestrebt, nicht blindlings dem Publikumsgeschmack nachzueifern, sondern den eigenen ästhetischen Maximen die Treue zu wahren: Unbeirrbar vertritt er die Kunstauffassung einer ausserhalb der erlebbaren Wirklichkeit für sich selbst einstehenden «l’art pour l’art». Eine avantgardistische Bühnenzauberwelt voller Leben, reich an Bildern und Farben, fernab des romantischen Illusionstheaters. Eine Welt, in der die Commedia dell’arte einen wichtigen Ehrenplatz erhalten sollte. Flirt mit der Vergangenheit
Zwischen 1917 und 1919 bringen die Ballets russes mit grossem Erfolg zwei PasticcioBallette heraus, die auf neu arrangierter Musik von Gioacchino Rossini und Alessandro Scarlatti basieren. Das Publikum ist hellauf begeistert von dem Flirt mit der Vergangenheit, sind doch die Werke Scarlattis und Rossinis seltene Gäste auf den Spielplänen der Theater und Konzerthäuser jener Jahre. Beflügelt von dem grossen Erfolg plant Diaghilew einen weiteren Geniestreich: Die lebensfrohe Commedia dell’arte soll zurück auf die Theaterbühne, als Sujet dient ein originales Handlungsmanuskript aus Neapel, in dem Pulcinella, eine neapolitanische Variante der Arlecchino-Figur, von zwei verliebten Mädchen «verfolgt» wird, was wiederum die Eifersucht von deren Verlobten heraufbeschwört. Passend zur authentischen Komödienhandlung soll auch die Musik zum verwicklungsreichen Geschehen aus dem 18. Jahrhundert stammen. Diesmal steht der italienische Komponist Giovanni Battista Pergolesi (1710–1736) Pate, ein Anwärter lohnender Entdeckungen, dessen breites Œuvre in den Archivbeständen der Musikgeschichte seiner Renaissance harrt und den Diaghilew laut eigener Angaben besonders schätzt. Zur musikalischen Wiederbelebung soll Igor Strawinsky Hilfestellung leisten. Der Impressario beauftragt den russischen Komponisten, das Pergolesi-Material, das Diaghilew höchstpersönlich zusammengestellt hat, zu sichten und zu einer Ballettmusik
Werke
Strawinsky in einer Zeichnung von Picasso aus dem Jahr 1920
zu arrangieren. Ein cleverer Schachzug, in mehrfacher Hinsicht: Erstens bringt Diaghilew Strawinsky wieder mit seiner Truppe in Kontakt. Hatte der zunehmend unabhängige russische Komponist doch gemeinsam mit dem Waadtländer Dichter Charles Ferdinand Ramuz vor kurzem die bahnbrechende «Anti-Oper» L’histoire du soldat (1917) geschrieben, welche mit grossem Erfolg über die Bühnen gegangen war, ohne Diaghilews Zutun und ohne die Ballets russes. Zweitens vereinigt das untrügliche Gespür des Impressarios auch bei dieser Arbeit wieder enorme Talente. So stammen Bühnenbild und Kostüme von Pablo Picasso, und die Choreographie kreiert Léonide Massine, in jenen Jahren der wichtigste Tanzmeister der Truppe.
Das Team Picasso – Strawinsky
Strawinsky und Picasso fangen sofort Feuer für das Projekt. Seit ihrer ersten Begegnung im Jahr 1917 verbindet beide eine tiefe Freundschaft, die durch eine künstlerische Wesensverwandtschaft bekräftigt wird. Beide «komponieren» im eigentlichen Wortsinn: Sie setzen ihre Arbeitsgrundlagen, das musikalische Material bzw. die abgebildeten Gegenstände, in neuen Kombinationen zusammen und legen einzelne Segmente über- oder aneinander. So interessiert sich Strawinsky nicht für die folgerichtige Ableitung und Entwicklung eines musikalischen Gedankens, sondern vielmehr für die Kombinationsmöglichkeiten seines Materials, ähnlich wie Picasso, der Gegenstände wie Personen auf einfache Formelemente reduziert, die er dann in seinen Bildern neu arrangieren kann. Beide machen sich mit grossem Elan an die Arbeit. Picasso entwirft für die Uraufführung eine kubistisch abstrahierte Strasse, der traditionelle Schauplatz jeder Commedia dell’arte, die mit den klassischen Kostümen und Masken der Tänzer scharf kontrastiert. In ähnlicher Weise kombiniert auch Strawinsky Altes und Neues in seiner musikalischen Pergolesi-Interpretation. Als er Diaghilew das Ergebnis seiner Arbeit präsentiert, ist dieser zunächst alles andere als begeistert. «Meine Musik schockierte ihn so, dass er lange Zeit mit einem Gesicht umherging, das ‚das beleidigte 18. Jahrhundert’ auszudrücken schien.»
Werke
Picassos Bühnenbildentwurf zur Uraufführung von Pulcinella
Alte Musik in neuem Gewand
Da die Pergolesi-Autographen in der Niederschrift aus Bass- und Oberstimme bestehen, kann Strawinsky die Akkorde, die er unter die Melodien legt, frei rekomponieren. Hierbei geht er nicht gerade schulmässig vor, sondern pfeffert mit einigen Dissonanzen nach, die vor allem aus der relativ statischen Behandlung der Mittelstimmen resultieren. Dadurch erzeugt er eine Spannung zwischen klassischer Hörerwartung und dem tatsächlich eintretenden Ereignis. Ein gutes Beispiel sind die Anfangstakte des Werkes. Eigentlich verlangt die Melodie nach einer klaren Kadenz. Strawinsky jedoch wiederholt in seiner Harmonisierung den Tonika-Dreiklang und unterläuft damit die Dominant-TonikaSpannung, die der Melodie zugrunde liegt. Doch nicht nur harmonisch, auch metrisch bringt Strawinsky die doch so formklare und symmetrische Musik des 18. Jahrhunderts aus dem Trab: Er fügt einzelne Takte ein, während er andere «zusammenstaucht» und verhindert so die klassische Periodenbildung. Die Musik überschlägt sich, stürzt vorwärts oder bleibt auf der Stelle stehen. Die raffinierten «Störungen» führen zu einer generellen Unvorhersehbarkeit der Musik, sehr zum Vergnügen des Zuhörers, der das
Werke
Spiel mit den historischen Vorbildern in vollen Zügen geniessen kann. Dieser spielerische Charakter schlägt sich auch in der fantasievollen Instrumentierung nieder. Strawinsky verwendet ein kleines Kammerorchester, ohne Klarinetten und Schlagzeug, wobei er die Streicher wie in einem barocken Concerto grosso arrangiert: Dem Tutti stellt er ein solistisches Streichquintett gegenüber. Auf diese Weise erzeugt Strawinsky ein grosses Mass an musikalischer Interaktion, zumal in jedem Satz eine neue ungewöhnliche Instrumentalkombination glänzt. Insgesamt handelt es sich um 21 sehr kurze, kontrastreiche Stücke verschiedenster Gattungen wie Opern, Triosonaten, eine Cembalo-Suite, eine Kantate. GePicassos Entwurf für die traditionelle meinsam ist ihnen der tänzerische DukPulcinella-Maske tus – und die Tatsache, dass nur zehn von den Stücken tatsächlich von Pergolesi komponiert wurden, wie inzwischen nachgewiesen werden konnte. Geschäftstüchtige Verleger hatten das Material unter dem kaufkräftigen Namen Pergolesi veröffentlicht. Die Originale stammen von Domenico Gallo (1730–1775), Carlo Monza (1735–1801) und Wilhelm van Wassenaer (1692– 1766). Ein «waschechter Fake» ist die Arie «Se tu m’ami», die Strawinsky der beliebten Anthologie altitalienischer Arien von Alessandro Parisotti (1853–1913) entnahm. Sie wurde wahrscheinlich von Parisotti selbst komponiert und stammt mithin aus dem 19. Jahrhundert. Welche Miene hätte Diaghilew wohl zu dieser Stilparodie gezogen, vorausgesetzt, er hätte gewusst, dass es sich um eine Parodie handelt? Strawinsky – der reaktionäre Neutöner?
Strawinsky jedenfalls ist für die eigenmächtige Aneignung des Materials nicht nur von Diaghilew heftig kritisiert worden. Rund um Pulcinella entflammt alsbald eine heftige Diskussion über den vielgeschmähten Begriff «Neoklassizismus». Man wirft dem Neutöner vor, nach seiner Epoche als musikalischer Revolutionär, nach skandalträchtigen Werken wie Le scare du printemps oder auch der L’histoire du soldat ins reaktionäre Lager gewechselt zu haben. Eine ungerechte Abmahnung, tut Strawinsky mit dem Notenmaterial von Pergolesi doch nur das, was er immer mit seinen Vorlagen getan hatte: Er eignet sie sich an, indem er sie in seiner Weise neu zusammensetzt. Ein weiterer Vorwurf
Werke
Pergolesi-Autograph, der Strawinsky für Pulcinella zu Grunde lag
lautet, Strawinsky habe es in seiner frechen Bearbeitung gegenüber dem Original an Respekt mangeln lassen. Noch Jahre später verteidigt sich der Komponist: «Es war ein sehr gewagtes Unterfangen, diesen zerstreuten Fragmenten neues Leben einzuflössen, da es sich um die Musik eines Komponisten handelte, den ich seit jeher geradezu zärtlich liebte (...) Sollte meine Liebe oder mein Respekt für die Musik von Pergolesi die Linie meines Verhaltens bestimmen? Um etwas zu schaffen, braucht es Dynamik, braucht es einen Motor; welcher Motor ist mächtiger als die Liebe?» Strawinskys Bearbeitung ist keine spöttische Karikatur, sondern folgt dem inneren Motor eines Komponisten, der immer auf der Suche nach neuen musikalischen Anregungen ist, sei es der Jazz, sei es die Folklore seiner Heimat oder sei es die Zwölftonmusik. Auch vor der Musik Pergolesis macht der «Appetit» des Komponisten nicht halt. Seine Ballettmusik zu Pulcinella ist eine liebevolle Einverleibung der Vergangenheit. Und Liebe, so will es die Commedia dell’arte, ist niemals einfach, gradlinig und glatt, sondern immer eigensinnig, widersprüchlich, verwicklungsreich und vor allem kompromisslos und besitzergreifend.
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Werke
Wenn Opernfiguren zu sprechen beginnen
Ferruccio Busonis Arlecchino als augenfälliges Verkleidungsspiel «Heute Abend dämmert in mir eine grosse Idee. Ich möchte diesem Italien eine Nationaloper geben, wie sie Wagner Deutschland gegeben hat und wie sie hier noch nicht ist. Ich fühle, dass ich es kann und dass es mein Lebenswerk werden soll.» Als Ferruccio Busoni diese Worte 1908 an seine Frau Gerda schrieb, ahnte er noch nicht, dass er die besagte Oper schon wenige Jahre später komponieren sollte. Noch weniger konnte er ahnen, dass es sich bei diesem Werk nicht um den bedeutungsschweren «Doktor Faust», sein opus summum, handeln sollte, sondern um ein verspieltes, aber dafür uritalienisches Intermezzo. Und schon gar nicht konnte er ahnen, dass er diese Oper in deutscher Sprache abfassen und dass sie nicht in Italien, sondern in Zürich ihre Welturaufführung erleben sollte. Ferruccio Busoni ist die deutsch-italienische Verbindung gewissermassen in die Wiege gelegt worden: Am 1. April 1866 wird er als Sohn eines italienischen Klarinettenvirtuosen und einer deutschstämmigen Pianistin in Empoli bei Florenz geboren. Erste Kompositionsversuche datieren aus dem Jahr 1873. Im Alter von neun Jahren wird Busoni am Konservatorium von Wien als Student zugelassen. Ein Wunderkind, das vor allem mit seinen pianistischen Bravourleistungen für Aufsehen sorgt. 1888, Busoni ist 22 Jahre alt, nimmt er eine Stelle als Klavierprofessor am Konservatorium von Helsinki an. Zwei Jahre später ist er in gleicher Funktion am Konservatorium Moskau tätig, ab 1891 unterrichtet er in Boston, um wenige Jahre später Berlin als permanenten Wohnsitz zu wählen. Von Berlin aus beginnt Busoni eine ungeliebte Weltkarriere als Pianist, würde er doch lieber durch Kompositionen seinen Ruhm untermauern. Der Traum von Italien
1894 hört Busoni Verdis Oper Falstaff, das ein Jahr zuvor uraufgeführte Spätwerk des 80-jährigen Komponisten. Ein nachhaltiges Erlebnis. Busoni schickt sich an, dem greisen Verdi in einem eilig abgefassten Brief seine Bewunderung auszudrücken: «Meine Jugend verging unter ernsten Studien, beharrlichen Arbeiten und Betrachtungen, die von den deutschen Künsten und Wissenschaften genährt wurden. Aber kaum hatte ich das Studium der Theorien durchschritten, als ich den Geist und das Herz der Kunst zu begreifen, zu verstehen und mich selbst Ihnen zu nähern begann. So kam ich relativ spät dazu – verzeihen Sie mir! – Ihre Meisterwerke zu bewundern und mich an Ihnen zu berauschen. Schliesslich rief der Falstaff in mir eine derartige Revolution des Geistes und des Gefühls hervor, das ich von da an mit vollem Recht eine neue Epoche meines künstlerischen Lebens datieren kann.» Auch wenn er den emphatischen Brief nicht abschicken sollte, so spricht aus den Zeilen doch die Sehnsucht des weltbewanderten Busoni nach einer Rückkehr zu den italienischen Wurzeln. Als diese Rückkehr 20 Jahre später Wirk-
Werke
lichkeit und Busoni zum Direktor des Liceo Musicale in Bologna berufen wird, zeigt sich der Komponist zutiefst enttäuscht von seinem Heimatland: «Sie lesen, hören und sehen schlecht, sie bauen hässlich, sie statten ihr Heim ohne Geschmack aus, sie sind in Alledem unwissend und schlicht oder gar nicht beeinflusst und machen einen dicken Strich zwischen dem, was geschichtlich und dem, was gegenwärtig ist.» Nach nur wenigen Monaten beendet Busoni sein «Gastspiel» in der Heimat. Zu sehr hat er das weltoffene Klima Berlins schätzen und lieben gelernt. Die Begeisterung, mit der die deutsche Intelligenz wenig später den Ausbruch des Ersten Weltkriegs begrüsst, teilt Busoni Giotto im Jahr 1918 nicht. «Der Kriegskoller hat sie alle gepackt», notiert er in seinem Tagebuch. Seiner tiefen Ratlosigkeit versucht er zunächst mit einer grossen Amerika-Tournee Herr zu werden. 1915 lässt sich Busoni – wie ein Jahr zuvor Strawinsky – in der Schweiz nieder, wobei er das urbane Zürich als vorübergehendes Domizil erwählt. Hier soll sein Traum von der italienischen Oper Wirklichkeit werden. Ferruccio Busoni mit seinem Bernhardiner
Der sprechende Opernheld
Am 11. Mai 1917 wird das Publikum im Zürcher Stadttheater, dem heutigen Opernhaus, Zeuge eines ungewöhnlichen Ereignisses. Nach einer kurzen Fanfare tritt die Titelfigur von Busonis Operneinakter Arlecchino vor den Vorhang – und spricht. Sie spricht während der ganzen Aufführung. Eine Titelfigur, die nicht singt – ein echtes Unikum in der Operngeschichte. Die Idee mutet auch heute noch absurd an. Die Beweggründe Busonis für diese Entscheidung sind freilich alles andere als willkürlich. Arlecchino, zu dem Busoni selbst das Libretto verfasst, illustriert in idealtypischer Weise das Theaterverständnis des Komponisten. 1907 veröffentlicht Busoni seine visionäre Schrift Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst. In dem kurzen, geschliffen formulierten Text offenbart sich Busonis musikalischer Weitblick. Entwicklungen und Wege, welche die Musik des 20. Jahrhunderts beschreiten sollte, nimmt Busoni als Möglichkeiten vorweg: Tonskalen, die nicht mehr auf Dur und Moll beruhen, Sechsteltonsysteme, Dritteltöne, sogar erste Ahnungen
Werke
elektronisch erzeugter Klänge. 1913 erscheint eine Neuedition der Schrift, die sich nun auch mit dem Phänomen der Oper auseinandersetzt. Darin entwickelt Busoni einen Gegenentwurf zum Musikdrama Richard Wagners. Oper – eine Kunstwelt
Da singende Charaktere per se unglaubwürdig seien, kann die Oper, so Busoni, niemals die Wirklichkeit abbilden. Der Zwiespalt zwischen gesungener Handlung und Realität ist für ihn schlicht unüberbrückbar. Als Sujets lässt Busoni daher einzig das «Wunderbare» und das «Komische» gelten. Die spassigen Liebeswirren der Commedia dell’arte dienen ihm als idealtypisches Beispiel für die letztgenannte Kategorie. Mehr noch: Busoni fordert, dass sich die Oper bewusst als eine in jeder Szene deutlich wahrnehmbare Kunstwelt darbieten soll. Statt der illusionistischen Nachempfindung von Wirklichkeit soll das Theater als Theater spürbar sein. Kunst machen, nicht nachahmen, lautet seine Devise; die Bühne als Ort des «absoluten Spiels, des unterhaltenden Verkleidungstreibens, als offenkundige und angesagte Verstellung». Dieses eingeforderte, augenfällige Verkleidungsspiel verdeutlicht Busoni durch die sprechende Titelfigur. Arlecchino, der bauernschlaue Harlekin aus der Commedia dell’arte, nie um eine dumme Ausrede oder eine gewitzte Idee verlegen, tritt in der Oper als eine Art «Spielmacher» in Erscheinung, als Regisseur eines von ihm inszenierten Schauspiels. Sein Sprechen weist diesen Arlecchino als wahren Meister der Komödie aus, indem es die Künstlichkeit des Gesangs zusätzlich bekräftigt, ist jener doch das Kommunikationsmedium der anderen Figuren. Zu Beginn und am Ende der Oper wendet sich Arlecchino gar ans Publikum, wobei er, so will es Busonis Regieanweisung, seine traditionelle Maske abnimmt. Ein Kunstgriff, der die Titelfigur als Schauspieler ausweist, der aus der Bühnenhandlung heraustritt und den Zuschauern die Theatersituation, ganz antiillusionistisch, vergegenwärtigt. Unmissverständlich lässt Busoni hier seinen Arlecchino das Motto des gezeigten Geschehens formulieren: «Ein Schauspiel ist’s für Kinder nicht noch Götter, es wendet sich an den menschlichen Verstand.» Zur gefühlsmässigen Teilnahme soll die Handlung nicht herausfordern. Auch hier rückt Busoni vom übermächtigen Wagnerschen Erbe ab, hatte der Bayreuther Meister in seinen Schriften doch das mühelose Gefühlsverständnis des Zuschauers durch die Musik eingefordert. Busonis Publikum hingegen soll nicht mitleiden, sondern lediglich «die theatralische Wirkung kosten.» Der Tenor, der nicht aufhört zu singen
Um dem Zuschauer die besagten Kostproben zu ermöglichen, benutzt Busoni ein vorromantisches Formenvokabular und wendet sich nicht zuletzt in der Orchesterbesetzung von der kulinarischen Opulenz ab, mit welcher die Opern von Richard Strauss und Franz Schreker aufprunken, den Spielplan-Potentaten des Musiktheaters jener Jahre. Busonis
Werke
Arlecchino ist im Geist der Musik des 18. Jahrhunderts komponiert. Bewusst greift er dabei auf die Nummernoper zurück, das heisst, er unterteilt die Oper in geschlossene Arien, Duette und Ensembles. Auch hierin zeigt sich seine bewusste Abkehr vom Musikdrama und dessen sinfonischer Erzählweise. Anders als bei den Opern Wagners befindet sich Busonis Musik nicht in einem permanenten Fluss, sondern ist in klare Formen unterteilt. Alexander Moissi als Arlecchino in der Zürcher Die von Busoni eingeforderte Distanz Uraufführung stellt sich somit automatisch über die Zäsuren der Textur ein, die ein völliges Eintauchen des Zuhörers in den musikalischen Strom verhindern. Zudem hat Busoni einige authentische Opernzitate in seine anachronistische Stilimitation eingeflochten. Überdeutlich zieht gleich zu Beginn der Oper Mozarts Don Giovanni an den Zuhörern vorüber, und der zweite Auftritt Arlecchinos wird von einem selbstbewussten Marsch flankiert, der jenem aus Beethovens Fidelio abgelauscht ist. Dabei lässt sich Busoni die Chance nicht entgehen, die kodifizierte Formensprache der Oper zu parodieren: Mit der Figur des Leandro, einem Rivalen Arlecchinos um die Gunst seiner ihm angestammten Partnerin Colombina, karikiert Busoni den Typus des feurig-tenoralen Liebhabers. Leandro scheint aus einem abgetragenen Opernfundus zu stammen. Selbst für seine singenden Bühnengefährten, allen voran die pfiffige Colombina, ist er nichts weiter als eine Lachnummer. Die auf Italienisch gesungenen, enervierenden Stretta-Repetitionen seiner Rache-Arie, die ins Leere laufenden «Vendetta»-Rufe, erweisen sich als blosse Behauptung, als opernhafte Pose. Mit einem gezielten Stoss seines Degens vermag der gewitzte Arlecchino den volltönenden Widersacher ohne grosses Getue niederzustrecken. Und noch im Tode, im grossen Quartett am Schluss, wird Leandro nicht müde, sein hohes Lied auf die Liebe anzustimmen, wie das Tenöre nun einmal machen. Auf äusserst unterhaltsame Weise nimmt Busoni die von ihm kritisierte Unglaubwürdigkeit einer jeden Opernhandlung aufs Korn. Die Figur des Arlecchino dient ihm dabei – im wahrsten Sinne des Wortes – als Sprachrohr der eigenen, wenige Jahre zuvor formulierten ästhetischen Überzeugung. Damit ist Arlecchino Busonis persönlichster Beitrag zum Musiktheater, vielleicht sogar sein heimliches Hauptwerk. Und das Publikum darf herzhaft mitlachen, wenn die Commedia dell’arte der Oper einen Spiegel vorhält und ihr zeigt, wie opernhaft sie doch ist. Marco Franke
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Pulcinella
Igor Strawinsky (1882-1971)
Pulcinella – Ballett in einem Akt Serenata: Larghetto «Mentre l’erbetta pasce l’agnella» Giovanni Pergolesi: Il Flaminio (1735) Tenore Mentre l’erbetta pasce l’agnella, sola, soletta la pastorella tra fresche frasche per lo foresta cantando va.
Tenor Während das Lämmlein weidet auf jungem Gras, geht singend, allein in der Einsamkeit, die Hirtin im kühlen Gelaub Durch den Wald.
Allegretto «Contento forse vivere» Giovanni Pergolesi: Cantata Luce degli occhi miei; Arie aus Adriano in Siria (1734) Soprano Conteno forse vivere nel mio martir potrei, se mai potessi credere che, ancor lontan, tu sei fedele all’amor mio, fedele a questo cor.
Sopran Heiter leben könnte ich wohl in meiner Pein, wenn ich nur glauben könnte, dass du auch in der Ferne bist meiner Liebe treu, treu diesem Herzen.
Allegro (alla breve) «Con queste paroline» Giovanni Pergolesi: Flaminio (1735) Basso Con queste paroline così saporitine il cor voi mi scippate dalla profondità. Bella, restate qua, che se più dite appresso io certo morirò. Così saporitine con queste paroline il cor voi mi scippate, morirò, morirò.
Bass Mit diesen süssen, so köstlichen Worten reisst das Herz Ihr mir empor aus tiefstem Innern. Schöne, verweilet hier, und wenn ihr noch mehr sprecht, werde ich gewiss vergehen. Mit so süssen, so köstlichen Worten eintreisst das Herz Ihr mir, ich werde vergehen.
Pulcinella
Largo (Trio) «Sento dire no’ncè pace» Giovanni Pergolesi: Lo frate ’nnamorato (1732) Soprano, Tenore, Basso Sento dire no’ncè pace Sento dire no’ncè cor, ma cchiù pe’tte, no, no, no’ncè carma cchiù pe’tte.
Sopran, Tenor, Bass Man sagt, dass es keinen Frieden gibt, man sagt, dass es kein Herz gibt, für dich nie mehr, nein, nein, keinen Frieden gibt es mehr für dich.
Allegro Giovanni Pergolesi: Lo frate ’nnamorato (1732) «Chi disse cà la femmena» Tenore Chi disse cà la femmena Sa cchiù de farfariello disse la verità, disse la verità.
Tenor Wer sagte, dass Weiberlist den Teufel noch übertrifft, der sprach die Wahrheit.
Presto (Duetto) Giovanni Pergolesi: Lo frate ’nnamorato (1732) «Ncè sta quaccuna po’» – «Una te fa le nzemprece» – Larghetto Soprano Ncè sta quaccuna po’ che a nullo vole bene e a cciento nfrisco tene schitto pe’ scorcoglia, e a tant’autre malizie chi maie le ppo’ conta’.
Sopran Es gibt Weiber, die keinen lieben und sich hundert an der Leine halten, nur als schäbigen Ersatz, und soviel andere Tücken haben, wer kann sie jemals zählen.
Tenore Una te fa la nzemprece ed è malezeosa, n’autra fa la schefosa e bo’ lo maretiello. Chi a chillo tene ’ncore E a tant’autre malizie Chi maie le ppo’conta’, e lo sta a rrepassa’.
Tenor Die eine tut gar unschuldig und ist doch tückisch, die andere gibt sich liederlich und möchte doch einen Gatten; eine andere, die noch den einen liebt und soviel andere Tücken hat, wer kann sie jemals zählen, wer jemals kann sie zählen.
Tenore Una te fa la nzempresce ed è malezeosa n’autra fa la schefosa e bo’ lo maretiello, ncè sta quaccuno po’
Tenor Die eine tut gar unschuldig und ist doch tückisch, die andere gibt sich liederlich und will doch einen Gatten, da gibt es welche,
Pulcinella
che a nullo – udetene – chi a chillo tene n’core e a cchisto fegne amore e a cciento nfrisco tene schitto pe’ scorcoglia’, e a tant’autre malizie chi maie le ppo’ conta’.
die niemanden lieben – hört es nur – die noch den einen lieben und schon dem anderen schöne Augen machen, die sich hundert an der Leine halten, nur als schäbigen Ersatz, und so viele andre Tücken haben, wer kann sie jemals zählen.
Andantino Alessandro Parisotti: Arie Antiche (1885) «Se tu m’ami» Soprano Se tu m’ami, se tu sospiri sol per me, gentil pastor, ho dolor de’ tuoi martiri, ho diletto del tuo amor, ma se pensi che soletto io ti debba riamar, pastorello, sei soggetto facilmente a t’ingannar. Bella rosa porporina oggi Silvia sceglierà con la scusa della spina doman poi la sprezzerà. Ma degli uomini il consiglio io per me non seguirò. Non perchè mi piace il giglio Gli altri fiori sprezzerò.
Sopran Wenn du mich liebst, wenn du für mich nur seufzt, schöner Hirte, hab’ ich Mitleid mit deiner Pein, hab’ ich Freude an deiner Liebe. Doch wenn du glaubst, dass dich allein ich sollte wiederlieben, mein kleiner Schäfer, kannst du leicht betrogen werden. Eine schöne purpurrote Rose wählt sich Silvia heute, mit dem Hinweis auf die Dornen Wird sie morgen sie verschmähen. Doch dem Rat der Leute werde ich für mich nicht folgen nicht, weil mir die Lilie gefällt, werde ich die anderen Blumen verschmähen.
Tempo di minuetto (Trio) Giovanni Pergolesi: Lo frate ’nnamorato (1732) «Pupillette, fiammette d’amore» Soprano, Tenore, Basso Pupillette, fiammette d’amore, per voi il core struggendo si va. Übersetzung: Silke Leopold
Sopran, Tenor, Bass Ihr Äuglein, ihr Liebesfünkchen, für euch zerreisst sich mein Herz.
Arlecchino
Ferruccio Busoni (1866-1924)
Arlecchino – ein theatralisches Capriccio in einem Akt Vor dem Vorhang Arlecchino Ein Schauspiel ist’s für Kinder nicht, noch Götter, es wendet sich an menschlichen Verstand; deute es drum nicht völlig à la lettre, nur scheinbar liegt der Sinn offen zur Hand. Der Szenen-Horizont zeigt heitres Wetter, die Handlung spielt in heitren Wetters Land, sprichwörtlich abgefasst, wie sie erschienen von alters her auf aller Länder Bühnen. Betrog’ner Ehemann, fremd dem eignen Lose, Rivalen, um ein zweites Weib in Streit; blutiger Zweikampf folgt, daran sich lose landläuf’ge Weisheit und Betrachtung reiht; ein grader Mann in buntgeflickter Hose greift hurtig-keck in die Begebenheit; so spiegelt sich die kleine Welt im kleinen, was lebend wahr, will nachgeahmt erscheinen. (zum Kapellmeister) Maestro? …
Matteo Es bleibt doch die schönste, die ergreifendste Stelle! «Questi, che mai da me non fia diviso, la bocca mi baciò tutto tremante; Arlecchino küsst die Frau des Schneiders. Galeotto fù’l libro e chi lo scrisse! ...» (sich unterbrechend) Symbole! Symbole! Ach! Symbole! Unkeuschheit, du bist der wahre Galeotto, und endest in der Hölle! Da! Da! Da! Er tippt mit dem Finger auf das Buch. Arlecchino, am Fenster, hält sich den Mund, auf dass er nicht laut auflache.
I. Arlecchino als Schalk
Bei diesen Worten denk ich – ich weiss nicht wie – an die Musik der Oper! O du, mein Mozart! «La bocca mi baciò tutto tremante» Hier müssten mir die Flöten girren, die Gamben stöhnen ...
Einleitung, Szene und Liedchen
Er lässt, in Ekstase, die Arbeit fallen.
Eine gewundene und bergige Strasse in der oberen Stadt Bergamos; wo die Strasse sich teilt, bildet sich ein kleiner Platz. Es ist die Zeit des Sonnenuntergangs. Ser Matteo hat sich vor seiner Haustür eine ambulante Werkstatt eingerichtet. Er näht an einem Mantel und hat zugleich vor sich einen Band Dante aufgeschlagen, aus welchem er, als Feinschmecker, mit lauter Stimme liest. An einem Fenster seines eigenen Hauses, gerade über seinem Kopf, sieht man Arlecchino mit Ser Matteos schöner junger Frau verstohlen herausschauen. Matteo liest ernst. Heitert sich auf. Gerät in Verzückung. Seine Ausdrucksweise, im Gegensatz zu dem sichtlichen Entzücken, hat etwas Mattes und Klägliches.
Arlecchino Wie komm ich fort?! Das Tor ist zu, der Schneider hält den Schlüssel. Anknüpfen ist leicht zuweilen, loskommen oft unmöglich, per Dio! Matteo «Questi, che mai da me non fia diviso, la bocca mi baciò tutto tremante ...» Arlecchino Frauen brauchen Hintertüren, ein Mann hat seinen Degen, addio!
Arlecchino
Matteo Nun wird der Bass unbändig: «Galeotto fù’l libro.»
Gebt Acht, Ser Matteo, schon seh’ ich Germanias Stierhörner über euerem Haupte sich winden. Die Fahne des Glaubens flattert!
Arlecchino springt aus dem Fenster, sodass er vor dem Schneider zu stehen kommt; klappt ihm das Buch zu.
Er spiesst den Mantel auf sein Holzschwert. Der Schneider fällt um, der Hausschlüssel gleitet ihm aus der Tasche.
Arlecchino «Quel giorno più non vi leggemmo avante!» Ausgelesen für heute, Ser Matteo!
Holla! die Schlüssel der Stadt. «E caddì, – como corpo morte cade.» Das endet den Gesang. Ich rat’ euch, geht ins Haus, verschanzt euch! Die Barbaren ... hört ihr nicht? Trapp, trapp, tschum, tschum, trapp, trapp, tschum, tschum, Blut, Pest und Schändung! Seht, ich mein’ es gut!
Matteo Mein Wort? Fallt ihr vom Himmel? Was stört ihr mich? Wer seid ihr? Arlecchino Ernstlich, Ser Matteo, indessen ihr den Dante in Musik setzet, rückt der Barbar vor die Tore, – bald ist er da und nimmt unsere Weiber. So ein Tudesker zieht im Handumdrehen seinen Spiess ... Er zieht sein Holzschwert. Matteo ängstlich Ihr seid wohl selber einer! Arlecchino Ich bin der Erzengel Gabriel und töte den Drachen. Er packt den Schneider. Matteo Mörder! Arlecchino Merkt ihr denn nicht? Ich markiere den Feind. Hoch die Bibel und nieder mit dem Papstgesindel! Her mit deinem schönen Dolche! Er steckt die Schneiderschere zu sich in den Gürtel.
Matteo Ihr seid der Teufel. Arlecchino Geht, geht, ich schliess’ euch auf; nein, keinen Widerstand, ich kann auch streng sein. Hinein mit euch! Er hat Matteo ins Haus geschoben, hinter ihm zugeschlossen, den Schlüssel eingesteckt. Nun hüllt er sich in den eroberten Mantel. Eroberung! Kriegsbeute! Einen Gefangenen! Wetterwendisch ist das Schlachtenglück als wie der Hahn auf dem Turme. Drum im Sturme fass es beim Genick! (blickt sich um, wirft eine Kusshand) Sieh, da späht ein süsser Frauenblick, warte, Kind, bald bin ich dir zurück als wie der Hahn, als wie der Hahn – (im Abgehen) La, la, la, la ... Matteo verschliesst die Fensterladen seines Hauses. La, la, la, la.
Arlecchino
Duett Es nahen, im Gespräch begriffen, der Abbate Cospicuo und der Dottore Bombasto. Abbate Und noch hab ich euch zu danken ... Dottore Keinen Dank, keinen Dank! Abbate ... dass ihr mir durch eure Kunst viele Seelen (reichlich viele!) in den Himmel expedieret; ... Dottore Und wo wollt ihr hinaus? Abbate ... nur dass ihr die Zeit karg bemesset, zur würdigen Vorbereitung solcher Fahrt. Dottore So, so, so, so! Wart ihr in euerem Handwerk nur halb so gut beschlagen wie ich in dem meinen, ihr sässet langst als Kardinal zu Rom; der Purpur, indessen, er glänzt nur auf euerem Antlitz; ihr neigt zu Kongestionen ... Abbate Ungerecht sind die Güter auf Erden verteilt: ich weiss von Kardinälen, die verdienten, in eurer Behandlung zu stehn! Dottore Nun seid ihr gar sanguinisch, und bald seid ihr cholerisch, und überfüllt den Magen! Abbate Spart die Diagnose, beim Himmel! Für eure Tinkturen und Tränklein und Tropfen insgesamt gäb’ ich nicht den Inhalt einer strohumflochtenen Flasche
auf Hügeln der Toskana genossen! Toskana! Das erfrischt und erwärmt, die Sonne bestrahlt die Opferhandlung; rings lacht die Landschaft, graue Türme warnen schweigend. Wie alt, und wie jung! Wie würdig, und wie heiter! Ich sage euch: In diesem Weine spür’ ich die Anwesenheit des Herrn! Dottore Lehrt ihr doch selber, Gott sei überall! Abbate Nein! Nur Weiber und Kapuziner schreien, dass Gott in jedem Katzenbuckel stecke! Oder denkt ihr, in euch wäre Göttliches? Dottore Weiber und Kapuziner sind euer vornehmster Umgang ... Abbate Ihr vergesst die Ärzte! Dottore Pah! Abbate Die Frauen aber ... Dottore Die Frauen, die Frauen, die Frauen! Abbate ... sie sind eine Zierde den Menschen ... Dottore In jedem Weibe stecken sieben lange Teufel! Abbate ... und Süssigkeit in des Menschen Leben! Dottore Seht mir!
Arlecchino
Abbate Just hier hauset die schöne Frau des wackren Schneidermeisters, ein hellgrünes Bäumchen, das aus der Ritze eines berstigen Gemäuers seine Zweiglein nach der Sonne strecket aus.
Terzett
Dottore Ich kenn’s.
Abbate, Dottore Von was?
Abbate ... doch seht!
Matteo Die Barbaren ... die Barbaren umringen diese Stadt!
Dottore Was ist zu sehn?! Was gibt’s? Abbate Regungslos das Haus und verschlossen, wie ein Geheimnis. He, Ser Matteo! ... Abbate, Dottore He, Ser Matteo, Matteo! Seid ihr tot? Noch ist’s nicht Abend! Ser Matteo! Matteo! O! Im Namen des Herrn! Matteo (vorsichtig ein halbes Fenster öffnend) Ihr seid’s, Monsignore? Abbate Ja! Matteo Und ihr, Dottore? Dottore Ja! Matteo Treibt euch leichtfertig auf offener Strasse umher? Abbate Was fällt euch an meinem Wandeln Würdeloses auf?
Dottore Möcht’ ich erklärt haben ...
Matteo So wüsst ihr von Nichts?
Abbate, Dottore Die Barbaren?! Matteo In wen’gen Stunden, von allen Seiten walzen sie sich her! Abbate, Dottore Ist’s möglich?! Matteo Die Barbaren! Abbate, Dottore Die Barbaren?! Matteo Ja, ja, die Barbaren! Abbate, Dottore, Matteo Die Barbaren! Matteo Haben Hörner anstatt Ohren, Haar und Bart sind ungeschoren, und sie stehen vor den Toren. Abbate, Dottore, Matteo Vor den Toren! Matteo Ihre Sprache ist ein Gemäule, ihr Gesang ist ein Geheule, und ihr Blut ist ein Gefäule!
Arlecchino
Abbate, Dottore, Matteo Ein Gefäule! Matteo Mörder sind sie, Würger, Schlächter, Säufer, Ketzer, Höllenwächter, die schänden unsre Töchter! Abbate O! Rosina, Lucinda, Mariettina, Agnese, Beatrice, Concettina, Francesca, Vittorina, Virginia, Serafina, ihr, meine Töchter, was, was wird aus euch? Dottore Das gibt zu denken. Matteo Ja, das gibt zu denken. Abbate, Matteo, Dottore Also denken wir. Abbate Gott, eh’dem der Schlachten, heute der Barmherzigkeit, wird meine Töchter schützen. Erste sei des Mannes Pflicht, für andere sich aufzusparen. Matteo, Dottore Gut! Abbate, Dottore Indessen, ihr, Ser Matteo, ein Testament aufsetzet, ... Matteo Ein Testament? Abbate, Dottore ... begeben wir uns zu seiner Magnifizenz dem Herrn Bürgermeister. Matteo Ihr begebt euch zu dem Bürgermeister!
Abbate, Dottore ... mit sicherer Nachricht kommen wir zurück und pflegen Rat. Matteo O kommt bald zurück, o kommt bald! Ihr findet mich daheim. Abbate Behaltet klaren Kopf! Dottore Etwas Beruhigendes nehmt zu euch, ein Aderlass wär’ angezeigt. Matteo (das Fenster zuschlagend) Puh! Dass meine Frau noch ärger sich beklagte meines dürftigen Blutes! Abbate, Dottore Ha, ha, ha, ha! Abbate (auf die Tür des Weinhauses deutend) Was meint ihr? wie wär’ es? Nur im Vorbeigehn. Dottore Ich begleit’ euch. Abbate Vortrefflich. Schreiten wir so den Nationen mit dem sittlichen Beispiel der Brüderlichkeit voran denn! Sie treten in das Weinhaus.
II. Arlecchino als Kriegsmann Marsch und Szene Arlecchino, mit Degen, Mantel und Reiterstiefeln, tritt, von zwei lächerlichen Sbirren gefolgt, in militärischer Haltung auf.
Arlecchino
Arlecchino Den Schlüssel liess ich mir nachfertigen, so kann ich als ehrlicher Mann das Eigentum zurückerstatten. Suum cuique. Dem Schlüsselloch sein Schlüssel. Matteo steckt den Kopf zum Fenster heraus. Matteo Die Barbaren! Arlecchino Mann! Matteo Ja? Arlecchino Bist du Ser Matteo del Sarto, vergattet und ausser Diensten? Matteo Hm. Arlecchino Ja oder nein? Matteo In Gottes Namen. Arlecchino Ich bin Kriegskapitän und mit der Aushebung der Rekruten betraut. Du prangst auf meiner Liste, – bedanke dich für die Ehre! Was du an Pistolen, Flinten, Kanonen, Schwertern, Pferden, Mauleseln oder Elefanten besitzest, nimmst du mit. Drei Minuten Zeit, dein Haus zu bestellen. Und den Mund gehalten. Flink! Matteo «Ora incomincian le dolenti note.» Arlecchino (sich heftig gegen die Sbirren wendend) Glotzt nicht! Ich will das dicke Blut euch kreisen machen, platte Schildkröt’, aufgespiesste Heuschreck’. Du! Position! Kehrt, erstürmt mir jenes Weinhaus, marsch!
Die Sbirren rennen. Halt! Liess’ ich erst euch dort hinein, ihr kämet mir nie wieder an das Tageslicht, ihr Schläuche! Jetzt, ein geordneter Rückzug. Kehrt, marsch! Die Sbirren bewegen sich steif auf Arlecchino zu. Was ist ein Soldat? Etwas, das sich selbst aufgibt. Eine kenntliche Kleidung. Ein Hunderttausendstel. Der künstliche Mensch. Was ist das Recht? Was man anderen entreissen will. Was ist das Vaterland? Der Zank im eigenen Hause. Ihr seid Soldaten und kämpft für Recht und Vaterland. Merkt’s euch! Die drei Minuten sind um ... Matteo (von innen) Der Torschlüssel ist unauffindbar. Arlecchino EinTorschlüssel? ... Den hast du beim Absperren von aussen stecken lassen, du Nebelkopf. Vortreten! Er sperrt das Tor auf. Ser Matteo erscheint in einer grotesken, improvisierten Kriegsausrüstung. Matteo (sorgfältig sein Haus verschliessend) Ihr gestattet, dass ich meinen Dante mit mir nehme? Arlecchino Niemand soll sagen dürfen, dass die Kultur im Kriege unterginge! Folge diesen Tapfern, wohin sie dich führen; dein Haus bleibt in meiner Bewachung, marsch! Matteo (im Abgehen zwischen den Sbirren) «Per me si va nella città dolente; per me si va tra la perduta gente.» Arlecchino (wieder unterwegs zum Tor)
Arlecchino
Nun den Rest! Nur keine halbe Arbeit. Besser nichts beginnen, als etwas zur Hälfte aufgeben. (versucht, es zu öffnen) Der Schlüssel ist noch neu. Ein neuer Schlüssel, ein rostiger Schlüssel, sie arbeiten gleich schlecht.
III. Arlecchino als Ehemann Szene und Arie Arlecchino Jetzt aber ... Colombina tritt auf. Colombina Herr Kapitän, um Vergebung ... Arlecchino (abgewandt) Madame!? Der Himmel soll gleich einstürzen, wenn das nicht die Stimme ist meiner Frau! Colombina Herr Kapitän, ein verlassenes Weib sucht euren Schutz. Arlecchino (immer noch abgewandt) Madame, was könnt’ ich schützen, das ihr nicht selbst zu schützen wüsstet? Colombina Hört mich an ... Er wendet sich plötzlich um. Sie erkennt ihn. Ach! Da bist du wieder, du Ungeheuer, du Abenteurer, du Lügensack! Was vermummst du dich, was führst du jetzt im Schilde? Wo treibst du dich umher, seit Tagen, seit Nächten,
die ich verweinte? Ich bin wohl ganz entstellt. Sie zieht Spiegel und Puderquaste aus ihrem Säckchen und frischt eilig ihr Gesicht auf. Arlecchino Scharmant, wie immer! Colombina Schweig! Jedem Mädchen läufst du nach, jede Schürze tut’s dir an, jeder Rock fängt deinen Blick. Ach, und nicht genug! Du führst fortwährend Handel, foppst ehrenwerte Leute, Unfrieden stiftest du, treibst etlichen Betrug; ja, du betrügst, ja, du betrügst, immer, immer, und vor andren betrügst du mich! Arlecchino Die Treue, Madame, ist ein Laster, das meiner Ehrsamkeit nicht ansteht. Sie ist der Beinbruch nach dem ersten Schritt, das Unrecht, an dritten begangen, die Untreue gegen sich selber, ein moralischer Bankrott und das Ende der Liebe. Sie ist der Bogen, der nur einen Pfeil abschiesst; das Schiff, das nur an einer Küste anlegt, die Sonne, die nur einen Stern bescheint. Ich stehe mit ihr auf schlechtem Fusse, doch sag’ ich’s und zeig’ ich’s auf offenem Markte. Darum führ’ ich das beste Gewissen und schlafe einen Kinderschlaf ... Kleine Arie Wie ist ihr Schlaf, Madame? Colombina Du redest abscheulich ...
Arlecchino
Arlecchino Schönrederei ist von meinen vielen Unbegabtheiten eine! Colombina (weislich einen anderen Ton anschlagend) O, du bist so begabt, und bist so hübsch, und bist so klug, und bist so männlich; ja, jede Frau beneidet mich um dich, die Dummen! Doch wozu brauchst du sie? Sieh, lieber Arlecchino, ich kann dir alles sein, wenn du nur bei mir willst bleiben: Ich tanze, schlage Tamburin und singe, bereite schmackhaft deine Leibgerichte, und pflege dich, bestell’ das Haus aufs schönste. Arlecchino! Arlecchino (für sich) Ein ehrlicher Zank, da stelle ich meinen Mann! Colombina (sich ihm anschmiegend) Arlecchino. Arlecchino Doch dies Gemaule macht mich ungesund. O Colombina, siehst du jenen Stern? Betracht’ ihn dir genau, betracht’ ihn lange! Und wär’ er ein Unheilskomet, ich dürft’ nicht eiliger mich davon retten! Während Colombina den Himmel angafft, läuft Arlecchino davon. Colombina Ja, Arlecchino ... Sie wendet sich, und steht verdutzt. Fort! Entschlüpft! Puh! Männer sind feige. In diesem Hause wollt’ er wohl ein Vogelnest ausheben, der Vogeldieb! Was hing er sonst
an der Tür? Ich will doch wissen. Sie klopft an Matteos Tür, ohne dass sich drinnen etwas regte. Inzwischen aber hört man eine süssliche Tenorstimme kommen. Szene für zwei, dann für drei Personen Stimme Leandros Mit dem Schwerte, mit der Laute, zieht des Wegs der Trovador. Stern ist ihm die Herzenstraute, da er ihr die Treue schwor. Heilig ist der Herzensschwur dem Troubadour. Sänger ist vom Denken frei, Ehre ist des Ritters Fleiss, Sangesritter hält die Treue, weil er es nicht anders weiss. Leandro tritt schwungvoll-perpendikulär auf und geht auf Colombina zu. Mit Federbarett, Schwert und Laute, nicht allzu schlank und nicht allzu jung, stellt er im ganzen den Typus des Operntenors älteren Schlages vor. O Colombina, nach dir hab’ ich die Fühlhörner meiner Stimmebänder ausgestreckt. Sieh her! Der artesianische Brunnen meines Herzens spritzt zum Himmel und träufelt – fächerpalmig – auf die Beete deines Jugendgartens nieder, o Colombina! Colombina Ihr spottet einer Verlassnen ... Leandro O! Verlassen! Colombina ... verlassen und betrogen! Leandro O, betrogen! Ha, ha, ha, ha! So fordr’ ich ihn, der dich betrog’
Arlecchino
an meines Degens schonungslose Spitze; er sterbe, er sterbe ... Colombina Ha, ha, ha, ha! Leandro (Er zieht das Schwert und schmettert opernhaft): Contro l’empio traditore la vendetta compierò; gioia mia, per il tuo amore, il malvagio truciderò, sì, sì, sì , sì, vendetta, vendetta, vendetta io compierò! Colombina Hütet euch, den Mann zu schmähen, dem ich einzig angehört; ist mir Unrecht auch geschehen, war ich doch nicht seiner wert. Leandro Per il tuo amore il felon truciderò, büssen soll er sein Verschmähen, wenn ihn trifft mein gutes Schwert, vendetta, vendetta! Er verbeugt sich lächelnd vor dem Publikum. O Colombina, so soll heute diese Zunge als Sprachrohr meines werbenden Busens tönen: Ich liebe dich, ich bin reich, ich kann dich schützen! Colombina Könnt’ ich jemals einem Manne noch trauen! Leandro Ich schmücke dich mit den Juwelen meiner Ahnfraun; du wirst meine Ritterin, Donna Colombina! Colombina (für sich) Donna Colombina!
Leandro Ein Vorsaal voller Diener, ein Marstall voller Hengste folgen den Winken ihrer frischgekrönten Herrin. Colombina Sollte das alles wahr sein? Leandro Ich schwör’ es! Colombina Sollte das alles, alles wahr sein? Leandro Ich schwör’ es! bei der steinernen Gruft meiner gemordeten Tante! Colombina Wüsst’ ich nur, dass Arlecchino dies ärgern könnt’. Leandro O sprich! Colombina So wartet doch ... Leandro O sprich! Colombina ... und hieltet ihr mich nicht für allzu unbeständig? Leandro Ha! So darf ich jetzo, also darf ich jetzo pflücken die Hoffnungsblüte der kühnsten Träume; bebet! Bebet, ihr sieghaften Liebespränge! Schmelzet hin, Intervalle meiner flüsternden Wonne: «Venus sieht auf uns her nieder, ...» Colombina O Gott, was soll das wieder!
Arlecchino
Leandro «... und ihr Stern, er leuchtet auf.»
führen. Ihr Madame, erwartet mich in jener Herberge, wohin ich euch begleiten darf!
Colombina Verzeiht, findet ihr das sehr geschmackvoll? (parodierend) Ach!
Arlecchino bietet Colombina den Arm und führt sie bis vor die Tür des Weinhauses, in das er sie mit einer Verbeugung einlässt.
Leandro Gewiss, von auserlesenem Geschmack! «Amor, bübisch, immer wieder zielt und trifft im munt’ren Lauf.» Colombina Ha, ha, ha, ha, ach, gar zu läppisch macht sich diese Arietta. Leandro Wartet erst die Stretta, denn nun hol’ ich aus: «Liebe, nie genug besungen, ist hier abermals erwacht; Herz zu Herzen springen Funken, und der Brand ist hell entfacht. Colombina Gott wie lächerlich! Wie veraltet! Ha, ha, ha, ha! Bald hab’ ich von dem genug, dieser Mann ist wohl nicht klug. Ha, ha, ha, ha!
Ich bin der Mann jener Dame. Nun zieh! Leandro Ist euer Stand dem meinen ebenbürtig? Er zupft an der Laute. Arlecchino Zieh, oder ich prügle dich! Leandro Ich dürft’ es nicht, so ihr nicht Ritter wäret! Er zupft wieder an der Laute. Arlecchino O, ich mag deines Herzogs Kind sein; nichts ist erwiesen. Zieh, oder ich spiesse dich auf wie eine Wappenratte! Leandro Es geschieht in der Notwehr. Er zupft noch einmal an der Laute und zieht.
Arlecchino, im gewohnten Kostüm, hat das Paar seit einiger Zeit durch eine Lorgnette beobachtet und springt jetzt einen kecken Schritt vor.
Arlecchino (auf die umgehängte Laute deutend) Dein kostbares Schnarrwerk könnte Schaden nehmen. Leg’ es ab.
Arlecchino Madame, ich seh’, ihr bildet euch an meiner Schule. Des Zöglings Fortschritt ist des Meisters Ehre. Ich beglückwünsche uns beide ...
Leandro schleudert mit edler Geste die Laute von sich.
Leandro Wer ist es, der also die Dissonanz schleudert in der Umschlingung Zweiklang?
Beim ersten Gang schlägt Arlecchino dem Ritter den Degen aus der Hand und sticht nach ihm, der wie tot hinfällt.
Arlecchino Mit dir, mein adeliger Musikophilus, werd’ ich also gleich einen kurzen, schlagfertigen Dialog
Arlecchino Mord!
A noi!
Arlecchino
Er rettet sich in des Schneiders Haus, ehe noch jemand sich gezeigt hat.
Dottore Wir woll’n zum Bürgermeister ... Die Barbaren... die haben uns den Wein gefälscht ...
IV. Arlecchino als Sieger
Abbate Halt! Eine Klippe! ...
Szene, Quartett und Melodram Gleich darauf treten aus dem Weinhaus Colombina, der Abbate und der Dottore. Die beiden Männer sind sichtlich angeheitert. Dottore Es ist schon ganz finster: Der Wein hat uns über die Zeit getäuscht. Abbate Seht ihr den Mond? Nein? Das lässt mich hoffen: Der Mond, Gespenst des Himmels, ist gerne dabei, wo es Untaten gibt zu beleuchten. (zum Dottore) Sorgt für eine Laterne. Der Dottore geht ins Weinhaus ab. Colombina Mir war es, als ob jemand «Mord» gerufen hätte, ... und ich fürchte ... Abbate Man soll niemals Schlimmes befürchten, bevor das Übel erwiesen; wenn ich befürchtete, nicht ganz nüchtern zu sein, so beging ich ein Unrecht an mir selber. Dottore (mit einer Laterne zurückkommend) Die Welt ist aufgerühret. Die Erde schwankt. Leiht mir den Arm, damit ich besser sehe ... euren Arm. Abbate Unser Schifflein verlässt den Hafen: Du bist das Licht am Hintermast und die scharmande Donnina das Püppchen an des Schiffes Schnabel. Sie setzen sich in Bewegung.
Dottore ... darum auch! Abbate ... Steuert! Der Dottore fällt über den Körper Leandros. Er steht mühsam auf. Dottore Der Mann ist tot. Colombina Ah! Sie wirft sich auf den leblosen Körper. Sämtliche Fenster, ausgenommen in Matteos Haus, bevölkern sich mit neugierigen Köpfen. Abbate Der Tod ist ein Geheimnis. Dottore Ich weiss mir diesen nicht zu deuten! Sie sehen einander ratlos an. Dottore, Abbate Was vermuten, was beginnen, dieser Fall ist intrikat, rasches Tun mit klaren Sinnen, wer das könnte wüsste Rat. Priesters Tröstung, Arztes Hilfe ist vergeblich, kommt zu spat. Beides ist vergeblich, beides kommt zu spat. Colombina Dieser Mann ist nicht tot! Dottore Ist nicht tot, ist nicht tot ... Erlauben Sie!
Arlecchino
Colombina Zum Beispiel?
Der Kopf über der Tür zieht sich zurück, das Fenster wird geschlossen.
Dottore Mausetot!
Kein Glück.
Colombina Nein! Dottore Klarer Fall! Colombina Ach! Der Abbate untersucht den scheinbar Toten. Dottore Herzschlag! Mors fulminans! Apoplexie! Colombina Nein, nein, nein, nein! Abbate Auferstehung! Gepriesen sei der Herr! Dottore Ich weiss das nicht zu deuten! Colombina Seht ihr nun! Dottore Der Teufel bleibt der Klügste! Abbate Nun wollen wir das totlebendige Herrchen in des Schneiders Haus unterbringen. (an dem Hause horchend) Ser Matteo! Ser Matteo! Grabesstille! Es macht mich recht besorgt. Er klopft an die Tür gegenüber. Herr Nachbar, aus Barmherzigkeit hier liegt ein Verwundeter.
Er geht zur nächsten Türe. Ihr, Freund, im Namen der Milde ... Gleicher Erfolg. Er macht die Runde; rechtzeitig schliessen sich die Fenster, verschwinden die Köpfe. Hilfe! Erbarmen! Es ist ein Hang in den Menschen, die angeborne Güte zu verbergen. Genug. Wenn sie versagen, stellt die Vorsehung sich ein. Und siehe! Hier erscheint sie im Sinnbild des Esels. Um eine Strassenecke wird der Kopf eines Esels sichtbar. Der Esel ist von einem Karren gefolgt, dem zur Seite der Kärrner schreitet. Haltet an, guter Mann, und helfet. Gottes Lohn und einen Taler. Quartett Lasst uns beten: Asinus providentialis, er erschien als guter Stern; wunder Ritter, kluges Weibchen, und die Trauung ist nicht fern. Leandro (erwachend) Ach, ich starb, und dennoch leb’ ich, denn die eine ist treu geblieben. Schwert ist hin, und hin ist Laute, jedoch die Lunge atmet: Lieben! Dottore Ignorantia heisst der Glaube, Liebe: Drang nach neuem Leben, tiefer sieht darin der Meister, Heilkraft ist nur ihm gegeben.
Arlecchino
Colombina Männer, tapfer oder schwächlich, sind im Grunde gleich zuwider, hat der eine mich verachtet, narr’ ich drum den andren wieder! Dottore Liebe, was ist Liebe? Glaube, was ist Glaube? Tiefer, tiefer sieht der Meister, anders zeigt sich ihm die Welt! Abbate Asinus providentialis, du erschienst als guter Stern; wunder Ritter, kluges Weibchen, eure Hochzeit ist nicht fern. Colombina Wunder Ritter, wund im Herzen, deine Trauung scheint nicht fern. Colombina, Leandro, Dottore Amen! Der Kärrner, mit Hilfe des Abbaten, schafft den Ritter auf den Karren; darauf nehmen auch die übrigen Platz. Der Esel zieht an. Dottore Zum Lazarett! Der Karren biegt um die Ecke. Arlecchino zeigt sich an der Dachluke von Matteos Haus. Arlecchino Glück auf zur Fahrt, und zur Hochzeit, und zur Kindtaufe! (sich weiter hinauslehnend) Ich hoffe, ihr versäumt nicht den Anstand, mich einzuladen. Er steigt auf das Dach. Nun glüht mein Stern! Wie allumfassend breitet er die Arme aus.
Die Welt ist offen! Die Erde ist jung! Die Liebe ist frei! Ihr Harlekins! Er lässt sich an der Traufe behende heruntergleiten, öffnet das Tor, umfasst die dahinter wartende Frau und eilt mit ihr fort. Matteo tritt, anscheinend erschöpft, auf. Monolog Matteo Wahrlich, ich weiss nicht mehr aus noch ein! Ich ... ich fühle mich recht mitten in Dantes Wildnis. Ein Glück, dass der brave Kapitän mein Haus bewacht; die beiden andren liessen mich im Stich. Wo? Das weiss der Himmel! Dieses Bergamo ist auch zu gross. Er ist an seinem Tor angelangt und sieht sich in der völlig stillen Strasse um. Es hat den Anschein, als ob Frieden wieder herrschte. Er seufzt und geht ins Haus. Man sieht ihn kurz darauf an einem Fenster, eine brennende Öllampe in der einen, einen Zettel in der anderen Hand. Er liest: «Ich habe mich nur zur Vesper begeben, komme sobald als möglich zurück; deine Annunziata.» Das ist mir völlig unbegreiflich! Völlig unbegreiflich! Also werde ich sie unten erwarten. Er kommt mit Öllampe, Nähzeug und «Dante» aus dem Haustor, und macht sich an der ambulanten Werkstatt zu schaffen. Das ist mir völlig ... beim Galeotto war ich stehn geblieben ... lange kann sie nicht bleiben ... Es ist der fünfte Gesang ... hier. «Galeotto fù’l libro e chi lo scrisse!» Ein Zwischenvorhang wird ruhig heruntergelassen. Zwei Trompeter in der herkömmlichen
Arlecchino
Livree des Theaterdieners stellen sich rechts und links vor dem Vorhang auf, blasen an und ziehen sich zurück. Umzug und Tanz (Schluss) Vor dem Vorhang. Cavaliere Leandro, an seinem Arme Colombina: Sie ziehen über die Bühne, halten vor dem Souffleurkasten, verbeugen sich und gehen ab. Es folgen in gleicher Weise: der Dottore mit dem Abbate, der Karren mit dem Esel, der sich verbeugt, die beiden Sbirren und schliesslich Arlecchino, an seinem Arme Annunziata. Er hält in der Mitte der Bühne still, nimmt die Maske ab und spricht: Arlecchino Verehrliche Versammlung! Ich habe das innige Vergnügen, Ihnen meine jüngste Angetraute vorzustellen, die bislang als Frau Schneidermeisterin nicht vollauf Gelegenheit fand, ihre Reize vor Ihnen zu entfalten. Betrachten Sie sie jetzt in ihrer ganzen Schöne! O, sie weiss es zu schätzen, vor einer so kunstverständigen Gemeinde sich verneigen zu dürfen! Die in gebührende Distanz verzogene Gattin aus erster Hand ist neuerdings eine zu Hoch- und Edelgepaarte und verbleibt es bis zu neuen Begebenheiten. Die Moral daraus zu destillie-
ren, übermache ich den Damen; was sagt’ ich: neue Begebenheiten! Wiederholt sich nicht alles und im ewig gleichen Kreise? Wer siegt? Wer fällt? Und wer behält zuletzt sein Recht? Der auf sich selbst gestellt, dem Herzen nach, im Hirne wach, den graden Weg erwählt Der sich begnügt, wenn’s ihm geglückt, die Selbstheit sich zu wahren; der auch geflickt sich niemals bückt, ich hab’s an mir erfahren. Die Wahrheitswurzel hiervon zu ziehen, überlasse ich den Männern und zumal den Herren Kunst- und Zeitungskritikern, meinen wohlgesinnten Richtern. Meine Damen, meine Herren, gute Nacht! Arlecchino umfasst Annunziata und zusammen führen sie einen kurzen lebhaften Tanz auf mit hochgeschwungenen Armen und Beinen, und also bewegt enteilen sie. Wenn der Vorhang wiederaufgezogen wird, erblickt man Ser Matteo, nähend, lesend, wartend.
Mitwirkende
Emilio Pomàrico, italienischer Dirigent und Komponist, studierte in Mailand und ergänzte seine Ausbildung durch Meisterkurse bei Franco Ferrara in Siena und Sergiu Celibidache in München. Nach seinem Debüt 1982 begann eine eindrucksvolle Karriere an den grossen italienischen Theatern und Orchestern. Seither ist er von zahlreichen europäischen Klangkörpern eingeladen worden, u.a. vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, vom WDR Sinfonieorchester, vom Orchestre de la Suisse Romande, vom SWR Sinfonieorchester, vom BBC Scottish Symphony Orchestra, von den Bamberger Symphonikern, vom Orchestra Filarmonica della Scala, vom Klangforum Wien und dem Ensemble Recherche. Grosse Beachtung finden seine regelmässigen Auftritte an bedeutenden Festivalstätten wie dem Edinburgh International Festival, dem Festival d’Automne, den Wiener Festwochen und Wien Modern sowie den Salzburger Festspielen. Neben seiner Tätigkeit als Dirigent widmet sich Emilio Pomàrico intensiv dem Komponieren.
MICHELE MAGGIALI
Emilio Pomàrico
Die 1980 geborene Mezzosopranistin studierte zuerst an der Kunsthochschule Paris Gravur. Schliesslich entschied sie sich, nur noch die parallel begonnene Gesangsausbildung am Pariser Konservatorium fortzusetzen. 2008 erwarb sie an der Musikhochschule Lausanne ihr Gesangsdiplom. Sie ist Preisträgerin des Internationalen Gesangswettbewerbs von Conegliano 2008 und war von 2008 bis 2009 Stipendiatin der Stiftung von Colette Mosetti. Erste Auftritte erfolgten u.a. beim Lyrikstudio Lausanne mit der Titelpartie in Domenico Scarlattis «La Dirindina» in Genf, mit Partien in «La prova d’orchestra» und «Cendrillon» an der Oper Bern, als Dido in «Dido und Aeneas» in Siena, als Hermia in «A Midsummer Night’s Dream» in Mezières sowie als Ida in «Die Fledermaus» und Ancella in «Simone Boccanegra» am Grand Théâtre de Genève. Seit 2009/2010 ist Solenn’ Lavanant-Linke Mitglied im Opernstudio «OperAvenir» des Theater Basel.
PETER SCHNETZ
Solenn’ Lavanant-Linke
Mitwirkende
Der amerikanische Bariton studierte an der Sacramento State University und war Resident der Marilyn Horne Foundation an der Universität von Bradford. Bereits während seines Studiums war er mit Partien wie Danilo in «Die lustige Witwe», Schaunard in «La Bohème», der Titelpartie in «Don Giovanni», Papageno in «Die Zauberflöte» und Ottone in «L’incoronazione di Poppea» zu erleben. An der San Francisco Opera gab er sein Debüt als Prinz Yamadori in «Madama Butterfly» und sang dort kurze Zeit später als Teilnehmer des «Sommertrainingsprogramms Merola» Mr. Gedge in Brittens «Albert Herring». Als Mitglied des «Seattle Opera Young Artists Program» trat Eugene Chan mit der Titelpartie in «Eugen Onegin», als Marco in «Gianni Schicchi», als L’Horloge Comtoise/Le Chat in «L’enfant et les sortilèges», als Gasparo in Donizettis «Rita» sowie in Bernsteins «Trouble in Tahiti» auf. Konzertauftritte führten ihn in die Carnegie Hall, die Walt Disney Concert Hall oder ans Shanghai National Grand Theatre. Seit 2009/2010 ist Eugene Chan Mitglied im Opernstudio «OperAvenir» des Theater Basel.
PETER SCHNETZ
Eugene Chan
Roberto Gionfriddo stammt aus Hamburg und absolvierte seine Gesangsausbildung an den Musikhochschulen in Frankfurt/Main und Lübeck. Festengagements führten den Tenor ans Theater Lübeck und ans Stadttheater St. Gallen, wo er u.a. als Tamino in «Die Zauberflöte», Ferrando in „Così fan tutte“ und als Steuermann in «Der fliegende Holländer» zu erleben war. Im Jahr 2004 reüssierte er an den Bregenzer Festspielen als Ximenes in «Der Kuhhandel» von Kurt Weill unter der Regie von David Poutney. Gastengagements führten Roberto Gionfriddo überdies ans Mecklenburgische Staatstheater, Theater Bielefeld, Theater Hagen, Stadttheater Giessen sowie ans Theater Basel. Seit der Spielzeit 2006/07 ist er festes Ensemblemitglied am Theater Freiburg, wo er in vielseitigen Rollen wie Mime in «Das Rheingold», Arbace in «Idomeneo», als Wenzel in «Die verkaufte Braut», als Mignon in «Die Teufel von Loudun», als Sancho Pansa im Musical «Der Mann von La Mancha», als Mime in «Siegfried» und als Don Ramón in «Olé! Die Zarzuela-Show» zu sehen war und ist.
MAURICE KORBEL
Roberto Gionfriddo
Mitwirkende
MAURICE KORBEL
Jin Seok Lee
Jin Seok Lee wurde in Changwon, Südkorea, geboren und studierte Gesang an der Hanyang Universität Seoul und am Conservatorio Giuseppe Nicolini in Piacenza. In der Saison 2002/03 war er Mitglied des Opernstudios am Teatro Verdi Busseto. Aus zahlreichen renommierten Wettbewerben ging der Bassist als Preisträger hervor, so gewann er u.a. den 1. Preis am Gesangswettbewerb «Titta Ruffo» in Pisa sowie den Spezialpreis beim Beniamino Gigli-Wettbewerb in Rom. Erste Engagements führten den Sänger u.a. ans National Theater Seoul (Komtur in «Don Giovanni»), nach Piacenza (Principe di Bouillon in «Adriana Lecouvreur»), nach Pisa, Carrara und Livorno (Sparafucile in «Rigoletto»), ans Teatro Villamarte in Jerez de la Frontera (Sarastro in «Die Zauberflöte») und ans Palau de la Musica in Barcelona (Don Profondo und Don Alvaro in Rossinis «Il viaggio a Reims»). Seit der Spielzeit 2009/10 ist er festes Ensemblemitglied am Theater Freiburg, wo er als Mesner in «Tosca», als Astradamors in «Le Grand Macabre» und als Samuel in «Ein Maskenball» auf der Bühne steht.
Michael Leibundgut studierte zunächst Chorleitung an der Musikakademie Basel, bevor er ein Gesangsstudium in Wien, Amsterdam und Basel absolvierte, das er mit Meisterkursen bei Dennis Heath, Samuel Ramey, Peter Konwitschny, Mikael Eliasen, Christa Ludwig und Elisabeth Schwarzkopf vervollständigte. In der Spielzeit 2000/ 2001 war er Mitglied des internationalen Opernstudios des Zürcher Opernhauses und anschliessend am Theater St. Gallen engagiert, wo der Bassist unter anderem als Gremin in «Eugen Onegin», Alidoro in «La Cenerentola» und Bartolo in «Le nozze di Figaro» zu hören war. Seit 2005 ist Michael Leibundgut freischaffend an zahlreichen Theatern Europas zu hören. Gastengagements führten ihn u.a. ans Berner Stadttheater, zur Münchener Biennale, ans Teatro Lirico di Cagliari, Teatro La Fenice in Venedig, zum Festival Aix-en-Provence, an die Opéra National de Bordeaux und die Opéra de Monte Carlo sowie an die Opéra National de Paris. Zusammen mit der Pianistin Ute Stoecklin veröffentlichte er eine CD mit Liedern von Schweizer Komponisten des 20. Jahrhunderts, welche vom britischen Internet-Magazin «MusicWeb» zur «CD des Monats» gewählt wurde.
ZVG
Michael Leibundgut
Mitwirkende
Der 25-jährige Tenor studierte in seinem Heimatland Mexiko Gesang und musizierte bereits während seines Studiums mit verschiedenen mexikanischen Ensembles. Erste Opernerfahrungen sammelte er u.a. mit Partien wie Remendado und Dancaïro in «Carmen», Beppo in Leoncavallos «I Pagliacci», Julián in der Zarzuela «La verbena de la Paloma» oder Publio in Mozarts Serenata drammatica «Il sogno di Scipione». Daneben übte er eine rege Konzerttätigkeit aus. Diverse Stipendien ermöglichten ihm, Meisterkurse u.a. bei Dame Kiri te Kanawa, Sherril Milnes und Ileana Cotrubas sowie ab 2008 ein Aufbaustudium bei dem renommierten Tenor Dennis O’Neill an der Cardiff International Academy of Voice zu belegen. Seit 2009/2010 ist Carlos Osuna Mitglied im Opernstudio «OperAvenir» des Theater Basel.
THEATER FREIBURG
DER FREIBURGER RING IM ZYKLUS 21.- 26. September 2010 & 3.- 8. Januar 2011
Jetzt buchen! Karten & Infos: Tel. +49 (0) 761 201 28 53, theaterkasse@theater.freiburg.de, www.theater.freiburg.de/ring-zyklus
PETER SCHNETZ
Carlos Osuna
Biografie
basel sinfonietta Die basel sinfonietta wurde 1980 von jungen Musikerinnen und Musikern mit viel Idealismus gegründet. Damals und heute ist es das Ziel des Orchesters, zeitgenössische Musik, Unbekanntes sowie bekannte Werke in neuen Zusammenhängen zu vermitteln. Das Orchester verwirklichte in seiner Geschichte neben traditionellen Sinfoniekonzerten zahlreiche grenzüberschreitende Produktionen mit Jazz, Tanz und Performance sowie diverse Stummfilm- und Multimediaprojekte. Mit diesem Blick auf das Unkonventionelle hat sich die basel sinfonietta als grosses Sinfonieorchester lokal, national und international einen Namen gemacht. Die basel sinfonietta ist das einzige Schweizer Orchester, das drei Mal in Folge an die Salzburger Festspiele geladen wurde. Darüber hinaus war der Klangkörper u.a. am Lucerne Festival, der Biennale di Venezia, der Musica Strasbourg, den Tagen für Neue Musik Zürich, dem Festival d’Automne Paris, den Klangspuren Schwaz/Tirol, den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik Darmstadt, am Festival für zeitgenössische Musik rainy days in Luxemburg sowie am Kunstfest Weimar zu Gast. Die basel sinfonietta arbeitet regelmässig mit hervorragenden Gastdirigenten zusammen: u.a. Stefan Asbury, Fabrice Bollon, Dennis R. Davies, Mark Fitz-Gerald, Jürg Henneberger, Peter Hirsch, Michael Hofstetter, Johannes Kalitzke, Karen Kamensek, Jun Märkl, Emilio Pomàrico, Kasper de Roo, Jonathan Stockhammer und Lothar Zagrosek. Traditionsgemäss sieht sich das Orchester auch als Förderer von jungen Schweizer Musiktalenten, die einerseits im Orchester einen Platz finden oder als Komponist/-in einen Kompositionsauftrag erhalten. Darüber hinaus engagiert sich die basel sinfonietta sehr erfolgreich bei Schul- und Jugendprojekten. Die Mitglieder der basel sinfonietta sind Berufsmusiker/-innen, die freischaffend in anderen Ensembles und Kammermusikformationen spielen und/oder als Lehrkräfte in Musikschulen tätig sind. Das Modell der Selbstverwaltung bietet den Musiker/-innen grosse Mitsprachemöglichkeit in künstlerischen sowie organisatorischen Fragen. Die basel sinfonietta wird u.a. durch die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft, die Novartis International AG und die UBS AG unterstützt.
Vorstand der basel sinfonietta
Georges Depierre (Violoncello), Wipke Eisele (Violine), Marc Kilchenmann (Fagott), Thomas Nidecker (Posaune), Sylvia Oelkrug (Violine), Regula Schädelin (Viola), Bernd Schöpflin (Kontrabass), Udo Schmitz (Horn), Benedikt Vonder Mühll (Kontrabass), Ruth Wäffler (Violoncello), Christine Wagner (Viola) Geschäftsstelle der basel sinfonietta
Harald Schneider, Geschäftsführung; Marco Franke, Öffentlichkeitsarbeit; Susanne Jani, Personalbüro und Buchhaltung; Daniela Kincl, Konzertorganisation
30 Jahre Utopie.
Jetzt Abo 2010/11 bestellen! Yvonne Naef
Thomas Demenga Howard Griffiths Adams Strauss Mahler Villa-Lobos
www.baselsinfonietta.ch
WOMM
Bider & Tanner mit Musik Wyler T 061 206 99 96
— www.theater-basel.ch, Tel. +41/(0)61-295 11 33 —
Donatoren
Elektra Birseck (EBM), Münchenstein IWB (Industrielle Werke Basel) MCH Messe Schweiz (Holding) AG Schild AG, Liestal
Geschäftsstelle
basel sinfonietta Postfach 332 T +41 (0)61 335 54 15 F +41 (0)61 335 55 35 mail@baselsinfonietta.ch www.baselsinfonietta.ch Programmgruppe
Cornelius Bauer, Regula Bernath, Georges Depierre, Marco Franke, Martin Jaggi, Marc Kilchenmann, Ulla Levens, Benedikt Vonder Mühll, Thomas Nidecker, Regula Schädelin, Harald Schneider, David Sontòn Caflisch, Guido Stier, Takashi Sugimoto, Franco Tosi, Ruth Wäffler, Christine Wagner, Thomas Walter Impressum
Redaktion: Marco Franke Gestaltung: WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck: Schwabe AG, Muttenz Textnachweise
Marco Franke, Originalbeiträge für dieses Heft Bildnachweise
www.wikipedia.de Joël-Marie-Fauquet, Musiques Signes Images, Genève Reinhard Ermen, Ferruccio Busoni, Reinbeck bei Hamburg Volker Scherliess, Strawinsky, Regensburg
Herzlichen Dank
Die basel sinfonietta dankt den Gemeinden Aesch, Arlesheim, Biel-Benken, Binningen, Bottmingen, Oberwil, Pfeffingen, Reinach und Therwil für die Unterstützung. Insbesondere aber danken wir allen Mitgliedern des Fördervereins der basel sinfonietta, namentlich den Patronatsmitgliedern: Katharina & Manuel Aeby-Hammel Heike Albertsen-Hofstetter Ilse Andres-Zuber Dimitri Ashkenazy Oda & Ernst Bernet Peter & Rita Bloch-Baranowski Hansjörg Blöchliger & Dorothea Seckler Blöchliger Ulrich Blumenbach Markus R. Bodmer Yvonne & Michael Böhler Heidi Brandenberger Elsbeth & Urs Brodbeck Susanna & Max Brugger-Koch Sigrid Brüggemann Leonard Burckhardt Inge & Josef Burri-Kull David Thomas Christie Marie-Christine & Patrick J. Dreyfus Paul J. Dreyfus Sabine & Norbert Egli-Rüegg Manuela & Martin Eichenberger Jürg Ewald & Urte Dufner Peter Facklam Esther & Pierre Fornallaz Ursula Gelzer-Vischer Andreas Gerwig Annetta & Gustav Grisard Annagret & Kurt Gubler-Sallenbach Walter Gürber-Senn Ursula & Josef Hofstetter Bernhard Hohl & Susanne Clowry Madeleine Hublard Gertrud Hublard-Sieber B. & G. Ilary-Kopp Maria Iselin-Loeffler Graziella & Ruedi Isler
Verena & Hans Kappus-Winkler Luzia & Jan Konecny-Sprecher Alexander Krauer Marie-Thérèse Kuhn-Schleiniger Christian Lang Irma Laukkanen Manuel Levy René Levy Regine & Andreas Manz-Däster Annemarie & Thomas Martin-Vogt Beat Meyer-Wyss Andreas Nidecker Rosmarie Nidecker-Huggenberg Catherine Oeri Nicolas Ryhiner & Beatrice Zurlinden Regula & Jürg Schädelin Evi & Andres Schaub-Keiser Charlotte & Peter Schiess Herbert Schill & Dora Eberhart René Schluep-Zimmermann Christine Striebel Katharina Striebel-Burckhardt Brigitte & Moritz Suter Nora & Daniel Suter Philipp Sutter Susanne Troxler Irene & Hans Troxler-Keller Christine Vischer Heinrich A. Vischer Marianne & Daniel Weidmann-Munk Marie-Louise & Peter A. Zahn-Burckhardt
Auch danken wir den zahlreichen Spenderinnen und Spendern, die nicht genannt werden möchten.
Werden Sie Mitglied des Fördervereins! Wenn Sie die frische Atmosphäre und die aussergewöhnlichen Programme der basel sinfonietta begeistern, dann würde es mich sehr freuen, Sie als neues Mitglied unseres Fördervereins zu gewinnen. Die Freude am Spiel der basel sinfonietta fasziniert auch mich, und deshalb engagiere ich mich für die Förderung dieses Orchesters, ohne welches das regionale und Schweizer Musikleben um vieles ärmer wäre. Als Mitglied des Fördervereins haben Sie verschiedene Vorteile: So veranstaltet die basel sinfonietta jährlich ein besonderes Konzert für ihre Mitglieder. Sie geniessen das Vorzugsrecht auf Abonnements oder Einzelkarten und erhalten regelmässig Programmvorschauen sowie Tätigkeitsberichte. Zudem schenken wir neuen Patronatsmitgliedern eine CD mit herausragenden Produktionen der basel sinfonietta. Unterstützen Sie die basel sinfonietta, und werden Sie Mitglied unseres Fördervereins! Freundliche Grüsse
Peter Andreas Zahn, Präsident Förderverein basel sinfonietta Vorstand Förderverein Maria Berger-Coenen, Basel; Markus Bodmer, Reinach; Urs Brodbeck, Flüh; Eva Gutzwiller, Liestal; Paul Schär, Pfeffingen; Dr. Heinrich A. Vischer, Riehen; Peter Andreas Zahn, Basel
Ja, ich möchte Mitglied im Förderverein basel sinfonietta werden.
Einzelmitglieder CHF 50.– Privatperson als Patronatsmitglied ab CHF 200.– Paare/Familien CHF 80.– Firma als Patronatsmitglied ab CHF 1000.–
Ab CHF 1000.– sind Sie zum Bezug von 12 Freikarten pro Saison berechtigt. Patronatsmitglieder werden in den Programmheften aufgeführt.
Vorname, Name Strasse PLZ, Ort Telefon, Fax e-Mail Datum, Unterschrift
Einsenden an: Förderverein basel sinfonietta, c/o basel sinfonietta, Postfach 332, 4018 Basel
Die Energie bin ich.
Ökoenergie Die Idee der IWB’Ökoenergie ist: Als Kunde werden Sie zum Souverän Ihrer Energie und bestimmen selbst über Ihren persönlichen Energiemix. Wählen Sie Ihre ökologische Energie aus Sonne, Wind, Wasser, Wärme und Erdgas. Besuchen Sie uns und wir informieren Sie gerne, wie entscheidend Ihre Energie ist: www.iwb.ch